An dem Wochenende des 7.und 8. Oktober 1989 beging die Staatsführung der DDR die Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der Republik. Am Montag dem 9. Oktober erschien die Süddeutsche Zeitung mit der Schlagzeile: „Zehntausende DDR-Bürger demonstrieren für innere Reformen und mehr Demokratie“. „Die Welt“ titelte: „Gorbatschow kritisiert Honecker. Stasi knüppelt Verzweifelte nieder“ und die niederländische Zeitung „De Telegraaf“ kam zu dem Urteil: „Ein schneller Rücktritt Erich Honeckers ist die einzige Alternative“.
Vor dem Hintergrund der offiziellen Feierlichkeiten am 7. und 8. Oktober 1989 hatten tausende DDR-Bürger für Reformen innerhalb der Deutschen-Demokratischen Republik demonstriert. Die Staatsführung ging mit äußerster Härte vor: Die Demonstrationen wurden unter Einsatz von Gewalt aufgelöst, hunderte Menschen wurden verletzt und es kam zu zahlreichen Verhaftungen. Doch desto augenscheinlicher der Protest auf der Straße wurde, umso stiller wurden die Berichte und Kommentare in den DDR-Medien. Anstatt auf die aktuellen Ereignisse Bezug zu nehmen, verwendeten diese alle Kraft darauf, eine Schein-Realität zu konstruieren und auch weiterhin das Bild einer heilen „DDR-Welt“ zu vermitteln.
So zitierte das „Neue Deutschland“ an jenem 9. Oktober auf seiner Titelseite Erich Honecker mit den Worten:„Die DDR ist heute ein Grundpfeiler der Stabilität und der Sicherheit in Europa“. Neben unkommentierten Zitaten aus den offiziellen Festreden von Erich Honecker und dem Staatspräsidenten der Sowjetunion, Michael Gorbatschow, erschienen auf der Titelseite noch zwei weitere Schlagzeilen: Eine über die Militärparade der Nationalen-Volks-Armee (NVA) und eine über den Fackelumzug von 100000 FDJlern zu Ehren von Erich Honecker (Siehe Anhang Abbildung 1).
- Von Demonstrationen, Massenprotesten, gewaltsamen Auseinandersetzungen und Verhaftungen, kein Wort. Auch in den übrigen Tageszeitungen, in Fernsehen und Hörfunk findet man dasselbe Bild: Die Feierlichkeiten werden bis ins letzte Detail beschrieben, Zukunftspläne werden entworfen, der wirtschaftliche Aufschwung anhand von nicht nachvollziehbaren Zahlen belegt, der Kapitalismus verdammt und die Proteste im eigenen Land totgeschwiegen. Wenn überhaupt, finden die Demonstrationen allenfalls als Randnotiz Eingang in die Berichterstattung und werden als Tat von einigen wenigen „Rowdys“ beschrieben.
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Aufbau des Mediensystems in der SBZ
- Aufbau des Pressewesens
- Aufbau des Rundfunks
- Ideologische Grundlagen und Selbstverständnis der DDR Medien
- Überwachungsmethoden und Kontrollinstanzen
- Verfassung
- Verantwortlichkeiten und Kontrollinstitutionen
- Anleitung zur staatssozialistischen Argumentation
- ADN
- Journalistenausbildung
- Selbstzensur
- Sonstige Kontrollmethoden
- Struktur und Charakteristik der einzelnen Mediengattungen
- Zeitungen
- Zeitschriften
- Hörfunk
- TV
- Akzeptanz und Wirksamkeit der DDR Medien
- Fazit
- Aufbau und Entwicklung des Mediensystems in der SBZ
- Ideologische Grundlagen und Selbstverständnis der DDR-Medien
- Kontrolle und Lenkung der Medien durch die SED-Führung
- Struktur und Charakteristik der einzelnen Mediengattungen
- Akzeptanz und Wirksamkeit der DDR-Medien in der Bevölkerung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit beleuchtet das Mediensystem der DDR in den 1950er Jahren und untersucht die Kontrolle und Lenkung der Medienberichterstattung durch die SED-Führung. Dabei wird die Frage nach dem Selbstverständnis und der Wirksamkeit der DDR-Medien im Kontext der politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen untersucht.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Situation der DDR-Medien vor dem Hintergrund der Demonstrationen im Oktober 1989 dar und verdeutlicht die Diskrepanz zwischen der offiziellen Darstellung in den Medien und der tatsächlichen Geschehnisse. Es wird die Frage nach der Kontrolle der DDR-Medien durch die SED-Führung und der Akzeptanz der Medien in der Bevölkerung gestellt.
Kapitel 1 beleuchtet den Aufbau des Mediensystems in der SBZ. Dabei wird die Rolle der Sowjetischen Militär-Administration (SMAD) und die Vergabe von Lizenzen an Parteien und Massenorganisationen beschrieben.
Kapitel 2 geht auf die ideologischen Grundlagen und das Selbstverständnis der DDR-Medien ein. Die SED-Führung strebte eine parteikonforme Darstellung der Realität an, die das Bild einer heilen "DDR-Welt" vermitteln sollte.
Kapitel 3 untersucht die Überwachungsmethoden und Kontrollinstanzen, die die SED-Führung zur Lenkung der Medienberichterstattung einsetzte. Dazu gehören die Verfassung, Kontrollinstitutionen, die Anleitung zur staatssozialistischen Argumentation, die ADN, die Journalistenausbildung, Selbstzensur und weitere Kontrollmethoden.
Kapitel 4 betrachtet die Struktur und Charakteristik der einzelnen Mediengattungen in der DDR, darunter Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk und Fernsehen.
Schlüsselwörter
DDR-Medien, SED-Kontrolle, Propagandamedien, Parteilichkeit, Selbstverständnis, Überwachungsmethoden, Kontrollinstanzen, Mediengattungen, Akzeptanz, Wirksamkeit.
- Arbeit zitieren
- Sascha Vogelsang (Autor:in), 2006, Zwischen Parteilichkeit und Publikumsinteresse: Die Medien in der DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71169