1. Einleitung
„Von der Großmacht zum Entwicklungsland“, so heißt ein Artikel der Welthungerhilfe aus dem Jahr 1995. Die Autorin schildert hierin die katastrophalen humanitären Bedingungen, welche in den ehemaligen Unionsrepubliken Tadschikistan und Kirgisistan herrschten. Doch nicht nur hier zeigt sich das Erbe der sowjetischen Politik. Auch Usbekistan ist gleichermaßen von den Auswirkungen der Modernisierungsmaßnahmen des sowjetrussischen Raumes betroffen gewesen und befindet sich seit dem Zusammenbruch der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) in einer prekären Situation, aus der scheinbar kein Ausweg gefunden werden kann.
Usbekistan gehört seit dem Ende der Sowjetunion zu den Entwicklungsländern dieser Erde. Von den knapp 27.500.000 Einwohnern leben rund 45 Prozent unter der Armutsgrenze, in Tadschikistan sind es sogar fast 60 Prozent. Unter- und Fehlernährung sind Probleme, mit denen die Bevölkerung täglich zu kämpfen hat, ebenso wie mit medizinischen Engpässen, einer hohen Säuglingssterblichkeit, großen Arbeitslosigkeit und zunehmenden Bildung von Armutsvierteln und Slums in den größeren Städten.
Zu Beginn der 1990er Jahre und kurz nach dem Zerfall der sowjetischen Großmacht widmeten sich einige Autoren der problematischen Situation der Staaten, die als eigenständig aus der UdSSR hervorgingen, was aufgrund der mangelhaften Datenlage und dem Verbot der Pressefreiheit in der Union vorher kaum möglich war. Vor allem war Mittelasien im besonderen Interesse der Wissenschaftler, da hier offensichtlich die Auswirkungen der sowjetischen Wirtschaftspolitik auf viele Bereiche am gravierendsten waren, zugleich aber auch die islamische Tradition erhalten blieb und ethnische Konflikte die Stabilität der Staaten bedrohten.
Das sowjetische Erbe einer desolaten Wirtschaftssituation und der Versuch, ethnische Einheiten zu schaffen, indem „Die rücksichtslose Politik der Moskauer Zentralregierung [...] in den mittelasiatischen Sowjetrepubliken unter dem Banner der Modernisierung größere wirtschaftliche, soziale und ökologische Schäden angerichtet [hat, d.V.] als in den meisten anderen Gebieten der UdSSR.“, führte dazu, dass die dortige Situation mit denen in anderen typischen Drittweltländern vergleichbar ist. Welche Wirkungen die sowjetische Wirtschaftspolitik auf Mittelasien und im Besonderen auf Usbekistan, die „Baumwollkolonie“ der UdSSR hatte, soll Gegenstand dieser Arbeit sein. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die stalinistische Wirtschaftspolitik im Großreich
- 2.1. Modernisierungsvorhaben im Agrarstaat vor 1927
- 2.2. Der sozialistische Aufbau der UdSSR 1927-1953
- 2.2.1. Notwendigkeit einer Industrialisierung
- 2.2.2 Elektrifizierung der Großwirtschaftsräume
- 2.2.3. Die Fünfjahrplanära 1929-1937
- 2.2.3.1. Etappen und Ergebnisse der Zwangskollektivierung 1930-1941
- 2.2.3.2. Liquidation der Kulaken als Klasse
- 3. Sowjetische Wirtschafts- und Umweltpolitik in Mittelasien
- 3.1. Umleitung nordeuropäischer Flüsse nach Mittelasien
- 3.2. Die Baumwollwirtschaft in Mittelasien
- 3.3. Die Aralseekrise
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen der sowjetischen Wirtschaftspolitik auf Mittelasien, insbesondere auf Usbekistan, die "Baumwollkolonie" der UdSSR. Das Ziel ist es, die Folgen der Modernisierungsmaßnahmen der Sowjetunion für die usbekische Bevölkerung zu analysieren und die Frage zu beantworten, welche gesellschaftlichen und ökonomischen Auswirkungen die sowjetrussische Wirtschaftspolitik auf Usbekistan seit dem Zerfall der Sowjetunion hatte.
- Die stalinistische Wirtschaftspolitik und ihre Folgen für die Sowjetunion.
- Die Rolle der Baumwolle in der Wirtschaft Mittelasiens und die Auswirkungen der Monokultivierung.
- Die ökologischen Folgen der sowjetischen Wirtschaftspolitik in Mittelasien.
- Die Situation Usbekistans nach dem Zerfall der Sowjetunion.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel zwei behandelt die stalinistische Wirtschaftspolitik im Großreich. Es werden die Modernisierungsvorhaben im Agrarstaat vor 1927 und der sozialistische Aufbau der UdSSR von 1927 bis 1953 betrachtet. Hierbei wird die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft und die Liquidation der Kulaken als Klasse beleuchtet.
Kapitel drei befasst sich mit der sowjetischen Wirtschafts- und Umweltpolitik in Mittelasien. Hier werden die Umleitung nordeuropäischer Flüsse nach Mittelasien, die Baumwollwirtschaft und die Aralseekrise untersucht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit Themen wie sowjetische Wirtschaftspolitik, Zwangskollektivierung, Industrialisierung, Baumwollwirtschaft, Umweltfolgen, Aralseekrise, Mittelasien, Usbekistan, Entwicklungsland, Armut, Islamische Tradition, Ethnische Konflikte.
- Quote paper
- Jana Emkow (Author), 2007, Das Erbe des diktatorischen Zentralismus: Die Wirtschaftspolitik der Sowjetunion und ihre Folgen für Usbekistan, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71323