1871 stellte Edward Tylor bei der Entwicklung des Begriffes "Animismus" in seinem Werk "Primitive Kultur" fest, dass der "primitive Mensch" sich frage, "what makes the difference between a living body and a dead one, what are those human beings which appear in dreams?" (I., p. 428) und in Beantwortung dieser Frage Seelenkonzeptionen entwickle. Aber nicht nur Seelen bewohtnen den Menschen, manchmal tun dies auch Geister. Und was sind Geister? "Spirits are simply personified causes" (II., p. 108). In seinem "Beitrag zu einer Studie über die kollektive Repräsentation des Todes" stellt Hertz 1905 fest, dass die Gemeinschaft den Tod eines ihrer Mitglieder nicht akzeptiere und
dass die mit dem Tode verbundenen Riten - kollektive Repräsentationen - nur ein Ausdruck der Trauer seien, dass der/die Verstorbene nun in der Welt der Toten lebe. "Kollektive Repräsentationen" werden zu einem der Schlüsselbegriffe in Lévy-Bruhls Werk "Die mentalen Funktionen in primitiven Gesellschaften" von 1910: (1) Sie werden von allen Mitgliedern einer Gemeinschaft geteilt. (2) Sie werden von Generation zu Generation weitergegeben. (3) Sie zwingen sich dem Individuum auf, indem sie in ihm Gefühle wecken wie Respekt, Furcht, Verehrung gegenüber ihrem Objekt. Sie besitzen somit Gemeinsamkeiten mit dem, was bei Durkheim als "soziale Fakten" bezeichnet wird. [...]
Inhaltsverzeichnis
- I
- II
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text untersucht die prälogische Denkweise in schriftlosen Kulturen und stellt sie dem europäischen Verständnis von Vernunft und Gefühl gegenüber.
- Die Rolle von Seelen- und Geisterkonzepten in primitiven Kulturen
- Die Bedeutung von kollektiven Repräsentationen und ihre Verbindung zu Emotionen
- Die "prälogische Mentalität" als Ausdruck einer mystischen Identität und ihrer Grenzen
- Die Verbindung von natürlicher Ursache mit Intentionen im Kontext von Magie und Religion
- Das Konzept der Gesundheit und Krankheit in afrikanischen Kulturen und seine Bedeutung für Ethnomedizin
Zusammenfassung der Kapitel
I
Dieses Kapitel beleuchtet die Entstehung des Begriffs "Animismus" und die damit verbundenen Konzepte von Seelen und Geistern. Es stellt "kollektive Repräsentationen" als zentrale Elemente der "primitiven Mentalität" vor, die durch mystische Kraft und "Partizipation" geprägt sind.
II
Das zweite Kapitel vertieft die Thematik des prälogischen Denkens anhand von Beispielen aus der Ethnomedizin. Es zeigt auf, dass afrikanische Kulturen Gesundheit und Krankheit nicht nur kausal, sondern auch final begreifen, und dass die Berücksichtigung dieser finalen Ursachen für eine nachhaltige Heilung entscheidend ist.
Schlüsselwörter
Prälogisches Denken, Animismus, Seelen, Geister, kollektive Repräsentationen, Partizipation, mystische Identität, Magie, Ethnomedizin, Gesundheit, Krankheit, finale Ursachen, afrikanische Kulturen, Kulturvergleich
- Arbeit zitieren
- Prof. Dr. mult. habil. Rupert Moser (Autor:in), 1995, Prälogisches Denken: Vernunft und Gefühl in schriftlosen Kulturen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71354