„Alle meine Gedichte sind Gelegenheitsgedichte, sie sind durch die Wirklichkeit angeregt und haben darin Grund und Boden.“ teilt Goethe im September 1823 seinem Privatsekretär Eckermann mit. Die vorliegende Seminararbeit befasst sich mit einem solchen Gelegenheitsgedicht, welches unter dem Titel „Willkomm und Abschied“ bekannt ist. Grundlage ist die 1775 in der Zeitschrift Iris erschienene Fassung, die nach der ersten Gedichtzeile „Mir schlug das Herz“ benannt ist. Im Blickpunkt steht die Entstehung des Gedichts, seine Interpretation, sowie der Vergleich mit der späteren, den Titel „Willkomm und Abschied“ tragenden Fassung von 1789.
Es handelt sich dabei nicht nur um eines der berühmtesten Gedichte Goethes, sondern der deutschen Literatur überhaupt. Es repräsentiert den Beginn der Erlebnislyrik und ist Inbegriff des Liebesgedichts. Erst in diesem Gedicht erscheinen die Gefühle voll entfesselt zu leidenschaftlicher Liebeshingabe. Das Bild echter Männlichkeit und echter Weiblichkeit leuchtet jetzt auf. Davor hat die Taktik das Liebesverhältnis der Geschlechter beherrscht, wobei der eine männliche Teil in der Offensive und der weibliche sich in der Defensive verhalten hat. Eine neuartige Goethsche Gestaltungsweise des hiermit beginnenden Sturm und Drangs löst die Rokokogestaltung ab. Denn um 1770 erfährt die Literatur und Lebenswelt eine Veränderung. Eine Mode dieser Jahre ist die Empfindsamkeit, die aus der Zärtlichkeit, einer moralischen Tugendempfindung stammt. Goethe trägt dazu bei, die Literatur empfindsam zu machen. Zusammen mit Herder und anderen kritisiert er die Gegenwartsliteratur. Daraus entsteht dann ein neues und provozierendes literarisches Programm in Theorie und Praxis: Der Sturm und Drang. Auch das lyrische Ich macht eine Wandlung durch. Es beschäftigt sich nicht mehr nur mit sich selbst, sondern beherrscht die Rolle so sicher, dass Kapazitäten für andere Aufgaben frei werden. Neben dem Ich-Ich-Verhältnis finden sich eine Auseinandersetzung mit der Natur und eine Darstellung eines Ich-Du-Verhältnisses. Goethe erschafft erstmals ein reflektierendes Ich. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Entstehung von „Willkomm und Abschied“
- Entstehungshintergründe
- Datierung
- Nähere Betrachtung der ersten Fassung
- Inhaltsangabe
- Paraphrase und Interpretationsansatz
- ,,Sprachlos“
- Die Bedeutung der Sexualität im Gedicht
- Form- und Stilmerkmale
- Vergleich der Fassungen
- Merkmale und Unterschiede der verschiedenen Fassungen
- Interpretation der Unterschiede
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit analysiert Goethes Gedicht „Willkomm und Abschied“ in seiner ursprünglichen Fassung aus dem Jahr 1775 und vergleicht sie mit der späteren Fassung von 1789. Die Arbeit befasst sich mit der Entstehungsgeschichte, der Interpretation und den Stilmerkmalen des Gedichts im Kontext der Sturm und Drang-Bewegung.
- Die Rolle von Gelegenheitsgedichten in Goethes Werk
- Die Entstehung und Entwicklung des Gedichts „Willkomm und Abschied“
- Die Bedeutung der Sexualität in Goethes Lyrik
- Der Einfluss von Herder und Shakespeare auf Goethes Werk
- Die Entwicklung der Erlebnislyrik im 18. Jahrhundert
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Goethes Gedicht „Willkomm und Abschied“ als ein typisches Gelegenheitsgedicht vor und erläutert den Fokus der Seminararbeit auf die Entstehungsgeschichte, Interpretation und den Vergleich der beiden Fassungen. Kapitel 2 beleuchtet die Entstehungshintergründe des Gedichts, die mit Goethes Reise nach Straßburg und seiner Liebe zu Friederike Brion verbunden sind. Die Datierung der ersten Fassung wird ebenfalls diskutiert. Kapitel 3 analysiert die erste Fassung des Gedichts, einschließlich der Inhaltsangabe, Paraphrase, Interpretation und der Bedeutung von Sexualität im Gedicht. Es werden auch die Form- und Stilmerkmale der ersten Fassung beleuchtet. Schließlich werden im letzten Kapitel die beiden Fassungen des Gedichts verglichen, wobei die Unterschiede in den Texten und deren Interpretationen im Mittelpunkt stehen.
Schlüsselwörter
Goethe, „Willkomm und Abschied“, Gelegenheitsgedicht, Sturm und Drang, Erlebnislyrik, Friederike Brion, Sexualität, Liebesgedicht, Empfindsamkeit, Interpretation, Vergleich, Fassungen, Entstehung.
- Arbeit zitieren
- Simone Frey (Autor:in), 2006, Johann Wolfgang von Goethes "Mir schlug das Herz" - Interpretation, Analyse und ein Vergleich mit "Willkomm und Abschied", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71500