Zur Anwendung des Case Management

Eine theoretische Auseinandersetzung


Vordiplomarbeit, 2007

28 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Case Management auf den ersten Blick
2.1. Geschichte und Tradition
2.2. Konzept des Case Management

3. zur Anwendung des Case Management
3.1. Rahmenbedingungen
3.2. Einsatzgebiete

4. Modelle des Case Management
4.1. Modelle
4.2. Phasen des Case Management

5. Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit thematisiert die theoretische Auseinandersetzung zur Anwendung des Case Managements in der sozialen Arbeit.

Der Begriff „Managen“ kommt seit den 80er Jahren vermehrt in der sozialen Arbeit vor. So zum Beispiel das Sozialmanagement und das Gesundheitsmanagement. Daran lässt sich erkennen, dass die Zielrichtung des Handelns in der sozialen Arbeit an den Eigenschaften des Führens von Unternehmen gemessen wird. Demnach sind Planung, Entscheidung, Organisation und Kontrolle des Prozesses und der Arbeit entscheidende Kriterien. Eine Optimierung der Hilfsangebote der sozialen Arbeit ist somit gegeben und verringert den Druck, kostengünstigere und effektivere soziale Dienste zu bieten. Da es aber unter den Dienstleistungsträgern an Abstimmung und Kooperation, in Rücksicht auf den jeweils individuellen Bedarf mangelt, ist es nicht möglich, kostengünstig und effektiv zu arbeiten. Das Case Management wurde in Deutschland seit Ende der 80er Jahre eingesetzt um diesem entgegenzuwirken. Das Case Management organisiert das Angebot und die Nachfrage von sozialen Diensten, vor allem in der zunehmenden Differenzierung und Spezialisierung der Dienstleistungen. Die Vielzahl der Hilfsangebote sind für die Hilfesuchenden nicht mehr überschaubar und führen zu Orientierungsproblemen. Andererseits arbeiten die Anbieter der sozialen Hilfen zu wenig miteinander, um es den Hilfesuchenden zu erleichtern, das Angebot zu überschauen. Somit kann es bei so genannten „Multi-Problemen“ zu unnötig verteuernden Überschneidungen verschiedenster Hilfsangebote kommen. Case Management soll den Betroffenen helfen, individuell für sie zutreffende Hilfsangebote zu finden und es ihnen zu ermöglichen sich wieder selbst zu helfen. Die Praxis des Case Managements ist bis heute in viele verschiedene Handlungsfelder eingeführt worden. So wird es zum Beispiel in der Altenhilfe, in der Suchtkrankenhilfe, in der Sozialpädiatrie, in der Wohnungslosenhilfe, in der Krankenhaussozialarbeit und in der Rehabilitation behinderter Menschen eingesetzt. Interessant ist, dass sich Case Management den ständig wechselnden Erfordernissen und den Veränderungen in den Humandiensten anpassen kann. Der Grundsatz des Case Management bleibt, egal wo es speziell eingesetzt wird, immer der gleiche. Es verhält sich neutral zu seinen Anwendungen. Die Systematik kann beliebig spezialisiert werden, was in Deutschland zu den unterschiedlichen Bezeichnungen führt. In der professionellen Sozialarbeit bevorzugt man den Ausdruck „Unterstützungsmanagement“, im Gesundheitswesen wird es sachlich „Fallmanagement“ genannt.

2. Case Management auf den ersten Blick

2.1. Geschichte und Tradition

Das Case Management entwickelte sich in den USA aus der Methode des traditionellen Case Work und auch in Deutschland knüpft es an diese Methode der sozialen Einzelhilfe, einer Adaption des Case Work, an. Case Work wurde 1917 von Mary Richmond in den USA begründet. Ihrer Schrift „Social Diagnosis“ folgten wesentliche, theoretische Weiterentwicklungen durch Gordon Hamilton und Jessie Taft. Die Ich- Psychologie, die Arbeit mit Familien und die ganzheitliche Betrachtung von Mensch und Situation nahmen in den 50er Jahren Einfluss auf das Konzept des Case Work. Dieses Konzept basierte zunächst auf den Grundprinzipien von aktiver und bewusster Beteiligung der Klienten, Achtung der menschlichen Persönlichkeit, Kenntnis der Sozialarbeiter über sich selbst und Verantwortung des einzelnen für die Gesellschaft. Durch die in den 60er Jahren sozialen Bewegungen und Programme, veränderten sich das Konzept und die Praxis des Case Work. Es wurden spezifische Techniken entwickelt, welche sich auf benachteiligte Gruppen und spezielle Problemlagen richteten. Praxistheoretische Neuerungen wie zum Beispiel Krisenintervention und Streetwork änderten aber nichts an der therapeutisch, behandlungsorientierten Ausrichtung des Case Work. Durch die vielfältigen Dienstleistungen musste in den 70er Jahren ein Weg gefunden werden, die Aufgaben zu organisieren. Durch die Vernetzung von Dienstleistungen und die Teilnahme an Community- action Programmen entwickelte sich das Konzept des Case Management.

Anfang der 20er Jahre brachte Alice Salomon das Case Work nach Deutschland. Es wurde als soziale Einzelhilfe an die deutschen Verhältnisse angepasst. Sie erarbeitete erste wissenschaftliche Begründungen für diese Methode der sozialen Arbeit und ihre Konzepte gingen von einem frühen Verständnis von Beziehungen der Klienten zu ihren Familien und ihrer Umwelt aus. Die Psychoanalyse nahm in dieser Zeit, analog zu den USA, immer mehr Einfluss auf das Konzept. Jedoch brach die Weiterentwicklung in Deutschland durch die NS- Zeit ab. Nach 1945 gab es einen lebhaften Methodentransfer mit den USA. In Deutschland erkannte man die Chance der Professionalisierung durch die Methoden der Sozialarbeit, die soziale Gruppenarbeit und die Gemeinwesenarbeit. In der Nachkriegszeit bildete die Ich- Psychologie den Kern für die soziale Einzelhilfe. Der Hilfeprozess wurde aufgrund dessen in drei Phasen aufgeteilt: Fallaufnahme oder Anamnese, psychosoziale Diagnose und Behandlung. Die tragende Säule dabei bildete die helfende Beziehung zwischen Klient und Sozialarbeiter. Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre gerieten diese Bemühungen in sozialwissenschaftliche Kritik. Diese Kritik richtete sich gegen die Individualisierung von gesellschaftlich verursachten Problemlagen, gegen die Verknüpfung von Methode und Ziel und gegen das eklektizistische Verarbeiten von wissenschaftlichen Theorien. Die mit der Einführung des KJHG zu einem Pflichtangebot der Jugendhilfe gewordene sozialpädagogische Familienhilfe, war durch den systemischen Ansatz geprägt. Ende der 80er Jahre wurden die Möglichkeiten des Case Managements in Deutschland in Anlehnung an die Erfahrungen in den USA aufgenommen. Das Case Management benötigte, trotz der besseren technischen Verhältnisse (Computer, Telefax), fast zehn Jahre bis es in Deutschland vorgestellt wurde.

Die US- amerikanische Realität des Case Management beruht in hohem Maße auf den Aktivitäten einer Vielzahl, stark verzweigter, dezentralisierter und freiwilliger Träger. Es stellt sich als, für den Klienten, undurchsichtiges und verwirrendes System heraus. Die Träger sind meist selbst für die Finanzierung der Projekte verantwortlich. Der Case Manager nimmt somit Einfluss auf die Hilfsangebote der einzelnen Träger in seinem Zuständigkeitsbereich. Das wird noch dadurch unterstrichen, dass Case Management nicht Teilaufgabe ist, sondern ein selbstständiger Bereich der sozialen Arbeit. Der meist verbreitetste Ansatz des Case Managements in den USA ist das Generalistenmodell. Seit einigen Jahren wird in den USA wieder die eigene Professionalität mit ins Spiel gebracht. Folgende Aspekte konturieren das Konzept: die Notwendigkeit von Beziehungsarbeit; größere Sensibilität hinsichtlich psychischer Bedürfnisse und Prozesse, die soziale Probleme begleiten; ein dynamischeres Verständnis von den Systemen, in denen sich die Betroffenen und der Case Manager begegnen und sich auseinandersetzen; das Nutzbarmachen von Flexibilität und Eigenverantwortung bei den Klienten und die sie umgebenden Ressourcensysteme. In diesem Verständnis bietet Case Management die Chance, einzelfallorientiertes Vorgehen mit sozialer Netzwerkarbeit zu verbinden.

2.2. Konzept des Case Management

Diesen Gliederungspunkt möchte ich mit einer Definition von Stimmer beginnen. Ich bin der Meinung, dass diese Definition eine gute Einleitung in das Konzept des Case Managements bietet. Stimmer sagt:

„Das Case Management ist ein Handlungsleitendes Konzept, das nach dem Differenzierungsgrad (Kap. 3.3) zwischen Ad-hoc-Konzepten und Konzepten mittlerer Reichweite zugeordnet werden kann. Es ist ein ausgesprochen pragmatisch orientiertes Konzept mit einer sehr differenzierten Praxeologie, mit Ansätzen einer Praxisethik, aber ohne fundierende Axiologie im weiteren Sinne (Menschenbild, Sozialphilosophie) und ohne ausgewiesene theoretische Begründungen, wenn in die Argumentationen natürlich auch Erkenntnisse aus der Systemtheorie, der Theorie sozialer Netzwerke und aus Managementkonzepten einfließen“. (2006, S. 66)

In der heutigen Zeit wird die Fallarbeit stark gefordert. Die Anforderungen steigen durch die veränderten Lebenslagen und das breite Angebot an Hilfeleistungen in unserer Gesellschaft. Professionelle Hilfestellungen werden immer mehr gebraucht, da die Probleme der Betroffenen meist sehr komplex sind und sie sich im großen Angebot der Hilfeleistungen nicht zurechtfinden. All diese Probleme und Umstände prägen die Konzepte der sozialen Arbeit, ganz besonders das des Case Managements. Dieses Konzept ist durch viele verschiedene Faktoren gekennzeichnet. Es zeichnet sich durch Effektivität und Effizienz in der Fallarbeit aus, ebenso ist die Beziehung zwischen Klient und Sozialarbeiter sehr wichtig. Das hat zur Folge, dass die Sozialarbeiter auch Rücksicht auf die psychische Verfassung der Klienten nehmen, welche oft begleitend zu den gesundheitlichen oder sozialen Problemen auftreten. Um die Fallarbeit effektiver und effizienter werden zu lassen ist es wichtig, die persönlichen Ressourcen des Klienten und die, die ihn umgeben zu nutzen. Die Eigenbeteiligung und Selbstständigkeit des Klienten soll gefördert werden, damit er in Zukunft in der Lage ist, sich selbst besser zu helfen.

Neuffer definiert: „Case Management ist ein Konzept zur Unterstützung von Einzelnen, Familien, Kleingruppen. Case Management gewährleistet durch eine durchgängige fallverantwortliche Beziehungs- und Koordinierungsarbeit Klärungshilfe, Beratung, Zugang zu notwendigen Dienstleistungen und eine überwachte, qualifizierte Durchführung der Hilfen. Case Management befähigt die KlientInnen, Unterstützungsleistungen selbstständig zu nutzen und greift so wenig wie möglich in die Lebenswelt von KlientInnen ein“. (2005, S. 19)

Somit bietet Case Management die Möglichkeit Netzwerkarbeit und die Orientierung im sozialen Raum ganzheitlich verbinden zu können. Es gibt den Betroffenen die Sicherheit, verschiedene Hilfeleistungen zu finden und in Anspruch zu nehmen.

Dies erschließt sich auch an einer weiteren Definition des Case Managements von Lowy. Er definiert in Galuske: „Case Management gehört der Sozialarbeit an und hat die Kernfunktion, den Klienten-Systemen (einzelnen Menschen, Familien und ihren Angehörigen, Kleingruppen, Nachbarn, Freunden usw.) in koordinierter Weise Dienstleistungen zugänglich zu machen, die von ihnen zur Lösung von Problemen und zur Verringerung von Spannungen und Stress benötigt werden. Sozialarbeiter erfüllen damit einen wichtigen Teil ihres Mandates und ihrer Funktion, indem sie soziale oder gesundheitliche, therapeutische und erzieherische, religiöse, juristische u.a. Hilfen denen vermitteln und zukommen lassen, die auf derartige Leistungen ambulant (im eigenen Haushalt) oder in Institutionen und Organisationen angewiesen sind“. (in Galuske, 2005, S. 202)

Auch aus dieser Definition lassen sich die verschiedenen Faktoren des Konzeptes des Case Managements herausstellen. Jedoch stehen nicht die Faktoren des Konzeptes des Case Managements im Mittelpunkt der Bemühungen des Case Managers, sondern vielmehr der Klient (der Fall), dem im Rahmen der Faktoren ein optimales Unterstützungsnetzwerk einzurichten ist.

3. zur Anwendung des Case Management

3.1. Rahmenbedingungen

Das Case Management findet in vielen Bereichen der sozialen Arbeit und der Gesundheit Anwendung. Es kommt jedoch vorwiegend in Ämtern wie Sozialamt, Jugendamt, Arbeitsamt und Gesundheitsamt und in staatlich finanzierten Wohlfahrtsverbänden vor. Das zeigt, dass es viel von öffentlichen Trägern und auch weitgehend für Aufgaben des öffentlichen Sektors angewendet wird. Jedoch verschiebt sich der Anteil an einigen Stellen zugunsten der freien Träger, da die Verantwortlichen für den öffentlichen Sektor eine Aufgabenreduzierung befürworten. Das hat positive und negative Folgen. Die öffentlichen Träger sollen durch die Aufgabenreduzierungen Kosten senken, um die Budgets für die Jugend- und Sozialhilfe zu reduzieren. Die freien Träger geraten dadurch in Konkurrenzdruck, was sich positiv auf das Angebot und die Schnelligkeit der Hilfeleistung auswirkt. Wenn aber der öffentliche Sektor kostengünstiger arbeiten muss, müssen auch die Angebote der öffentlichen Träger und Verbände verringert werden. Die Arbeitsplatzsituation der Sozialarbeiter wird zunehmend unsicherer weil weniger qualifizierte Arbeitskräfte, die weniger kosten, an ihrer Stelle eingesetzt werden. Somit sind auch das Angebot und die Hilfeleistung für die Betroffenen von geringerer Qualität und Quantität. Vorrangig werden auch Zeitverträge eingesetzt, welche die unsichere Arbeitslage noch verstärken. Jedoch hat die fallorientierte soziale Arbeit gegenüber den präventiv ausgerichteten Bereichen den Vorteil, dass sie auf der Grundlage von gesetzlich verankerten Pflichtleistungen agiert. Die fallorientierte soziale Arbeit wird weitestgehend im Kontext staatlich finanzierter Leistungen bleiben. Das neue Steuerungsmodell von 1993 gab durch Themen wie Budgetierung, dezentrale Ressourcenverantwortung, Kundenorientierung, Wettbewerb und Produktbeschreibung den Anlass, die soziale Arbeit in den Ämtern effektiver und effizienter zu machen. Die Umsetzung führte jedoch in einigen Einrichtungen zu Fehlentwicklungen. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Einsparungen durchgesetzt wurden, aber das Personal die anderen Themen ohne Unterstützung, zum Beispiel durch Fort- und Weiterbildung, bewältigen musste. Das Finanzierungssystem des öffentlichen Sektors lässt eine alleinige Ressourcenverwaltung an der Fachbasis nicht zu.

Wendt sagt in Neuffer: „Case Manager fungieren, wenn sie ihre Arbeit beginnen, in den gegebenen Strukturen des Dienstleistungssystems. Es soll mit der neuen Arbeitsweise flexibler und effizienter werden; seine starren Strukturen können aber auch verhindern, daß sich in ihm so handeln läßt. Dann verweigern beispielsweise einzelne Dienste die (horizontale) Zusammenarbeit mit dem Hinweis auf ihre festgelegte Zuständigkeit. Oder von oben nach unten werden Arbeitsanweisungen erlassen, die den Beteiligten auf der Ebene der direkten Zusammenarbeit jeden Handlungsspielraum nehmen und ihnen eine freie Abstimmung verbieten“. (in Neuffer, 2005, S. 45)

[...]

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Zur Anwendung des Case Management
Untertitel
Eine theoretische Auseinandersetzung
Hochschule
Fachhochschule Lausitz
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
28
Katalognummer
V71509
ISBN (eBook)
9783638808996
ISBN (Buch)
9783656207115
Dateigröße
506 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anwendung, Case, Management, Auseinandersetzung
Arbeit zitieren
Bettina Kanis (Autor:in), 2007, Zur Anwendung des Case Management, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71509

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