David gegen Goliath ist wohl die berühmteste Überlieferung in der Davidgeschichte. Bei Recherchen in meinem Bekanntenkreis fiel mir auf, dass gerade diese Heldengeschichte die erste und überwiegend einzige Assoziation in Bezug auf die biblische Figur war. David als Held, der nur mit einer Steinschleuder den Riesen niederstreckte. Dieses überaus heroische Bild ist jedoch nur ein kleiner Teil der überlieferten Kenntnisse über die Davidgestalt. Die Bibel widmet dieser monumentalen Figur mehrere Bücher. Davids Leben und Wirken erstreckt sich über drei Bücher des Alten Testaments, und auch in weiteren Büchern findet es Erwähnungen. 2 Der „Umfang des ihm gewidmeten Materials[…] ist […] mehr als bei jeder anderen biblischen Gestalt“. 3 Dennoch scheint der Sieg gegen Goliath das prägnanteste Erkennungszeichen der Davidfigur zu sein.
Gleichwohl bot die Vielfältigkeit der biblischen Überlieferung von Davids Leben schon zahlreichen Schriftstellern und Lyrikern ausreichend Stoff für ihre Werke. So befasste sich auch der deutsch-jüdische Lyriker Matthias Hermann mit jener biblischen Figur.
Matthias Hermann ist der Sohn einer jüdischen, in der ehemaligen DDR lebenden Familie. Da seine Familie stark dem Sozialismus zugeneigt war und danach lebte, entdeckte Hermann erst mit der Abkehr von der DDR sein „poetische[s] Selbstbewußtsein“ 4 und das Judentum für sich. Er begann seine jüdische Existenz größtenteils mit autobiographischer Erlebnislyrik souverän zu vertreten. In seinen beiden Gedichtbänden 72 Buchstaben und Der gebeugte Klang werden eigene Erfahrungen und Erlebnisse seiner DDR-Vergangenheit und „historisch erinnert[e] Erfahrung[en] der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten“, 5 wie auch jüdische Geschichten und Überlieferungen verarbeitet. Mitunter beleuchtet Hermann dabei „die Wunden [...], die es [das Judentum] in seiner Geschichte bis zum Holocaust hinnehmen mußte“. 6 Um diese Wunden darzustellen, bedient sich Matthias Hermann, wie viele deutschjüdische Schriftsteller der Nachkriegsgeneration (Barbara Honigmann, Maxim Biller, Esther Dischereit u.v.m.), der kollektiven Erinnerungen und der Menschheitsgeschichte und verbindet diese teilweise mit individuellen Erinnerungen. Dabei sind die kollektiven Erinnerungen überlieferte jüdische Traditionen und Erzählungen wie auch jüdische Werte und Normen, die durch die Familie bzw. durch die jüdische Gemeinschaft übermittelt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die alttestamentlichen Schriften und ihre Davidfigur
- Die Davidfigur in Matthias Hermanns Gedichten
- ,,Die Hochzeitsnacht von Sauls Tochter“
- Die Hochzeitsnacht - einseitig oder vielfältig?
- Vergleichende Untersuchungen der Darstellung der Hochzeitsnacht in den ausgewählten literarischen Werken
- Die Brautgabe
- Die Homoerotik zwischen Jonathan und David
- Ergebnisse der Untersuchungen
- „König Dawid“
- Der König und seine „,wahre Herrschaft“
- Vergleichende Untersuchungen der Darstellung der Krönung Davids in den ausgewählten literarischen Werken
- Verrat und Mord vor Davids Krönung
- Verrat und Mord nach Davids Krönung
- Ergebnisse der Untersuchungen
- ,,Die Hochzeitsnacht von Sauls Tochter“
- Entmonumentalisierung der Davidfigur
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Darstellung der König-David-Figur in Matthias Hermanns Gedichten im Kontext der alttestamentlichen Überlieferung und im Vergleich zu den Werken von Stefan Heym und Grete Weil. Sie befasst sich mit der Frage, wie Hermann die historische Davidfigur literarisch verarbeitet und welche Aspekte der Davidgeschichte er in seinen Gedichten hervorhebt. Die Arbeit untersucht die Motivationen und künstlerischen Mittel, die Hermann für seine literarische Rezeption der Davidfigur verwendet.
- Die literarische Rezeption der König-David-Figur in Matthias Hermanns Gedichten
- Der Vergleich der Darstellung der Davidfigur bei Hermann mit den Werken von Stefan Heym und Grete Weil
- Die literarische Verarbeitung der alttestamentlichen Überlieferung in Hermanns Gedichten
- Die Motivationen und künstlerischen Mittel von Matthias Hermann
- Die Entmonumentalisierung der Davidfigur in Hermanns Gedichten
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt die Davidfigur im Kontext der biblischen Überlieferung vor und führt in die Arbeit ein. Sie beleuchtet die vielschichtige Bedeutung der Davidgestalt und deren Rezeption in der Literatur. Die Einleitung fokussiert auf die Herausforderungen der Rezeption der Davidfigur in der Moderne, die von den klassischen heroischen Bildern abweicht.
- Das Kapitel „Die alttestamentlichen Schriften und ihre Davidfigur“ analysiert die biblischen Texte, die sich mit der Davidfigur beschäftigen, und beleuchtet die verschiedenen Aspekte ihrer Persönlichkeit. Es stellt die Kontroversen und Ambivalenzen in der Darstellung Davids in den biblischen Texten heraus, die für die literarische Rezeption von Bedeutung sind.
- Das Kapitel „Die Davidfigur in Matthias Hermanns Gedichten“ untersucht die beiden Gedichte „Die Hochzeitsnacht von Sauls Tochter“ und „König Dawid“ und analysiert die Darstellung der Davidfigur in diesen Werken. Das Kapitel befasst sich mit der literarischen Rezeption der alttestamentlichen Überlieferung in den Gedichten und untersucht Hermanns künstlerische Mittel, die Davidfigur zu dekonstruieren und neu zu interpretieren.
Schlüsselwörter
König David, Matthias Hermann, Stefan Heym, Grete Weil, alttestamentliche Überlieferung, literarische Rezeption, Entmonumentalisierung, Deutsch-jüdische Literatur, Gedichtanalyse, Romananalyse.
- Arbeit zitieren
- Katharina Zillmer (Autor:in), 2006, Zur literarischen Rezeption der König-David-Figur bei Matthias Hermann im Vergleich zu Stefan Heym und Grete Weil, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71843