Analyse von Fodors Arbeit in der Identitätstheorie


Hausarbeit, 2007

23 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung

2.Die Entwicklung der moderner Identitätstheorie
2.1 Das Leib-Seele-Problem
2.2. Semantischer Physikalismus und Identitätstheorie
2.3.Was ist „Identität“ ?
2.4. Vier unterschiedliche Varianten der Identitätstheorie
2.4.1. Typenidentitätstheorie
2.4.2. Tokenidentitätstheorie
2.4.3. Anomaler Monismus
2.4.4. Aspektdualismus
2.5 Die Identitätstheorie und das Erklärungslückenproblem ( ELP )

3.Multiple Realisierung-Argumente
3.1. Reduktionismus und die klassische Theorienreduktion nach Nagel
3.2. Putnams Argumente gegen dieTypenidentitätstheorie
3.3. Fodors Erbe - die Multiple Realisierung.
3.4 Was ist Multiple Realisierung?

4. Schlußwort:
Funktionalismus ist keine bessere Alternative zur Identitätstheorie.

Literaturliste:
Sekundärliteratur:

1 Einführung

„Die erstaunliche Hypothese besagt folgendes: 'Sie', Ihre Freuden und Leiden, Ihre

Erinnerungen, Ihre Ziele, Ihr Sinn für Ihre eigene Identität und Willensfreiheit bei alledem

handelt es sich in Wirklichkeit nur um das Verhalten einer riesigen Ansammlung von

Nervenzellen und dazugehörigen Molekülen. Lewis Carrolls Alice aus dem Wunderland

hätte es vielleicht so gesagt: 'Sie sind nichts weiter als ein Haufen Neurone.' „

Francis Crick

Die moderne Wissenschaftsphilosophie ( 19. und 20. Jahrhundert ) ist so vielfältig, dass man sich zunächst einen Überblick über verschiedene Formen und Theorien in der Philosophie des Geistes verschaffen sollte, um die Kausalgeschichte der Identitätstheorie darzustellen.

In der vorliegenden Hausarbeit mache ich es mir zur Aufgabe, einen Überblick zu den möglichen philosophischen Theorien der Philosophie des Geistes in der neuzeitlichen Philosophie zu geben und eine Übersicht zu den verschiedenen Varianten der Identitätstheorie zu ermöglichen. In diesem Fall ist deutlich zu erklären, was semantischer Physikalismus ist, da er bei der Entwicklung der Identitätstheorie eine bedeutende Rolle spielt. Hinzukommt die problematische Auffassung über die Identität von Eigenschaften, die von Carnap vertreten wurde. Ich werde mich zum größten Teil mit der Analyse von Fodors Arbeit in der „Identitätstheorie“ beschäftigen, wobei die kritischen Meinungen der anderen Philosophen seiner Zeit herangezogen werden. Von Belang sind hier auch die Argumente, die Fodor gegen die Identitätstheorie formuliert. Außerdem ist es wichtig, seine Lösungsvorschläge für die Probleme der Identitätstheorie zu betrachten, wobei er als Vertreter des physikalischen Funktionalismus zu Worte kommt. Sein Aufsatz: „Special Sciences “ ist in dieser Hinsicht von größerer Bedeutung, da er allgemein als ein wichtiger Einwand gegen die Identitätstheorie gilt. Ich werde ebenfalls die Argumente von Putnam einbeziehen, welche als Grundidee für die Multiple Realisierung gelten. Zum Schluss werde ich seine Arbeit diskutieren und meine eigene Einstellung, Meinung und Kritik dazu äußern.

2.Die Entwicklung der moderner Identitätstheorie

2.1 Das Leib-Seele-Problem

Wie wir wissen, führen Menschen nicht nur ein biologisches, sondern auch ein geistiges Leben. Sie haben Erfahrungen und Gefühle, Wünsche und Überzeugungen. Sie können Wissen über ihre Umwelt erwerben und dieses Wissen überlegt bei der Planung von Handlungen einsetzen. Sie besitzen die Fähigkeit zu denken, haben also einen Verstand. Und sie haben Bewusstsein. Zusammengefasst: Die Menschen unterscheiden sich dadurch von (den meisten) anderen Wesen, dass sie einen Geist bzw. eine Seele besitzen.

Wenn man die Tatsache, dass Menschen mentale Fähigkeiten und Eigenschaften besitzen, in dieser Weise mithilfe von Substantiven wie ‘Geist’ oder ‘Seele’ ausdrückt, entsteht jedoch die Gefahr, dass das Leib-Seele-Problem auf einen Teilaspekt reduziert wird. Denn dann scheint dieses Problem nur noch in der Frage zu bestehen: Gibt es neben den materiellen Dingen auch noch ganz andere nicht-physische Dinge (Geister oder Seelen)? Neben dieser Problematik gibt es aber auch noch andere und vielleicht sogar interessantere Fragen – etwa die Frage, wie sich die mentalen Zustände und Eigenschaften von Menschen zu ihren physischen Zuständen und Eigenschaften verhalten, ob jene vielleicht mit diesen identifiziert oder auf sie zurückgeführt werden können. Grundsätzlich muss man also mindestens zwei Aspekte des Leib-Seele-Problems unterscheiden – zwei Aspekte, die man z.B. so erläutern kann. Im Hinblick auf offene Sätze, wie

(1) x fühlt starke Kopfschmerzen

(2) x hofft, dass es morgen nicht regnen wird,

die mentale Eigenschaften ausdrücken, kann man mindestens zwei Fragen stellen.

Frage 1: Auf welche Art von Dingen treffen diese offenen Sätze zu?

Substanz-Dualisten behaupten, dass es neben Steinen, Bäumen und Planeten – also neben den physischen Gegenständen – auch noch immaterielle, nicht-physische Dinge gibt und dass es diese immateriellen Dinge sind, die ein geistiges Leben haben, die denken, fühlen und sich entscheiden. Für Substanz-Dualisten gilt also: Offene Sätze wie (1) und (2) können nicht auf physische Dinge zutreffen; es gibt aber Dinge, auf die sie zutreffen, nämlich immaterielle Dinge. Der Substanz-Materialist behauptet dagegen, dass es in der Welt nur physische Dinge gibt und dass, wenn es überhaupt so etwas wie ein geistiges Leben gibt, bestimmte Organismen, also physische Dinge, Träger dieses Lebens sind. Für ihn treffen offene Sätze wie (1) und (2), wenn überhaupt, auf physische Gegenstände zu.

Frage 2: Welche Art von Eigenschaften werden durch die offenen Sätze (1)

und (2) ausgedrückt?

Hier vertreten Eigenschafts-Dualisten die Auffassung, dass mentale Eigenschaften in dem Sinne eigenständig sind, als sie sich nicht auf physische Eigenschaften zurückführen lassen, während Eigenschafts-Materialisten oder Physikalisten wiederum die gegenteilige Auffassung vertreten: Die durch offene Sätze wie (1) und (2) ausgedrückten mentalen Eigenschaften sind mit physischen Eigenschaften identisch bzw. können auf solche Eigenschaften zurückgeführt werden und sind insofern letzten Endes selbst physische Eigenschaften.

Da der Substanz-Dualismus in der gegenwärtigen Diskussion kaum noch eine Rolle spielt, werde ich mich in diesem Aufsatz nur mit dem Problem des Eigenschafts-Dualismus beschäftigen und dabei auch nur mit einem Teilaspekt, nämlich mit der Frage: Was bedeutet es zu behaupten, dass mentale Eigenschaften auf physische Eigenschaften zurückgeführt werden können?

2.2. Semantischer Physikalismus und Identitätstheorie

Die Position des Semantischen Physikalismus ist mit aller Deutlichkeit zuerst von R. Carnap formuliert worden:

( A ) Zu jedem mentalen Prädikat M gibt es einen offenen Satz A (x) der physikalischen Sprache so, dass der Satz

Für alle x: x ist M genau dann, wenn A (x) analytisch wahr ist.(Entsprechend gilt dies natürlich auch für mehr als einstellige Prädikate.)

Die Problematik dieser These zeigt sich allerdings sofort, wenn man versucht, sie an einem konkreten Fall anzuwenden. Wie könnte z.B. der offene Satz A (x) für das Prädikat ‘ x möchte ein Bier trinken’ aussehen? Semantische Physikalisten haben folgendermaßen versucht, dieses Prädikat mithilfe einer Reihe von Verhaltensdispositionen zu analysieren:

(3) x möchte genau dann ein Bier trinken, wenn gilt:

wenn x zu Hause ist, holt er sich ein Bier aus dem Kühlschrank, und

wenn x in der Kneipe ist, bestellt er sich ein Bier, und

wenn man x ein Bier anbietet, nimmt er es sofort an, usw.

Der erste kritische Punkt dieses Analyseversuchs ist offenbar das ‘usw.’. Es ist zwar richtig, dass der Wunsch, ein Bier zu trinken, mit einer ganzen Reihe von Verhaltensdispositionen einhergeht; aber welche dieser Dispositionen sind für die Bedeutung des zu analysierenden Prädikats relevant? Wie es scheint, gibt es keine Antwort auf diese Frage, die nicht auch ein Stück Willkür beinhaltet. Entscheidend ist jedoch ein zweiter Punkt. Wenn man genau hinsieht, wird sofort deutlich, dass es nicht einmal faktisch wahr ist, dass jeder, der ein Bier trinken möchte, ein Bier aus dem Kühlschrank holt, wenn er zu Hause ist, ein Bier bestellt, wenn er in der Kneipe ist, und ein angebotenes Bier sofort annimmt. Selbst wenn ihm der Sinn eindeutig nach einem Bier steht, wird er das Erste nicht tun, wenn er glaubt, dass im Kühlschrank gar kein Bier ist; das Zweite nicht, wenn ihm etwas anderes wichtiger ist, wenn er z.B. sofort nach Hause will; und das Dritte nicht, wenn er einen Grund hat, das Bier nicht anzunehmen, etwa weil er vielleicht gerade erzählt hat, dass er ein Jahr lang keinen Tropfen Alkohol mehr anrühren wird. Wenn man versucht, alle diese Nebenbedingungen mit zu berücksichtigen, kommt man jedoch zu einer Analyse wie

(3′) x möchte genau dann ein Bier trinken, wenn gilt:

wenn x zu Hause ist, holt er sich ein Bier aus dem Kühlschrank, falls

er glaubt, dass sich im Kühlschrank ein Bier befindet, und

wenn x in der Kneipe ist, bestellt er sich ein Bier, falls er keinen wichtigeren Wunsch hat, der damit unvereinbar ist, und wenn man x

ein Bier anbietet, nimmt er es sofort an, falls er keinen Grund hat,

das Bier abzulehnen, usw.

Es ist unmöglich, in rein physikalischer Sprache einen offenen Satz zu formulieren, der dieselbe Bedeutung hat wie das Prädikat ‘ x möchte ein Bier trinken’.

Die Identitätstheorie war eine explizite Reaktion auf das Scheitern des Semantischen Physikalismus. Ihre Ausgangsfrage lautete: Wie ist Physikalismus möglich, wenn man nicht davon ausgehen kann, dass es zu jedem mentalen Ausdruck einen bedeutungsgleichen Ausdruck der physikalischen Sprache gibt? Bei der Beantwortung dieser Frage stützten sich Place und Smart auf eine Grundeinsicht Freges: Zwei sprachliche Ausdrücke können, auch wenn sie nicht bedeutungsgleich sind, durchaus denselben Bezug haben.

Sie formulierten die Grundthese der Identitätstheorie:

(B) Mentale Zustände sind in dem Sinne identisch mit Gehirnzuständen, als es für jedes mentale Prädikat M einen neurobiologischen Ausdruck N gibt, so dass M de facto dieselbe neuronale Eigenschaft bzw. denselben Gehirnzustand bezeichnet wie N, obwohl M und N nicht dieselbe Bedeutung haben.

Zur Erläuterung dieser These konnten Place und Smart auf eine Reihe von gut etablierten theoretischen Identitätsbehauptungen aus der Physik verweisen:

– Wasser ist identisch mit H2O,
– Blitze sind identisch mit elektrischen Entladungen.

Auch die Identitätstheorie wurde jedoch von Anfang an recht kritisch beurteilt – dieses Mal allerdings weniger aus theoretischen als vielmehr aus empirischen Gründen. Eine Identitätsaussage der Form ‘ M bezeichnet dieselbe Eigenschaft wie N ’; sie kann nämlich nur dann wahr sein, wenn das allgemeine Bikonditional ‘Für alle x: x hat M genau dann, wenn x N hat’ zumindest empirisch wahr ist. Und eben dies ist für mentale Zustände sehr fraglich.

Wir wissen heute, dass ein bestimmter mentaler Zustand bei verschiedenen Personen mit ganz unterschiedlichen neuronalen Zuständen korreliert sein kann. Sogar bei derselben Person kann sich diese Korrelation im Laufe der Zeit dramatisch verändern. Nach Gehirnverletzungen z.B. können andere Teile des Gehirns die Funktionen des geschädigten Gewebes übernehmen.

Außerdem wissen wir, dass sich die Neurophysiologie der meisten Tiere mehr oder weniger stark von der Unsrigen unterscheidet. Soll allein daraus schon folgen, dass diese Tiere nicht dieselben mentalen Zustände haben wie wir? Und wie steht es schließlich mit Marsmenschen und Robotern? Sollen diese Wesen schon deshalb kein dem unseren vergleichbares mentales Leben haben, weil ihr ‘Gehirn’ nicht aus Nervenzellen, sondern z.B. aus Silizium-Chips besteht? Alle diese Überlegungen machen es ziemlich unwahrscheinlich, dass jedem mentalen Zustand genau ein neurophysiologischer Zustand entspricht. Und eben deshalb steht die Identitätstheorie auf einer äußerst schwachen empirischen Grundlage.

2.3.Was ist „Identität“ ?

Bevor wir weiter über die Identitätstheorie reflektieren, ist es zunächst notwendig, eine Definition zum Begriff der Identität vorzunehmen. Wir definieren die <Identität> als vollkommene, absolute Gleichheit eines Gegenstandes, eines Ereignisses oder einer Eigenschaft mit sich selbst.

Dabei kommt aber Zweifel auf, ob Identitätsbehauptungen überhaupt gehaltvoll sein können. Denn wenn wir es nur mit einem Gegenstand zu tun haben, mag die Identitätsbehauptung zwar zutreffen, doch die Aussage wäre trivial: Dass mein Bett identisch mit sich selbst ist, wäre doch klar. Wenn wir es aber mit zwei Gegenständen zu tun haben, dann ergeben sich bereits Probleme.

Allerdings, zeigt sich schon bei näherer Betrachtung, dass es sehr wohl einen sinnvollen Gebrauch von Identitätsbehauptungen gibt. Ganz allgemein kann man festhalten, dass Identitätsbehauptungen zumindest dann sinnvoll sind, wenn wir uns auf eine Entität mit unterschiedlichen Ausdrücken oder aus unterschiedlichen Perspektiven beziehen können. Beispielweise finden wir es sinnvoll zu sagen, dass der Morgenstern mit dem Abendstern identisch ist.

Wir benennen also, formal, die Identitätsbeziehung als eine zweistellige ( zwei Entitäten werden miteinander verknüpft ), reflexive ( jeder Gegenstand ist trivialerweise sich selbst gleich ) und substitutive ( eine Aussage, die für einen der 'beiden' Gegenstände gilt, die aber immer auch auf den 'anderen' zutrifft) Relation.

[...]

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Details

Titel
Analyse von Fodors Arbeit in der Identitätstheorie
Hochschule
Universität Bielefeld
Veranstaltung
Einführung in die Philosophie des Geistes
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
23
Katalognummer
V72000
ISBN (eBook)
9783638715201
ISBN (Buch)
9783638723480
Dateigröße
543 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Analyse, Fodors, Arbeit, Identitätstheorie, Einführung, Philosophie, Geistes
Arbeit zitieren
Galina Schlundt (Autor:in), 2007, Analyse von Fodors Arbeit in der Identitätstheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72000

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