Das 17. Jahrhundert stellt eine wichtige Epoche in der Entwicklung der russischen Literatur dar, eine Epoche, die - literarhistorisch gesehen - durch Säkularisierungsprozesse, d.h. durch Verweltlichung der Literatur geprägt war. Seit dieser Zeit steht die Literatur nicht mehr ausschließlich im Dienste von Kirche und Staat, sondern sie unterhält ein breiteres Lesepublikum. In der zweiten Hälfte des 17. Jhs. entsteht die sog. Unterhaltungsliteratur: Zeitungsübersetzungen wie z.B. „Vesti- Kuranty“, Satiren, originelle russische Prosa wie „Povest’ o gore zlosčastii“ und mannigfache Übersetzungsprosa. Den Veränderungsprozessen unterlag nicht nur die Literatur selbst, sondern auch ihre Sprache. Und nicht zuletzt deshalb steht die Sprache der verschiedenen literarischen Gattungen aus dem 17. Jh., das oft als Jahrhundert des Übergangs zur russischen Literatursprache des „neuen Typs“ (Uspenskji 2002:472; Maier 1997: 13) bezeichnet wird, schon seit Jahrzehnten im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses einiger Linguisten (Kuz'mina 1964; Pennington 1980; Maier 1997). In den oben genannten Veröffentlichungen wird das Hauptinteresse entweder der linguistischen Analyse der Sprache eines aus dem 17. Jh. stammenden Textes als ganzer gewidmet, wie z.B. in der Monographie von Pennington (1980), wo man eine sehr ausführliche Beschreibung der Sprache des von Grigorij Kotošichin 1666/7 verfassten Berichtes „O Rossii v carstvovanie Alekseja Michajloviča“ findet, oder es wird auf der Grundlage von Textmaterial aus dem 17. Jh. nach Entwicklungstendenzen auf einer der Sprachebenen, z.B. auf der Ebene der Syntax (Maier 1997), geforscht. Daneben gibt es ein Buch von Kuz’mina (1964), in dem die Autorin ihr Augenmerk mehr auf die Übersetzungsproblematik und auf den Vergleich von verschiedenen Fassungen der zwei aus dem 17. Jh. stammenden Texten richtet.
Im Mittelpunkt der hier vorliegenden Arbeit steht die Sprache des aus dem 17. Jahrhundert stammenden Übersetzungsromans „Povest’ o Petre zlatych klučej“. Das Ziel dabei ist es, eine möglichst ausführliche Beschreibung der Sprache der „Povest’“ anhand von Beispielen aus dem Textkorpus zu liefern.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Die untersuchte Übersetzung
- 2. Zur Lexik der literarischen Übersetzung
- 2.1 Polonismen
- 2.2 Kirchenslavismen
- 2.2.1 Kirchenslavische Lautverbindungen -pa-; -ре -; -ла -; -ле - im Text der „Povest’“
- 2.2.2 Kirchenslavische Lautverbindungen -жd- und -um-
- 2.2.3 E- im Anlaut
- 3. Zur Morphologie der literarischen Übersetzung
- 3.1 Deklination der Substantive
- 3.1.1 Buchsprachliche Formen
- 3.1.2 Vokativ
- 3.1.3 Variabilität der Deklinationsendungen innerhalb einiger Paradigmen
- 3.2 Deklination der Adjektive
- 3.2.1 Langformen
- 3.2.1.1 Genitiv des Singulars
- 3.2.1.2 Nominativ und Akkusativ Singular
- 3.2.1.3 Nominativ und Akkusativ Plural
- 3.2.2 Kurzformen
- 3.2.1 Langformen
- 3.3 Pronomina
- 3.3.1 Personalpronomina
- 3.3.2 Enklitika
- 3.4 Verbalmorphologie
- 3.4.1 Imperfekt
- 3.4.2 Der Aorist
- 3.4.3 Plusquamperfekt
- 3.4.4 Der Infinitiv
- 3.4.4 Partizipien des Aktivs
- 3.4.5 Partizipien des Passivs
- 3.1 Deklination der Substantive
- 4. Zur Syntax der literarischen Übersetzung
- 4.1 Kirchenslavische syntaktische Strukturen
- 4.1.1 Der dativus absolutus
- 4.1.2 Relativsätze mit den Relativpronomina иже, яже, еже
- 4.1.3 Kirchenslavische Konjunktion яко
- 4.1.4 Die kirchenslavische Konjunktion uбo
- 4.1.5 Die kirchenslavische Partikel бo
- 4.1.6 Finalsätze mit дабы
- 4.2 Einige spezifisch russische syntaktische Konstruktionen
- 4.2.1 Wiederholung von Präpositionen und Konjunktionen
- 4.2.2 Satzverbindungen
- 4.2.3 Gerundialkonstruktionen
- 4.1 Kirchenslavische syntaktische Strukturen
- 5. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Sprache der literarischen Übersetzung „Povest' o Petre zlatych klučej“ aus dem 17. Jahrhundert. Ziel ist eine detaillierte Beschreibung der sprachlichen Besonderheiten anhand von Textbeispielen. Aufgrund des Umfangs des Textes konzentriert sich die Analyse auf lexikalische, morphologische und syntaktische Ebenen. Es soll untersucht werden, inwieweit kirchenslavische Elemente und Merkmale der gesprochenen russischen Sprache des 17. Jahrhunderts in der Übersetzung präsent sind.
- Lexikalische Analyse der Übersetzung, insbesondere Polonismen und Kirchenslavismen.
- Morphologische Untersuchung der Substantive, Adjektive, Pronomen und Verben.
- Syntaktische Analyse, mit Fokus auf kirchenslavische und spezifisch russische Strukturen.
- Bestimmung des Einflusses polnischer und kirchenslavischer Sprachelemente.
- Beschreibung der sprachlichen Eigenheiten der Übersetzung im Kontext der russischen Literatursprache des 17. Jahrhunderts.
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und beschreibt das 17. Jahrhundert als eine bedeutende Epoche in der Entwicklung der russischen Literatur, geprägt von Säkularisierungsprozessen und der Entstehung einer breiteren Leserschaft. Sie beleuchtet den wissenschaftlichen Diskurs über die Sprache der literarischen Gattungen dieser Zeit und positioniert die vorliegende Arbeit, die sich auf die sprachliche Analyse des Übersetzungsromans „Povest' o Petre zlatych klučej“ konzentriert. Die Arbeit zielt auf eine detaillierte Beschreibung der Sprache dieser Erzählung ab, wobei aufgrund des Umfangs nur einige wesentliche Besonderheiten behandelt werden. Der Fokus liegt auf der Untersuchung der lexikalischen, morphologischen und syntaktischen Ebene.
1. Die untersuchte Übersetzung: Dieses Kapitel beschreibt den untersuchten Text, „Povest' o Petre zlatych klučej“, als russische Übersetzung eines französischen mittelalterlichen Ritterromans. Es erläutert den historischen Kontext der Übersetzung, ihre Popularität unter dem russischen Adel und die Existenz verschiedener Fassungen. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse der 1702 datierten Abschrift, die als ältestes vollständig erhaltenes Exemplar der ersten Fassung gilt. Das Kapitel beleuchtet auch die Frage nach der unmittelbaren Vorlage der russischen Übersetzung und argumentiert auf Grundlage vergleichender Analysen für eine polnische Vorlage aufgrund von Polonismen und textlichen Elementen, die nur in polnischen und russischen Versionen vorkommen. Die unbekannte Autorschaft der Übersetzung wird im Kontext des Moskauer Gesandtschaftsamtes diskutiert.
2. Zur Lexik der literarischen Übersetzung: Dieses Kapitel widmet sich der lexikalischen Ebene der Übersetzung. Es untersucht das Vorkommen von Lehnwörtern aus dem Polnischen (Polonismen) und genetischen Kirchenslavismen, einschließlich ihrer russischen Entsprechungen. Die Diskussion über die Identifizierung von Polonismen berücksichtigt den starken polnischen Einfluss auf das Russische im 14. bis 17. Jahrhundert und die verbreiteten Polnischkenntnisse in höheren Gesellschaftsschichten. Das Kapitel betont die Schwierigkeit, heutige Polonismen eindeutig als solche für die Zeit der Übersetzung zu identifizieren.
Schlüsselwörter
„Povest' o Petre zlatych klučej“, literarische Übersetzung, 17. Jahrhundert, russische Sprache, Polonismen, Kirchenslavismen, Lexik, Morphologie, Syntax, sprachliche Entwicklung, Übersetzungsproblematik, Buchsprache, Umgangssprache.
Häufig gestellte Fragen zu „Povest' o Petre zlatych klučej“
Was ist der Gegenstand dieser sprachwissenschaftlichen Arbeit?
Die Arbeit analysiert die sprachlichen Besonderheiten der russischen Übersetzung des mittelalterlichen französischen Ritterromans „Povest' o Petre zlatych klučej“ aus dem 17. Jahrhundert. Der Fokus liegt auf der detaillierten Beschreibung der lexikalischen, morphologischen und syntaktischen Strukturen des Textes.
Welche sprachlichen Ebenen werden untersucht?
Die Analyse umfasst die lexikalische Ebene (insbesondere Polonismen und Kirchenslavismen), die morphologische Ebene (Substantive, Adjektive, Pronomen, Verben) und die syntaktische Ebene (kirchenslavische und spezifisch russische Strukturen).
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die sprachlichen Eigenheiten der Übersetzung zu beschreiben und den Einfluss von Polnisch und Kirchenslavisch auf die Sprache des Textes zu bestimmen. Sie untersucht, inwieweit kirchenslavische Elemente und Merkmale der gesprochenen russischen Sprache des 17. Jahrhunderts in der Übersetzung vorhanden sind.
Welche Textsorte wird analysiert?
Die Analyse bezieht sich auf eine russische Übersetzung eines französischen mittelalterlichen Ritterromans aus dem 17. Jahrhundert: „Povest' o Petre zlatych klučej“.
Welche Aspekte der Lexik werden behandelt?
Die lexikalische Analyse konzentriert sich auf das Vorkommen von Lehnwörtern aus dem Polnischen (Polonismen) und Kirchenslavismen, einschließlich ihrer russischen Entsprechungen. Die Schwierigkeit, Polonismen dieser Zeit eindeutig zu identifizieren, wird ebenfalls thematisiert.
Welche morphologischen Aspekte werden untersucht?
Die morphologische Untersuchung umfasst die Deklination von Substantiven und Adjektiven (einschließlich Lang- und Kurzformen), die Betrachtung von Pronomen und eine detaillierte Analyse der Verbalmorphologie (Imperfekt, Aorist, Plusquamperfekt, Infinitiv und Partizipien).
Welche syntaktischen Phänomene werden analysiert?
Die syntaktische Analyse konzentriert sich auf kirchenslavische Strukturen wie den dativus absolutus, Relativsätze mit spezifischen Relativpronomina und den Gebrauch bestimmter Konjunktionen und Partikel. Darüber hinaus werden einige spezifisch russische syntaktische Konstruktionen untersucht.
Welchen historischen Kontext berücksichtigt die Arbeit?
Die Arbeit betrachtet den historischen Kontext des 17. Jahrhunderts in Russland, die Säkularisierungsprozesse, die Entstehung einer breiteren Leserschaft und den wissenschaftlichen Diskurs über die Sprache der literarischen Gattungen dieser Zeit. Der Einfluss des Polnischen auf die russische Sprache dieser Epoche wird ebenfalls berücksichtigt.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit beschreibt detailliert die sprachlichen Besonderheiten der Übersetzung und zeigt den Einfluss von Polnisch und Kirchenslavisch auf die sprachliche Gestaltung des Textes auf. Die Zusammenfassung fasst die Ergebnisse der Analyse zusammen und setzt sie in den Kontext der sprachlichen Entwicklung des 17. Jahrhunderts.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: „Povest' o Petre zlatych klučej“, literarische Übersetzung, 17. Jahrhundert, russische Sprache, Polonismen, Kirchenslavismen, Lexik, Morphologie, Syntax, sprachliche Entwicklung, Übersetzungsproblematik, Buchsprache, Umgangssprache.
- Arbeit zitieren
- Anna Bolshukhina (Autor:in), 2004, Zur Sprache der literarischen Übersetzung "Povest' o Petre zlatych kljucej", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72052