London und die Weltausstellung 1851


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

33 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung

B. London – Kulisse der Great Exhibition
1.1 Das viktorianische London
1.2 Leben und Sterben im London von Charles Dickens

C. Die Vorgeschichte der Weltausstellung
2.1 Die Society of Arts
2.2 Prinz Albert und die Royal Commission

D. The Great Exhibition of 1851
3.1 Der Crystal Palace
3.2 Die Exponate und die teilnehmenden Länder

E. Resumée

Anhang

Literaturverzeichnis

A. Einleitung

„Mensch-Natur-Technik – Eine neue Welt entsteht“. Unter diesem Motto präsentierte sich die Weltausstellung zum ersten Mal auf deutschem Boden in Hannover. Die Expo2000 stellte sich als Medienspektakel erster Güte vor, mit über 180 teilnehmenden Nationen.[1]

Die Idee einer Weltausstellung war jedoch nicht neu. Vielmehr lagen zwischen der Expo2000 und der ersten Weltausstellung in London 18 weitere Ausstellungen und fast 150 Jahre. Ebenso staunend wie die Besucher vor 6 Jahren durch das Gelände in Hannover gestreift sind und die Exponate bewundert haben, liefen auch 1851 die Besucher der Great Exhibition durch den Crystal Palace. Doch wie sah die Hauptstadt des British Empire, London, unter der Regentschaft Königin Victorias aus? Wie gestalteten sich die Lebensbedingungen der einzelnen sozialen Schichten? Wie wurde die Idee einer Weltausstellung überhaupt geboren? Dies alles sind Fragen, die ich mir im Rahmen dieser Arbeit stelle. Ich werde zudem, neben den historischen Hintergründen über das viktorianische London, auch die organisatorischen Hürden beleuchten, die bis zur Eröffnung der Weltausstellung von 1851 aufgetreten sind. Ebenso werde ich die Ausstellung selbst schildern und die Neuerungen die sie mit sich gebracht hat.

Mein Hauptaugenmerk soll jedoch auf der Frage liegen, ob die Great Exhibition London architektonisch und/oder sozial geprägt hat. Gab es Veränderungen für das Leben in der Metropole, die es ohne die Weltausstellung vielleicht nicht gegeben hätte? Hat die Weltausstellung London einer Stadt der Industriemoderne näher gebracht?

B. London – Kulisse der Great Exhibition

1.1 Das viktorianische London

1837 wurde ein 18jähriges Mädchen die Herrscherin einer Weltmacht. Obwohl Alexandrina Victoria - so der Taufname von Königin Victoria - erst an dritter Stelle in der Thronfolge stand, wurde sie dennoch, im Hinblick auf die Kinderlosigkeit ihrer ihr vorstehenden Onkel, für die Rolle der Königin erzogen.[2] Man ahnte nicht, dass ihr Name ein ganzes Zeitalter prägen würde. Drei Jahre später heiratete sie ihren gleichaltrigen Cousin mütterlicherseits Albert von Sachsen-Coburg und Gotha. Die Ehe war von extrem großer gegenseitiger Zuneigung und Loyalität geprägt und Victoria legte nach dem Tod des Prinzgemahls 1861 Zeit ihres Lebens die schwarze Witwentracht nie wieder ab.[3]

Mitte des 19. Jahrhunderts war London sowohl die größte und bevölkerungsreichste, als auch die politisch und wirtschaftlich einflussreichste Stadt der Welt. Das explosionsartige Bevölkerungswachstum, welches London zu einer Megapolis mit über 2,6 Millionen Einwohnern anschwellen lies, brachte jedoch einige Veränderungen für die Stadt und ihr soziales Gefüge mir sich.[4] Gegen Anfang des 19. Jahrhunderts wurde London drastisch umgebaut. Der Architekt John Nash baute im Auftrag von König Georg IV. die fast drei Kilometer lange Regent Street, den Trafalgar Square, den Picadilly Circus und plante den Umbau des Buckingham Palace. Nash prägte den so genannten Regency Style, der auf dem europäischen Festland eher als Neoklassizismus tituliert wird. Doch um Platz zu schaffen für Prachtboulevards wie Regent Street, mussten alte Häuser und Gassen aus den vorangegangenen Jahrhunderten weichen. Infolge dessen und des allgemeinen Platzmangels wurden neue Viertel erschlossen, die heute aus der britischen Hauptstadt nicht mehr wegzudenken wären. 1840 wurde eines der heutigen Londoner Kultviertel geboren. Notting Hill war bis zu jenem Zeitpunkt ein ländliches Randviertel gewesen, auf dem Ziegen und Schafe weideten. 1840 begann man jedoch auf den einstigen Weideflächen Villen für die gehobene Mittelschicht der Stadt zu bauen. Die Beliebtheit des Viertels schwankte bis in die 90er Jahre des 20.Jahrhundert und mit ihr auch die Bebauung und die soziale Struktur der Bewohner. Um die Zeit der Weltausstellung, war Notting Hill jedoch der Wohnort der wohlhabenderen Mittelschicht.[5] Die reichere Upperclass siedelte sich in Sydenham oder Penge an.[6] Die Villen die sie sich bauen ließen folgten der architektonischen Mode, die die Einheitserschließung der Zeit vorgab. Diese typisch englischen Stadthäuser hatten einen Vorgarten und einen Garten hinter dem Haus. Man folgte bei dem Entwurf dem Leitsatz „rus in urbe“, was gleichbedeutend damit ist, sich durch die kleinen, das Haus umrahmenden Gärten, ein Stück vom Landleben in die Stadt zu holen.[7] Das auch heute noch berühmte Vergnügungsviertel Soho war im 19. Jahrhundert fest in der Hand französischer Einwanderer und wurde als Kleinfrankreich tituliert. Während den Protestantenverfolgungen im 16. Jahrhundert siedelten sich immer mehr Hugenotten in Soho an und betrieben dort Geschäfte, Restaurants und sogar französische Schulen. Wer als Brite im viktorianischen London in Soho ein Geschäft betrat wurde sogar erstaunt angestarrt. Die meisten Einwanderer im London des 19. Jahrhunderts kamen jedoch aus Irland, da dort zwischen 1846 und 1851 eine große Hungersnot ausbrach, der die Bevölkerung zu entfliehen versuchte.[8] Die ärmere Bevölkerung zog in den Norden Londons oder wurde in Slums und Elendsviertel abgedrängt. Somit wurde die Londoner Innenstadt nicht mehr zum primären Wohnort, sondern zum Geschäftszentrum, in das man pendelte um seiner Arbeit nachzugehen. Charles Dickens beschrieb dies folgendermaßen: „Die frühen Büro-Menschen aus Somers Town und Camden Town, Islington und Pentonville strömen eilig in die City oder lenken ihre Schritte zur Chancery Lane und den Inns of Court. Männer mittleren Alters, deren Salär beileibe nicht in demselben Maße gewachsen ist wie ihre Familie, stapfen stetig voran, scheinbar kein anderes Ziel vor Augen als ihr Kontor.“[9]

Durch den Umbau Londons, vor allem der Innenstadt, vermittelte sich den Besuchern der Stadt der Eindruck, dass sich die Lebensumstände der Bevölkerung und auch die Bevölkerung selbst verbessert hätten. Dieser Schluss trog jedoch, da das Elend nur nicht mehr so offensichtlich wie vorher war, sondern erst hinter den Fassaden der prächtigen Regierungsgebäude, Museen und Theater begann. Donald Olsen beschrieb die Viertelbildung in seinem Buch ‚The Growth of Victorian Britain’ so: „Das 19. Jahrhundert erlebte die systematische Einteilung Londons in homogene, auf einen einzigen Zweck spezialisierte Stadtviertel. Bei jeder neuen Entwicklung wurde die strikte Trennung der sozialen Schichten zur Vorbedingung des Erfolgs.“[10]

Ein Treffpunkt für fast alle sozialen Schichten war jedoch die Lebensader Londons, die Themse. Der englische Handel florierte durch die Binnenschifffahrt und London war einer der größten Warenumschlagsplätze der Welt. Um diesem Schiffsaufgebot gerecht werden zu können wurden im 19. Jahrhundert die riesigen und beeindruckenden Docks gebaut. Die Themse war jedoch nicht nur für die An- und Ausschiffung von Handelsgütern bekannt. Sie war auch die größte Kloake Londons und gleichzeitig der größte Friedhof der Stadt. Nicht nur Selbstmörder stürzten sich von den Themsebrücken in den Fluss, auch Leichen die in der Umgebung des Gewässers gefunden wurden, entsorgte man darin. Diese Praktiken riefen Krankheiten wie Cholera in der armen Bevölkerungsschicht unweigerlich hervor, da diese das verunreinigte Wasser tranken. Erst 1855 wurde ein Abwassersystem in London gebaut, um die Choleraepedemien der vorangegangenen Jahre einzudämmen.[11]

Um 1840/1850 boomte das Baugewerbe und der Erfindungsreichtum der viktorianischen Gesellschaft. Allein im Baugewerbe waren 1851 circa 66.000 Menschen beschäftigt.[12] In diesen Jahren reifte auch der Plan einer Untergrundbahn um den Verkehr auf Londons Strassen zu entlasten. Die Strassen der Stadt waren überfüllt mir Menschen, die zu Fuß gingen. Kutschen und Droschken waren der Luxus der höheren Schichten, doch auch sie verstopften die Verkehrsadern. Schließlich fuhren noch insgesamt 3000 von Pferden gezogene Omnibusse durch die Stadt. Ein immenses Verkehrsaufkommen also, jedoch für eine Stadt mit über 2,5 Millionen Einwohnern nicht allzu verwunderlich. Der Plan einer Untergrundbahn stieß jedoch zunächst auf Skepsis und Ablehnung, da man befürchtete, dass die Tunnel unter der Last des darüber liegenden Straßenverkehrs zusammenbrechen würden. Nach langen Diskussionen war man aber doch bereit das Risiko einzugehen, und somit konnte man 1863 auf die erste gelungene Probefahrt der Untergrundbahn anstoßen.[13] 1837 wurde London auch innerhalb Englands insofern zum absoluten Knotenpunkt, da die Eisenbahn in der Stadt Einzug hielt und der erste Bahnhof Londons eröffnet wurde. Die Euston Station. In wenigen Monaten und Jahren folgten die Waterloo, King’s Cross, Paddington, Victoria, St. Pancrass und Liverpool Station. 1840 wurde London auch im wahrsten Sinne des Wortes erleuchtet. Man stattete die Stadt mit Gaslaternen aus und Besucher befanden, dass London bei Nacht ein Erlebnis sei, welches man in keinem Fall verpassen dürfe.[14]

Mitte des 19. Jahrhunderts änderte sich das architektonische Gesicht der Kapitale. Der Neoklassizismus wurde von der Neugotik abgelöst. Als das Parlament 1834 abbrannte, wurde es im neugotischen Stil neu gebaut und die berühmteste Glocke der Welt, Big Ben, wurde 13 Jahre später in einen Uhrenturm im selben Stil eingeweiht. Ab 1860 lösten die Schnörkel und Spitzbögen die klassischen Säulen und Giebel endgültig ab und sogar Vorstadtvillen wurden wie mittelalterliche Schlösser errichtet, woraus sich der landestypische Begriff Wimbledon-Gotik entwickelte. Ackroyd: „[...] die dekorative Symmetrie der georgianischen Architektur wurde verdrängt von der imperialistischen neugotischen oder neoklassizistischen Wucht viktorianischer öffentlicher Bauten. Sie verkörperte die Beherrschung des Raumes ebenso wie die Zeit.“[15]

[...]


[1] http://www.expo2000.de/expo2000/geschichte/detail.php?wa_id=21&lang=2; zuletzt aufgerufen am 21.06.2006.

[2] Strachey, Lytton; Queen Victoria; London 1948; S. 15-41.

[3] Bolitho, Hector; The Reign of Queen Victoria; London 1949; S. 57-62, 86-89, 187-189.

[4] Ackroyd, Peter; London; Die Biographie; München 2002; S 583.

[5] Ackroyd, Peter; London; Die Biographie; München 2002; S 530 ff.

[6] Ackroyd, Peter; London; Die Biographie; München 2002; S 535.

[7] Sheppard, Francis; London; A History; Oxford 1998; S. 276.

[8] Ackroyd, Peter; London; Die Biographie; München 2002; S 537 ff.

[9] Ackroyd, Peter; London; Die Biographie; München 2002; S 534.

[10] Ackroyd, Peter; London; Die Biographie; München 2002; S 528.

[11] Ackroyd, Peter; London; Die Biographie; München 2002; S 553-560.

[12] Sheppard, Francis; London; A History; Oxford 1998; S. 274.

[13] Ackroyd, Peter; London; Die Biographie; München 2002; S 574, 596.

[14] Ackroyd, Peter; London; Die Biographie; München 2002; S 594, 452.

[15] Ackroyd, Peter; London; Die Biographie; München 2002; S 581, 586, 660.

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
London und die Weltausstellung 1851
Hochschule
Universität Augsburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
33
Katalognummer
V72132
ISBN (eBook)
9783638690003
Dateigröße
2481 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
London, Weltausstellung
Arbeit zitieren
Stephanie Guillen Niubo (Autor:in), 2005, London und die Weltausstellung 1851, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72132

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