Warum wird der deutsche Typus von Marktwirtschaft, eigentlich Soziale Marktwirtschaft genannt? Und welche Einflüsse und historischen Umstände führten dazu, dass die Alliierten nach dem Ende des 2. Weltkriegs keine Planwirtschaft in ihren besetzten Gebieten installierten, sondern den Deutschen die Möglichkeit gaben einen demokratischen Staat mit einer neuen Wirtschaftsordnung zu gründen?
Zwei Fragen die sich einem stellen können, wenn man sich eingehender mit diesem Themenkomplex beschäftigt. Und die entscheidend sind, will man den Komplex „Soziale Marktwirtschaft“ besser verstehen.
Um sie zu beantworten, was diese Arbeit im Folgenden versuchen wird, sollen nicht nur die deutsche Ausgangslage nach Kriegsende und die geistigen, wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen zur Einführung der Sozialen Marktwirtschaft untersucht werden. Auch die Soziale Marktwirtschaft an sich und die Bedeutung des Attributs „Sozial“ sollen genauer analysiert und anhand von Beispielen betrachtet werden.
Gliederung
1. Einführung
2. Die Ausgangslage – Deutschland nach dem 2. Weltkrieg
3. Die Konzeption einer neuen Wirtschaftsordnung
3.1. Geistige Voraussetzungen
3.2. Wirtschaftliche Voraussetzungen
3.3. Politische Voraussetzungen
3.3.1. Die soziale Marktwirtschaft und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
4. Soziale Marktwirtschaft – Synthese zwischen wirtschaftlicher Freiheit und sozialer Gerechtigkeit[1]
4.1. Wirtschaftliche Freiheit
4.2. Soziale Gerechtigkeit
5. Sozialpolitik in der Sozialen Marktwirtschaft
5.1. Historischer Exkurs – Die Bismarcksche Sozialgesetzgebung
5.2. Soziale Reformen während der Anfänge der Sozialen Marktwirtschaft
5.2.1. Das Beispiel der Rentenversicherung
6. Die Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft
7. Literaturverzeichnis
1. Einführung
Warum wird der deutsche Typus von Marktwirtschaft, eigentlich Soziale Marktwirtschaft genannt? Und welche Einflüsse und historischen Umstände führten dazu, dass die Alliierten nach dem Ende des 2. Weltkriegs keine Planwirtschaft in ihren besetzten Gebieten installierten, sondern den Deutschen die Möglichkeit gaben einen demokratischen Staat mit einer neuen Wirtschaftsordnung zu gründen?
Zwei Fragen die sich einem stellen können, wenn man sich eingehender mit diesem Themenkomplex beschäftigt. Und die entscheidend sind, will man den Komplex „Soziale Marktwirtschaft“ besser verstehen.
Um sie zu beantworten, was diese Arbeit im Folgenden versuchen wird, sollen nicht nur die deutsche Ausgangslage nach Kriegsende und die geistigen, wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen zur Einführung der Sozialen Marktwirtschaft untersucht werden. Auch die Soziale Marktwirtschaft an sich und die Bedeutung des Attributs „Sozial“ sollen genauer analysiert und anhand von Beispielen betrachtet werden.
2. Die Ausgangslage – Deutschland nach dem 2. Weltkrieg
Das Ende des 2. Weltkriegs markierte den absoluten Zusammenbruch Deutschlands, sowohl militärisch, als auch politisch, wirtschaftlich und kulturell. Mit Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation am 8. Mai 1945 war der weitere Verlauf der deutschen Geschichte völlig offen und lag in den Händen der vier alliierten Mächte.
Diese hatten Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt und jegliche politische Macht dem Alliierten Kontrollrat übertragen. Damit war de facto eine politische Teilung Deutschlands beschlossen, die von der Potsdamer Konferenz bestätigt wurde. Wirtschaftlich sollte Deutschland allerdings weiterhin als eine Einheit betrachtet werden. Da aber der Alliierte Kontrollrat nur einstimmige Entscheidungen verabschieden konnte und sich schon in dieser frühen Phase deutliche Interessenunterschiede zwischen den westlichen Alliierten und der Sowjetunion abzeichneten, bestand die wirtschaftliche Einheit nur auf dem Papier.
Aus diesem Grund und wegen der starken Zerstörung Deutschlands und dessen Folgen, welche sich am Besten durch ein paar Zahlen verdeutlichen lassen:
- 3,5 Mio. deutsche Kriegstote waren zu beklagen;
- 10 Mio. Flüchtlinge und Vertriebene mussten von 1945-1947 eingegliedert werden;
- 40 % der Bevölkerung waren unmittelbar Kriegsopfer;
- 60 % der Bevölkerung waren stark unterernährt;
- 50 % der Vorkriegskapazität der deutschen Wirtschaft war zerstört;[2]
- 40 % der Verkehrsanlagen waren durch Kriegszerstörung verlorengegangen;
- 25 % der Fläche des Reichsgebiets von 1937 mussten abgetreten werden und
- das gesamte deutsche Auslandsvermögen wurde beschlagnahmt,[3]
beschlossen die Alliierten, die staatlich gelenkte Wirtschaftsordnung der
Nationalsozialisten zunächst beizubehalten. Dies bedeutete eine
Rationierung aller lebenswichtiger Nahrungsmittel und Verbrauchsgüter,
die nur mit Lebensmittelkarten und Bezugsscheinen zu bekommen waren. Bezugsscheine brauchten die Betriebe außerdem um Roh- und Betriebsstoffe, aber auch Ersatzteile zu erhalten. Überdies gab es einen Lohn- und Preisstop, sowie die Kontrolle über die Außenwirtschaft, bezüglich der Ein- und Ausfuhr von Gütern, der Preise und Devisen. Und die Alliierten hatten Produktionsvorschriften und eine Ablieferungspflicht für Produzenten aufrechterhalten.[4]
Durch die strikte Rationalisierung, war die Bevölkerung gezwungen andere Mittel und Wege zu finden, sich mit den für ihre Existenz notwendigen Gütern zu versorgen. Manche kehrten zur Selbstversorgung zurück und begannen ihre Lebensmittel wieder selbst anzubauen, andere betrieben primitive Tausch- und Naturalwirtschaft oder besorgten ihre benötigten Waren auf dem blühenden Schwarzmarkt.
Mit Geld konnte man zu diesem Zeitpunkt am wenigsten anfangen. Eine funktionsfähige Geldordnung gab es nicht mehr. Die sogenannte „Zigarettenwährung“ hatte die, obwohl im Überfluss vorhanden, wertlose Reichsmark abgelöst.
Unter diesen Umständen und mit diesen Voraussetzungen, war es undenkbar, dass Deutschland in absehbarer Zeit eine funktionierende Wirtschaftsordnung würde hervorbringen können.
3. Die Konzeption einer neuen Wirtschaftsordnung
Dieser Umstand kam den Alliierten und ihrer kurz nach dem Ende des 2. Weltkriegs betriebenen Politik zunächst entgegen.
Diese Politik war von Rache- und Vergeltungsgedanken geprägt und verfolgte die Absicht, Deutschland militärisch, politisch aber auch wirtschaftlich am Boden zu halten. Dies sollte durch Reparationen und Demontage erreicht werden. Festgehalten wurden diese Ziele im sogenannten Morgenthau-Plan, der u. a. vorsah:
„die Demontage und Zerstörung aller Schlüsselindustrien, auf denen eine neue Rüstungsindustrie hätte aufgebaut werden können; die Bildung eines süddeutschen und eines norddeutschen Staates; die Zerstörung des Industriezentrums an der Ruhr; die Demontage und Verteilung von Industrieanlagen und industriellen Ausrüstungen an die Siegermächte; die Zwangsarbeit Deutscher im Ausland; die Rückführung Deutschlands auf das Niveau einer vorwiegend von der Landwirtschaft lebenden Volkswirtschaft.“[5]
Das es schlussendlich nicht dazu gekommen ist, haben wir unter anderem dem amerikanischen Expräsidenten Herbert Hoover zu verdanken, der als Kopf einer Sachverständigengruppe 1947 Deutschland bereiste und dessen drei Berichte die westlichen Alliierten unter Führung der Amerikaner dazu bewog ihre restriktive Politik zu ändern.
Aus den sogenannten Hoover-Berichten ging hervor, dass mit der von den Alliierten betriebenen Politik das in Deutschland herrschende Elend nicht bekämpft werden könnte und das dies auch weitreichende Folgen für das restliche Europa haben würde. Da die deutsche Wirtschaft traditionell eng mit der Wirtschaft ihrer Nachbarländer verbunden ist, wäre der Umbau Deutschlands in einen Agrarstaat ein zu starkes Hemmnis für den schnellen Wiederaufbau Europas gewesen. Außerdem herrschte die Meinung vor, dass nur ein wirtschaftlich starkes Deutschland resistent dem sich abzeichnenden Expansionsdrang des Sowjetkommunismus sei.
Dies alles führte schließlich dazu, dass durch politische und wirtschaftliche Entscheidungen die getroffen wurden, einem neuen Typus der Wirtschaftsordnung der Weg bereitet werden konnte.
3.1. Geistige Voraussetzungen
Diese neue Wirtschaftsordnung, die schon 1947 von Alfred Müller-Armack als „Soziale Marktwirtschaft“ bezeichnet wurde, hat ihre theoretischen Wurzeln im Neoliberalismus und im Ordoliberalismus der „Freiburger Schule“, eine besondere Variante des Neoliberalismus.
Walter Eucken, einer der Vordenker des Ordoliberalismus fordert in seiner Theorie, dass der Staat die Voraussetzungen für einen Wettbewerb schaffen muss. Dies macht er mit Hilfe von sieben konstituierenden Prinzipien mit denen er auf die Wettbewerbsordnung Einfluss nimmt. Um allerdings Marktergebnisse zu vermeiden, die gesellschaftspolitisch unerwünscht sein könnten, entwirft der Ordoliberalismus Walter Euckens für die Wirtschaftspolitik eines Staates allerdings noch vier regulierende Prinzipien, die als Korrekturinstrumente eingesetzt werden können.[6]
Die Soziale Marktwirtschaft wie sie schließlich von Männern wie Müller-Armack entwickelt und von Ludwig Erhard in die politische Praxis übertragen wurde, baut sehr stark auf den Ideen des Ordoliberalismus und Euckens auf. Allerdings sind beide Konzepte nicht völlig identisch. Vielmehr unterscheiden sie sich in einigen Punkten voneinander. H. Jörg Thieme charakterisiert vier Punkte, in denen sich die Soziale Marktwirtschaft und die Ordnungskonzeption nach Eucken graduell voneinander unterscheiden. Die Soziale Marktwirtschaft gewichtet die sozialen Zielsetzungen im gesellschaftspolitischen Zielkatalog viel stärker, sie empfiehlt der Wirtschafts- und insbesondere der Sozialpolitik einen Maßnahmenkatalog, legt eine Betonung auf die staatliche Aufgabe einer aktiven Konjunktur- und Stabilisierungspolitik und hat im allgemeinen einen insgesamt pragmatischeren, auf die politische Realisierbarkeit angelegten Ansatz.[7]
Damit beschreiten Ludwig Erhard und Alfred Müller-Armack mit ihrer Konzeption der Marktwirtschaft den sogenannten Dritten Weg.
Alfred Müller-Armack beschreibt seine Leitidee der Sozialen Marktwirtschaft folgendermaßen: „...auf der Basis der Wettbewerbswirtschaft die freie Initiative mit einem gerade durch die marktwirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt verbinden. Auf der Grundlage einer marktwirtschaftlichen Ordnung kann ein vielgestaltiges und vollständiges System sozialen Schutzes errichtet werden.“[8]
[...]
[1] Pilz, Frank: Die Soziale Marktwirtschaft. Konzeption - Wirklichkeit - Perspektiven, Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1973, S. 39
[2] Randak, Harald: Unsere Soziale Marktwirtschaft. Eine Einführung, Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1995, S. 9
[3] Lampert, Heinz/Bossert, Albrecht: Die Wirtschafts- und Sozialordnung der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Europäischen Union, 14. völlig überarbeitete Auflage, München 2001, S. 80
[4] Randak, Harald: Unsere Soziale Marktwirtschaft. Eine Einführung, Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1995, S. 9
[5] Lampert, Heinz/Bossert, Albrecht: Die Wirtschafts- und Sozialordnung der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Europäischen Union, 14. völlig überarbeitete Auflage, München 2001, S. 80
[6] Auf den Ordoliberalismus nach Walter Eucken, soll im Folgenden nicht weiter eingegangen werden. Die konstituierenden und regulierenden Prinzipien sind nachzulesen bei: Thieme, H. Jörg: Soziale Marktwirtschaft. Ordnungskonzeption und wirtschaftspolitische Gestaltung, 2. überarbeitete Auflage, München 1994, S. 18-21
[7] Thieme, H. Jörg: Soziale Marktwirtschaft. Ordnungskonzeption und wirtschaftspolitische Gestaltung, 2. überarbeitete Auflage, München 1994, S.23
[8] Thieme, H. Jörg: Soziale Marktwirtschaft. Ordnungskonzeption und wirtschaftspolitische Gestaltung, 2. überarbeitete Auflage, München 1994, S.10
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