Nach 1990 trafen in Deutschland zwei unterschiedliche Gedenkkulturen aufeinander. Während sich im Westen staatliche Erinnerung und Gedenken vor allem auf die jüdischen Opfer und den gescheiterten (militärisch-bürgerlichen) Aufstand vom 20. Juli 1944 fokussierte, wurde in der DDR vor allem die führende Rolle der (kommunistischen) Arbeiterbewegung im Widerstand gegen das faschistische Regime betont. Diese mehr als vierzig Jahre währenden gegensätzlichen geschichtspolitischen Konzeptionen führten nach dem Scheitern der DDR zwangsläufig zu Konflikten. Besonders erbittert wurde an den Stätten mit so genannter „doppelter Vergangenheit“, also jenen Orten nationalsozialistischer Verbrechen, die anschließend von der sowjetischen Besatzungsmacht bzw. später den Behörden der DDR anderweitig genutzt wurden, gestritten.
Thema der Untersuchung sind die Auseinandersetzungen um das Gedenken im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald. Anhand der Gedenkstätte Buchenwald wird exemplarisch aufgezeigt, ob und wie die Totalitarismusdoktrin, die in Deutschland nach 1990 eine Renaissance erlebte, Einfluß auf die Neuorientierung der KZ-Gedenkstätten erlangte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Rahmenbedingungen
- Die Totalitarismusdiskussion in historischer Perspektive
- Die Totalitarismusdiskussion in der „neuen“ Bundesrepublik nach 1990
- Die Totalitarismusdiskussion im vorwissenschaftlichen Raum
- Zwei Geschichten an einem Ort
- Konzentrationslager Buchenwald (1937 – 1945)
- Die Aufbauphase des Lagers (1937 – 1939)
- Die zweite Phase: Internationalisierung der Lagergesellschaft (1939 – 1941)
- Die dritte Phase: Expansion und Vernichtung durch Arbeit
- Buchenwald als Mordstätte
- Speziallager Nr. 2 (1945 – 1950)
- Entstehungskontext der Internierungslager
- Die Beschlüsse der Alliierten zum Umgang mit den Tätern
- Das Speziallager 2: Historischer Abriss und Internierte
- Zur Bewertung der Speziallager
- Konzentrationslager Buchenwald (1937 – 1945)
- Die Neuorientierung der Gedenkstätte
- Verlauf der Auseinandersetzung
- Die Historikerkommission und ihre Empfehlungen
- Die Rolle der „Initiativgruppe Buchenwald 1945 – 1950“
- Die Position der ehemaligen KZ-Häftlinge
- Weitere Konflikte um Buchenwald
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Neukonzeption der Gedenkstätte Buchenwald im Kontext des deutschen Geschichtsdiskurses nach 1990. Dabei analysiert sie den Prozess der Umgestaltung und die dahinterliegenden geschichtspolitischen Konzepte, die sich gegen den Widerstand der ehemaligen KZ-Häftlinge durchsetzten. Die Arbeit befasst sich insbesondere mit der Rolle der Totalitarismustheorie und dem Einfluss von konservativen Geschichtsbildern auf die Erinnerungskultur in Buchenwald.
- Die Auseinandersetzung um die Deutung der NS-Vergangenheit nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus
- Der Einfluss der Totalitarismustheorie auf die Gedenkkultur in Buchenwald
- Die Rolle der ehemaligen KZ-Häftlinge im Konflikt um die Neuorientierung der Gedenkstätte
- Die Kontroverse um die Gleichsetzung von faschistischem Konzentrationslager und sowjetischem Speziallager
- Die Debatte um die Nivellierung des Unterschieds von Tätern und Opfern
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 legt den Rahmen für die Untersuchung, indem es die historische Entwicklung der Totalitarismusdiskussion beleuchtet und deren Bedeutung für den deutschen Geschichtsdiskurs nach 1990 herausstellt. Kapitel 3 widmet sich der Geschichte des Konzentrationslagers Buchenwald und des Speziallagers Nr. 2 und beleuchtet die unterschiedlichen Erfahrungen und Erinnerungen, die an diesen Orten präsent sind. Kapitel 4 analysiert den Konflikt um die Neuorientierung der Gedenkstätte Buchenwald, wobei der Fokus auf den Verlauf der Auseinandersetzung, die Rolle der Historikerkommission und die Positionen der ehemaligen KZ-Häftlinge liegt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit der Gedenkstätte Buchenwald, der Totalitarismusdiskussion, der Geschichte des Konzentrationslagers und des Speziallagers Nr. 2, der Erinnerungskultur, dem Geschichtsdiskurs nach 1990, den ehemaligen KZ-Häftlingen, der Historikerkommission, dem Konflikt um die Neuorientierung der Gedenkstätte und der Rolle von konservativen Geschichtsbildern. Die Studie untersucht die Auseinandersetzung um die Deutung der NS-Vergangenheit und die unterschiedlichen Perspektiven auf die Geschichte des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald.
- Arbeit zitieren
- Dominik Clemens (Autor:in), 2005, Feindliche Übernahme? Die Neuorientierung der Gedenkstätte Buchenwald, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72285