Wolfdietrich A - Eine Analyse der spezifischen Spannungsstruktur


Hausarbeit, 2005

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Vorwort

2. Die spezifische Spannungsstruktur des „Ambraser Wolfdietrichs“

3. Das Wechselspiel der Motive, welches zur Erhaltung der spezifischen Spannungsstruktur beiträgt
3.1. Allgemeine Aspekte zur Struktur
3.2. Christlich motiviert
3.3 Der Stellenwert der Treue
3.4. Ein Zuviel an Motiven
3.4.1. Eine Analyse der II. Aventiure
3.4.2. Die Episode um Wolfdietrichs Aussetzung und Rettung
3.4.3. Das Zusammentreffen Wolfdietrichs mit seiner Mutter
3.5. Das Motiv der Aussetzungssage

4. Schlussbemerkung

5. Quellenverzeichnis

Primärliteratur:

Sekundärliteratur:

Einleitung

Die Überlieferung der mittelhochdeutschen Dietrichepik reicht vom 13. bis tief in das 17. Jahrhundert hinein. Ein besonderer Überlieferungstypus ist charakteristisch, die sogenannten Heldenbücher: Sammelüberlieferungen mit überwiegend heldenepischen Inhalt, die aventiurehafte Dietrichepik und die zyklisch miteinander verknüpften Epen „Ornit“ und „Wolfdietrich“ enthalten.

In drei Fassungen liegt das mittelhochdeutsche Epos „Wolfdietrich“ vor. Ich möchte meine Hausarbeit auf Fassung A, die um 1230 entstanden und überliefert im Ambraser Heldenbuch des Kaspar von der Rhön ist, stützen.

Zunächst werde ich die spezifische Spannungsstruktur analysieren. Anschließend folgt die Untersuchung der Motive, die die Version A prägen und zur Aufrechterhaltung der Spannungsstruktur beitragen. Zudem soll aufgezeigt werden, dass der Text durch ein Wechselspiel von Erwartungserfüllung und –enttäuschung charakterisiert ist und einen neuen Heldentyp entstehen lässt.

1. Vorwort

Im Hinblick auf meine Fragestellung ist von Bedeutung, dass die Dichtungen über Wolfdietrich „als typisch nachklassische Adaptionen mittelalterlicher Erzählstoffe von geringer ästhetischer Qualität“1 gelten und sich nur schwer einem bestimmten Gattungstyp zu ordnen lassen.2 Des Weiteren ist zu erwähnen, dass der Verfasser seine Quelle in der Form durchaus selbstständig behandelt hat.

„Daß im Gang der Handlung nicht alles genau stimmt“3, ist im Nachfolgenden intensiver zu untersuchen. Alle Fassungen des „Wolfdietrich“ sind im Hildebranston verfasst4 und demonstrieren durchaus ihre Angewiesenheit auf den sinnstiftenden Horizont der heldenepischen Gattung.5 Die Texte, die sich als Teil einer heldenepischen Textradition verstehen, weisen bestimmte Signale auf.

„Trotz der Anlehnung an heldenepische Traditionen repräsentieren alle Versionen der „Wolfdietriche“ einen hybriden Narrationstyp, wobei die Interferenzen mit anderen Gattungen je nach Version differieren.“6

Lydia Miklautsch äußert zudem, dass die handlungskonstitutiven Themen des Stoffes, den passenden Handlungsrahmen für die flexible und sehr freie Aufnahme zahlreicher Abenteuer unterschiedlichster Provenienz bieten würden. Dieser Aspekt führt dazu, dass sich „die Dichtungen [...]aus mehr oder minder lose aneinandergefügten Motivkomplexen zusammensetzen, die zu episodenhaften Erzählsituationen führen und vom Hauptthema her nur locker handlungstechnisch eingebunden sind, sich selbst genügen und keinen wie auch immer gearteten sinn-konstituierenden Stellenwert im Gesamtzusammenhang besitzen.“7

Welche Motive und Handlungsstrukturen der „Ambraser Wolfdietrich“ aufweist, soll im weiteren Verlauf analysiert werden.

2. Die spezifische Spannungsstruktur des „Ambraser Wolfdietrichs“

Obwohl der Text wichtige Gründe für die Zuordnung zur Heldendichtung aufweist, sind vor allem Szenen, Motive und Gestaltungsmuster aus anderen Gattungen zu finden. Der Aufbau, die Motivik sowie die Handlungsstruktur besitzen Parallelen zu vielen mittelhochdeutschen Werken, aber auch zu denchansons de geste.8 Wie gelangt es jedoch der Fassung A eine spezifische Spannungsstruktur aufzubauen?

Oberflächlich gesehen, scheint der Text an einzelnen Passagen keinen kohärenten Zusammenhang zu besitzen. Viele Handlungselemente verlaufen aneinandergereiht ohne eine konkrete Verweisstruktur zu ergeben.

Es „zeigt sich eine gewisse Unbekümmertheit bei der Verwendung literarischer Muster, die sich wenig um ästhetische Konventionen kümmert.“9 Matthais Meyer spricht in diesem Zusammenhang von einer „freie[n] Verfügbarkeit der Fiktion.“

Gewiss ist die Version A nicht ein loses aneinander gereihtes Werk, ohne jeglichen Sinnzusammenhang. Vielmehr scheint man in der Aneinanderhäufung und im Aneinanderfügen narrativer Einzelteile mit den deutlich erkennbaren Schnittstellen ein erzähltechnisches Verfahren zu sehen, das seine Funktion gerade in der Konfrontation jener Widersprüche gewinnt, die es aufwirft.10

Armin Schulz untersuchte „blinde Motive“ in „Dietrichs Flut“, die auch hier von Bedeutung zu sein scheinen. Diese sind als „abgewiesene Alternativen“ zu verstehen, die die Funktion haben, einen bestimmten Deutungshorizont präsent zu halten, auch wenn dieser keine Konkretisierung erfährt.11

Aus diesem Grund ist es eben nicht nur als ein loses Aneinanderreihen von Motiven und Erzählmustern, sondern als Programm zu verstehen, dass die verschiedenen Deutungshorizonte präsent halten will.

Die spezifische Spannungsstruktur des „Ambraser Wolfdietrichs“ ergibt sich aus dem Wechselspiel zwischen Erwartungserfüllung und –enttäuschung.

„Enttäuschung wird einmal durch Gattungssignale in der Erzählung erzeugt, die die vorgeprägten Erwartungen nach bestimmten Figurenverhalten und bestimmten Abläufen abrufen. Erwartung wird weiterhin durch gezielte Informationen sowie durch die Darstellung von Ereignissen erzeugt.“12

3. Das Wechselspiel der Motive, welches zur Erhaltung der spezifischen Spannungsstruktur beiträgt

3.1. Allgemeine Aspekte zur Struktur

Die Handlung der Fassung A besteht aus einem ständigen Wechsel zwischen legendarischen und heroischen Mustern.13 Dimitri Scheludko meint, dass hier eine Kombination von gängigen Motiven aus Märchen, Legenden und zeitgenössischen französischen Dichtungen vorliege.

Im Gegensatz zum „Nibelungenlied“ und zur „Kudrun“ gibt es im „Wolfdietrich“ keine höfische Schicht, wenngleich sich in Einzelheiten die Bekanntschaft des Verfassers mit höfischen Dichtungen zeigt. „Eine große Rolle spielen dagegen christliche Motive, speziell in Form von Legendenmotiven. Sie sind für die ersten drei Aventiuren des „Wolfdietrich A“ von wesentlicher Bedeutung.“14

3.2. Christlich motiviert

Die Kindheit von Wolfdietrich folgt in den Grundzügen heroischen Mustern, allerdings erhalten all seine heroischen Eigenschaften eine geistliche Erklärung.

Bereits der Anfang deutet eine geistliche Legende an. Hugdietrich und seine Frau sind Heiden. Der Sohn Wolfdietrich hingegen ist Christ. „Die Gegenüberstellung des Christentums W.`s und des Heidentums seiner Eltern will Voretzsch aus der fränkischen Geschichte erklären.“15

Scheludko äußert hierzu jedoch Bedenken, da andere Versionen die Gegenüberstellung der

[...]


1 Lydia Miklautsch: Geschichtenklitterung – Figurenklitterung. Popularisierung der Heldendichtung durch Erzählvielfalt am Beispiel der Wolfdietrichdichtungen, in: ZATLOUKAL (2003), S.176.

2 Vgl. Ebd.

3 Hermann Schneider: Die Gedichte und die Sage von Woldietrich. München 1913, S.21.

4 Vgl. Roswitha Wisniewski: Mittelalterliche Dietrichdichtung. Stuttgart 1986 (Sammlung Metzler 205), S153.

5 Vgl. Miklautsch L.: Geschichtenklitterung, S.178.

6 Ebd.

7 Ebd. S.179.

8 Vgl. Lydia Miklautsch: Väter und Söhne: „Ornit AW“ und „Wolfdietrich A“, in : ZATLOUKAL (1997), S.152.

9 Miklautsch, L.: Geschichtenklitterung, S.180.

10 Vgl. Ebd. S.181.

11 Ebd.

12 Volker Mertens: Spannungsstruktur. Ein erzählanalytisches Experiment am „Walewein“, in ZfdA 127 (1998), S.157f.

13 Miklautsch, L.: Geschichtenklitterung, S.182.

14 Werner Hoffmann: Grundlagen der Germanistik. Mittelhochdeutsche Heldendichtung. Berlin 1974, S.146.

15 Dimitri Scheludko: Versuch einer neuen Interpretation des Wolfdietrichstoffes. ZfdPh 55 (1930), S.7.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Wolfdietrich A - Eine Analyse der spezifischen Spannungsstruktur
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Veranstaltung
Proseminar: Wolfdietrich
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
15
Katalognummer
V72502
ISBN (eBook)
9783638632591
Dateigröße
411 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Grundlage ist die Fassung A, die um 1230 entstanden und überliefert im Ambraser Heldenbuch des Kaspar von der Rhön ist.Zunächst habe ich die spezifische Spannungsstruktur analysiert. Anschließend folgt die Untersuchung der Motive, die die Version A prägen und zur Aufrechterhaltung der Spannungsstruktur beitragen. Zudem soll aufgezeigt werden, dass der Text durch ein Wechselspiel von Erwartungserfüllung und -enttäuschung charakterisiert ist und einen neuen Heldentyp entstehen lässt
Schlagworte
Wolfdietrich, Eine, Analyse, Spannungsstruktur, Proseminar, Wolfdietrich
Arbeit zitieren
Doreen Siebelist (Autor:in), 2005, Wolfdietrich A - Eine Analyse der spezifischen Spannungsstruktur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72502

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Wolfdietrich A - Eine Analyse der spezifischen Spannungsstruktur



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden