1. Einleitung
Mit der Entstehung des Königreichs Bayern ist vor allem eine enorme Gebietsvergrößerung verbunden. Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803, Napoleons Bemühungen Bayern als schlagkräftigen Mittelstaat im europäischen Machtkosmos zu etablieren und der Wiener Kongress im Jahre 1814 ließ Bayerns Fläche in beträchtlichem Maße anwachsen. Dabei entstand ein Gebiet mit erheblichem Strukturgefälle und mit sehr gegensätzlichen Traditionen. Die sogenannte “ Revolution von oben”, angeführt durch den allmächtigen Minister Montgelas, nahm zunächst keinerlei Rücksicht auf althergebrachte Rechte, Privilegien, Mentalitäten, Befindlichkeiten, auf kommunale Autonomien oder konfessionelle Verhältnisse, wenn es darum ging die altbayerischen mit den neubayerischen Gebieten zu vereinen. Es war jedoch offensichtlich, dass dem äußeren Zusammenschluss auch eine politische und soziale Integration der neuen Untertanen folgen musste, wollte man die Stabilität und den Frieden im Königreich dauerhaft erhalten.
Im Folgenden soll es vor allem um die Einbindung der Franken in das politische Geschehen Bayerns gehen. Einer der Schwerpunkte dieser Arbeit liegt hierbei beim Beamtentum. Erstens soll untersucht werden in welchem Maß die fränkischen Beamten in den Dienst des bayerischen Königs übernommen wurden. Zweitens gilt es zu erklären, warum sich im Laufe der Zeit sogar eine Art fränkische Dominanz innerhalb der Verwaltung einstellte. Während bei dieser Betrachtung der gesamte Existenzzeitraum des bayerischen Königreichs, also von 1806 bis 1918, einbezogen wird, soll es im zweiten Abschnitt der Hausarbeit nur um die Zeit von 1818 bis 1848 gehen. Hierbei soll die Rolle Frankens in der Ständeversammlung betrachtet werden. Die Verfassung von 1818 eröffnete der bayerischen Bevölkerung erstmals politische Partizipationsmöglichkeiten und dem mediatisierten Adel ein neues Betätigungsfeld. Besonders fränkische Abgeordnete verstanden dieses Forum für sich und für ihre Anliegen zu nutzen. Im Folgenden soll der Anteil der fränkischen Landtagsmitglieder dargestellt und ihr Einfluss auf die Arbeit im Parlament untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die bayerische Beamtenschaft 1806-1918
2.1 Der fränkische Anteil an der bayerischen Spitzenbeamtenschaft
2.1.1 Minister und Ministerverweser
2.1.2 Ministerialreferenten
2.1.3 königliche Kabinettssekretäre
2.1.4 Regierungspräsidenten
2.1.5 Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs
2.1.6 Militärbehörden
2.1.7 kirchliche Oberbehörden
2.1.8 Zusammenfassung der Ergebnisse
3. Franken als Mitglieder der Ständeversammlung
3.1 Die Kammer der Reichsräte
3.2 Die Kammer der Abgeordneten
3.2 Die Kammer der Abgeordneten
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Mit der Entstehung des Königreichs Bayern ist vor allem eine enorme
Gebietsvergrößerung verbunden. Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803, Napoleons Bemühungen Bayern als schlagkräftigen Mittelstaat im europäischen Machtkosmos zu etablieren und der Wiener Kongress im Jahre 1814 ließ Bayerns Fläche in beträchtlichem Maße anwachsen. Dabei entstand ein Gebiet mit erheblichem Strukturgefälle und mit sehr gegensätzlichen Traditionen1. Die sogenannte “ Revolution von oben”, angeführt durch den allmächtigen Minister Montgelas, nahm zunächst keinerlei Rücksicht auf althergebrachte Rechte, Privilegien, Mentalitäten, Befindlichkeiten, auf kommunale Autonomien oder konfessionelle Verhältnisse, wenn es darum ging die altbayerischen mit den neubayerischen Gebieten zu vereinen2. Es war jedoch offensichtlich, dass dem äußeren Zusammenschluss auch eine politische und soziale Integration der neuen Untertanen folgen musste, wollte man die Stabilität und den Frieden im Königreich dauerhaft erhalten3.
Im Folgenden soll es vor allem um die Einbindung der Franken in das politische Geschehen Bayerns gehen. Einer der Schwerpunkte dieser Arbeit liegt hierbei beim Beamtentum. Erstens soll untersucht werden in welchem Maß die fränkischen Beamten in den Dienst des bayerischen Königs übernommen wurden. Zweitens gilt es zu erklären, warum sich im Laufe der Zeit sogar eine Art fränkische Dominanz innerhalb der Verwaltung einstellte. Während bei dieser Betrachtung der gesamte Existenzzeitraum des bayerischen Königreichs, also von 1806 bis 1918, einbezogen wird, soll es im zweiten Abschnitt der Hausarbeit nur um die Zeit von 1818 bis 1848 gehen. Hierbei soll die Rolle Frankens in der Ständeversammlung betrachtet werden. Die Verfassung von 1818 eröffnete der bayerischen Bevölkerung erstmals politische Partizipationsmöglichkeiten und dem mediatisierten Adel ein neues Betätigungsfeld. Besonders fränkische Abgeordnete verstanden dieses Forum für sich und für ihre Anliegen zu nutzen4. Im Folgenden soll der Anteil der fränkischen Landtagsmitglieder dargestellt und ihr Einfluss auf die Arbeit im Parlament untersucht werden.
2. Die bayerische Beamtenschaft 1806-1918
Als Folge der Mediatisierung und der Säkularisierung sah sich sowohl der fränkische Adel als auch die fränkische Beamtenschaft vor eine schwierige Wahl gestellt. Mit der Schaffung des bayerischen Einheitsstaats fiel ein Großteil ihrer Funktionen und somit ihrer Verdienstquellen ganz einfach weg. Wollten sie ihre Existenz also sichern, mussten sie wohl oder übel versuchen in den Dienst des Königs übernommen zu werden5. Lediglich große Teile der Standesherren konnte sich auf längere Zeit der gesellschaftlichen Einbindung entziehen. Soziale und politische Privilegiertheit und vor allem ökonomische Unabhängigkeit ermöglichte es ihnen ihr Leben auch ohne Einbindung in das bayerische Königreich weiterzuführen. Klein- und Gutsadel, Verdienst- und Briefadel und besonders die bürgerlichen Beamten und Offiziere der neubayerischen Gebiete mussten jedoch in den diplomatischen, militärischen oder den Verwaltungsdienst treten6. Auch von altbayerischer Seite gab es Ressentiments gegen die neuen Staatsdiener. Die Verwaltungen der ehemaligen weltlichen und geistlichen Territorien waren oft aufgebläht und teilweise auch unterqualifiziert. Außerdem war bei vielen Beamten fraglich ob sie die nötige Loyalität gegenüber dem neuen Dienstherren aufbringen könnten. Hätte man nun nur die besten und loyalsten von ihnen übernommen, wäre es wohl zu flächendeckenden Massenentlassungen geführt. Das es nicht dazu kam, hatte zwei Gründe. Ersten hatte man, laut Reichsdeputationshauptschluss und Rheinbundakte, jedem entlassenem Beamten eine Pension zahlen müssen und zweitens wäre die Kontinuität in der Verwaltung der neuen Landesteile empfindlich gestört wurden7.
Trotz der anfänglichen Probleme und Vorbehalte gilt die Geschichte des bayerischen Beamtentums im Rückblick dennoch als Erfolg. Minister Montgelas hatte bereits in den Jahren 1804 und 1805 die Stellung und das soziale Prestige der Staatsdiener erheblich verbessert. Bei der Einstellung und der Beförderung entschied nun nicht mehr die Herkunft, sondern die Leistung8. Die Erblichkeit vieler Ämter wurde abgeschafft, ein festes Gehalt vorgeschrieben, eine Alters- und Hinterbliebenen versorgung eingeführt und die etwaige Kündigung von einer richterlichen Untersuchung und nicht von der Gnade der Landesherren abhängig gemacht9. Diese ökonomische Sicherheit und die entstandenen Karrieremöglichkeiten hatten eine nicht zu unterschätzende integrative Wirkung. Die gemeinsame Bildung sowie Ausbildung und die gängige Praxis Beamte oft heimatfern einzusetzen taten ihr Übriges, um aus den alt- und neubayerischen Staatsdienern eine gut funktionierende Verwaltung zu formen10. Dieser Staatsdienst wandelte so einen erheblichen Teil des neubayerischen Adels und gebildeten Bürgertums langfristig selbst zu Trägern der bayerischen Staatsidee11. Das Beamtentum wurde neben der Verfassung von 1818 zur größten Klammer, die den Staat zusammenhielt12.
2.1 Der fränkische Anteil an der bayerischen Spitzenbeamtenschaft
2.1.1 Minister und Ministerverweser
Am 2. Februar des Jahres 1817, dem Tag des Sturzes Montgelas, wurde eine Verordnung verabschiedet, die die Bildung und Einrichtung der obersten Stellen des Staates neu ordnete. Die oberste vollziehende Stelle, nach dem König, bildete der Ministerrat. Um eine Machtanhäufung einzelner Personen zu verhindern, musste jedes Ressort von je einem Minister geführt werden. Im Jahr 1817 gab es zunächst fünf Ministerien, das Ministerium des Hauses und des Äußeren, der Justiz, des Inneren, der Finanzen und der Armee. In den Jahren 1847/1848 kam das Ministerium des Inneren für kirchliche Angelegenheiten und das Ministerium für Handel und offentliche Arbeiten hinzu. Letzteres wurde mit der Gründung des Deutschen Reiches allerdings wieder abgeschafft. Die wachsende Bedeutung des Eisenbahn- und Postwesens machte schließlich auch ein eigenes Ministerium für Verkehrsangelegenheiten (1904-1920)notwendig13. Im gesamten Verlauf der Geschichte des bayerischen Königreichs gab es insgesamt 68 ordentliche Minister und 10 Ministerverweser. Das Ministerium der Armee ist bei dieser Betrachtung ausgenommen wurde und soll später in einem eigenen Abschnitt genauer betrachtet werden. Mit etwa 40% spielte der Adel im Kabinett zwar nicht dominierende Rolle, proportional wurde er bei der Ämtervergabe jedoch offensichtlich bevorzugt. Zwar stand den Söhnen aller Schichten der Weg an die Spitze der Verwaltung offen, doch hatte der Adel, durch die oft bessere Bildung, meist mehr Chancen14. Wesentlich interessanter ist allerdings der Anteil der Minister aus Franken. Betrachtet man den Gesamtzeitraum, findet man 33 fränkische Minister, was einer Prozentzahl von 43,4% entspricht. Überraschend ist nicht nur die Tatsache, dass Franken somit überproportional zu seinem Bevölkerungsanteil (schwankte zwischen 36,1% im Jahr 1837 und 33,6% im Jahr 1900)im Kabinett saß, sondern auch, dass ein neubayerisches Territorium mehr Minister stellte als Altbayern. Gab es zu Beginn des
19.Jahrhunderts noch einen bestimmenden Einfluss altbayerischer Elemente in der Ministerriege, überwogen spätestens ab 1870 die Franken15. Ein deutliches Zeichen, dass die Integration der Neubayern hervorragend funktioniert hatte. Besonders die Kernressorts wie Innen-, Finanz- und ganz speziell das Justizministerium bildeten fränkische Domänen. Ganze 83 von 112 Jahren hatte hier ein Franke den obersten Posten inne, angefangen von Graf Reigersberg 1810-1823, bis zu Heinrich Thelemann 1912-191816. Die Vorherrschaft fränkischer Beamter an der Spitze der Ministerien hatte zur Folge, dass auch das 1848 neugeschaffene Amt des Vorsitzenden des Ministerrats fest in der Hand von Franken war17.
2.1.2 Ministerialreferenten
Im untersuchten Zeitraum lassen sich insgesamt 302 Ministerialreferenten, also Mitarbeiter der einzelnen Ministerien, nachweisen. Wohingegen der Adel noch eine gewichtige Rolle bei den Ministerämtern selbst spielte, konnte er hier nur in bescheidenem Maß angetroffen werden. Nur jeder zehnte Referent war adeliger
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1 Blessing, Werner K.: Staatsintegration als soziale Integration - zur Entstehung einer bayerischen Gesellschaft im frühen 19.Jhd., in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 41, München 1978, S. 633-700. S. 636.
2 Endres, Rudolf: Liberale Bewegungen in Oberfranken im Vormärz, in: Axel Herrmann, Arnd Kluge (Hrsg.): Johann Georg August Wirth (1798-1848) - ein Revolutionär aus Hof Seine Person - seine Zeit - seine Wirkungen, Hof 1999, S.7-17. S.8.
3 Blessing, Werner K.: Revolutionäres Franken - vom Gaibacher Fest zur Märzrevolution, in: Haus der
Bayerischen Geschichte (Hrsg.): Die Einheits- und Freiheitsbewegung und die Revolution von 1848/1849 in Franken, Augsburg 1999, S.9-20. S.9.
4 Ebd. S.9.
5 Spindler, Max: Erbe und Verpflichtung - Aufsätze und Vorträge zur Bayerischen Geschichte, München 1966. S.203.
6 Blessing: Staatsintegration. S. 655f..
7 Demel, Walter: Politische und soziale Integration im „neuen Bayern“ (1803-1818) Eine Zwischenbilanz der Forschung, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 58, Neustadt (Aisch) 1998, S.327-348. S.342f..
8 Götschmann, Dirk: Bayerischer Parlamentarismus im Vormärz: Die Ständeversammlung des Königreichs Bayern 1819-1848 (Handbuch der Geschichte des deutschen Parlamentarismus), Düsseldorf 2002. S.31.
9 Schärl, Walter: Die Zusammensetzung der Bayerischen Beamtenschaft von 1806 bis 1918, Kallmünz Oberpfalz 1955. S.1-4.
10 Demel: Politische und soziale Integration. S.343.
11 Blessing: Staatsintegration. S. 656.
12 Spindler, Max: Erbe und Verpflichtung. S.204.
13 Schärl, Walter: Die Zusammensetzung. S.5f..
14 Ebd. S.31f..
15 Ebd. S.39
16 Ebd. S.34.
17 Ebd. S.35f.
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