Die Beziehungen der EU mit der Türkei spiegeln sich auf eine lange Geschichte zurück und weisen einige Besonderheiten auf. Die Türkei war einer der ersten Beitrittskandidaten, der Beziehungen zur Union aufnahm und ist ausserdem als einziger Kandidat in Form einer Zollunion mit der EU verbunden. Zudem ist die türkische Republik ein wichtiges Mitglied der NATO und spielt eine bedeutende und zunehmend einflussreichere Rolle in der europäischen und internationalen Politik. Schon seit über 40 Jahren versucht die Türkei sich der Europäischen Gemeinschaft anzuschliessen, bisher jedoch mit wenig Erfolg. Bereits 1963 vereinbarte die EWG ein Assoziationsabkommen mit der Türkei, indessen Artikel 28 die Perspektive auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft eröffnet wurde. Seither wurde dieses Thema immer wieder aufs Neue diskutiert und hat bis heute nicht an Aktualität verloren. 1987 stellte die Türkei einen Antrag auf Vollmitgliedschaft, der jedoch 1990 abgelehnt wurde, womit sie vom Beitrittsprozess der osteuropäischen Länder ausgeschlossen blieb. Erst 1999 auf dem Gipfel von Helsinki erlangte das Land am Bosporus den Beitrittskandidatenstatus. Während diesen über Jahrzehnte andauernden Prozessen, fühlte sich die türkische Öffentlichkeit oft ungerecht behandelt und beschuldigte Europa eine "Hinhaltepolitik" zu führen. Die Europäische Union wiederum begründete ihre Ablehnung mit der "mangelhaften Demokratie" und der "unstabilen Volkswirtschaft" des Landes. Zum Teil war man in Europa auch der Meinung, die Türkei würde weder geographisch noch kulturell zu Europa gehören, und sie würde im Falle einer Mitgliedschaft nichts als eine Last für die Union darstellen. Andererseits betonten Beitrittsbefürworter die geostrategische Bedeutung des Landes und waren der Ansicht, eine Mitgliedschaft der Türkei würde zu Machtgewinn führen.
Diese Diskussion wird heute stärker denn je weitergeführt, wobei die Argumente grössten Teils immer noch dieselben sind. In dieser Arbeit möchte ich mich aber nur auf die Analyse der ökonomisch fundierten Argumente beschränken, obwohl ich denke, dass die politischen Aspekte in Wirklichkeit die entscheidenden sind. Ich habe versucht vor allem auf Fragen einzugehen, welche mich persönlich besonders interessieren und von denen ich denke, dass sie in der EU-Türkei Debatte grundlegend sind.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der institutionelle Anschluss an den Westen
- Das Assoziierungsabkommen 1963
- Der Antrag auf die EG Vollmitgliedschaft
- Die Zollunion
- Der optimale europäische Wirtschaftsraum
- Die EU-Osterweiterung
- Überlastet ein Beitritt der Türkei die EU?
- Wann wird die türkische Volkswirtschaft Europa reif sein?
- Die Verschuldungssituation der Türkei
- Das Problem der wirtschaftlichen Rückständigkeit
- Sind die Reformen ausreichend?
- Das erste ökonomische Kriterium: Funktionsfähige Marktwirtschaft
- Das zweite ökonomische Kriterium: Wettbewerbsfähigkeit
- Die europäische Perspektive
- Arbeitslosigkeit durch Massenmigration
- Die Türkei als Grossmarkt der Zukunft
- Was erhofft sich die Türkei aus einem EU-Beitritt?
- Anstieg der Direktinvestitionen und Stabilitätseffekte
- Wirkung eines EU-Beitrittes auf die türkische Agrarwirtschaft
- Diskussion über eine Sonderpartnerschaft
- Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die ökonomischen Aspekte eines EU-Beitritts der Türkei. Sie beleuchtet die historische Entwicklung der Beziehungen zwischen der Türkei und der Europäischen Union, untersucht die Folgen der EU-Osterweiterung auf die EU und betrachtet die Auswirkungen eines möglichen türkischen EU-Beitritts auf beide Seiten.
- Ökonomische Auswirkungen eines EU-Beitritts der Türkei
- Analyse der türkischen Verschuldungssituation
- Bewertung der türkischen Wirtschaftsreformen
- Diskussion der europäischen Perspektive auf einen türkischen Beitritt
- Betrachtung der türkischen Erwartungen aus einem EU-Beitritt
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Arbeit legt die Forschungsfrage fest und erläutert den Aufbau der Arbeit. Sie betont die lange Geschichte der Beziehungen zwischen der Türkei und der EU und die zahlreichen Hindernisse, die der türkischen Mitgliedschaft im Weg standen.
Der institutionelle Anschluss an den Westen: Dieses Kapitel beschreibt die historischen Entwicklungen der Beziehungen zwischen der Türkei und der EU. Es analysiert das Assoziierungsabkommen von 1963, den Antrag auf Vollmitgliedschaft im Jahr 1987 und die Zollunion, die 1996 in Kraft trat. Die Kapitel beleuchtet sowohl die Erfolge als auch die Herausforderungen dieser Beziehungen.
Der optimale europäische Wirtschaftsraum: Der dritte Teil betrachtet die EU-Osterweiterung und untersucht, ob ein Beitritt der Türkei die EU ökonomisch überlasten würde. Die Kapitel analysiert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Osterweiterung und einer möglichen Erweiterung der EU um die Türkei und diskutiert die Frage, wie gross der optimale europäische Wirtschaftsraum sein sollte.
Wann wird die türkische Volkswirtschaft Europa reif sein?: Dieses Kapitel untersucht die ökonomische Situation der Türkei und diskutiert, ob das Land die Kopenhagener Kriterien für einen EU-Beitritt erfüllt. Die Kapitel analysiert die Verschuldungssituation der Türkei, das Problem der wirtschaftlichen Rückständigkeit und die Effektivität der durchgeführten Reformen.
Die europäische Perspektive: Dieses Kapitel beleuchtet die Perspektiven der EU auf einen EU-Beitritt der Türkei. Es analysiert die möglichen Auswirkungen auf die Arbeitslosigkeit durch Massenmigration und betrachtet die Türkei als potenziellen Grossmarkt der Zukunft.
Was erhofft sich die Türkei aus einem EU-Beitritt?: Dieses Kapitel untersucht die türkische Perspektive auf einen EU-Beitritt. Es analysiert die möglichen Auswirkungen auf Direktinvestitionen und die wirtschaftliche Stabilität und betrachtet die Folgen für die türkische Agrarwirtschaft.
Diskussion über eine Sonderpartnerschaft: Der vorletzte Teil diskutiert die Idee einer Sonderpartnerschaft zwischen der Türkei und der EU. Die Kapitel analysiert die möglichen Vorteile und Nachteile einer solchen Partnerschaft und betrachtet die türkische Position zu diesem Thema.
Schlüsselwörter
EU-Beitritt, Türkei, Zollunion, Osterweiterung, Kopenhagener Kriterien, Wirtschaftliche Rückständigkeit, Verschuldungssituation, Direktinvestitionen, Agrarwirtschaft, Sonderpartnerschaft, Personenfreizügigkeit.
- Quote paper
- Betül Celem (Author), 2005, Die ökonomischen Aspekte eines EU-Beitrittes der Türkei, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72545