Sozialkompetenz erlernen in Integrationsklassen


Hausarbeit, 2004

31 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was bedeutet Integration?

3. Was bedeutet soziale Kompetenz?

4. Entwicklung der Sozialkompetenz

5. Unterstützende Aspekte der Sozialkompetenz

6. Die Förderung sozialen Verhaltens in einer I-Klasse
6.1. Spiele in der Grundschule
6.2. Sich mit der Behinderung auseinander setzen
6.3. Das Rollenspiel
„Rollenspiel mit Anpassungsfunktion:
Rollenspiel mit Emanzipationsfunktion:
6.4. Regeln und Rituale in der Klasse
6.5. Interaktionspädagogik

7. Zusammenfassung

8. Quellenverzeichnis

Primärliteratur

Sekundärliteratur

1. Einleitung

Kommunikative Fähigkeiten, Teamgeist und gute Umgangsformen sind Eigenschaften, die neben dem Fachwissen im Beruf sehr gefragt sind. Arbeitgeber achten zunehmend auf die so genannten „soft skills“ bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern. Unternehmen bieten Seminare an, in denen emotionale und soziale Fähigkeiten gefördert und trainiert werden sollen. Im Bücherhandel gibt es ganze Regale mit Ratgebern zur Sozialkompetenz.

„Wer Erfolg im Leben haben will, muss klug mit seinen Gefühlen umgehen können und das „emotionale Alphabet“ beherrschen“, schreibt der Psychologe Daniel Goleman in seinem Bestseller „Emotional Intelligence“ (Goleman, 1996).

Egal ob soft skills, Sozialkompetenz oder emotionale Intelligenz, für all das gibt es keine Zertifikate. Doch beobachtet man den Arbeitsmarkt und die Forderungen der Arbeitgeberverbände, wird deutlich, dass es gilt, diese Fähigkeiten von früher Kindheit an zu fördern. Denn nicht nur für bessere Perspektiven am späteren Arbeitsmarkt ist dies von Bedeutung, sondern in der gesamten Umwelt des Kindes. Wer anderen zuhören kann, aufgeschlossen ist, seine eigene Meinung klar und deutlich mitteilen kann und trotzdem kompromissbereit ist, Gefühle zeigen und Komplimente machen kann, gewinnt Freunde, egal welchen Alters. Freunde und ein gutes Umfeld sind wiederum wichtig für ein positives Selbstbild.

In der Schule treffen zweierlei Lernfelder aufeinander, das Sachlernen und das soziale Lernen, wobei eines gleich ins Auge sticht: die Gewichtungen sind sehr ungleich. Während das sachliche Lernen weitgehend in den einzelnen Fächern durch bestimmte Richtlinien, Rahmenlehrpläne und Bewertungsmaßstäbe gesteuert wird, geschieht das Soziallernen nur nebenbei. Hierfür gibt es nur in Ansätzen methodische und didaktische Prinzipien. Meistens findet diese Art des Lernens spontan in den Pausen, in Lehrer-Schüler-Interaktionen und in Konfliktsituationen statt. Hauptverantwortlich für die Sozialerziehung ist nach wie vor die Familie. Doch gestaltetes soziales Lernen in der Schule wird immer wichtiger durch die aktuellen Veränderungen in der Kindheit.

Gemeint ist damit zum Beispiel die Veränderung in der Rolle der Familie wie die Tendenz zur zwei- oder dreiköpfigen Kleinfamilie. Durch dieses Phänomen besteht für die Kinder ein geringeres Lernpotenzial in Bezug auf soziale Beziehungen, oft wird ihnen keine Partnerschaft oder Freundschaft vorgelebt, da der Elternteil geschieden oder alleinerziehend ist. Auch durch das sogenannte „Leben aus zweiter Hand“ über die Medien verlieren die Kinder und Jugendlichen reale Beziehungen. In der Schule geraten die Kinder oft aneinander; Mobbing, Gewalt und Außenseitertum gehören fest zum Schulalltag. Auch wenn es statistisch nicht belegt werden kann, dass es mehr Auseinandersetzungen unter den Schülern gibt als früher, so steht doch fest, dass die Übergriffe gewalttätiger werden. Konflikte geraten schneller außer Kontrolle und viele Schüler klagen über steigende Brutalität an den Schulen.

Aus diesen Gründen sollte die Förderung der sozialen Fähigkeiten ein wichtiger Bestandteil in den Schulen werden, da in vielen Fällen die Familie diese Erziehung nicht bewerkstelligen kann.

Die Idee gemeinsamen Unterrichtens behinderter und nicht behinderter Kinder in einer Klasse ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Spanne in einer Integrations-Klasse reicht von schwerstkörperlich und –geistig behinderten Schülern bis zu den „Regelschulkindern“, vom erheblich lernbeeinträchtigten bis zum hochbegabten Kind. Eine größere Heterogenität ist kaum vorstellbar. Schon sehr früh lernen die Kinder mit dem Anderssein umzugehen und das Thema des sozialen Verhaltens wird groß geschrieben. Im Gegensatz zu Regelschulklassen, in denen oft vom Lehrpersonal davon ausgegangen wird, dass die Kinder sich selbst zu sozialen Wesen erziehen würden, ist der Augenmerk bei Integrationsklassen besonders auf diesen Punkt der Erziehung gerichtet.

In dieser Hausarbeit beschäftige ich mich mit der Frage, was genau soziale Kompetenzen sind und wie es möglich ist, diese in Integrationsklassen zu fördern und didaktisch zu vermitteln. Ich werde anhand einiger Problemfelder Möglichkeiten aufzeigen, wie der Lehrer gezielt an Konflikten mit seiner Klasse arbeiten kann. Hierbei werde ich bestimmte methodische Ansätze zeigen. Anschließend werde ich noch einige Modelle wie das Streitschlichterprogramm vorstellen, die ich für sinnvoll erachte in Bezug auf den Erwerb sozialer Kompetenz.

In den von mir angeführten Quellen wird je nach Autor von sozialer Kompetenz, soft skills, sozialem Verhalten, emotionaler Intelligenz oder sozialer Kognition gesprochen. Ich werde diese Begriffe im weiteren Verlauf synonym verwenden.

2. Was bedeutet Integration?

Das Wort „Integration“ stammt vom lateinischen integro, was Wiederherstellung eines Ganzen bedeutet. Es ist im allgemeinen Sprachgebrauch der Prozess des Zusammenschlusses von Teilen zu einer Einheit oder die Eingliederung in ein größeres Ganzes (Fröhlich, 1998,S.227).

Integrativer Unterricht bedeutet, dass behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam in einer Schule unterrichtet werden. Integrative Erziehung eröffnet behinderten wie nichtbehinderten Menschen gemeinsame Erlebnisse und Erfahrungen und fördert so das gegenseitige Verständnis. Das Interesse für die anderen und das Bemühen miteinander positiv umzugehen, auch wenn es manchmal nicht einfach ist, stehen dabei im Vordergrund.

Eine Besonderheit der Integrationsklassen stellt das Teamsystem dar. Das Integrationsteam wird von einer Grundschullehrerin, einer Sonderschullehrerin und einer Sozialpädagogin gebildet, manchmal auch nur von einem Zwei-Lehrer-Team. Durch diese größere personelle Besetzung besteht die Möglichkeit, die Kinder individueller zu betreuen und zu unterrichten.

Am 12. Oktober 1973 beschloss der Deutsche Bildungsrat in Bonn seine Empfehlung „zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher“. In ihrer Empfehlung legte die Bundeskommission unter anderem folgende Grundsätze fest:

„- Eine schulische Aussonderung von Menschen mit Behinderung

bringt die Gefahr ihrer Desintegration im Erwachsenenleben mit

sich. Deshalb sollen sie weitmöglich in die allgemeinen Schulen

integriert werden. ...

- Die Förderbedürftigkeit eines Kindes ist nicht mit Sonderschul-

bedürftigkeit gleichzusetzen. ...

- Die Lernanforderungen an allen Schulen müssen individualisiert

werden. ...

- Abschlüsse müssen mit unterschiedlichen Profilen möglich sein.

(www.gew-nds.de)“

3. Was bedeutet soziale Kompetenz?

Es ist richtig, dass es keine allgemein akzeptierte Definition gibt. Das rührt jedoch nicht daher, dass es keine profunde wissenschaftliche Auseinandersetzung darüber gäbe, sondern aus der Tatsache, dass unterschiedliche theoretische Zugänge zwangsläufig unterschiedliche Definitionen darüber hervorbringen.

Kompetenz wird im allgemeinen als eine individuelle Fähigkeit betrachtet. Es ist laut Fröhlich (1998, S. 244) eine Bezeichnung für die sachliche Zuständigkeit eines Menschen bei der Lösung von Problemen. Diese Auffassung beinhaltet letztlich die Annahme, dass alles soziale Geschehen auf individuelle Handlungen oder individuelle Denkvorgänge zurückzuführen sei.

Soziale Kompetenz zeigt sich nicht im Inneren eines Menschen, sondern in zwischenmenschlicher Kommunikation. Auch sei zu bedenken, dass es sich hierbei um einen normativen Begriff handelt. Er beinhaltet kulturelle, gesellschaftliche oder lokale Wertvorstellungen über angemessenes Verhalten gegenüber anderen Personen. Im Bereich der Sozialpsychologie umfasst die soziale Kognition „sowohl das Wissen über die Welt sozialer Geschehnisse, als auch den Prozess des Verstehens von Menschen, ihrer Beziehungen sowie der sozialen Gruppen und Institutionen, an denen sie teilhaben“ (Silbereisen 1998, S. 823). Eine pädagogischere Sichtweise vertreten Dettenborn und Schmidt-Denter (1997, S. 188ff.). Als soziales Lernen verstehen sie den Erwerb von Fähigkeit und Bereitschaft zu zwischenmenschlichen Verhaltensweisen, die zu einem akzeptablen Kompromiss zwischen Fremdbedürfnissen und eigenen Bedürfnissen führen. Es geht also nicht nur um das Verstehen von menschlichem Verhalten und Denken, sondern auch um die gekonnte Anwendung sozialer Verhaltensweisen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Sozialkompetenz erlernen in Integrationsklassen
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Behindertenpädagogik)
Veranstaltung
Einführung in die Integrationspädagogik II
Autor
Jahr
2004
Seiten
31
Katalognummer
V72558
ISBN (eBook)
9783638629669
ISBN (Buch)
9783668329911
Dateigröße
521 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sozialkompetenz, Integrationsklassen, Einführung, Integrationspädagogik
Arbeit zitieren
Julia Brückmann (Autor:in), 2004, Sozialkompetenz erlernen in Integrationsklassen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72558

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Sozialkompetenz erlernen in Integrationsklassen



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden