In der vorliegenden Arbeit werden die Tradierungsprozesse in der Erziehung in den jungen Familien aus Sankt Petersburg und den Sankt Petersburger Familien in Deutschland empirisch untersucht. Dabei wird zum Ziel gesetzt, den Inhalten der Tradierung, also dem, was in diesen Familien von den älteren Generationen an die jüngeren weitergegeben und überliefert wird, mit Hilfe von verschiedenen Erhebungsverfahren auf die Spur zu kommen. Zweitens wird hier von Anfang an ein empirischer Vergleich der Tradierungsinhalte in den beiden Familientypen, also in den Familien mit den Migrationserfahrungen1 und in den Familien ohne diese Erfahrungen, eine komparative Analyse vorgenommen. Im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses steht dabei die Frage: In wieweit lassen sich Inhalte der Tradierung in Familien aus St. Petersburg von Tradierungsinhalten in den St. Petersburger Familien, die nach Deutschland migriert sind, unterscheiden?
Dann wäre es interessant zu klären, welchen Einfluss die gesellschaftlichen Transformationsprozesse der 90er Jahre in Russland auf die innerfamilialen Erziehungs- und Tradierungsprozesse hatten. Lassen sich vielleicht schon neue Inhalte des Tradierten, die auf die Bedingungen der Wende zurückzuführen sind, bei den in St. Petersburg wohnenden Familien feststellen?
Methodisch basiert diese Arbeit auf drei Erhebungsverfahren: dem Tischgespräch, dem Leitfadeninterview und der Fotoanalyse. Die mit Hilfe dieser drei Methoden erhobenen empirischen Daten werden mit der dokumentarischen Methode der Interpretation von Ralf Bohnsack ausgewertet.
Untersuchungsgegenstand der Arbeit sind drei Familien. Es handelt sich erstens um eine junge Familie mit zwei Kindern aus St. Petersburg und zweitens um zwei St. Petersburger Familien, die vor einiger Zeit nach Deutschland migriert sind. Da aber familiale Tradierungsprozesse in der Erziehung nicht nur durch Migration beeinflusst werden können, sondern vom Herkunftskontext der Erforschten abhängen, wurden Familien aus gleichen soziokulturellen Milieus als Vergleichsfälle in die Untersuchung mit einbezogen. Insgesamt beziehen sich meine Ausführungen auf Familien aus dem akademischen Milieu einer russischen Großstadt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretisches Vorwissen
- Tradition und Tradierung
- Tradition in Russland
- Tradition und Migration und Kultur und Migration
- Tradierung, Familie und Erziehung in der neuesten deutschen erziehungswissenschaftlichen Forschung
- Familien in Russland
- Zum Stand und zur Bedeutung der Familie im heutigen Russland
- Familie in der Sowjetunion
- Familie im neuen Russland
- Familie als Forschungsgegenstand in Russland
- Zum Stand und zur Bedeutung der Familie im heutigen Russland
- Methodische Vorgehensweise und Auswahl der Familien
- Forschungsgegenstand
- Migration aus Russland
- Feldbestimmung
- Die untersuchten Familien im Einzelnen
- Die Familie aus St. Petersburg Familie Butow
- Die St. Petersburger Familien in Deutschland Familie Schilow Familie Nikolin
- Forschungsmethoden
- Zum Auswertungsverfahren
- Formulierende Interpretation
- Reflektierende Interpretation
- Fallbeschreibung
- Typenbildung
- Die dokumentarische Methode der Bildinterpretation
- Die Arbeitsschritte der dokumentarischen Methode der Bildinterpretation
- Die Erhebungsverfahren
- Das Leitfadeninterview
- Der Leitfaden für die Befragung der Eltern
- Tischgespräche
- Fotoanalyse
- Zum Auswertungsverfahren
- Erhebungsablauf
- Forschungsgegenstand
- Empirische Ergebnisse
- Familie Butow
- Familie Schilow
- Familie Nikolin
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen der Migration von Familien aus St. Petersburg nach Deutschland auf die Prozesse der familialen Tradierung in der Erziehung. Das zentrale Ziel besteht darin, die Inhalte und Modi der Tradierung in beiden Gruppen (Familien in St. Petersburg und migrierte Familien in Deutschland) zu vergleichen und Unterschiede aufzuzeigen. Der Fokus liegt auf der Analyse, welche Werte, Normen und Erziehungspraktiken beibehalten werden und welche sich verändern.
- Vergleichende Analyse der Tradierungsprozesse in St. Petersburger Familien in Russland und in Deutschland.
- Identifizierung der in den Familien vermittelten Werte und Normen.
- Untersuchung des Einflusses der Migration auf die Erziehungspraktiken.
- Analyse der Bedeutung von gesellschaftlichen Transformationsprozessen in Russland.
- Rekonstruktion der Veränderungen familialer Erziehungs- und Tradierungspraktiken durch Migration.
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der intergenerativen Tradierung in der Erziehung ein und hebt die Forschungslücke bezüglich Migrantenfamilien, insbesondere derer aus St. Petersburg, hervor. Sie formuliert die zentrale Forschungsfrage nach den Konsequenzen der Migration für die familiäre Tradierung und skizziert die methodische Vorgehensweise, die einen empirischen Vergleich von Familien in St. Petersburg und in Deutschland beinhaltet. Die Einleitung betont die Bedeutung des Vergleichs zur Analyse der Veränderungen in den Tradierungsprozessen.
Theoretisches Vorwissen: Dieses Kapitel legt das theoretische Fundament der Arbeit, indem es die Konzepte von Tradition und Tradierung definiert und den Kontext der russischen Tradition sowie den Einfluss von Migration auf kulturelle Übertragungsmechanismen beleuchtet. Es analysiert die aktuelle deutsche erziehungswissenschaftliche Forschung zu Tradierung, Familie und Erziehung und beschreibt den Forschungsstand zu Migrantenfamilien in diesem Kontext. Das Kapitel bildet somit die Basis für die Interpretation der empirischen Ergebnisse.
Familien in Russland: Dieses Kapitel beschreibt den Stand und die Bedeutung der Familie im heutigen Russland, sowohl im Kontext der Sowjetzeit als auch im post-sowjetischen Russland. Es beleuchtet die Familie als Forschungsgegenstand in Russland und legt den soziokulturellen Rahmen für die untersuchten Familien fest. Die Kapitel-Zusammenfassung verdeutlicht die gesellschaftlichen und historischen Bedingungen, die die Familiensituation in Russland geprägt haben und die relevant für das Verständnis der Tradierungsprozesse sind.
Methodische Vorgehensweise und Auswahl der Familien: Dieses Kapitel beschreibt detailliert die methodische Vorgehensweise der Studie. Es erläutert die Auswahl der Familien (Familie Butow in St. Petersburg und Familien Schilow und Nikolin in Deutschland), die Forschungsmethoden (Leitfadeninterviews, Tischgespräche, Fotoanalysen) und das Auswertungsverfahren (formulierende und reflektierende Interpretation, Fallbeschreibung, Typenbildung). Die Beschreibung der Methoden dient der Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse.
Schlüsselwörter
Tradierung, Familie, Erziehung, Migration, Russland, St. Petersburg, intergenerative Transmission, Werte, Normen, Erziehungsstile, Kulturvergleich, empirische Forschung, qualitative Methoden, Fotoanalyse, Leitfadeninterview, Tischgespräch.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Auswirkungen der Migration von Familien aus St. Petersburg nach Deutschland auf die Prozesse der familialen Tradierung in der Erziehung
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen der Migration von Familien aus St. Petersburg nach Deutschland auf die Prozesse der familialen Tradierung in der Erziehung. Der Fokus liegt auf dem Vergleich der Tradierungsprozesse in St. Petersburger Familien in Russland und in Deutschland, der Identifizierung vermittelter Werte und Normen, dem Einfluss der Migration auf Erziehungspraktiken und der Bedeutung gesellschaftlicher Transformationsprozesse in Russland.
Welche Forschungsfragen werden behandelt?
Die zentrale Forschungsfrage lautet: Welche Konsequenzen hat die Migration für die familiäre Tradierung? Die Arbeit analysiert, welche Werte, Normen und Erziehungspraktiken beibehalten werden und welche sich verändern. Es wird ein Vergleich zwischen Familien in St. Petersburg und migrierten Familien in Deutschland durchgeführt.
Welche Familien wurden untersucht?
Die Studie untersucht drei Familien: die Familie Butow in St. Petersburg und die Familien Schilow und Nikolin in Deutschland. Die Auswahl der Familien dient dem Vergleich zwischen Familien in Russland und in Deutschland.
Welche Methoden wurden angewendet?
Es wurden qualitative Forschungsmethoden eingesetzt, darunter Leitfadeninterviews mit den Eltern, Tischgespräche, Fotoanalysen und die dokumentarische Methode der Bildinterpretation. Die Daten wurden mittels formulierender und reflektierender Interpretation, Fallbeschreibung und Typenbildung ausgewertet.
Welche theoretischen Grundlagen liegen der Arbeit zugrunde?
Die Arbeit basiert auf theoretischen Überlegungen zu Tradition und Tradierung, dem Kontext der russischen Tradition, dem Einfluss von Migration auf kulturelle Übertragungsmechanismen und der aktuellen deutschen erziehungswissenschaftlichen Forschung zu Tradierung, Familie und Erziehung. Der Forschungsstand zu Migrantenfamilien wird ebenfalls berücksichtigt.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zum theoretischen Vorwissen, ein Kapitel zu Familien in Russland, ein Kapitel zur methodischen Vorgehensweise und Auswahl der Familien, ein Kapitel zu den empirischen Ergebnissen und eine Zusammenfassung. Das Inhaltsverzeichnis bietet einen detaillierten Überblick über die einzelnen Kapitel und Unterkapitel.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Tradierung, Familie, Erziehung, Migration, Russland, St. Petersburg, intergenerative Transmission, Werte, Normen, Erziehungsstile, Kulturvergleich, empirische Forschung, qualitative Methoden, Fotoanalyse, Leitfadeninterview, Tischgespräch.
Welche Kapitelzusammenfassungen gibt es?
Die Arbeit bietet Kapitelzusammenfassungen, die die Kernaussagen und Ergebnisse jedes Kapitels kurz und prägnant darstellen. Diese Zusammenfassungen erleichtern das Verständnis des Gesamtkontextes und der einzelnen Forschungsschritte.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das zentrale Ziel ist der Vergleich der Inhalte und Modi der Tradierung in St. Petersburger Familien in Russland und in Deutschland, um Unterschiede aufzuzeigen und den Einfluss der Migration auf die familiäre Tradierung zu analysieren.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für Wissenschaftler, die sich mit den Themen Migration, Familie, Erziehung und interkultureller Kommunikation befassen. Sie bietet wertvolle Einblicke in die Herausforderungen und Veränderungen, die mit der Migration verbunden sind und wie diese die familiäre Tradierung beeinflussen.
- Quote paper
- Anna Bolshukhina (Author), 2006, Tradierung in der Erziehung - Fotoanalysen, Tischgespräche und Interviews mit Familien aus St. Petersburg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72666