Das Reisen und vor allem das literarische Niederschreiben gehörte spätestens seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert zu den üblichen Kulturpraktiken des europäischen Bürgertums. Daher ist es wenig verwunderlich, dass der Buchmarkt mit Reisebeschreibungen überflutet wurde. Auch die wissenschaftliche Forschung hat in den letzten Jahrzehnten, dieses Thema für sich (wieder-)entdeckt. Historiker, Volkskundler oder Kulturanthropologen haben die Reisen der vergangenen Tage studiert und reflektiert. Von der mittelalterlichen Pilgerfahrt bis zum modernen Massentourismus, beinahe alle Länder und Arten zu Reisen wurden analysiert und beschrieben. Viele Reisebeschreibungen besitzen zunächst lediglich eine persönliche Relevanz und gewinnen erst später Bedeutung für die historische Forschung. Andere Texte gehören zum Hofstaat der Literatur. Dichter und Denker greifen traditionell gern zur Feder, wenn sie auf reisen sind. Ich möchte im Folgenden untersuchen, inwiefern ein aktuelles Werk, das ohne wissenschaftliche Ambition verfasst wurde, dennoch Gehalte aufweist, die mit den Wissenschaften in Verbindung stehen. Dabei wird die spezielle Perspektive von Interesse sein, die aufschlussreiche Einblicke und Überblicke gewähren kann. Das Problem besteht heute ja keineswegs darin, dass ein Mangel an Wissen zu beklagen wäre. Das, was der Reisende zu Gesicht bekommt, hat er häufig bereits im TV-Programm gesehen. Informationslücken gibt es kaum - im Gegenteil, die „Gutenberg-Galaxis“ der Bücher hält ebenso eine Informationsflut bereit wie das mit Suchmaschinen zu durchforstende Internet. Immer erneut stellt sich die Aufgabe, Informationen nicht nur zu sammeln, sondern in persönliches Wissen zu verwandeln. Ob es sich dabei nun um aktuell praktisch anwendbares oder theoretisch verallgemeinertes Wissen handelt, ist zunächst nebensächlich. Entscheidend ist vielmehr, dass eine Reise offenbar den Zusammenhang stiften und Anordnungsstrukturen prägen kann. Diese These kam mir bei der Lektüre von Wolfgang Büschers Buch „Berlin-Moskau: Eine Reise zu Fuß“ in den Sinn. Bemerkenswert ist auch, dass dessen Reise „zu Fuß“ absolviert worden ist. Das Wandern war schon für Friedrich Nietzsche eine Bewegungsart, die die Reflexion begünstigt. Leider muss ich zugeben, dass meine folgenden Ausführungen nicht aus der Bewegung heraus entstanden sind, sondern nach theoretischem „Sitzfleisch“ riechen. Ich hoffe jedoch, dass sich für den Leser dennoch darin etwas Aufschlussreiches findet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Person des Autors
- Analyse des Reiseberichtes „Berlin-Moskau“
- Reiseabschnitt Ostdeutschland
- Reiseabschnitt Polen
- Reiseabschnitt Weißrussland
- Reiseabschnitt Russland
- Anregungen für ethnologische Untersuchungen
- Vergleich mit anderen Reiseschriftstellern
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Wolfgang Büschers Reisebericht „Berlin-Moskau: Eine Reise zu Fuß“ und untersucht, inwiefern ein aktuelles Werk ohne wissenschaftliche Ambitionen dennoch Gehalte aufweist, die mit den Wissenschaften in Verbindung stehen. Dabei wird die spezielle Perspektive der Reisebeschreibung untersucht, die aufschlussreiche Einblicke und Überblicke gewähren kann.
- Die Bedeutung von Reisebeschreibungen im historischen Kontext
- Die Verbindung von persönlicher Erfahrung und wissenschaftlicher Relevanz
- Der Einfluss von Reisen auf die Wissensbildung und Erkenntnisgewinnung
- Die Rolle der subjektiven Perspektive in der Wissensvermittlung
- Die Analyse von historischen, psychologischen, soziologischen und ethnologischen Aspekten in Büschers Reisebeschreibung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Problematik der Informationsflut und die Bedeutung von Reisen als Methode der Wissensverarbeitung dar. Sie führt in das Thema ein und erläutert die Relevanz von Büschers Reisebericht für die wissenschaftliche Betrachtung.
- Zur Person des Autors: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die Lebensgeschichte und den Werdegang von Wolfgang Büscher. Es beleuchtet seine journalistische Tätigkeit und seine Motivation für die Fußreise von Berlin nach Moskau.
- Analyse des Reiseberichtes „Berlin-Moskau“: Dieser Abschnitt untersucht die einzelnen Reiseabschnitte und analysiert die Reiseerfahrungen von Büscher in Ostdeutschland, Polen, Weißrussland und Russland.
- Anregungen für ethnologische Untersuchungen: Dieser Abschnitt diskutiert die Möglichkeiten, wie Büschers Reisebericht für ethnologische Untersuchungen genutzt werden kann.
- Vergleich mit anderen Reiseschriftstellern: In diesem Kapitel wird Büschers Werk mit anderen Reiseschriftstellern verglichen, um die Besonderheiten seines Reiseberichtes hervorzuheben.
Schlüsselwörter
Reisebericht, Informationsflut, Wissensverarbeitung, Subjektivität, Ethnologie, Kulturvergleich, historische Kontextualisierung, persönliche Reflexion, Reise als Wissenschaft, Wolfgang Büscher, „Berlin-Moskau: Eine Reise zu Fuß“.
- Arbeit zitieren
- Mariann Klein (Autor:in), 2003, Navigieren in der Informationsflut: Wie durch Reisen Wissen aufbereitet werden kann , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72684