Die seit einigen Jahren zu beobachtende zunehmende Divergenz zwischen Gewinn- und Beschäftigtenentwicklung in (deutschen) Industriebetrieben legt, begleitet durch eine von Hilflosigkeit geprägte, öffentliche Selbstdarstellung der Führungskräfte, den Verdacht nahe, dass die spezifischen globalen Marktmechanismen des „Finanzmarktkapitalismus“ einen auf die Handlungsspielräume des (obersten) Managements zielenden Determinismus mit sich bringen, der den Anforderungen des Finanzmarktes geschuldete Gewinnsteigerungen einzig auf Kosten der Belegschaft möglich macht. Es stellt sich also die Frage, ob global agierenden, börsennotierten Unternehmen eine andere Möglichkeit bleibt, als durch reines Gewinnmaximieren die Vorgaben der Aktienmärkte zu bedienen, oder ob sich die zur Option stehenden Handlungsalternativen für die Entscheidungsträger lediglich weniger attraktiv darstellen.
Da bisher weder die eine noch die andere These von der Forschung eindeutig verifiziert werden konnte, soll die vorliegende Untersuchung am Beispiel der Automobilunternehmen Opel und Volkswagen den Versuch einer Klärung wagen.
Im Fokus der Arbeit steht somit die These, dass zwischen der Beschäftigtenentwicklung und dem Gewinn global agierender Konzerne eine negative Beziehung besteht, d.h. die „Anpassungen“ i. S. von Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit haben, von außen betrachtet, kurzfristige Gewinnmaximierungen zum Ziel, deren Erreichung allerdings zunehmend mit dem Abbau von Stammarbeitsplätzen an den traditionellen Industriestandorten einhergeht. Zentral ist also das Auffinden der unternehmerischen Handlungsmöglichkeiten unter dem Druck des Shareholder Value, d.h. der Frage, an welchen Zielvorgaben sich Konzernstrategien orientieren und welche Einflüsse dabei eine Rolle spielen, erweitern bzw. verengen Handlungsspielräume und was die Entwicklung schließlich für die Belegschaft am Standort Deutschland bedeutet.
Es muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass sich dem Problem über die Betrachtung von Fallbeispielen ein- und derselben Branche genähert wurde, aufgrund der unterschiedlichen äußeren wie inneren Bedingungen in den verschieden Wirtschaftssektoren. Gerade für die Automobilindustrie gilt ein hoher Finanzialisierungsgrad bei gleichzeitiger Wertschöpfung über industrielle Produktion, was für ein gewisses Maß an Unabhängigkeit von- und Entscheidungsautonomie gegenüber den Finanzmärkten spricht. Eben diese Potenzialität macht die Automobilbauer m.E. zu einem Schlüsselbereich.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung.
- 2. Theoretische Konzeption des Finanzmarktkapitalismus.
- 2.1 Begriffsdefinition.
- 2.1.1 Die Verkehrung der originären industriellen Wirtschaftslogik.
- 2.1.2 Wandel unternehmenspolitischer Handlungsparameter.
- 2.2 Auswirkungen auf das arbeitspolitische Feld.
- 3. Mittel der Shareholder Value Orientierung.
- 3.1 Der „deutsche Sonderfall“
- 3.1.1 Merkmale der Deutschland AG.
- 3.1.2 Der irreversible Zerfall der Deutschland AG und seine Folgen
- 3.2 „Usurpation“ durch die Shareholder?
- 4. Kapitalmarktbezogene Rationalisierungsmethoden in der Automobilindustrie.
- 4.1 Positionsbestimmung: Die Lage auf dem Automobilmarkt.
- 4.1.1 Produktion, Absatz, Umsatz.
- 4.1.2 Beschäftigtenentwicklung.
- 4.2 Produzieren unter globalisierten Bedingungen…...
- 4.3 Dimensionen der Unternehmensrestrukturierung.
- 4.3.1 Vermarktlichung- Wandlung der Unternehmenskoordination.
- 4.3.2 Abflachung der Unternehmenshierarchie.
- 4.3.3 Integrationsbedarf für neue Aufgaben am „shop floor“
- 4.4 Beschäftigtenstruktur zwischen Konstanz und Wandel.
- 4.4.1 Entgrenzung der Arbeit....
- 4.4.2 Systematischer Raubbau an der Innovationskraft?
- 5. Explikation der Fallbeispiele Opel und Volkswagen.
- 5.1 Methode.
- 5.1.1 Gründe für die Auswahl der Fallbeispiele.
- 5.1.2 Forschungsmaterial.
- 5.1.3 Untersuchungsdaten.
- 5.1.4 Untersuchungszeitraum.
- 5.2 Die Adam Opel GmbH.
- 5.2.1 Konzernentwicklung.
- 5.2.1.1 Restrukturierungskonzepte.
- 5.2.1.2 Standardisierung der Produktion und deren Auswirkungen auf die Beschäftigtenentwicklung.
- 5.2.2 Analyse der Daten.
- 5.2.2.1 Überprüfung der vier Shareholder Value-Indikatoren.....
- 5.2.2.2 Auswertung.
- 5.3 Volkswagen.
- 5.3.1 Unternehmensentwicklung.
- 5.3.1.1 Arbeitsbeziehungen unter globalisierten Bedingungen.
- 5.3.1.2 Kostendruck und Beschäftigtenentwicklung.
- 5.3.3 Analyse der Daten......
- 5.3.3.1 Überprüfung der vier Shareholder Value- Indikatoren………………………….
- 5.3.3.2 Auswertung.
- 5.4 Evaluierung der Fallbeispiele.
- 6. Diskussion zur Moral einer Wirtschaftsweise unter finanzmarktbestimmten Bedingungen......
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht die Entwicklung der Beschäftigung im Finanzmarktkapitalismus anhand der Fallbeispiele Opel und Volkswagen. Die Arbeit beleuchtet die Auswirkungen der Shareholder Value Orientierung auf die Arbeitsbedingungen und die Beschäftigtenentwicklung in der Automobilindustrie. Sie analysiert die spezifischen Herausforderungen, die sich durch die Globalisierung und den Kapitalmarktbezogenen Rationalisierungsmethoden für die Unternehmen und ihre Mitarbeiter ergeben.
- Die Auswirkungen des Finanzmarktkapitalismus auf die Arbeitsbedingungen.
- Die Herausforderungen der Globalisierung für die Beschäftigtenentwicklung.
- Die Rolle von Shareholder Value Orientierung in der Automobilindustrie.
- Die Relevanz von Kapitalmarktbezogenen Rationalisierungsmethoden.
- Die Analyse der Beschäftigtenentwicklung am Beispiel von Opel und Volkswagen.
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Die Einleitung präsentiert die Problematik der Stellenabbau trotz steigender Gewinne in der deutschen Wirtschaft. Sie beleuchtet die Ambivalenz der aktuellen Wirtschaftslage und die Debatte um die Ursachen und mögliche Gegenmaßnahmen. Die Einleitung verweist auf die zunehmende Komplexität der Problematik, die durch die Globalisierung und die "Finanzialisierung" verstärkt wird.
- Kapitel 2: Theoretische Konzeption des Finanzmarktkapitalismus: Dieses Kapitel definiert den Finanzmarktkapitalismus und untersucht die Verkehrung der originären industriellen Wirtschaftslogik. Es beleuchtet den Wandel unternehmenspolitischer Handlungsparameter und die Auswirkungen auf das arbeitspolitische Feld.
- Kapitel 3: Mittel der Shareholder Value Orientierung: Dieses Kapitel untersucht den "deutschen Sonderfall" und die Merkmale der Deutschland AG. Es beleuchtet den Zerfall der Deutschland AG und dessen Folgen sowie die Frage der "Usurpation" durch die Shareholder.
- Kapitel 4: Kapitalmarktbezogene Rationalisierungsmethoden in der Automobilindustrie: Dieses Kapitel analysiert die Lage auf dem Automobilmarkt, die Produktion, den Absatz, den Umsatz und die Beschäftigtenentwicklung. Es untersucht die Auswirkungen der Globalisierung auf die Produktion und die Dimensionen der Unternehmensrestrukturierung, einschließlich der Vermarktlichung, der Abflachung der Unternehmenshierarchie und des Integrationsbedarfs für neue Aufgaben am "shop floor". Das Kapitel betrachtet auch die Beschäftigtenstruktur zwischen Konstanz und Wandel, einschließlich der Entgrenzung der Arbeit und des systematischen Raubbaus an der Innovationskraft.
- Kapitel 5: Explikation der Fallbeispiele Opel und Volkswagen: Dieses Kapitel beschreibt die Methode, die Gründe für die Auswahl der Fallbeispiele, die Forschungsmaterialien, die Untersuchungsdaten und den Untersuchungszeitraum. Es analysiert die Konzernentwicklung von Opel und Volkswagen, die Restrukturierungskonzepte, die Standardisierung der Produktion und deren Auswirkungen auf die Beschäftigtenentwicklung. Das Kapitel beinhaltet auch eine Analyse der Daten, eine Überprüfung der vier Shareholder Value-Indikatoren und eine Auswertung.
Schlüsselwörter
Finanzmarktkapitalismus, Shareholder Value Orientierung, Globalisierung, Automobilindustrie, Beschäftigtenentwicklung, Regulierung, Deutschland AG, Opel, Volkswagen, Restrukturierung, Vermarktlichung, Entgrenzung der Arbeit, Innovationskraft.
- Arbeit zitieren
- Magister Artium Matthias Alff (Autor:in), 2006, Beschäftigtenentwicklung im Finanzmarktkapitalismus am Beispiel der Automobilhersteller Opel und Volkswagen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72691