Der Stummfilmklassiker „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ des Berliner Regisseurs Friedrich Wilhelm Murnau entsteht 1922 zu einer Zeit, als das Medium Film noch in seinen Kinderschuhen steckt und ist zugleich die erste erhaltene Verfilmung, in der eine Vampirgestalt auftaucht. Murnaus „Nosferatu“ wurde im Laufe der Filmgeschichte Vorbild für unzählige Vampire im Film und findet auch fast 90 Jahre nach seiner Uraufführung im Zoopalast in Berlin unzählige Rezipiente.
„Nosferatu“ gilt weithin als erste filmische Adaption des „Dracula“-Romans von 1897 des irischen Schriftstellers Bram Stoker. Zwar existierte schon kurz nach dem Erscheinen dieses Schauerromans eine Theaterfassung, doch „das nur einmal zu Bram Stokers Lebzeiten gespielte Stück war indessen lediglich eine dialogisierte Romanfassung, die mehr als vier Stunden dauerte“. Es bedurfte deshalb der Arbeit des Drehbuchautors Henrik Galeen, das Drehbuch für die Verfilmung zu verfassen. Da Murnau die Rechte an Stokers Roman nicht bekam, konnte „Dracula“ nicht originalgetreu übernommen werden.
Letzte Reste der Theaterfassung Draculas lassen sich in Galeens Drehbuch und der fertigen Verfilmung nicht von der Hand weisen. So ist es nicht zuletzt die dramaturgische Strukturierung des Films, die den Film dem Theater verhaften. Diese klassische dramatische Struktur, wie sie schon Aristoteles in seiner Poetik propagiert scheint also auch in diesem Frühwerk der Filmgeschichte erfolgreich angewandt worden zu sein. Es bietet sich daher an, die dramatische Struktur Nosferatus und ihre Wirkung auf den Filmrezipienten einmal näher zu beleuchten und sie auch an modernen Maßstäben der Dramaturgie zu messen.
Grundlage dieser Filmanalyse soll daher das populäre „Handbuch zum Drehbuch“ des international bekannten Drehbuchautors Syd Field sein, das verspricht, eine „Anleitung zu einem guten Drehbuch“ zu liefern. Dabei wird vorausgestellt, dass Fields Theorie sich hauptsächlich auf den US-Spielfilm bezieht und den europäischen Film aufgrund dessen Verhaftung an einem erhöhten künstlerischen Anspruch bewusst ausklammert. Dennoch ist es Ziel dieser Arbeit, Parallelen zwischen der Struktur Nosferatus und der Dramaturgie eines sogenannten „Blockbusters“ aufzuzeigen und Widersprüche zu erläutern.
Die vorliegende Arbeit möchte durch die eingehende Analyse der Handlungsstruktur einen Schlüssel zum besseren Verständnis dieser ersten „Draculaverfilmung“ bieten.
Inhaltsverzeichnis
- Drehbuchtheorie
- Drehbuchanalyse nach Field und Dramentheorie
- Das Drehbuchparadigma nach Field
- Drehbuchtheorie in ihrer Anwendung an Nosferatu
- Das dramaturgische Konzept Nosferatus
- Vergleich zum Drehbuchparadigma nach Field
- Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit analysiert die dramatische Struktur des Stummfilmklassikers „Nosferatu“ von Friedrich Wilhelm Murnau anhand der Drehbuchtheorie von Syd Field. Das Ziel ist es, die filmische Umsetzung des „Dracula“-Romans von Bram Stoker im Hinblick auf ihre dramaturgischen Elemente zu untersuchen und Parallelen sowie Unterschiede zur modernen Dramaturgie des US-Spielfilms aufzuzeigen.
- Die Anwendung der Drehbuchtheorie von Syd Field auf einen Stummfilm
- Die Analyse der dramaturgischen Struktur von „Nosferatu“ im Vergleich zu den theoretischen Ansätzen Fields
- Die Untersuchung der Übereinstimmungen und Abweichungen zwischen „Nosferatu“ und dem Drehbuchparadigma des US-Spielfilms
- Die Bedeutung der klassischen Dramaturgie für die Entwicklung des Films
- Der Einfluss der Theatertradition auf die filmische Umsetzung von „Nosferatu“
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil der Analyse widmet sich der Drehbuchtheorie von Syd Field, indem er zunächst die allgemeingültige Dramaturgie und ihre Anwendung auf den Film erläutert. Im Anschluss werden die zentralen Elemente von Fields Drehbuchparadigma vorgestellt, wie die „klassische“ Dramaturgie mit ihren drei Akten und die Bedeutung von „Plot Points“ und „Turning Points“ für die Handlungsentwicklung.
Der zweite Teil der Arbeit befasst sich mit der Anwendung der Drehbuchtheorie auf „Nosferatu“. Es wird untersucht, ob und wie die dramaturgische Struktur des Films mit den Annahmen von Field übereinstimmt. Hierbei werden insbesondere die fünf Akte des Films und ihre Struktur im Kontext des Drehbuchparadigmas analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der Filmanalyse, Drehbuchtheorie, Dramaturgie, Stummfilm, Vampirfilm, „Nosferatu“, Friedrich Wilhelm Murnau, Syd Field, „Dracula“, Bram Stoker, klassische Dramaturgie, Theatertradition, Drehbuchparadigma.
- Arbeit zitieren
- Selina Kunz (Autor:in), 2007, Friedrich Wilhelm Murnaus „Nosferatu“ - Eine Analyse der dramatischen Struktur anhand der Drehbuchtheorie Syd Fields, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72713