Ein Blick über die Grenze des Wirtschaftsstandorts Deutschland hinaus liefert den eindeutigen Beweis: Das derzeitige System der Unternehmensbesteuerung erweist sich im internationalen Belastungsvergleich in vielerlei Hinsicht als nicht wettbewerbsfähig. So gehören nicht nur die tariflichen und effektiven Steuerbelastungen von Unternehmensgewinnen in Deutschland im weltweiten Vergleich zu den höchsten. Auch werden steuerneutrale Investitionsentscheidungen durch die mangelnde Rechtsform- und Finanzierungsneutralität der gegenwärtigen Gesetzgebung erschwert. Zusätzlich gestaltet sich eben diese Gesetzgebung nicht nur in hohem Maße undurchsichtig, sondern es mangelt ihr gleichermaßen an fiskalpolitischer Planungssicherheit. Diese Unzulänglichkeiten führen einerseits zu Gewinn- und Produktionsverlagerungen einheimischer Unternehmen ins steuerlich attraktivere Ausland, andererseits aber auch dazu, dass die BRD bei der Standortwahl potentieller ausländischer Investoren das Nachsehen hat.
Der steuerpolitische Handlungsbedarf wird von Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft seit Jahren aufgezeigt, sowie in der Forderung nach einer umfassenden Reform der Unternehmensbesteuerung öffentlich zum Ausdruck gebracht.
Anfang 2005 wurde der Ernst der Lage auch in politischen Kreisen erkannt und im Rahmen eines „Job Gipfels“ am 17. März ein mögliches Reformvorhaben diskutiert. Trotz des vorzeitigen Regierungswechsels wurden die Reformpläne von der neu gebildeten Koalition aus CDU/CSU und SPD wieder aufgegriffen und die Spitzenpolitiker Koch und Steinbrück mit der Konzeption eines Reformkonzepts betraut. Am 07.11.2006 wurde ein erster Maßnahmenkatalog vorgestellt, auf Basis dessen der am 02.02.2007 veröffentlichte Referentenentwurf erarbeitet wurde.
Die voraussichtlich mit dem 01.01.2008 in Kraft tretende „wachstumsorientierte Unternehmenssteuerreform" soll nach Auffassung der Großen Koalition durch ein „ausgewogenes Bündel überschaubarer, in ihren Auswirkungen abschätzbarer Schritte“ die „Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ bewirken.
Zentrales Ziel dieser Arbeit soll es sein, die erarbeiteten Maßnahmen zur geplanten Reform detailliert zu erläutern und kritisch zu beurteilen, inwieweit sie in der Lage sein werden, die proklamierte Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland tatsächlich herbeizuführen.
Diese Diplomarbeit entstand im Januar/Februar 2007 am Lehrstuhl für Betriebliche Steuerlehre der European Business School in Oestrich-Winkel.
Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- 1 Politischer Handlungsbedarf bei der Unternehmensbesteuerung
- 2 Darstellung der Unternehmensbesteuerung in Deutschland
- 2.1 Die wichtigsten Ertragsteuern
- 2.2 Die Besteuerung der Kapitalgesellschaften
- 2.2.1 Die Besteuerung auf Gesellschaftsebene
- 2.2.2 Die Besteuerung auf Gesellschafterebene
- 2.3 Die Besteuerung der Personenunternehmen
- 3 Anforderungen und Konzepte der geplanten Unternehmenssteuerreform 2008
- 3.1 Anforderungen an die geplante Unternehmenssteuerreform 2008
- 3.1.1 International wettbewerbsfähige Steuersätze
- 3.1.2 Rechtsformneutralität
- 3.1.3 Finanzierungsneutralität
- 3.1.4 Einfachheit
- 3.1.5 Europarechts- und Verfassungskonformität
- 3.1.6 Planungssicherheit
- 3.1.7 Einschränkung von Gestaltungsmöglichkeiten
- 3.2 Konzepte zur geplanten Unternehmenssteuerreform 2008
- 3.2.1 Die duale Einkommensteuer des Sachverständigenrates
- 3.2.2 Die allgemeine Unternehmenssteuer der Stiftung Marktwirtschaft
- 4 Eckpunkte der geplanten Unternehmenssteuerreform 2008
- 4.1 Entlastende Maßnahmen
- 4.1.1 Senkung der Steuersätze für Körperschaft- und Gewerbesteuer
- 4.1.2 Erhöhte Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer
- 4.1.3 Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen
- 4.1.4 Fortentwicklung der Ansparabschreibung
- 4.1.5 Einführung einer Abgeltungssteuer
- 4.2 Finanzierungsmaßnahmen
- 4.2.1 Begrenzung der Gestaltungsmöglichkeiten bei der Wertpapierleihe
- 4.2.2 Verschärfung der Regelung zum Mantelkauf
- 4.2.3 Verschärfungen bei Verrechnungspreisen und „Funktionsverlagerungen“
- 4.2.4 Einführung einer Zinsschranke
- 4.2.5 Neuausrichtung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung
- 4.2.6 Wegfall des Gewerbesteuerabzugs als Betriebsausgabe sowie des Staffeltarifs
- 4.2.7 Abschaffung der Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern
- 4.2.8 Abschaffung der degressiven Abschreibung
- 4.3 Prognostizierte finanzielle Auswirkungen der Reform
- 5 Systematische Beurteilung der Reformpläne
- 5.1 International wettbewerbsfähige Steuersätze
- 5.2 Rechtsformneutralität
- 5.3 Finanzierungsneutralität
- 5.4 Einfachheit
- 5.5 Europarechts- und Verfassungskonformität
- 5.6 Planungssicherheit
- 5.7 Einschränkung von Gestaltungsmöglichkeiten
- 6 Schlussbemerkungen
- 7 Nachtrag: Letzte Änderungen im Gesetzgebungsverfahren
- Anhang
- Abbildungsverzeichnis
- Tabellenverzeichnis
- Literaturverzeichnis
- Rechtsprechungsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit analysiert die geplante Unternehmenssteuerreform 2008 mit dem Ziel, deren Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland zu beurteilen. Die Arbeit untersucht die Notwendigkeit der Reform sowie die Anforderungen und Konzepte, die bei ihrer Gestaltung berücksichtigt werden sollten.
- Politischer Handlungsbedarf bei der Unternehmensbesteuerung
- Darstellung der Unternehmensbesteuerung in Deutschland
- Anforderungen und Konzepte der geplanten Unternehmenssteuerreform 2008
- Eckpunkte der geplanten Unternehmenssteuerreform 2008
- Systematische Beurteilung der Reformpläne
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 beleuchtet den politischen Handlungsbedarf für eine Reform der Unternehmensbesteuerung. Kapitel 2 gibt einen Überblick über die aktuelle Unternehmensbesteuerung in Deutschland, wobei die wichtigsten Ertragsteuern, die Besteuerung von Kapitalgesellschaften und Personenunternehmen sowie deren jeweiligen Besonderheiten erläutert werden. In Kapitel 3 werden die Anforderungen und Konzepte der geplanten Unternehmenssteuerreform 2008 analysiert, einschließlich der Forderung nach international wettbewerbsfähigen Steuersätzen, Rechtsformneutralität und Finanzierungsneutralität. Kapitel 4 beschreibt die wichtigsten Eckpunkte der geplanten Reform, darunter entlastende Maßnahmen wie die Senkung von Steuersätzen und die Einführung einer Abgeltungssteuer sowie finanzielle Maßnahmen zur Begrenzung von Gestaltungsmöglichkeiten. Kapitel 5 analysiert die Reformpläne anhand der zuvor definierten Anforderungen, um deren Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit, Rechtsformneutralität, Finanzierungsneutralität, Einfachheit, Europarechtskonformität, Planungssicherheit und die Einschränkung von Gestaltungsmöglichkeiten zu beurteilen.
Schlüsselwörter
Unternehmenssteuerreform, Wirtschaftsstandort Deutschland, internationale Wettbewerbsfähigkeit, Rechtsformneutralität, Finanzierungsneutralität, Einfachheit, Planungssicherheit, Gestaltungsmöglichkeiten, Steuersätze, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Abgeltungssteuer, Thesaurierung, Verrechnungspreise, Funktionsverlagerungen, Zinsschranke, Mantelkauf, Wertpapierleihe.
- Quote paper
- Martin Wolf (Author), 2007, Die geplante Unternehmenssteuerreform 2008 zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73426