Im Bereich der Ethik und Philosophie gibt es keine reinen Definitionen von Begriffen wie es beispielsweise in den Naturwissenschaften üblich ist. Aus diesem Grund werden im Folgenden nur einige ausgewählte Begriffsklärungen berücksichtigt. Sehr allgemein zusammengefasst bedeutet Feministische Ethik nach Anne Siegetsleitner: „Feministische Ethik im umfassenden Sinne ist Ethik, die die Lebenssituation von Frauen und ihre Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts berücksichtigt und thematisiert.“ Markus Düwell formuliert den Begriff etwas präziser: „Unter ,feministischer Ethik’ versteht man die Analyse von Themen der Moral- und Sozialphilosophie aus der Perspektive der Geschlechterdifferenz.“ Saskia Wendel hingegen ist der Meinung, dass man den Begriff der Feministischen Ethik mit einem Zitat nach Herlinde Pauer-Struder auf den Punkt bringen kann: „Viele Autorinnen assoziieren mit ,feministischer Ethik’ die Idee einer spezifisch ,femininen Moral’, welche die von Zuwendung und Empathie bestimmte Mutter-Kind-Beziehung als Paradigma von Moralität betrachtet. Andere verstehen unter ,feministischer Ethik’ die Konzentration auf bestimmte Problemstellungen, bei denen die Interessen von Frauen in besonderem Maße tangiert sind, also etwa Chancengleichheit im privaten und öffentlichen Bereich, sexuelle Belästigung, Pornographie, Vergewaltigung, Altersdiskriminierung, neue Fortpflanzungstechniken. Und einige feministische Philosophinnen begreifen wiederum die moralische Dimension der Interaktionen von Frauen untereinander, die Art ihrer Macht- und Herrschaftsbeziehungen, als vorrangiges Problem einer feministischen Ethik.“
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Fürsorgeethik Carol Gilligans
3 Feministische Ethik vs. Wirtschaft und Ökonomie
3.1 Gleichheit und Gerechtigkeit
3.2 Freiheit und Autonomie
4 Freiheit und Autonomie von Frauen am Beispiel
4.1 der Abtreibung
4.2 der Reproduktion
4.3 der Pränatal- und Präimplanationsdiagnostik
5 Resümee
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Im Bereich der Ethik und Philosophie gibt es keine reinen Definitionen von Begriffen wie es beispielsweise in den Naturwissenschaften üblich ist. Aus diesem Grund werden im Folgenden nur einige ausgewählte Begriffsklärungen berücksichtigt. Sehr allgemein zusammengefasst bedeutet Feministische Ethik nach Anne Siegetsleitner: „Feministische Ethik im umfassenden Sinne ist Ethik, die die Lebenssituation von Frauen und ihre Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts berücksichtigt und thematisiert.“[1]Markus Düwell formuliert den Begriff etwas präziser: „Unter ,feministischer Ethik’ versteht man die Analyse von Themen der Moral- und Sozialphilosophie aus der Perspektive der Geschlechterdifferenz.“[2]Saskia Wendel hingegen ist der Meinung, dass man den Begriff der Feministischen Ethik mit einem Zitat nach Herlinde Pauer-Struder auf den Punkt bringen kann: „Viele Autorinnen assoziieren mit ,feministischer Ethik’ die Idee einer spezifisch ,femininen Moral’, welche die von Zuwendung und Empathie bestimmte Mutter-Kind-Beziehung als Paradigma von Moralität betrachtet. Andere verstehen unter ,feministischer Ethik’ die Konzentration auf bestimmte Problemstellungen, bei denen die Interessen von Frauen in besonderem Maße tangiert sind, also etwa Chancengleichheit im privaten und öffentlichen Bereich, sexuelle Belästigung, Pornographie, Vergewaltigung, Altersdiskriminierung, neue Fortpflanzungstechniken. Und einige feministische Philosophinnen begreifen wiederum die moralische Dimension der Interaktionen von Frauen untereinander, die Art ihrer Macht- und Herrschaftsbeziehungen, als vorrangiges Problem einer feministischen Ethik.“[3]
Doch welche Gründe waren ausschlaggebend für die Entwicklung einer Feministischen Ethik? Kann man nicht z.B. Wirtschaftsethik auf Männer und Frauen verallgemeinern? Nein, denn selbst heute gibt es noch große Ungleichheiten wie z.B. bei den Verdienstmöglichkeiten zwischen Männern und Frauen bei gleicher geleisteter Arbeit. Die eigentlichen Wurzeln der Feministischen Ethik liegen viel weiter zurück. Anlass zum Überdenken gaben bereits Aristoteles oder Immanuel Kant.
Diese großen und bedeutenden Philosophen hatten ein aus heutiger Sicht diskriminierendes Bild von Frauen. Nach Aristoteles ist eine Frau, die Leistungs- und Führungsaufgaben beansprucht, widernatürlich veranlagt. Bei Kant hingegen besitzt die Frau keinen tiefen, sondern einen schönen Verstand und soll sich aufgrund dessen nur um den Mann und dessen Bequemlichkeiten kümmern. „Frauen sind Kant zufolge pflichtlose, gesetzlose Wesen, unfähig, ethische Urteile zu fällen. Deshalb ist und bleibt Ethik Kant zufolge notwendigerweise Männersache.“[4]
„Gegen Aristoteles lässt sich aus feministischer Perspektive einwenden, dass er Frauen systematisch aus der Ethik ausschließt: Für ihn sind nur freie Bürger der Polis Subjekte ethischer Entscheidungen, Frauen und Sklaven waren jedoch keine Bürger.“[5]
Dass dieses Bild von Frauen auch heute noch in vielen Köpfen besteht und es in vielen Lebensbereichen Ungleichheiten gibt, wird im restlichen Verlauf der Arbeit untersucht.
Viele Frauen vertreten bereits die Feministische Ethik. Wichtige Vertreterinnen sind u.a. Simone de Beauvoir, Nel Noddings, Lorraine Code und Susan Sherwin. Die wohl bekannteste Feministin ist jedoch Carol Gilligan, die als „Gründerin“ der „Ethik der Sorge“ (Care-Ethik) bekannt ist. Aus diesem Grund wird im Folgenden ihre Position näher beleuchtet.
2 Die Fürsorgeethik Carol Gilligans
Carol Gilligan ist eine amerikanische Professorin für Psychologie und stellte 1982 aufgrund empirischer Untersuchungen die These auf, dass es eine spezifische weibliche Moral gibt. „Männer würden Moral als eine Moral der Gerechtigkeit (engl. justice) verstehen, Frauen als eine Moral der Sorge (Fürsorge, engl. care). Letztere nannte sie auchdie andere Stimme.“[6]Sie untersuchte anhand eines Experiments, wie Jungen und Mädchen in bestimmten Lebenssituationen reagieren. Bereits in der frühen Kindheit ergeben sich Geschlechtsunterschiede, die dazu führen, dass Jungen in sozial gebilligten Konkurrenzsituationen relativ offen mit Konkurrenz im Rahmen von Spielregeln umzugehen lernen, während Mädchen in kleinen intimeren Gruppen spielen, wodurch ihre Empathie und Sensibilität gefördert wird.[7]Doch das wohl bedeutendste Experiment ist das Heinz-Dilemma. Ein Mann namens Heinz überlegt, ob er ein Medikament stehlen soll, welches er sich nicht leisten kann, um das Leben seiner Frau zu retten. Dieses moralische Dilemma wird zwei elfjährigen Kindern, Jake und Amy, vorgelegt und es wird von ihnen gefordert, einen Lösungsweg für den Konflikt zu finden. Jake tritt dafür ein, das Medikament zu stehlen. Er analysiert das moralische Problem als logisches Problem der Priorität von Eigentum oder Leben zugunsten des Lebens, das nicht wiederbeschafft werden kann und plädiert dafür, Heinz vor Gericht die geringste mögliche Strafe zu geben, da auch Gesetze fehlerhaft sein können. Amy plädiert für eine andere Lösung, wie z.B. Ausborgen des Geldes, Reden mit dem Apotheker, um die Situation zu verdeutlichen usw., um sowohl das Leben der Frau zu retten als auch keinen Diebstahl zu begehen. Bei einem Diebstahl befürchtet sie, dass Heinz ins Gefängnis kommt und sich nicht weiter um seine Frau kümmern kann. Das Problem wird nicht als logisch von ihr erfasst, sondern als Teil des Beziehungsgeflechts zwischen Heinz, seiner Frau und dem Apotheker, welches durch Kommunikation[8]gelöst werden sollte[9]. Gilligan kommt also zu folgender Erkenntnis: Männer entwickeln eine Ethik der Gerechtigkeit der gleichwertigen Behandlung auch bei Machtunterschieden und Frauen eine Ethik der Fürsorge (care), in der jeder gehört und einbezogen und niemand allein gelassen wird.[10]
[...]
[1]Siegetsleitner 2006, S.195
[2]Düwell 2002, S.352
[3]Pauer-Struder, zit. in Wendel 2003, S.12
[4]Wendel 2003, S.11
[5]Wendel 2003, S.23
[6]Siegetsleitner 2006, S.201
[7]vgl. Schwickert 2000, S.44f
[8] Appell an Mitgefühl
[9] vgl. Schwickert 2000, S.45ff
[10]vgl. Schwickert 2000, S.51ff
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