Was passiert, wenn tausende Menschen unfreiwillig auf engstem Raum unter schlimmsten Bedingungen miteinander leben müssen? Wie verändern sie sich? Ist sich dann wirklich jeder selbst der Nächste?
Unter Zuhilfenahme verschiedener soziologischer und psychologischer Abhandlungen, sowie hunderter Biografien werden diese und weiter Fragen bearbeitet.
Gleichzeitig erscheint es auch sinnvoll, die Aussagen der Täter näher zu betrachten, um einer Erklärung näher zu kommen, wie es überhaupt zu diesem Morden kommen konnte.
Dabei kann man den Tätern in den Lagern nicht die Alleinschuld zuweisen, sondern muss sie im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Ideologie und Hitlers Vernichtungspolitik betrachten.
Die Autorin besuchte die Lager Buchenwald, Sachsenhausen, Dachau, Ravensbrück, Theresienstadt, Bergen- Belsen und Auschwitz. Dort konnte sie sich mit Hilfe der unzähligen Exponate, Fotos und autobiografischer Erzählungen in die Lage der KZ- Häftlinge einfühlen.
Das Buch ist so aufgebaut, dass Kapitel 1 und 2 gegliedert sind wie Kapitel 5, um eine Verbindung zwischen Theorie und Praxis herzustellen.
Die ersten beiden Kapitel beschäftigten sich mit dem theoretischen Konzept der sozialen Unterstützung, in Abhängigkeit von sozialen Netzwerken.
Da die Häftlinge vollkommen rechtlos waren, wird in der Arbeit nicht auf formelle Netzwerke und Hilfen eingegangen.
Im dritten Kapitel wird in kurzer Form auf die theoretischen Grundlagen der Biographieforschung eingegangen. Dadurch kann dem Leser die Methodik nahe gebracht werden.
Im vierten Abschnitt folgt die Beschreibung des Setting „Konzentrationslager“.
Hauptbezug besteht dabei auf Eugen Kogon, der als Überlebender einen nicht zu ersetzenden Einblick in die Systematik gewinnen konnte und Wolfgang Sofski, der eine wunderbare und ausführliche soziologische Abhandlung dazu verfasst hat.
Nur mit diesem Vorwissen kann man sich in die Berichte der Überlebenden hinein versetzen und deren Erlebnisse zuordnen.
Im fünften und letzen Kapitel wird schließlich die Frage bearbeitet, weshalb und in welcher Form es in dieser Extremsituation des KZ zu sozialen Unterstützungsleistungen kam. Dazu hat die Autorin eine große Anzahl (Auto-) Biographien von ehemaligen Häftlingen und Lagerpersonal bearbeitet, die zitiert der Arbeit beigefügt sind. Sie veranschaulichen einerseits die Situation, in der sich die Gefangenen befanden und belegen gleichzeitig Thesen und Aussagen, die im Voraus getroffen wurden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Soziale Netzwerke
- Definition
- Bedeutung und Formen sozialer Netzwerke
- Partnerbeziehungen
- Familie, Verwandtschaft
- Freunde, Bekannte
- Kollegen
- Effektivität sozialer Unterstützung
- Entstehung und Erhaltung sozialer Netzwerke - Austauschtheorie (nach Kelley, Blau, Thibaut)
- Psychologischer Ansatz der Austauschtheorie
- Eigenschaften sozialer Netzwerke
- Strukturmerkmale
- Interaktionskriterien
- Qualität
- Funktion sozialer Netzwerke
- Soziale Unterstützung
- Definition
- Inhaltliche Typologie sozialer Unterstützung
- Konkrete Interaktionen - Verhaltensaspekt
- Vermittlung von Kognitionen
- Vermittlung von Emotionen
- Reziprozität
- Wirkungen sozialer Unterstützung
- Haupteffekt
- Puffereffekt
- Negative Aspekte sozialer Unterstützung
- Zusammenfassung
- Einführung in die qualitative Forschung
- Grenzen qualitativer Forschung
- Forschungsmethode der Biographieforschung
- Setting Konzentrationslager
- Entstehung der nationalsozialistischen Konzentrationslager
- Die Massengesellschaft der Häftlinge
- Einrichtung der Lager
- Grenze
- Tor
- Die Häftlingsselbstverwaltung
- Unterbringung
- Verpflegung
- Formen des Terrors
- Die Zeit im Lager
- Dauer des Aufenthaltes
- Vernichtung des Handelns
- Klassifikation der Häftlinge
- Funktionshäftlinge und Häftlingsprominenz
- Arbeit als Form des Terrors
- Widerstand
- Formen des Widerstands in den Lagern
- Auswertung der Zeitzeugenberichte
- Verhältnis zwischen Häftlingen und SS-Personal
- Verhalten der Häftlinge untereinander
- Unterstützungsformen
- Praktische Unterstützung
- Kognitive Unterstützung
- Emotionale Unterstützung
- Unterstützungsbeziehungen
- Eltern – Kind
- Geschwister
- Verwandtschaft
- Freunde und Bekannte
- Kollegen
- Fremde
- Hilfemotivation
- Funktion der Funktion
- Moralischer Konflikt der Häftlinge
- Reziprozität
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der sozialen Unterstützung in nationalsozialistischen Konzentrationslagern. Die Autorin möchte die Formen und Motivationen für Hilfeleistungen in dieser extremen Situation untersuchen und die Rolle der sozialen Netzwerke in diesem Kontext analysieren.
- Soziale Netzwerke und ihre Bedeutung in Konzentrationslagern
- Formen und Typen sozialer Unterstützung
- Motivationen für die Bereitstellung von Unterstützung
- Die Auswirkungen von sozialer Unterstützung auf die Häftlinge
- Der moralische Konflikt der Häftlinge in Bezug auf die Unterstützung anderer
Zusammenfassung der Kapitel
Die ersten beiden Kapitel behandeln das theoretische Konzept der sozialen Unterstützung und die Bedeutung sozialer Netzwerke für die Bereitstellung von Hilfe. Dabei wird auch die Austauschtheorie von Kelley, Blau und Thibaut herangezogen, um die Entstehung und Erhaltung von sozialen Netzwerken zu erläutern. Das dritte Kapitel gibt eine kurze Einführung in die qualitative Forschung, insbesondere die Methode der Biographieforschung, die in dieser Arbeit verwendet wird.
Das vierte Kapitel beschreibt das Setting „Konzentrationslager“ und beleuchtet die Systematik der Lager, die Organisation der Häftlingsselbstverwaltung, sowie die Formen des Terrors. Die Autorin stützt sich dabei auf die Werke von Eugen Kogon und Wolfgang Sofski, die einen wertvollen Einblick in das Leben in den Lagern bieten.
Im fünften Kapitel werden anhand von Zeitzeugenberichten die Formen und Motivationen der sozialen Unterstützung in den Lagern analysiert. Die Autorin beleuchtet dabei das Verhältnis zwischen Häftlingen und SS-Personal, das Verhalten der Häftlinge untereinander, verschiedene Unterstützungsformen und die Rolle der Reziprozität. Die Arbeit untersucht auch den moralischen Konflikt, dem sich die Häftlinge gegenüber sahen, wenn es um die Unterstützung anderer ging.
Schlüsselwörter
Soziale Unterstützung, Konzentrationslager, Nationalsozialismus, Häftlinge, SS-Personal, Zeitzeugenberichte, Biographieforschung, Austauschtheorie, Reziprozität, Moral, Überleben, Leid, Hilfeleistung, soziale Netzwerke.
- Arbeit zitieren
- Diplom-Pädagoge Mandy Schmeißer (Autor:in), 2003, „Jeder ist sich selbst der Nächste“ - Soziale Unterstützung in nationalsozialistischen Konzentrationslagern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73518