Indonesiens zweiter Präsident Haji Mohammad Soeharto regierte Indonesien von 1965 bis 1998. Er folgte dem Staatsgründer und Unabhängigkeitskämpfer Sukarno, der die Geschicke Indonesiens seit den 1940er Jahren gelenkt hatte, im Amt. Im Gegensatz zu den Versuchen Sukarnos eine pluralistische Demokratie nach westlichem Vorbild in Indonesien zu festigen, etablierte Soeharto mit Unterstützung des Militärs eine autoritäre, formalistische Demokratie. Er regierte mit diktatorischer Hand und schuf ein
patrimoniales Abhängigkeitssystem das gegen Ende seiner Amtszeit sultanistische Züge annahm. Besonders die Wahrung der nationalen Einheit, sowie Ordnung, Stabilität aber auch die wirtschaftliche Entwicklung des Landes waren konstant auf der politischen Agenda. Diese Hausarbeit soll eine Einblick in die Person Soehartos sowie deren patrimoniales Netzwerk geben als auch die Wege und Mittel aufzeigen mit denen Soeharto sich selbst als unumstrittenen Machthaber in Indonesien etablierte.
INHALTSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGVERZEICHNIS
1. EINFÜHRUNG
2. SOEHARTO - EINE PERSON UND DESSEN NETZWERK
2.1 LEBENSLAUF SOEHARTOS BIS 1965
2.2 DAS NETZWERK AN VERBÜNDETEN
2.2.1 Die militärische Basis
2.2.2 Das Gespaltene Verhältnis zu den Muslimen
2.2.3 Die profitierenden Unternehmer und das familiäre Netzwerk
3. DER ÜBERGANG VON ALTER ZU NEUER ORDNUNG: 1966 - 1974
3.1 MAßNAHMEN NACH DEM COUP VOM 30.09.1965
3.2 POLITISCHE RESTRUKTURIERUNGEN
3.2.1 Zielsetzung der Neuen Ordnung
3.2.2 Maßnahmen zur Machtkonsolidierung
3.3 POLITISCHE ENTWICKLUNG DES MALARIVORFALLS
4. DIE KONSOLIDIERUNGSPHASE: 1975 - 1985
4.1 PROBLEMATISCHE SITUATIONEN
4.2 MAßNAHMEN ZUR WEITEREN MACHTKONSOLIDIERUNG
5. ORDNUNG IST HERGESTELLT: 1986 - 1993
5.1 POLITISCHE ENTWICKLUNGEN
5.2 ZUNEHMENDE KRITIK
5.3 WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNGEN
6. DER REGIERUNGSSTIL SOEHARTOS
6.1 DIE PERSÖNLICHE HERRSCHAFT
6.1.1 Konzentration der zivilgesellschaftlich-politischen Kräfte
6.1.2 Gefallen und Einschüchterung
6.2 DIE PERSÖNLICHKEIT SOEHARTOS
7. ABSCHLUSSBEMERKUNGEN
8. BIBLIOGRAPHIE
Abkürzungverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einführung
Indonesiens zweiter Präsident Haji Mohammad Soeharto regierte Indonesien von 1965 bis 1998. Er folgte dem Staatsgründer und Unabhängigkeitskämpfer Sukarno, der die Geschicke Indonesiens seit den 1940er Jahren gelenkt hatte, im Amt. Im Gegensatz zu den Versuchen Sukarnos eine pluralistische Demokratie nach westlichem Vorbild in Indonesien zu festigen, etablierte Soeharto mit Unterstützung des Militärs eine autoritäre, formalistische Demokratie. Er regierte mit diktatorischer Hand und schuf ein patrimoniales Abhängigkeitssystem das gegen Ende seiner Amtszeit sultanistische Züge annahm. Besonders die Wahrung der nationalen Einheit, sowie Ordnung, Stabilität aber auch die wirtschaftliche Entwicklung des Landes waren konstant auf der politischen Agenda. Diese Hausarbeit soll eine Einblick in die Person Soehartos sowie deren patrimoniales Netzwerk geben als auch die Wege und Mittel aufzeigen mit denen Soeharto sich selbst als unumstrittenen Machthaber in Indonesien etablierte.
2. Soeharto - eine Person und dessen Netzwerk
2.1 Lebenslauf Soehartos bis 1965
Soeharto wurde am 8.6.1921 in Kemusuk, Zentraljava, als Sohn eines Staatsbeamten, der für lokale Bewässerungsanlagen zuständig war, geboren. Soehartos Eltern trennten sich bereit in frühester Kindheit, so dass Soeharto von Verwandten grossgezogen wurde und eine sehr unstete Jugend mit mehrfachem Wohnortwechsel verbrachte.1 Soeharto verbrachte die Jugend im ländlich geprägten Zentraljava in teilweise bitterster Armut, was ihm aber nach eigenem Ermessen nicht geschadet hat. Bis zum Ende seiner politischen Laufbahn zeigte er besonderes Interesse für die Belange der Bauern und zudem behauptet er „wirklich fühlen (nachvollziehen) zu können, was Armut und Entbehrung bedeutet.“2
Nach seinem Studium an einer Hochschule der zweitgrößten islamischen Organisation Indonesiens Muhammadiyah sowie einer kurzfristigen Beschäftigung als Als diese 1942 von den invasierenden Japanern besiegt wird, engagiert sich Soeharto in einer von den japanischen Besatzern organisierten Miliz. Im Anschluss an den Abzug der Japaner Im Jahre 1945 kämpft Soeharto für die Unabhängigkeit Indonesiens gegenüber der ehemaligen Kolonialmacht. Als Einzelengagement ist die Rückeroberung Yogyakartas im März 1949 zu erwähnen, an der Soeharto, neben Sultan Sri, massgeblich beteiligt war.
Nachdem Indonesien erfolgreich die Unabhängigkeit von den Niederlanden im Jahr 1949 erlangt hatte wurde er nach Sulawesi versetzt um dort eine Revolte zu unterdrücken. Von Mitte der 50er an war er in der Diponegoro Division in Semarang stationiert. 1957 wurde er zum Kommandeur oben genannter Division ernannt. Zudem war er massgeblich an der Niederschlagung der Darul Islam Rebellion beteiligt. In den 50ern war das Indonesische Militär stark darauf angewiesen die spärliche Finanzierung durch das Staatsbudget durch - vornehmlich wirtschaftliche - Aktivitaten aufzubessern. Während der Stationierung in Semarang knüpfte Soeharto erste Kontakte zu Händlern und Unternehmern chinesischer Ethnizität z.B. zu Bob Hasan und Liem Sioe Liong, die später zu den einflussreichsten Grossunternehmern in Indonesien werden sollten3 Da Soeharto in Schmuggelaktivitäten der beiden Geschäftsmänner involviert war, wurde er 1959 vom damaligen Minister für Verteidigung und Sicherheit Nasution an die Stabs- und Kommandoschule des Heeres (Seksoad) versetzt. Doch Soeharto rehabilitierte sich schnell und wurde als Brigadiergeneral 1962 mit der Leitung der Mandala Kampagnie zur Sicherung des indonesischen Einflusses über das westliche Papua beauftragt. Doch bevor es zur geplanten Invasion kam zogen die Niederlande Ihre Truppen aufgrund des Drucks der Vereinten Nationen ab. Anschliessend wurde Soeharto 1965 vor dem Putsch des 3. September zum Kommandeur der strategischen Reservereinheit (Kostrad) ernannt.4
2.2 Das Netzwerk an Verbündeten
2.2.1 Die militärische Basis
Seit der Unabhängigkeit Indonesiens hat das Militär eine konstante und einflussreiche Rolle gespielt. Kingsbury sieht schon in der Konstruktion des Staates Indonesiens eine entscheidende Rolle des Militärs. „Ohne politisch eingebettete Streitkräfte“ so argumentiert er „würde der Staat aufhören zu existieren.“5 Bereits unter der gelenkten Demokratie Sukarnos wurde das Militär zum zentralen Akteur wenn es um die Einheit des indonesischen Staates ging. Das Militär verhinderte einige sezessionistische Bewegungen, wie z.B. die Darul Islam Rebellion 1957. Zu Beginn der Amtszeit Soehartos war das Militär auf dem Höhepunkt seiner Macht, da es den alten Präsident entmachtet, die kommunistische Partei (Ihren damaligen politischen Gegner) zerschlagen und den neuen Präsidenten ins Amt gehoben hatte.6 Während der gesamten Amtszeit Soehartos bestimmten zwei Leitgedanken - die mit der Regierung der Neuen Ordnung koinzidierten - das Handeln des Militärs. Erstens herrschte die Ansicht, dass politische Ordnung und Stabilität notwendig seien, um wirtschaftliches Wachstum zu ermöglichen und zweitens sollten sezessionistische Bewegungen wie in den 50er Jahren in jedem Fall unterbunden werden.7
Im Gegensatz zur Regierung unter Sukarno erfuhr das Militär zunächst eine Stärkung seiner politischen Stellung. Soeharto garantierte die relative Einheit des Militärs und verhinderte eine Aufspaltung in einzelne Interessensgruppen.8 Zudem musste sich das Militär nicht mehr gegen weitere Wettbewerber um politischen Einfluss durchsetzen. Die ehemaligen Mitglieder der Nasakom Koalition Sukarnos waren politisch nicht handlungsfähig. Die Kommunistische Partei war zerschlagen worden und Soeharto gewährte islamischen Bestrebungen keinen Raum für politische Manöver. Zudem wurde das von General Nasution in den 50er Jahren entwickelte Konzept der Dwifungsi weiter ausgebaut. Das Dwifungsi Konsept sah eine verstärkte Präsenz des Militärs in Parlament und Verwaltungsapparat vor. Besonders durch die Representation im Parlament durch die Golkar Partei sollte der Einfluss des Militärs auf politische Entscheidungen gesichert werden. Letztendliches Ziel der Dwifungsi waren Ordnung und Stabilität zu sichern.
Allerdings begann Soeharto ab Mitte der 80er Jahre zunehmend den politischen und wirtschaftlichen Einfluss des Militärs zu beschneiden. Kritische Generäle und Offiziere wurden aus dem Militär entfernt oder auf weniger einflussreiche Posten befördert und durch besonders loyale Generäle ersetzt. So wurde z.B. Soehartos Schwiegersohn Wismoyo zum Oberbefehlshaber des Heeres ernannt.9 Zu diesem Zeitpunkt benötigte Soeharto die Unterstützung des Militärs zum Machterhalt nicht mehr distanzierte sich willentlich, um seine Legitimität zu stärken.
Gerade deswegen entzog sich die militärische Führung Soehartos Kontrolle. Zu Beginn der 90er Jahre war einige hochrangige Angehörige des Militärs unzufrieden mit der Führung Soehartos. Die Gründe reichten von Unzufriedenheit mit der Beschneidung des politischen Einflusses bis hin zu geringer Partizipation an gewinnbringenden Geschäften. Allerdings gab es keine einheitliche Front gegen Soeharto, was zu einem späteren Zeitpunkt dann zur Spaltung des Militärs in eine nationalistisch-sekuläre Fraktion (fraksi merah-putih) und eine islamische, pro-Soeharto Fraktion (fraksi hijau) führte. Zudem gab es eine Spaltung in professionelle und finanzielle Generäle.10 Die ersten Anzeichen für die Spaltung des Militärs in oben genannte Fraktionen hatte bereits Mitte der 80er Jahre begonnen. Der damalige Oberbefehlshaber der Streitkräfte General Benny Murdani konsolidierte die rot-weiss Fraktion um sich. Der Aufstieg und Fall Murdanis spiegelt die politische Entwicklung des Militärs wieder.
Murdani durchlief als Zögling des militärischen Beraters Soehartos Ali Murtopo relativ schnell die militärischen Ränge. Er formierte seine Bachtbasis innerhalb des militärischen Geheimdienstapparates (BAIS) und wurde zu einem sehr einflussreichen und loyalen politischen Berater Soehartos. 1983 wurde er zum Befehlshaber der Streitkräfte ernannt. Mitte der 80er Jahre wächst die Uneinigkeit zwischen ihm und Soeharto, da Murdani die Auslegung des Dwifungsi Konzepts zu weit ging und er die korrupten Machenschaften der Kinder Soehartos kritisierte. Kingsbury allerdings sieht Murdani bereits seit 1986 gegen Soeharto arbeiten und vermutet, dass erste Differenzen bereits seit 1974 bestanden.11 Während der Kabinettsbildung 1988 wurde er auf den weit weniger einflussreichen Posten des Verteidigungsministers „befördert“ und schließlich 1993 gänzlich aus dem Kabinett entfernt. Allerdings konnte er sein einflussreiches Netzwerk auch nach 1993 noch nutzen, um das Militär - gegen den Willen Soehartos - zur Unterstützung der Kandidatur Try Sutrisnos als Vizepräsident zu bewegen. Anschließend brachte er zwei einflussreiche Generäle dazu die Kandidatur Megawatis als Vorsitzende der PDI zu unterstützen.
2.2.2 Das Gespaltene Verhältnis zu den Muslimen
Die islamischen politischen Kräfte waren bereits unter der gelenkten Demokratie Sukarnos stark geschwächt worden. Zwei herausragende Ereignisse waren das Verbot der Masyumi Partei 1960 sowie die vorausgehende Abschaffung der Konstituante, der einzigen Möglichkeit die Jakarta Charta doch noch zu implementieren. Zudem stellte die Kommunistische Partei eine Bedrohung für die lokale Vormachtstellung islamischer Gelehrter, der so genannten Kiai, dar.12 In der Hoffnung Ihren Gegner schwächen zu können engagierten sich Muslime daher besonders bei der Zerschlagung der PKI nach dem Putsch des 30. Septembers 1965. Dadurch erhofften sie sich zudem eine stärkere Koalition mit dem Militär eingehen, das Verbot der Masyumipartei aufheben und die Jakarta Charta wieder auf die politische Agenda bringen zu können. Alle drei Hoffnungen wurden von der Regierung der Neuen Ordnung schwer enttäuscht. Im Gegenteil, Soeharto schwächte die Position der santri-dominierten13 islamischen Parteien, indem er sie 1973 zu einer in sich uneinigen Hybridpartei (Partai Persatuan Pembangunan, PPP) verschmelzen lies. Die konservative Nahdlatul Ulama (NU), die eine Politik des Möglichen betrieb14, war die dominierende Kraft innerhalb der PPP. Soeharto ging gegen modernistische Santris stark repressiv. Soeharto selbst ist der Gruppe der Abangan Muslime zuzurechnen, die einen synkretistischen Islam praktizieren und stärker dem mystischen Glauben Javas anhängen. Diese werden von der Gruppe der Santri Muslime, die eine konservativere Koranauslegung und - praktizierung anstrebt, als rückwärtsgewandt bezeichnet.
1973 geriet Soeharto in einen weiteren Konflikt über die Implementierung eines neuen Heiratsgesetzes. So wurden z.B. islamische Parteien nicht mit einbezogen als der Gesetzestext formuliert wurde. Das Ziel Soehartos war es, Indonesien weiter zu Säkularisieren15 und den Einfluss der islamischen Parteien in der Politik zu schwächen. Dennoch hatte die PPP in den 70er Jahren gute Wahlergebnisse. Dies änderte sich allerdings in den 80er Jahren, als Soeharto die Pancasila als einzige Ideologie aller politisch tätigen Organisationen vorschrieb. Die mitgliederstärkste islamische Organisation Indonesiens, NU, entschloss sich unter Ihrem Führer Abdurrahman Wahid, sich ausschließlich auf soziale und religiöse Belange zu konzentrieren. Die NU trat daraufhin aus der PPP aus und das Wahlergebnis 1987 brachte der PPP hohe Wählerverluste.16
Doch gegen Enger der 80er Jahre versuchte Soeharto, aufgrund der geringeren Kontrolle über das Militär, eine zweite Machtbasis innerhalb der muslimischen Gemeinschaft aufzubauen. Ziel Soehartos war es, die Muslimischen Parteien als ausgleichende Kraft zu gewinnen. Weitere Gründe dafür waren, dass Soeharto eine soziale Reorientierung zum Islam begleiten wollte. Die Botschaft dabei war, dass der Islam auch für das moderne Leben relevant ist.17 In politischer Hinsicht stellten islamische Parteien nun keinen Gegenpol zur Pancasilideologie dar und Soeharto wollte dem Islam als alternative politische Arena18 den Nährboden entziehen. Dies gelang ihm aber nur ansatzweise. So wurde 1991 die Indonesische Vereinigung Intellektueller Muslime (ICMI) eingerichtet. Dieses Gremium sollte Muslime in den Politikprozess einbinden und durch eine heterogene Zusammensetzung die wichtigsten Strömungen verbinden. Die Zusammensetzung wurde von Soeharto genauestens abgewogen. Der Einfluss und die Kritik der modernistischen Santris sollte durch die Einbeziehung loyaler Bürokraten (z.B. Informationsminister Harmoko) sowie durch moderate Muslime (z.B. Nurcholish Madjid) abgeschwächt werden. Deshalb auch wurde der damalige Minister für Technologie und Forschung Jusuf Habibie zum Vorstand ernannt. Habibie hatte kaum Interesse daran, dass ICMI eine einflussreiche politische Kraft wurde.19
Zudem spaltete sich die Santri Gruppe wiederum in drei Lager auf. Ein fundamentalistisches, anti-westliches, anti-synkretistisches Lager, konnte keinen nennenswerten politischen Einfluss generieren. Die Gruppe der Modernisten war gegen das Militär eingestellt und fürchtete eine Christianisierung durch den Einfluss der Technokraten und der Sino-indonesischen Unternehmer. Eine Verbesserung der sozio- politischen Situation konnte Ihrer Ansicht nach nur durch einen größeren politischen Einfluss der Muslime erreicht werden. Das Lager der Neo-modernisten um Abdurrahman Wahid und Djohan Effendi war eher säkular und weniger anti-westlich eingestellt. Die Gruppe war stark mit religiösen und sozialen Belangen beschäftigt. Politik wurde nur als zweitrangiges Interessensgebiet erachtet.
Der politische Einfluss ICMIs war daher relativ gering, was besonders an der Beziehung zwischen Habibie und dem nach stärkerem Einfluss strebenden modernistischen Lager lag. Habibie war gewissermaßen das Sprachrohr der Muslime gegenüber Soeharto und dadurch waren sie stärker auf Habibie angewiesen als Habibie auf die Modernisten. Deshalb unterstützten Sie auch Habibies Kandidatur als Vizepräsident 1993. Die Modernisten wurden aber enttäuscht und darüber hinaus wurde kein einziges ICMI Mitglied ins Kabinett berufen. Zudem gab es noch starke externe Widerstände seitens der Abangan Muslime, die nicht in ICMI vertreten waren, seitens der christlichen Minderheiten sowie dem Militär. Zunächst bezogen alle externen Kritiker eine abwartende Haltung, übten aber keine aktive Kritik. Die stärkste interne Kritiker ICMIs war der Neo-modernist Abdurrahman Wahid. Wahid war der Überzeugung, dass der Islam keine formale politische Präsenz benötig. Als Demokratisierungsbefürworter sah er ICMI als „gefährliches Spiel mit dem Feuer“20 an. Er fürchtete, dass ICMI eine Kopie der Masyumi Partei werden könnte, die in den 50er Jahren die parlamentarische Demokratie stark geschwächt hatte. Seiner Anzischt nach war eine Demokratisierung von unten notwendig. ICMI hingegen gäbe den muslimischen Parteien eine Vorsprung gegenüber anderen Parteien in einem beginnenden Prozess der politischen Pluralisierung.21
2.2.3 Die profitierenden Unternehmer und das familiäre Netzwerk
Soeharto gründete seine Familie im Jahre 1947 als er seine Frau Siti Hartinah heiratete. Aus der Ehe gingen sechs Kinder, drei Jungen sowie drei Mädchen hervor. Vier der sechs Kinder wurden zu wirtschaftlichen Profiteuren Soehartos. Soehartos zweitältester Sohn Bambang Trihatmodjo sowie seine älteste Tochter Siti Hardijanti Rukmana (Spitzname Mbak Tutut) waren seit Beginn der 80er Jahre durch die stark diversifizierte Bimantara Group sowie die Citra Lamtoro Gung Group wirtschaftlich aktiv. Beide Unternehmensgruppen wuchsen außergewöhnlich schnell und zählten, dank gutem Zugang zu Regierungslizenzen sowie Krediten durch staatliche Banken, bereits Anfang der 90er zu den größten Konglomeraten in Indonesien. Jedoch blieb diese Nepotismus nicht ohne Kritik und besonders Soehartos jüngster Sohn Tommy war höchst umstrittenen.22 Die von ihm geführte Humpuss Group war und ist überwiegend in der Öl-, Gas- und petrochemischen Industrie aber auch der Holzindustrie sowie dem Nelkenhandel tätig. Tommy nutzte seine Position zu Soeharto nahezu schamlos aus und trug durch sein aggressives öffentliches Auftreten maßgeblich dazu bei, dass Korruption und Nepotismus zu einer politischen Bürde für Soeharto wurden. Insgesamt besaßen vier der sechs Kinder eigene Unternehmen und/oder waren stark in wirtschaftliche Aktivitäten weiterer Profiteure eingebunden. Aufgrund der weiten Verzweigungen der Regierung ist eine exakte Definition des Begriffs Profiteure schwer möglich. Sicherlich ist aber eine enge persönliche Beziehung zu Soeharto erforderlich. Diesen Zugang hatten neben seinen Kindern sowie seiner Frau nur wenige, vornehmlich chinesischstämmige Grossunternehmer wie z.B. Bob Hasan, Liem Sioe Liong and Prajogo Pangestu. Häufig bestanden die Verbindungen schon seit den 50er Jahren so z.B. zu den beiden Erstgenannten. Beide Grossunternehmer waren in vielen Industrie- und Dienstleistungs- bereichen tätig. Bob Hasan’s Kernaktivitäten lagen im Holzbbau als auch im Bau- und Bankgewerbe. Gemeinsam mit Tommy Soeharto betrieb er die Fluggesellschaft Sempati Airline. Aber auch malayische Indonesier z.B. Aburizal Bakrie und Jusuf Kallah waren Profiteure Soehartos Nepotismus. Somit können wahrscheinlich alle Mitglieder der wirtschaftlichen Elite Indonesiens zu dieser Gruppe gezählt werden. Soeharto setzte besonders diese Begünstigungen dazu ein, um ein patrimoniales nahezu sultanistisches Abhängigkeitssystem zu etablieren.23
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1 Siehe McIntyre, The Indonesian Presidency, 2005, S 107 ff.
2 Schwarz, A Nation in Waiting, 2004, S. 27
3 Siehe Schwarz, A Nation in Waiting, 2004, S. 28
4 Siehe Schwarz, A Nation in Waiting, 2004, S. 28
5 Kingsbury, The politics of Indonesia, 2002, S. 275
6 Siehe Kingsbury, The politics of Indonesia, 2002, S. 275
7 Siehe Kingsbury, The politics of Indonesia, 2002, S. 145 ff.
8 Siehe Kingsbury, The politics of Indonesia, 2002, S. 277 ff.
9 Siehe Watch Indonesia, Internet Ressource, Indonesien-Information, Nr. 2/1995 (Militär): Kurswechsel innerhalb des Militärs?, http://home.snafu.de/watchin/II_2_95/Militaer.htm, vom 10.12.2006
10 Siehe Kingsbury, The politics of Indonesia, 2002, S. 275 f.
11 Siehe Kingsbury, The politics of Indonesia, 2002, S. 277
12 Die PKI strebte eine Landreform sowie Zwangsenteignungen von Grossgrundbesitzern an.
13 Zu einer Einteilung der verschiedenen islamischen Strömungen siehe Siehe Schwarz, A Nation in Waiting, 2004, ab S. 163
14 Siehe Schwarz, A Nation in Waiting, 2004, S. 171
15 Nach dem neuen Gesetz konnten nur noch Ehen anerkannt, die bei staatlichen Stellen registriert wurden, was einen Machtverlust für religiöse Führer darstellte.
16 Siehe Liddle, Indonesia in 1987: The New Order at the height of its power, 1988, S. 180 ff.
17 Siehe Schwarz, A Nation in Waiting, 2004, S. 162 ff.
18 Viele Regierungskritiker und auch politische Studentenvereinigungen trafen sich häufig in Moscheen.
19 Siehe Schwarz, A Nation in Waiting, 2004, S. 176 ff.
20 Schwarz, A Nation in Waiting, 2004, S. 185
21 Siehe Schwarz, A Nation in Waiting, 2004, S. 190 ff.
22 Siehe Schwarz, A Nation in Waiting, 2004, S. 143 f.
23 Siehe McIntyre, The Indonesian Presidency, 2005, S. 97 ff.
- Arbeit zitieren
- Diplomkulturwirt Daniel Weiss (Autor:in), 2006, Indonesien unter Soeharto 1965 bis 1993, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73613
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