Gottfrieds von Straßburg Roman „Tristan“ stellt einen Umbruch im abendländischen Denken bei der Auffassung über Liebe dar, die nunmehr als eine personale Beziehung zwischen zwei gleichrangigen Partnern verstanden wird, was das Werk zur „differentia specifica“1 seiner Zeit erhebt. Was aber macht den Roman für unsere Zeit so interessant? Geschichten über Liebe können wir tagtäglich in Romanheftchen oder Serien im Fernsehen verfolgen.
Es ist die Geschichte von Tristan und Isolde, „die im Streben nach der unio mystica der Minne exemplarisch gelebt und dafür das Martyrium des Daseins in einer ihrer vollkommenen Minne feindlich entgegenstehenden Welt auf sich genommen haben“2. Es ist die bannhafte Liebe, die alle Ordnungsgefüge sprengt und den Menschen beherrscht. Sie verkörpert sich im Minnetrank, der das Paar mechanisch aneinander bindet3:
„[...] eine Du-Beziehung, die sich, alle Bedingtheiten des Irdischen herausfordernd, absolut setzt und darin eine Lust findet, die um so atemberaubender ist, je größer die Not ist, die damit einhergeht.“4
Die Diskussion um jenen Minnetrank ist deshalb so evident, weil daran abzulesen ist, „in welchem Maße der Dichter [...] zur Gestaltung psychologischer Vorgänge imstande war“5.
Der zweite Gesichtspunkt meiner Arbeit gilt dem, nach Ganz, anderen Hauptstrang des Werkes, denn „dieser Liebesroman ist gleichzeitig auch ein Gesellschaftsroman“6 – der êre. Denn nicht aus der die höfische Minne widersprechenden Konzeption entsteht die Tragödie, sondern durch die Hingabe zu ihrer Liebe und dem damit entstehenden Konflikt mit der Außenwelt – eine „schmerzliche Ambivalenz, die die Liebenden einerseits soziale Wesen und andererseits Opfer ihrer schicksalhaften Zuneigung sein lässt“7.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Minnetrank-Thematik bei Gottfried
- Der Minnetrank als Teil der Handlung um die Geschichte von Tristan und Isolde
- Die Liebe der Eltern
- Exkurs: Der Ursprung des Themas um den Zaubertrank.
- Exkurs: Rezeption des Minnetrankthemas.
- Der Minnetrank in anderen Tristanfassungen
- Der Minnetrank bei Thomas..
- Der Minnetrank bei Béroul....
- Der Minnetrank bei Eilhart…......
- Die Minnetrankthematik in der Forschung
- Beginn der Liebe vor dem Minnetrank – Minnetrank als Symbol.
- Beginn der Liebe nach dem Minnetrank – Minnetrank als magische Macht ……………….……………..
- Eine Frage der Ehre – die Seitensprungthematik
- Der Begriff der êre
- Das Thema der êre im Verlauf der Handlung
- Die freie Wahl zum Leid?
- Die Frage nach der Rechtfertigung..
- Ihr Schicksal in der höfischen Welt
- Gottfrieds Verhältnis zu Gott.
- Exkurs: Ursprung der Brautwerbung.........
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht den Roman „Tristan“ von Gottfried von Straßburg im Hinblick auf die Minnetrank- und die Seitensprungthematik. Ziel ist es, die Bedeutung dieser Themen im Kontext des Werkes zu beleuchten und ihren Einfluss auf die Darstellung der Liebe und die höfische Gesellschaft im Mittelalter zu analysieren.
- Der Minnetrank als Katalysator der Liebe zwischen Tristan und Isolde
- Die Rolle des Schicksals und der magischen Macht im Roman
- Der Konflikt zwischen höfischer Ehre und individueller Liebe
- Die Ambivalenz des Liebespaares zwischen sozialer Verantwortung und persönlicher Erfüllung
- Die Bedeutung der Minnetrank- und Seitensprungthematik für die Entwicklung der Liebeskonzeption im Mittelalter
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des Romans ein und beleuchtet die besondere Bedeutung von Gottfrieds „Tristan“ für die Entwicklung der Liebeskonzeption im Mittelalter. Im zweiten Kapitel wird der Minnetrank als zentrales Handlungselement im Kontext des Romans betrachtet. Die Analyse der Minnetrankthematik im dritten Kapitel vergleicht die Darstellung des Trankes bei verschiedenen Tristan-Autoren, während das vierte Kapitel die Minnetrankthematik in der Forschung beleuchtet. Das fünfte Kapitel befasst sich mit der Seitensprungthematik, der êre und dem daraus resultierenden Konflikt zwischen individueller Liebe und höfischem Ansehen.
Schlüsselwörter
Minnetrank, Tristan, Isolde, Liebe, höfische Gesellschaft, êre, Seitensprung, mittelalterliche Literatur, Gottfried von Straßburg.
- Quote paper
- Nelli Schulz (Author), 2006, Seitensprung und Liebestrank – der Tristanstoff in seiner Entfaltung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74038