Didaktische Potenziale neuer Medien. Lernen mit Web 2.0-Anwendungen. Praxisnahe Szenarien und theoretische Fundierung.


Diplomarbeit, 2007

105 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung
1.1 Problemaufriss
1.2 Vorgehen

2 Das Fundament: Die Didaktische Wende
2.1 Das Ziel von Lernprozessen
2.1.1 Vom Lehrziel zur Lernziel oder vom Wissen zur Kompetenz
2.1.2 Handlungskompetenz als Basis des Analysedreiecks
2.1.2.1 Dimensionsmodell der Handlungskompetenz
2.1.2.2 Kategoriale Handlungskompetenz
2.2 Das Lernverständnis
2.2.1 Vom behavioristischen über das kognitive zum konstruktivistischen Verständnis
2.2.2 Kooperatives Lernen und komplexe Lernumgebungen als neue Elemente des Analysedreiecks
2.2.2.1 Kooperatives Lernen
2.2.2.2 Komplexe Lernumgebungen
2.3 Didaktischer Ansatz
2.3.1 Von der Instruktion zur Konstruktion
2.3.2 Vermittlung und Entwicklung durch Medien im Zentrum des Analysedreiecks
2.4 Zusammenführung
2.5 Einschränkung zur weiteren Nutzung des Analysedreiecks

3 Die Medien: Web 2.0
3.1 Merkmale: Medien der Generation Web 2.0
3.1.1 Web 2.0 als technische Innovation
3.1.1.1 Asynchronous JavaScript and XML (AJAX)
3.1.1.2 Syndication
3.1.2 Web 2.0 als Wende der Wahrnehmung
3.1.2.1 Von der Software zum Service
3.1.2.2 Vom User zum Autor
3.1.2.3 Von der Informationsweitergabe zur Nutzung kollektiver Intelligenz
3.1.2.4 Vom Privaten zum Öffentlichen
3.1.2.5 Vom anonymen Informationsmedium zum Social Web
3.2 Einzelbetrachtung: Das Weblog
3.2.1 Definition
3.2.2 Funktionsweise und Interaktionsmöglichkeiten
3.3 Einzelbetrachtung: Der Podcast
3.3.1 Definition
3.3.2 Funktionsweise und Interaktionsmöglichkeiten
3.4 Zusammenfassung

4 Die theoretische Sicht: Einsatzszenarien von Web 2.0-Medien in Lernprozessen
4.1 Förderung kooperativer Lernprozesse
4.2 Förderung komplexer Lernumgebungen
4.3 Zusammenfassung

5 Die Sicht der Lehrenden: Potenziale neuer Medien aus Schülerperspektive
5.1 Forschungsdesign
5.1.1 Fragestellung
5.1.2 Auswahl des Forschungsfeldes
5.1.3 Methodisches Vorgehen
5.1.4 Gütekriterien
5.1.5 Ressourcen und Rahmenbedingungen
5.1.6 Instrumentenentwicklung
5.1.7 Aufbereitungs- und Auswertungsverfahren
5.2 Auswertung der Ergebnisse
5.2.1 Interview 1
5.2.2 Interview 2
5.2.3 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

6 Zusammenführung: Die Lehrersicht theoretisch eingeordnet
6.1 Die Bedeutung des Einsatzes von Medien der Generation Web 2.0 für die Mediennutzung
6.2 Ausgewählte Fokussierungen zur Implementation
6.2.1 Zum Umgang mit der Veröffentlichung
6.2.2 Zur Entwicklung von Medien
6.3 Kritische Betrachtung der Ergebnisse

7 Fazit und Ausblick

Literatur

Abbildungen

Tabellen

Anhang

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im gesamten Verlauf der Arbeit auf die stetige Nennung beider Geschlechter verzichtet. Sofern nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, ist selbstverständlich durch Erwähnung der hier verwendeten maskulinen Form immer auch die feminine mit eingeschlossen.

1 Einleitung

Didaktische Potenziale neuer Medien, so lautet der Titel der vorliegenden Arbeit. In diesem ersten Kapitel sollen zunächst die Antworten auf zwei einsteigende Fragen gegeben werden:

| Warum ist es interessant, sich mit diesem Thema zu beschäftigen? Eine Antwort auf diese berechtigte Frage geben die Ausführungen zum Problemaufriss.

| Wie kann man didaktische Potenziale neuer Medien analysieren? Die Überlegungen zum Vor- gehen thematisieren diesen Aspekt.

1.1 Problemaufriss

Die Förderung von Lernprozessen ist die zentrale Aufgabe von Lehrenden. Die Ansicht, wie diese Aufgabe wahrgenommen werden soll, hat sich im Verlauf der letzten Jahre drastisch geän- dert. Während traditionelle Modelle eher den Prozess des Lehrens erfassen, beschreiben aktuelle Modelle vielmehr den Lernprozess. Es hat sich in der Disziplin der Didaktik eine Wende vollzo- gen, die zu einer Novellierung des Verständnisses von Lehren und Lernen geführt hat1.

Ein wesentliches Entscheidungsfeld für Lehrende ist der Einsatz von Medien2. Gerade dieses Feld ist von rasanten Entwicklungen sowohl bzgl. der Nutzung in der Freizeit als auch bzgl. des bewussten Einsatzes in Lernprozessen geprägt. Die Integration digitaler Medien in Lernprozes- sen ist bereits seit den 60er Jahren mit der sich stark verbreitenden Computertechnik Thema di- daktischer Überlegungen und durch die stete Weiterentwicklung scheint der Einsatz von Compu- tern zur Unterstützung von Lernprozessen mittlerweile nahezu selbstverständlich3. Seit einigen Jahren ist auch der Einsatz von internetbasierten Medien üblich. Aber auch bei der Nutzung des Internets hat es eine Evolution des Nutzungskonzeptes gegeben. Die Mediengeneration Web 2.0 repräsentiert den aktuellen Stand internetbasierter Medien oder kurz das, was zurzeit unter neuen Medien verstanden werden kann. Nach einer klaren Abgrenzung des Begriffes Web 2.0 sucht man allerdings vergebens. Breitere Beschreibungsversuche dieser Medien beziehen sich bislang meist auf die Verwendung dieser Medien in Freizeit und Hobby.

Ansätze zum Bau einer Brücke zwischen der Wende in der Didaktik und dem Medienkonzept Web 2.0 finden sich bislang kaum. Genau hier setzt die vorliegende Arbeit an. Im Sinne der mediendidaktischen Forschung soll die Verbindung zwischen der Wende der Didaktik und den aktuellen medialen Entwicklungen geschaffen werden. Es wird eine Antwort auf die Frage, inwieweit die Anwendungen der Mediengeneration Web 2.0 nicht nur für Freizeit und Hobby genutzt werden können, sondern auch didaktische Potenziale für die Aufgabe von Lehrenden, also für die Förderung von Lernprozessen, mit sich bringen, gesucht (und gefunden).

1.2 Vorgehen

Die Analyse didaktischer Potenziale neuer Medien kann auf unterschiedliche Art und Weise angegangen werden. Daneben können unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt werden.

Grundsätzlich können didaktische Potenziale aus der Perspektive der Lernenden sowie aus Perspektive der Lehrenden betrachtet werden. Dass diese Perspektiven durchaus Konfliktpotenziale bieten, zeigt sich an der Diskussion um Learning Objects, die einerseits reusable (als wesentlicher Anspruch der Lehrenden), andererseits zielgruppenspezifisch (als wesentlicher Anspruch der Lernenden) sein sollen4. Die hier vorliegende Arbeit thematisiert explizit die Perspektive der Lernenden auf die Potenziale neuer Medien. Aber auch bei der Fokussierung der Perspektive der Lernenden sind die Lehrenden nicht unbeteiligt, was die folgenden Sichtweisen der Betrachtung didaktischer Potenziale zeigt (siehe Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Unterschiedliche Sichtweisen auf didaktische Potenziale neuer Medien5

Die unterste Ebene zeigt die theoretische Sicht6 der Potenziale neuer Medien, die durch Literatur sowie durch die Eigenschaften der Medien selbst bestimmt werden. Diese Ebene bildet sozusa- gen das Fundament der Medienpotenziale. Dass aber theoretisch begründbare Potenziale nicht immer gleich den sich entfaltenden Potenzialen sein müssen, lässt sich über vielerlei Gründe zei- gen. Beispiele sind hier die Eigenschaft des Menschen bestimmte Präferenzen zu haben sowie die Komplexität der Umwelt, die dazu führt, dass nur schwer alle Determinanten des Medieneinsat- zes erfasst werden können.

Die mittlere Ebene stellt daher die Sicht der Lehrenden auf die didaktischen Potenziale neuer Medien dar. Diese scheint vor allem deshalb wesentlich, weil die Lehrenden maßgeblich über den
Einsatz von Medien im Unterricht entscheiden7. Die Verknüpfung zur unteren Ebene liegt auf der Hand. Einerseits entnehmen Lehrende ihr Wissen um die Potenziale aus der Theorie, ande- rerseits steuern sie selbst Erkenntnisse durch die Dokumentation von Erfahrungen zur Theorie bei.

Die oberste Ebene, die unter der gewählten Perspektive auch als Zielebene bezeichnet werden kann, ist die Sicht der Lernenden auf die Potenziale neuer Medien. Sie können aus ihrer eigenen Sicht am besten beurteilen, welche Potenziale sie sehen. Auch die Verknüpfung zur Sicht der Lehrenden ist durch die Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden offensichtlich. Zum einen setzen die Lehrenden durch ihre Unterrichtsplanung gezielt Medien mit bestimmten Potenzialen ein, die sich dann bei den Lernenden entfalten, zum anderen können Schüler Potenziale sehen, die die Lehrenden als neu empfinden8.

Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Sichtweisen lässt sich nun das Vorgehen in dieser Arbeit kennzeichnen.

Kapitel 2 stellt das Fundament der gesamten Arbeit dar. Durch die Beschreibung der didakti- schen Wende werden maßgebliche, aktuelle Entwicklungen zur Gestaltung von Lernprozessen erläutert. Durch komprimierte Aspekte, die aus den jeweiligen Betrachtungen festgehalten wer- den, entsteht ein Kriterienkatalog, anhand dessen die didaktischen Potenziale neuer Medien spä- ter beurteilt werden.

Kapitel 3 steigt direkt in die hier exemplarisch betrachteten neuen Medien, die Medien der Generation Web 2.0, ein. Nach einem Einblick in übergreifende Eigenschaften werden, wiederum exemplarisch, die Medienformate Weblog und Podcast dargestellt.

Kapitel 4 thematisiert direkt die Sicht der Theorie auf die didaktischen Potenziale von Medien der Generation Web 2.0 aus Perspektive der Lernenden. Hier ist durch die Beschreibung von Einsatzszenarien viel Wert auf Praxisnähe gelegt, eine Verknüpfung zum folgenden Teil zu ver- einfachen.

Kapitel 5 wechselt nun zur Sicht der Lehrenden auf die didaktischen Potenziale aus Perspektive der Lernenden und stellt die Ergebnisse der qualitativen Erhebung dar.

Kapitel 6 schafft durch die Auswertung der erhobenen Daten vor dem konzeptionellen Hintergrund die Verbindung zwischen der theoretischen Sicht und der Sicht der Lehrenden. Es werden dabei einerseits umfassende andererseits fokussierte Hypothesen abgeleitet.

Es wird deutlich, dass nicht nur eine Begrenzung der Ausführungen auf die Perspektive der Ler- nenden, sondern auch eine Fokussierung auf die theoretische Sicht und die Sicht der Lehrenden erfolgt9. Diese Arbeit kann und soll in diesem gesamten Analysedesign nur einen Grundstein legen. Die Sicht der Lernenden auf die didaktischen Potenziale neuer Medien aus Perspektive der Lernenden ist nicht Bestandteil dieser Arbeit, eröffnet aber die Möglichkeit einer interessanten Fortsetzung.

2 Das Fundament: Die Didaktische Wende

Als lebendige Disziplin werden in der pädagogischen Forschung durch Innovationen und neueste Ergebnisse Veränderungen von Verständnissen und Handlungsempfehlungen herbeigeführt. Der Begriff der Wende, der als eine Umkehr interpretiert werden kann, legt hier die wesentliche und grundlegende Veränderung von Verständnissen nahe. Im vorliegenden Kapitel finden sich daher zwei inhaltliche Teile, die integrativ dargestellt sind (siehe auch Abbildung 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Ebenen der didaktischen Wende und Aspekte des Analysedreiecks

| Beschreibung der didaktischen Wende. Zur Beschreibung einer solchen Wende bedarf es immer zweierlei Darstellungen: Um die vorherigen Verständnisse nachvollziehen zu können, muss die Denkweise vor der Wende erläutert werden. Um die Richtung der Wende verstehen zu können, bedarf es der Erläuterung der neuen Denkweise. Insbesondere der neuen Denk- weise ist hier der Fokus gewidmet. Die Beschreibung der didaktischen Wende findet auf drei unterschiedlichen Ebenen statt. Erfasst wird (1) das Ziel von Lernprozessen, (2) das Lernver- ständnis sowie (3) die Ausrichtung des didaktischen Verständnisses.

| Ableitung konkreter einzelner Aspekte der unterschiedlichen Ebenen. Vor dem Hinter- grund des Erkenntnisinteresses dieser Arbeit wird jeweils eine exemplarische, didaktische Konsequenz der jeweils betrachteten Ebene im Detail erläutert um später konkrete Anknüp- fungspunkte für die Analyse der didaktischen Potenziale der betrachteten Medien zu bieten. Produkt dieser Ausführungen ist das für den weiteren Verlauf der Arbeit verwendete Analy- sedreieck didaktischer Potenziale, das sukzessive aufgebaut wird.

2.1 Das Ziel von Lernprozessen

2.1.1 Vom Lehrziel zur Lernziel oder vom Wissen zur Kompetenz

Bei der Betrachtung der Wende des Ziels von Lernprozessen lassen sich zwei deutliche Entwicklungen feststellen, die in die gleiche Richtung zeigen und bereits durch die Überschrift dieses Abschnitts dargestellt sind.

Zum einen wird die Wende bereits an dem Wandel der Begrifflichkeiten deutlich: Die zunehmend in die Kritik geratenen Orientierungen an eher bildungstheoretisch geprägten Lehrzielen10 wandelte sich mehr und mehr zum heute vorherrschenden Begriff des Lernziels. Als Ausgangspunkt waren bei der Fokussierung der Lehrziele stets die zu vermittelnden Inhalte vorgegeben häufig mit der Absicht, möglichst viele Inhalte in Lehrplänen unterzubringen. Diese Ansicht wurde mehr und mehr als „Lernen um des Lehrens willen“11 kritisiert:

Absichtvolles Lernenmachen (Lehren) führt jedoch nicht zwangsläufig zu erfolgreichem Lernen im Sinne der gesetzten Ziele. Es kann auch zu unbeabsichtigten oder gar keinen Lernergebnissen führen. Ebenso setzt der Vorgang des Lernens nicht immer ein ‚Gelehrt werden’ voraus12.

Die Umorientierung wendet sich also von der Formulierung von Lehrzielen zur Formulierung von Lernzielen und damit vom Lernobjekt (dem Inhalt) zum Lernsubjekt (dem Lernenden)13. Neu war somit die Outcomeperspektive. In plakativen Fragen formuliert bedeutet dies die Abkehr von der Frage: ‚Was wird gelehrt?’ zur Frage ‚Was wird gelernt?’14.

Merkmal eines Ziels ist es nun, dass ein Sollzustand vorgegeben und angestrebt wird. Auch bei diesem Sollzustand ist eine Wende feststellbar. Traditionell orientierten sich Lehrpläne daran, Wissen zu vermitteln mit dem Ziel, dass Lernende meist ausschließlich fachliche Inhalte ‚wissen’. Recht schnell wurde daraufhin durch zahlreiche Studien das Phänomen festgestellt, dass Wissen nicht zwingend handlungsleitend werden muss15. ‚Träges Wissen’, so die Bezeichnung für nicht handlungsleitendes Wissen, gilt es unbedingt zu vermeiden16. Darüber hinaus wurde deutlich, dass die Formulierung von Wissenszielen der Formulierung von Handlungszielen weichen muss- te und damit die Frage nach dem ‚Anwenden können’ in den Vordergrund rückte. Über den Weg der Schlüsselqualifikationen17 gelang man schließlich zu dem heutigen Begriff der (Handlungs-) Kompetenz18. Spätestens seit der curricularen Verankerung in den nach Lernfeldern neu geordneten Rahmenlehrplänen ist der Begriff der Handlungskompetenz in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik allgegenwärtig19.

2.1.2 Handlungskompetenz als Basis des Analysedreiecks

Laut Vorgabe der Kultusministerkonferenz20 sind handlungsorientierte Methoden zu bevorzugen und auch die Lernziele sind in den nachfolgend näher erläuterten Dimensionen der Handlungs- kompetenz zu beschreiben21. Grundsätzlich zielt der Begriff der Handlungskompetenz auf die „Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen, in beruflichen, privaten und gesellschaftlichen Situati- onen sach- und fachgerecht, persönlich durchdacht und in gesellschaftlicher Verantwortung zu handeln“22 ab. Bei näherer Betrachtung kristallisiert sich deutlich eine Dreidimensionalität des Begriffs heraus, die im Folgenden anhand zweier exemplarischer Zugänge näher beschrieben wird.

2.1.2.1 Dimensionsmodell der Handlungskompetenz

Identisch zum Verständnis der KMK23 differenzieren Bader & Müller den Begriff der Hand- lungskompetenz, wie in Abbildung 3 dargestellt, in die drei Teildimensionen der Fach-, Human- und Sozialkompetenz24. Während im Mittelpunkt der Fachkompetenz die Fähigkeit und Bereit- schaft zur fachlichen Richtigkeit bei der Bearbeitung von Aufgabenstellung steht, bezeichnet die

Humankompetenz die Fähigkeit und Bereitschaft, die Entwicklungschancen, Anforderungen und Einschränkungen der Umwelt zu verstehen und die eigenen Handlungen darauf abzustimmen. Die dritte Dimension, die Sozialkompetenz zielt auf das Verständnis von und das verantwortungsbewusste Verhalten bei der Interaktion mit anderen ab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Dimensionen der Handlungskompetenz25

Nicht als eigene Dimensionen, sondern als integrale Bestandteile dieser drei Dimensionen sehen Bader & Müller die Querkompetenzen Methodenkompetenz, Lernkompetenz und kommunikative Kompetenz. Die Methodenkompetenz erfasst dabei die Fähigkeit und Bereitschaft zur zielgerichteten und planmäßigen Aufgabenlösung. Die Lernkompetenz stellt die Fähigkeit und Bereitschaft zum individuellen oder gemeinschaftlichen Lernen, d. h. Aufnahme, Verständnis und Einordnung von Informationen, in den Vordergrund. Im Fokus der kommunikativen Kompetenz steht das Verstehen und Gestalten von Situationen und Sachverhalten. Damit ist hier der Austausch mittels verbaler, formaler und nonverbaler Wege gemeint.

2.1.2.2 Kategoriale Handlungskompetenz

Eine ähnliche Differenzierung nimmt Sloane (2003) mit der Einführung der kategorialen Handlungskompetenz vor. Tabelle 1 zeigt die unterschiedlichen Felder in einer Matrix.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Kategoriale Handlungskompetenz26

Auffällig ist, dass die Bezugsobjekte Domäne, Person und Gruppe die von Bader & Müller vor- genommen Differenzierungen in Fach-, Human- und Sozialkompetenz widerspiegeln. Während sich auf den ersten Blick eine begriffliche Abweichung zwischen den von Bader & Müller be- schriebenen Querkompetenzen und den in der Matrix genannten Kompetenzen (Methoden-, Sprach- und Lern- sowie ethische Kompetenz) ergibt, werden bei der Bedeutungszuweisung doch deutliche Parallelen sichtbar. Neben der Methodenkompetenz, die beide Verständnisse prä- gen, findet sich insbesondere in der Sprach- und Textkompetenz bspw. durch den Aspekt ‚Mit und in der Gruppe reden’ Wesentliches der kommunikativen Kompetenz nach Bader & Müller wieder. Nicht gegensätzlich, aber doch anders akzentuiert legt Sloane durch expliziten Ausweis der ethischen Kompetenz großen Wert auf den Aspekt des verantwortungsbewussten Handelns, während Bader & Müller stärker die Bereitschaft und Fähigkeit zum Lernprozess betonen. Ge- gensätzlich insbesondere deshalb nicht, weil sich beide Komponenten in beiden Modellen wie- derfinden, wenn auch nicht immer explizit als eigene Dimension ausgewiesen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Analysedreieck didaktischer Potenziale. Handlungskompetenz27

Aufgrund der curricularen Verankerung des Dimensionsmodells der Handlungskompetenz ent- scheide ich mich zum weiteren Vorgehen für den Bezug auf die Begrifflichkeiten nach Bader & Müller und halte insbesondere die Dimensionen der Fach-, Human- und Sozialkompetenz als Teildimensionen der Handlungskompetenz im Analysedreieck didaktischer Potenziale fest (siehe Abbildung 4).

2.2 Das Lernverständnis

2.2.1 Vom behavioristischen über das kognitive zum konstruktivistischen Verständnis

Bereits in den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts entwickelt, wurde der Behaviorismus vor allem durch naturwissenschaftliche Forschungen geprägt. Dem Verständnis des Behavioris- mus als „eine Naturwissenschaft, die das gesamte Gebiet menschlicher Anpassungsvorgänge er- fasst“28 folgend, suchen Behavioristen stets die beiden Elemente Reiz und Reaktion in Handlun- gen29. Meist konstruierte Laborversuche mit Tieren führten zur Entwicklung der klassischen und der operanten Konditionierung30. Lernen ist unter dieser Perspektive Aufbau, Verstärkung, Modi- fikation und Löschung von Reiz-Reaktions-Schemata. Kritiker des Behaviorismus bestreiten we- niger die Wirksamkeit des Konditionierens innerhalb gewisser Grenzen, sondern mehr den Abso- lutheitsanspruch des Ansatzes, der auf mentale Erklärungsansätze vollkommen verzichtet31.

Die kognivitiven Ansätze betrachten im Gegensatz zu den behavioristischen Überlegungen genau die Prozesse, die im Individuum selbst vorgehen. Es wird versucht, die Black-Box des Behavio- rismus offen zu legen und Lernen durch kognitive Prozesse zu erklären. So stellt Piaget der scheinbaren Einfachheit der behavioristischen Erklärung von Lernen entgegen, dass „jeder Or- ganismus mit seiner Umwelt immer in einer dynamischen Interaktion steht und dieses Wechsel- spiel durch seine eigenen Aktivitäten selbst im Fluss hält“32. Diese dynamische Interaktion be- schreibt Piaget als kognitive Adaption, die insbesondere durch die Vorgänge Assimilation und Akkomodation gekennzeichnet ist. Assimilation beschreibt dabei die Anpassung der Umwelter- fahrungen an die bereits vorhandenen kognitiven Strukturen und Akkomodation schildert eine Anpassung der mentalen Repräsentationen an neue Umwelterfahrungen, die sich nicht assimilie- ren lassen33. Auf diese Art werden gut organisierte Gedächtnis- und Wissensstrukturen erwor- ben34. In der kognitionstheoretischen Betrachtung von Lernprozessen ist somit die Auseinander- setzung mit der Umwelt zentral und so weist Tramm darauf hin, dass auch das soziale Umfeld von Bedeutung ist und schließlich Lernsituationen selbst soziale Komponenten, z. B. durch ko- operative Lernprozesse enthalten sollen oder aber Lernen in einer sozialen Gemeinschaft, z. B. innerhalb einer ‚Expertengemeinschaft’ stattfinden soll35. Auswirkungen auf die Gestaltung von Lernprozessen spiegeln sich u. a. im Modelllernen, das durch Beobachtung und Nachahmung geprägt ist36, oder im Lernen durch Einsicht wider37.

Ein weiterer Schritt der didaktischen Wende und damit ein Schritt in das heute weit verbreitete Verständnis von Lernen ist der Übergang zum konstruktivistischen Lernverständnis38. Während die Kognitionstheorie grundsätzlich das Erkennen und Interpretieren der Umwelt als Lernpro- zess erfasst, sehen die Verfechter der konstruktivistischen Position das Lebewesen als geschlos- senes System und bestreiten grundsätzlich die Fähigkeit von Lebewesen, bedeutungshafte und verlässliche Informationen über die Umwelt zu erhalten39. Dennoch ist die Diskussion um kon- struktivistische Theorien breit gefächert und lässt sich nur schwer vereinheitlichen40.

Dubs betrachtet neben dem radikalen und dem neuen Konstruktivismus auch den pädagogischen Konstruktivismus, indem er Kriterien zur konstruktivistischen Unterrichtsgestaltung zusammen- fasst. So erachtet er eine starke Lernumgebung, in der kollektives Wissen und/oder eine Lernbe- ratung durch die Lehrkräfte nötig werden sollen, als Merkmal einer derartigen Unterrichtsgestal- tung. Er betont darüber hinaus die starke Lernumwelt, in der die Lernenden das Wissen eigen- ständig und individuell konstruieren können und fordert die Förderung metakognitiver Fähigkei- ten zur Reflexion des eigenen Lernhandelns. Abschließend sieht Dubs die Rolle der Lehrkraft als Experte, der den Dialog zwischen den Lernenden fördert und Scaffolding41 betreibt42.

Mögliche Ansätze zur Implementation konstruktivistischer Überlegungen stellen die unterschied- lichen Differenzierungen der ‚situated cognition’ dar, die neben einer gemeinsamen Grundpositi- on unterschiedliche Perspektiven haben. Anlass dieser Überlegungen sind insbesondere die Beo- bachtung von trägem Wissen und die damit verbundene Problematik des Wissenstransfers43. Gemeinsam haben die Überlegungen die Überzeugung, dass es kein Wissen als „abgespeicherte, abstrakt-dekontextualisierte Repräsentation gibt“, sondern Wissen vielmehr „in situ als Relation zwischen Person und Situation“ entsteht44. Einen besonderen Fokus auf soziale Aspekte legt die Perspektive von Resnick mit Ihren Ausführungen zur ‚situated cognition as socially shared cogni- tion’. So wird vor allem hervorgehoben, dass „people also build their knowledge structures on the basis of what they are told by others, orally, in writing, in pictures, and in gestures“45 und gleichermaßen “social experience can shape the kinds of interpretive processes available to individuals.”46 Als Schlussfolgerung dieser Perspektive der ‚situated cognition’ sollen „socially shared intellectual work” und „elements of apprenticeship”47 im Rahmen von communities of practice48 verstärkt in Lernprozesse einfließen.

2.2.2 Kooperatives Lernen und komplexe Lernumgebungen als neue Elemente des Analysedreiecks

Es stellt sich nun die Frage, welche konkreten Aspekt sich aus dem Wandel des Lernverständnisses differenziert betrachten lassen. Zum einen werden Ideen, die Ihre Grundlegung bereits im kognitiven Verständnis haben und durch das konstruktivistische fortgeführt werden, nämlich die Gestaltung sozialer Komponenten von Lernprozessen konkret durch die Förderung kooperativen Lernens aufgenommen. Zum anderen wird die Forderung Dubs’ nach einer starken Lernumgebung thematisiert und weiter ausdifferenziert.

2.2.2.1 Kooperatives Lernen

Noch bevor in den folgenden Abschnitten unterschiedliche Ebenen der Überlegungen zum ko- operativen Lernen gefunden werden, gilt es, ein grundsätzliches Begriffsverständnis von koopera- tivem Lernen49 zu finden. Ein eher weites Begriffsverständnis, dem ich hier zunächst folge, findet sich bei Bruhn, der kooperatives Lernen als „Situationen (…), in denen mindestens zwei Lernen- de - zeitgleich oder zeitversetzt, ortsgleich oder an verschiedenen Orten - zusammenarbeiten, um ein gemeinsames (Lern-)Ziel zu erreichen“50 versteht. Enger gefasste Verständnisse sehen beim kooperativen Lernen häufig „die sozialen Prozesse beim Lernen besonders thematisiert, akzentuiert und strukturiert“51 und schließen Arrangements mit Zeit- und/oder Ortsunterschie- den als kooperative Lernprozesse aus.

Bei einem Versuch der Systematisierung eines Zugangs zu kooperativem Lernen können ver- schiedene Ebenen charakterisiert werden. Durch die Grundlagen wird eine lerntheoretische Fun- dierung und damit eine Anknüpfung an die Überlegungen zum Konstruktivismus geschaffen. Im Zuge der Verschiebung der aktuellen Forschung von der Untersuchung des direkten Einflusses von Kooperationsbedingungen auf die Kooperationsergebnisse (Bedingungsparadigma) zu der Untersuchung von Merkmalen des Kooperationsprozesses (Prozessparadigma) gerät die zweite Ebene, die Betrachtung der Rahmenbedingungen in den Fokus52. Der Vollständigkeit halber ist darüber hinaus noch die die Ebene der Lerneffekte kooperativer Lernprozesse zu nennen. Insbesondere bei der Betrachtung dieser dritten Ebene der Lerneffekte, lässt sich in der gängigen Forschung eine große Überschneidung mit den oben beschriebenen Dimensionen der Handlungskompetenz feststellen53, daher gehe ich auf diese Ebene nicht detailliert ein, sondern führe lediglich die Überlegungen zu den beiden zuerst genannten Ebenen aus.

2.2.2.1.1 Theoretische Grundlage

(Lern-)theoretische Begründung von kooperativem Lernen lassen sich vielfach in der Literatur finden. Vor dem Hintergrund der konstruktivistischen Grundposition ist besonders auch dieselbe Sichtweise auf kooperative Lernprozesse interessant.

Grundsätzlich erscheint die Vorstellung, dass Kooperation zwischen Individuen die individuelle Konstruktion der eigenen Realität beeinflussen kann, widersprüchlich. Dem Konzept der Autopoiesie nach Maturana folgend, lassen sich übergreifende (hier: in kooperativen Lernprozessen erlernte) Eigenschaften zwar nicht auf gleiche Eigenschaften von Neuronen zurückführen, dennoch „können autopoietische Systeme (…, Orthografiefehler des Originaltextes behoben, P. B.) miteinander interagieren, wodurch sie sich eine gemeinsame subjektabhängige Wirklichkeit schaffen können. Einheitliche kognitive Bereiche können so durch Interaktion mit anderen Systemen, z.B. beim kooperativen Lernen, erzeugt werden.“54.

Neben dieser konstruktivistischen Grundposition gibt Breuer auch die Kategorie der Motivati- onstheorien als relevant für die Fundierung kooperativer Lernprozesse an. So betrachtet er in seinem Überblick einerseits die Existenz von Gruppenzielen, die nur durch das individuelle Er- reichen der Einzelziele der Gruppenmitglieder bewältigt werden können als wesentlich für ko- operative Lernprozesse. Zum anderen nennt er auch Theorien der sozialen Kohäsion, in der die Mitglieder durch Identifikation mit der Gruppe unmittelbar das Gruppenziel verfolgen55 und so kooperatives Lernen ermöglichen und zu seinem Stellenwert gegenüber individuellem Lernen verhelfen. Als Wesentlich festzuhalten gilt hierbei, dass die Grundlegung kooperativer Lernprozesse hier weniger durch kognitive Strukturen, sondern durch motivationale Aspekte, sei es individuelle Motivation oder Gruppenmotivation, erfolgt.

2.2.2.1.2 Rahmenbedingungen kooperativen Lernens

„Werden kooperative Lernarrangements nicht sorgfältig implementiert, so stellen sich in aller Regel keine befriedigenden Ergebnisse ein und der Lernerfolg ist oftmals geringer als beim individuellen Lernen“ stellen Renkl & Mandl fest und postulieren damit, dass der Erfolg kooperativen Lernens an bestimmte Rahmenbedingungen gebunden ist.

Renkl & Mandl selbst betrachten bei ihrer Analyse möglicher Substituierbarkeiten von Rahmenbedingungen fünf unterschiedliche Ebenen derselben56 (siehe auch Abbildung 5):

Auf der Lernerebene lassen sich einerseits die Fertigkeit sowie die Bereitschaft zur Kooperation unterscheiden, gleichermaßen auch unterschiedliche kognitive Orientierungsstile differenzieren. So sind ungewissheitsorientierte Lerner in kooperativen Lernprozessen erfolgreicher, gewissheitsorientierte Lerner eher in traditionellen (individuellen) Lernprozessen57.

Durch eine externe Strukturierung der Interaktion lassen sich Kooperationsprozesse initiieren. Diese externe Strukturierung birgt jedoch insbesondere bei anspruchsvollen und kreativitätsför- dernden Aufgaben auch die Gefahr der Reduktion von Diskursen. Es gilt also mit einer Grob- strukturierung ein Mittelmaß zwischen keiner Strukturierung und Mikro-Management zu finden.

Bei der Aufgabenformulierung ist es den Lerneffekten im Sinne des kooperativen Lernens zu- träglich, wenn eine ‚resource interdependence’ besteht. Bestimmte Ressourcen stehen dabei nur einzelnen Mitgliedern der Gruppen zur Verfügung und müssen daher koordiniert werden. Ver- hindert werden soll damit das Aufteilen der gemeinsamen Aufgabe in einzelne, in sich abge- schlossene Teile. Auch betonen Renkl & Mandl die intrinsische Motivation, die von der Aufgabe auf die Lernenden ausgehen muss, um die Effizienz von Aufgabenverteilung und Lösungspro- zess zu steigern.

Bezüglich der Anreizstruktur betonen Renkl & Mandl das Postulat von Slavin, die Identifizier- barkeit der Leistung des Einzelnen, die zu einem Erreichen des Gruppenziels führt, sicherzustel- len. Selbst Kritiker, die die Notwendigkeit von Belohnungen grundsätzlich bezweifeln, gestehen dabei ein „dass diese Annahmen für Übungsaufgaben zutreffend seien“58.

Durch die Kritik am derzeitigen (schul-)organisatorischen Rahmen betonen Renkl & Mandl die Notwendigkeit eines flexiblen Curriculums, das Zeit und Gelegenheit für komplexe Aufgabenstellungen und kooperative Lernformen bietet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Ebenen der Rahmenbedingungen kooperativen Lernens59

Vor dem Hintergrund des Interesses dieser Arbeit erscheint es mir sinnvoll, insbesondere die Aspekte (1) Strukturierung der Interaktion, (2) Aufgabe und (3) Anreizstruktur festzuhalten.

Als notwendige Rahmenbedingungen für kooperative Lernprozesse nennen Johnson & John- son60:

1. Clearly perceived positive interdependence
2. Considerable promotive (face-to-face) interaction
3. Clearly perceived individual accountability and personal responsibility to achieve the group’s goals
4. Frequent use of the relevant interpersonal and small-group skills
5. Frequent and regular group processing of current functioning to improve the group’s future effectiveness

Der Aspekt der positiven Abhängigkeit wird dabei auf die Konstrukte (a) Ziel, d. h. das Grup- penziel ist nur erreichbar, wenn alle Mitglieder ihre Ziele erreichen, (b) Belohnung, d. h. bei Er- reichen des Ziels profitieren alle Gruppenmitglieder, (c) Ressourcen, d. h. „each group member has only a portion of the resources, information or materials necessary for the task to be comple- ted“61 und (d) Rollenzuweisung, d. h. jedes Gruppenmitglied bekommt eine unterschiedliche, zu den anderen komplementäre Rolle, um insgesamt die Effizienz des Lernprozesses sicher zu stel- len, bezogen.

Die positive Abhängigkeit soll dazu führen, dass alle Lernenden den kompletten zugewiesenen Stoff lernen62. „Das Ziel, positive Anhängigkeit zu entwickeln, ist dabei von größter Wichtig- keit!“63

Mit dem zweiten Aspekt kennzeichnen Johnson & Johnson die Interaktion der beteiligten Ler- nenden. Dabei fordern sie, dass diese Interaktion zum einen face-to-face stattfinden sowie zum anderen begünstigend sein soll. Unter ‚begünstigend’ verstehen sie dabei u. a. den effiziente und effektive Austausch von Informationen, Feedback und Ressourcen64. Im Einklang zu der bei Johnson & Johnson vergeblichen Suche nach einer Begründung der Forderung von face-to-face- Interaktion relativiert Bruhn diese Forderung dadurch, dass er sie zwar als „typischerweise ko- operativ“65 betrachtet, er jedoch auch Lernprozesse mit temporaler und geografischer Flexibilisie- rung, wie sie etwa durch Medien erfolgen kann, noch als kooperativ ansieht66. Dieses Verständnis, dem ich hier folgen werde, spiegelt sich bereits im weiter oben genannten grundlegenden Ver- ständnis kooperativen Lernens wieder. Festzuhalten bleibt unter dieser Sichtweise aber in jedem Fall der Aspekt der zu ‚begünstigenden’ Interaktion.

Als dritte Rahmbedingungen für kooperative Lernprozesse ist die individuelle und Gruppenverantwortlichkeit zu nennen. Um Freifahrtscheine und Trittbrettfahrer innerhalb der Gruppen zu vermeiden, und dafür zu sorgen, dass jedes Gruppenmitglied sich für den eigenen Teil der Arbeit verantwortlich fühlt sind (a) kleine Gruppen zu bilden, (b) die Lernenden individuell zu prüfen, (c) zufällige Tests der bisherigen Ergebnisse bei einzelnen Lernenden durchzuführen, (d) die Gruppenprozesse nach der Beteiligung der einzelnen Mitglieder zu prüfen sowie (e) Kontrollund Steuerungsaufgaben in die Hände eines Mitgliedes zu legen67. Auf diesem Weg „erwerben (Lernende, P. B.) Wissen gemeinsam und stellen es alleine unter Beweis.“68

Bei der Betonung sozialer und interpersonaler Fähigkeiten schwingt insbesondere die Forderung nach diesen Fähigkeiten als Grundlage für die Arbeit in kooperativen Gruppen mit. „Placing so- cially unskilled students in a group and telling them to cooperate does not guarantee that they have the ability to do so effectively“69. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, soziale Fähigkeiten nicht nur als Outcomedimension kooperativer Lernprozesse i. S. d. Sozialkompetenz zu sehen, sondern unterstreicht gleichermaßen den Bedarf danach, dass soziale Fähigkeiten den Lernenden „ebenso zweckgerichtet und präzise beigebracht werden wie fachliche Fähigkeiten”70.

Mit dem fünften Element betonen Johnson & Johnson die Notwendigkeit einer kontinuierli- chen Gruppenbewertung, um so die Effektivität der einzelnen Gruppenmitglieder im Blick auf deren Beitrag zur Erreichung des Gruppenziels zu klären und zu verbessern71. Dabei sollen ins- besondere die Lehrenden an dieser Reflexion teilnehmen, um wichtige Informationen über das Verständnis der Begriffe und Strategien durch die einzelnen Lernenden zu erhalten. Im Detail fördern regelmäßige Reflexionen die Aufrechterhaltung einer guten Arbeitsbeziehung der Mit- glieder untereinander, das Erlernen sozialer Fähigkeiten, die Sicherheit eines Feedbacks, das Be- wegen auch auf meta-kognitiver Ebene, sowie die Möglichkeiten, positives Verhalten der Gruppe oder einzelner Mitglieder zu würdigen72. Da Johnson & Johnson hier keine Aussage über die Form der Reflexion machen, betone ich auch hier wieder mein erweitertes, o. g. Verständnis ko- operativen Lernens, das auch zeit- und ortsunabhängig sein kann. Somit ist für eine solche Refle- xion nicht nur eine face-to-face-Interaktion, die eine mündliche Reflexion nahelegt, zulässig, son- dern auch eine schriftliche Reflexion73.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Analysedreieck didaktischer Potenziale. Kooperatives Lernen74

Beim Vergleich der Ausführungen von Renkl & Mandl sowie Johnson & Johnson wird deutlich, dass viele ähnliche Aspekte aufgegriffen werden. Ich halte daher hier die vor dem Hintergrund des weiteren Verlaufs der Arbeit zentralen Punkte fest, ohne nochmals eine detaillierte Erläute- rung zu geben (siehe auch Abbildung 6). Zur Ermöglichung kooperativer Lernprozesse gilt es als Rahmbedingungen

| die Interaktion zu strukturieren,

| Verantwortlichkeiten zu fördern,

| eine positive Abhängigkeit zu erzeugen,

| eine geeignete Anreizstruktur zu kreieren sowie | eine systematische Reflexion zu implementieren75.

2.2.2.2 Komplexe Lernumgebungen

Dubs’ Forderung nach einer ‚starken Lernumgebung’ folgend, sieht der Konstruktivismus die Aufgabe des Lehrenden genau in der Gestaltung einer Lernumgebung, die es den Lernenden ermöglicht, Kompetenzen aufzubauen76. Bei der Frage nach den Merkmalen der Gestaltung dieser Lernumgebungen lassen sich die unterschiedlichen Ansätze zur aktiven Auseinandersetzung mit Wissen und Problemen ‚Anchored Instruction’, ‚Cognitive Flexibility’ und ‚Cognitive Apprenticeship’ unterscheiden77. Diese Ansätze weisen teils unterschiedliche Empfehlungen auf, lassen sich aber doch durch breiter gefasste Qualitätsmerkmale zur Gestaltung der Lernumgebung, die im Folgenden erläutert werden, zusammenführen.

| Authentische Situationen. Den Überlegungen des Ansatzes der ‚Situated Cognition’ fol- gend, dass Denken, Wissen und Lernen eher als die Art aufgefasst werden kann, in der „ein Handelnder in eine Situation eingebettet ist, denn als eine pure Aktivität eines individuellen Bewusstseins“78, entsteht die Notwendigkeit zur Schaffung einer situierten Lernumgebung. Lernumgebungen sind dabei so zu gestalten, dass sie den Umgang mit realen Problemstellun- gen und authentischen Situationen ermöglichen und anregen.79 Die Forderung nach realen Problemstellungen führt dabei das bereits in der Überschrift des Kapitels genannte Merkmal der Komplexität mit sich. Gleichermaßen kann Authentizität auch bedeuten, dass bewusst „schlechtdefinierte Probleme behandelt werden“80, die im besonderen Maße, überleitend zum zweiten Merkmal, Teamarbeit fordern.

| Soziale Lernarrangements. In Anknüpfung an die im vorhergehenden Abschnitt genannten Merkmale kooperativer Lernprozesse, gilt für die Gestaltung von Lernumgebungen die For- derung, dass „möglichst oft soziale Lernarrangements geschaffen werden, um kooperatives Lernen und Problemlösen zu fördern, sowie Prozesse zu fördern, die die Entwicklung von Lern- und Praxisgemeinschaften vorantreiben“81. Lerntheoretisch betrachtet, findet somit nicht nur die individuelle Konstruktion von Wissen, sondern - als Lernkultur - durch Ver- handlung über eigene Konstruktion und Konstruktion der anderen, idealerweise in einer Auseinandersetzung zwischen Lernenden, eine kollektive Konstruktion statt82. Gerstenmaier & Mandl betonen ausdrücklich, dass damit nicht nur die Auseinandersetzung unter den Ler- nenden, sondern auch die Arbeit mit Experten gemeint ist83. Aufgrund der Überschneidun- gen mit kooperativen Lernprozessen, lege ich hier das besondere Augenmerk auf diese For- derung der Arbeit mit (externen) Experten.

| Multiple Perspektiven und Kontexte. Zur Verhinderung, dass situativ erworbenes Wissen nur in identischen Kontexten angewendet werden kann, bedarf es innerhalb der Lernumge- bung der Möglichkeit für die Lernenden, die Perspektive auf die Lerninhalte sowie den Kon- text zu wechseln. Auf diese Art wird den Lernenden ermöglicht, erworbenes Wissen flexibel in unterschiedlichen Situationen anzuwenden und damit Wissenstransfer zu leisten84. Achten- hagen fordert außerdem explizit die Ermöglichung metakognitiver Perspektiven85.

Abbildung 7 überführt diese Überlegungen zu den Gestaltungskriterien komplexer Lernumgebungen in das Analysedreieck.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Analysedreieck didaktischer Potenziale. Komplexe Lernumgebungen86

2.3 Didaktischer Ansatz

Das bereits in den vorherigen Abschnitten geschilderte, sich wandelnde Verständnis von Lern- prozessen lässt sich - ebenfalls vor dem Hintergrund der Entwicklung konstruktivistischer Grundpositionen - auch durch eine sich verändernde Didaktik beschreiben. So kann dieser As- pekt zunächst als eine Gesamttendenz von der Abkehr der reinen Instruktion zu Gunsten der Betrachtung von Wissenskonstruktion durch die Lernenden beleuchtet werden. Dies geschieht im nun folgenden Abschnitt. Für das Analysedreieck didaktischer Potenziale wird daran anschlie- ßend diese Tendenz auf den Medieneinsatz in Lernprozessen projiziert um dort eine ähnliche Wende zu identifizieren.

2.3.1 Von der Instruktion zur Konstruktion

Seit Mitte der 1990er Jahre ist die Wende in der Didaktik durch unterschiedliche Schlagwörter geprägt. ‚Aktiv Lernende’, ‚neue Lernkultur’, ‚expansives Lernen’ oder ‚lebendiges Lernen’ sind nur einige davon87. In den folgenden Zeilen soll nun ein Ausschnitt und gleichermaßen Überblick über zentrale Aspekte dieser Diskussion wiedergegeben werden.

Bisher „liegt dem Lehrziel der Wissensvermittlung häufig das Missverständnis zugrunde, Verste- hen und Wissen sei das gleiche“, konstatieren und kritisieren Arnold & Schüßler88 die ‚alte’ Lern- kultur und verbinden diese Vorstellung mit dem Konstrukt des defensiven Lernens. Besonders prägend für defensives Lernen ist dabei die Gleichgültigkeit der Lernenden gegenüber dem The- ma, die daraus entsteht, dass der Handlungszusammenhang, auf den das Lernen bezogen ist, nicht klar ist89. Das Lernen wird vielmehr nur als Lernen für die Selektionsfunktion der Schule, d. h. die Prüfung verstanden. Synonym wird auch die Umschreibung als ‚Oberflächenlernen’ ver- wendet90.

Gleichermaßen plädieren Arnold & Schüßler für die Ermöglichung von expansivem Lernen. Expansives Lernen ist dabei auf Mustererkennung ausgerichtet und subjektorientiert. Merkmale für expansives Lernen sind dabei:

| Ordnendes Denken,

| Tiefenwissen durch Problemerkennung, Argumentation und Gründlichkeit bei der vorge- hensweise sowie ein

| echter Dialog, in dem produktiv Ideen entwickelt, ausgetauscht, diskutiert und umgesetzt werden91.

Es stellt sich nun die Frage danach, wie diese Ziele erreicht werden können. Dabei zeichnet sich der Bedarf nach einem „Konzept einer anderen Didaktik ab, einer Didaktik, die weniger von Wissensbeständen und deren Vermittlung, sondern vielmehr stärker nach den Voraussetzungen der lernenden Subjekte und den methodischen Möglichkeiten einer umfassenden Kompetenz- entwicklung fragt"92. Verbunden mit der Forderung nach expansivem Lernen, fordern Arnold & Schüßler dabei unbedingt den Wandel der bisherigen Erzeugungsdidaktik, die die „stellvertreten- de Erschließung von Bildungsgehalten über Lehrermethoden“93 beschreibt, zu einer Ermögli- chungsdidaktik, die die Selbsterschließung von Bildungsgehalten über Schülermethoden um- schreibt. Diese Wende stellt damit genau die Wende von Lehrerzentrierung zur Lernerzentrie- rung dar oder, wie es Grune formuliert:

Das vornehmlich lehrerzentrierte Instruktionsparadigma, dessen Schwerpunkt auf der Vermittlung ausgewählter Inhalte liegt (Instruktion), wurde durch das Problemlöseparadigma abgelöst: Hier steht die eigenständige Erarbeitung der Inhalte durch den Lerner (Konstruktion) und dessen kognitive bzw. konstruktive Aktivität im Mittelpunkt didaktischer Überlegungen.94

Die Wende ist dabei jedoch nicht als generelle Abkehr von der Instruktion zu sehen. So ist es zwar einerseits wichtig, ein „Informationsangebot zu machen, das (…) zur eigenaktiven Konstruktion von Wissen genutzt werden soll“95, andererseits verlangt ein didaktisches Design immer auch „nach instruktionaler Anleitung und Unterstützung, da der selbstgesteuerte und soziale Umgang mit komplexen Aufgaben und die Berücksichtigung verschiedener Perspektiven Wege und Ziele des Lernens zugleich sind“96.

Die Wende bzgl. des didaktischen Ansatzes lässt sich somit eher als eine Verschiebung des Fokus von der Instruktion von Lernenden zur Konstruktion durch Lernende darstellen.

2.3.2 Vermittlung und Entwicklung durch Medien im Zentrum des Analysedreiecks

Den oben beschriebenen Aspekt der Verschiebung von der Instruktion zur Konstruktion möchte ich nun aus der Perspektive des Medieneinsatzes in Lernprozessen betrachten, um ihn dann mit in das Analysedreieck didaktischer Potenziale zu integrieren.

Bereits in der Medienwirkungsforschung lassen sich Tendenzen zu einer Wende erkennen. Wäh- rend die klassischen Medienwirkungsforschung noch die direkte Wirkung von Medien auf Indivi- duen beleuchtet, so sieht die gestaltungsorientierte Mediendidaktik Medien als „Rohstoff, der Potenziale für bestimmte Innovationen in der Bildung eröffnet“97. Dieser Rohstoff bedarf einer.

[...]


1 Hin- und Nachweise der didaktischen Wende finden sich im Kapitel 2.

2 Exemplarisch kann das Berliner Modell der Didaktik angeführt werden, das den Einsatz von Medien als ein Feld didaktischer Entscheidungen betrachtet. Vgl. Martial (1996, S. 149).

3 Vgl. Stadtfeld (2004, S. 84).

4 Vgl. Kremer & Pferdt (2005, S. 4).

5 Eigene Darstellung.

6 Um begrifflich trennscharf zu arbeiten, habe ich mich dafür entschieden, in dieser Arbeit die Begriffe Perspektive und Sicht nicht synonym zu verwenden. Als Perspektive ist hier die Blickrichtung der Potenziale gemeint. Plakativ bedeutet das, welche Frage gestellt wird. Die Perspektive wird nicht gewechselt, es wird stets die Frage gestellt, welche Potenziale neuer Medien sich für die Lernenden ergeben. Die Sicht hingegen beschreibt, wer diese Potenziale bewertet, bzw. wer diese Frage beantwortet. So können durchaus Lehrende die Potenziale neuer Medien aus Perspektive der Lernenden bewerten (oder dieses zumindest versuchen).

7 Auch hier sei wie schon in der Einleitung auf den Medieneinsatz als Entscheidungsfeld im Berliner Modell hingewiesen. Vgl. Martial (1996, S. 149).

8 Diese Vermutung liegt nahe, da Lehrende häufig davon berichten, dass Lernende, insbesondere Jugendliche, mit diesen neuen Medien bereits sehr viel vertrauter sind als die Lehrenden. Vorgreifend seit hier auf das Interview 1 verwiesen, in dem sich Hinweise auf diese Tatsache finden.

9 Siehe auch die Fokussierung in Abbildung 1.

10 Als Synonyme für den Begriff des Lehrziels werden auch häufig Bildungsziel oder Unterrichtsziel verwendet. Vgl. Tramm (1999, S. 292).

11 Arnold & Schüßler (1998, S. 19).

12 Sloane et al. (2004, S. 99).

13 Vgl. Arnold & Schüßler (1998, S. 116).

14 Vgl. Tramm (1999, S. 292).

15 Renk (1996, S. 78) nennt unterschiedlichste Beispiele für derartige Forschungsergebnisse.

16 Renkl (1996) gibt einen Überblick über unterschiedliche Erklärungsansätze für träges Wissen und gleichzeitig über unterschiedliche Lösungsansätze für die Vermeidung von trägem Wissen. Eine detailliertere Betrachtung erfolgt im Abschnitt 2.2.1.

17 Aus arbeitsmarktpolitischen Beweggründen entwickelte Mertens in den 70er Jahren die Grundlage des Konzeptes der Schlüsselqualifikationen durch die Abkehr vom reinen Fachwissen zu Gunsten einer Orientierung am Lernenden und seinem Bedarf, seine eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entwickeln. Vgl. für weitere Ausführungen als Grundlage Mertens (1974), zur Weiterführung Reetz (1990) sowie zusammenfassend Siebert (1999) und Gonon (1999).

18 Reetz (1999) bezeichnet Kompetenz im pädagogischen Sinne als „menschliche Fähigkeiten, die dem situationsgerechten Verhalten zugrunde liegen und dieses erst ermöglichen“ (S. 245). Im Unterschied zur Kompetenz als Tiefenstruktur lässt sich die Performanz als Oberflächen-Verhalten differenzieren.

19 Eng verknüpft ist der Begriff Handlungskompetenz mit dem Begriff der Handlungsorientierung. Den Ausführungen von Czycholl (2001) folgend, zieht sich „Handlungsorientierung als zumindest formaliter konsistenter roter Begründungs- und Konstruktionsfaden durch alle didaktischen Handlungsebenen“ (S. 171). Czycholl unterscheidet weiter den Begriff der Handlungskompetenz als die Manifestation der Handlungsorientierung auf der Leitbildebene (vgl. ebd. sowie Czycholl 1999). Sloane et al. (2004) betrachten Handlungsorientierung auf drei verschiedenen Ebenen: Handeln als Ziel, Handeln als Methode und Handeln als Bedingung (S. 160). In jedem Fall erfasst die Handlungskompetenz die Outcomeperspektive von Handlungsorientierung und genau darauf soll sich dieser Abschnitt fokussieren: Den (gewünschten) Outcome didaktischen Handelns bei den Lernenden.

20 Im weitere Verlauf der Arbeit durch KMK abgekürzt.

21 Vgl. Sekretariat (1998, S. 4). Als Quelle ist hier der Rahmenlehrplan für Auszubildende zum Automobilkaufmann/zur Automobilkauffrau angegeben. Ein diesbzgl. gleicher Wortlaut lässt sich in allen nach dem Lernfeldkonzept neu geordneten Ausbildungsberufen finden.

22 Bader & Müller (2002, S. 177).

23 Von einem identischen Verständnis kann hier gesprochen werden, da die Autoren durch Mitwirkung im zuständigen Ausschuss der KMK diesen Begriff dort maßgeblich mit geprägt haben. So findet sich die hier erläuterte Teilung in Fach-, Human- und Sozialkompetenz ebenso in den Vorbemerkungen der nach Lernfeldern strukturierten Rahmenlehrpläne wieder. Vgl. exemplarisch Sekretariat (1998, S. 4).

24 Vgl. Bader & Müller (2002, S. 177).

25 Nach Bader & Müller (2002), vgl. auch Sekretariat (1998, S. 4).

26 Nach Sloane (2003, S. 17).

27 Eigene Darstellung.

28 Watson (1924/25, S. 38).

29 „Unter einem Reiz verstehen wir jedes Objekt in der allgemeinen Umwelt oder jede Veränderung in den Geweben selbst, die durch den physiologischen Zustand des Lebewesens bedingt ist (…). Unter Reaktion verstehen wir alles, was ein Lebewesen tut“ führt Watson (1924/25, S. 38) aus.

30 Unter klassischen Konditionieren wird dabei das Erlernen einer Reiz-Reaktionskette verstanden, bei der der Reiz zunächst ein neutraler Reiz war und keine Verbindung mit der Reaktion hatte, dieser Reiz aber mit einem nichtneutralen Reiz kombiniert wurde und somit später auch bei alleinigem Auftreten zu einer bestimmten Reaktion führte. Geprägt wurden die Überlegungen zum klassischen Konditionieren insbesondere durch die Laborversuche von Pawlow. Zum operanten Konditionieren erweitert besonders Skinner diese Überlegungen um den Rückkopplungseffekt durch die Umwelt. So führt eine Belohnung oder Bestrafung dazu, dass die Reaktion verstärkt (bei einer Belohnung) oder modifiziert bzw. unterlassen (bei einer Bestrafung) wird. Vgl. Lefrancois (1976).

31 Dieser Sachverhalt spiegelt sich auch im vielfach synonym zum behavioristischen Modell verwendeten Begriff ‚Black-Box-Modell’ wider. Vgl. zur Kritik am Behaviorismus Fortmüller (1991, S. 70).

32 Jank & Meyer (2002, S. 191).

33 Vgl. Piaget (1975).

34 Vgl. Mandl & Gruber (1999, S. 276).

35 Vgl. Tramm (1999, S. 276).

36 Vgl. Bandura (1976).

37 Vgl. Köhler (1963) und Wertheimer (1964).

38 Inwieweit der Konstruktivismus als eigene theoretische Orientierung oder als Fokussierung innerhalb der kognitiven Grundposition dasteht, lässt sich durch die Literatur nicht eindeutig festlegen (vgl. Sloane 2004, S. 114 sowie Arnold (2005), S. 2). Ich werde daher keinen Versuch der Kategorisierung im Sinne der Bestimmung von Unter- und Überordnung vornehmen, sondern lediglich Schwerpunkte in der Orientierung darlegen.

39 Vgl. Siebert (2002, S. 29). Häufig wird hier der Begriff der Viabilität verwendet. Im Gegensatz zur objektiven Wahrheit erfasst die Viabilität die „Brauchbarkeit und Passung unserer Konstrukte im täglichen Leben“ (Siebert 2003, S. 17).

40 Vgl. zur Auflistung der unterschiedlichen Spielarten u. a. Konrad (2005, S. 48).

41 Scaffolding meint die Unterstützung durch Denkanstöße und Anregungen zur weiteren Arbeit, aber eben nicht das Vorgeben von Antworten und Lösungen. Vgl. Dubs (1999, S. 247).

42 Vgl. Dubs (1999, S. 247).

43 Der Begriff des trägen Wissens (inert knowledge) wurde geprägt durch Whitehead (1929) und umfasst in der aktuellen wissenstheoretischen Diskussion das Phänomen, „daß Personen über Wissen verfügen, von dem Psychologen, Pädagogen, Lehrer etc. annehmen, daß es bestimmte Auswirkungen auf Verhalten haben müsste, dies aber - scheinbar unerklärlicherweise - nicht zutrifft“ (Renkl 1996, S. 79). Eine Übersicht über Erklärungsansätze und mögliche Ansätze für die Vermeidung von trägem Wissen gibt Renkl (1996).

44 Greeno et al. (1993, S. 100) zitiert nach Renkl (1996, S. 85).

45 Resnick (1991, S. 2).

46 Resnick (1991) zitiert nach Law (1994, S. 39).

47 Law (1994, S. 44f.).

48 Nach Gerstenmaier & Mandl (1994, S. 27) sollen sich dort Identitätskonstruktionen herausbilden. Gerstenmaier & Mandl fassen diesen Ansatz unter dem Begriff der anthropologischen Ansätze durch die Konzepte (1) geteilte Kog- nitionen, (2) gemeinsame Konstruktion von Bedeutungen und (3) Situiertheit des Lernens zusammen (vgl. ebd.).

49 In der Literatur finden sich neben dem Begriff des ‚kooperativen Lernens’ (cooperative learning) auch die Bezeichnungen ‚kollaboratives Lernen’ (collaborative learning) und ‚Gruppenlernen’ (group learning). Im Detail lassen sich diese Begriffe z. B. anhand des Grades der Arbeitsteilung unterscheiden, wenngleich insgesamt die Begriffsabgrenzungen wenig eindeutig sind (vgl. Arnold 2003, S. 33). Vor dem Hintergrund der Zielsetzung dieser Arbeit erscheinen mir die Unterschiede von keiner wesentlichen Bedeutung und ich verwende die zuvor genannten Begriffe hier und im weiteren Verlauf synonym.

50 Bruhn (2000, S. 21).

51 Weidner (2003, S. 29).

52 Vgl. Bruhn (2000, S. 22). Diese Wende im Forschungsinteresse beschreibt die Tendenz, nicht mehr einfache Vergleiche von kooperativem und individuellem Lernen anzustellen, sondern vielmehr die Rahmenvariablen kooperativer Lernprozesse in den Fokus zu nehmen.

53 Eine Übersicht über Ziele und Effekte kooperativer Lernprozesse gibt bspw. Rotering-Steinberg (1995). Sie identi- fiziert besonders eine Steigerung des fachlich-inhaltlichen Lernens (durch Rückmeldungen und Beobachtungen der anderen Gruppenmitglieder, Meinungspluralität und gegenseitige Motivation), eine Steigerung des sozialen Lernens (durch kooperative statt konkurrierende Grundeinstellungen, gegenseitige Unterstützung sowie gegenseitiges Ver- ständnis und Verantwortungsbewusstsein), eine Verstärkung der Entwicklung sozialer Fertigkeiten sowie eine Ver- stärkung der persönlichen Entwicklung (durch Steigerung des Selbstwertgefühls durch Interaktion). Weitere, eben- falls meta-analytische Betrachtungen zu den Effekten kooperativer Lernprozesse liefern bspw. auch Breuer (2000, S. 105) und Arnold (2003, S. 38). Deutlich wird, dass sich alle diese Effekte ebenfalls den Teilkompetenzen der Hand- lungskompetenz zuordnen lassen. Es lässt sich behaupten, dass kooperative Lernprozesse Handlungskompetenz fördern und eine Fokussierung des Ziels kooperativer Lernprozesse auf die Förderung von Handlungskompetenz zulässig ist.

54 Bernard (1997, S. 33) zit. n. Breuer (2000, S. 97).

55 Vgl. Breuer (2000, S. 98).

56 Vgl. Renkl & Mandl (1995, S. 293). Die Verfasser analysieren hier die Rahmbedingungen nicht vor dem Hintergrund von Gestaltungsempfehlungen, sondern mit der Absicht, die Rahmenbedingungen auf mögliche Substituierbarkeiten einzelner Aspekte durch wiederum andere Aspekte zu prüfen.

57 Vgl. zu den kognitiven Orientierungsstilen Huber (1996), zit. n. Renkl & Mandl (1995, S. 294). Eine normierende Empfehlung zur Zusammensetzung von Gruppen mit bestimmten Kombinationen dieser kognitiven Orientierungsstile nehmen Renkl & Mandl jedoch nicht vor. Sie betonen sogar, dass „weder die ‚Ähnlichkeit’, noch die ‚Verschiedenheit’ (…) eine notwendige Bedingung für effektives Lernen“ (S. 297, Hervorhebungen im Original) ist. Im weiteren Verlauf findet dieser Aspekt keine explizite Beachtung mehr, gerade weil keine normierende Empfehlung zur Gestaltung der Rahmenbedingungen gegeben wird.

58 Renkl & Mandl (1995, S. 297).

59 Eigene Darstellung in Anlehnung an Renkl & Mandl (1995).

60 Johnson & Johnson (1994, o. S.). Dem folgend auch Druyen (2005).

61 Johnson & Johnson (1994, o. S.).

62 Vgl. Druyen (2005, S. 1). Druyen nennt diese Aspekte eine doppelte Verantwortung.

63 Druyen (2005, S. 1).

64 Im Originaltext nennen Johnson & Johnson folgende Aufzählung. So ist eine begünstigende Interaktion geprägt durch „individuals providing each other with efficient and effective help and assistance; exchanging needed re- sources, such as information and materials, and processing information more efficiently and effectively; providing each other with feedback in order to improve their subsequent performance; challenging each other's conclusions and reasoning in order to promote higher quality decision making and greater insight into the problems being con- sidered; advocating the exertion of effort to achieve mutual goals; influencing each other’s efforts to achieve the group's goals; acting in trusting and trustworthy ways; being motivated to strive for mutual benefit; and maintaining a moderate level of arousal characterized by low anxiety and stress.” (Johnson & Johnson 1994, o. S., Hervorhebung im Original).

65 Bruhn (2000, S. 21).

66 Vgl. Bruhn (2000, S. 21).

67 Vgl. Druyen (2005, S. 2).

68 Druyen (2005, S. 2) sowie (englisch) Johnson & Johnson (1994, o. S.).

69 Johnson & Johnson (1994, o. S.).

70 Druyen (2005, S. 4).

71 Vgl. Druyen (2005, S. 3).

72 Vgl. Johnson & Johnson (1994, o. S.) sowie Druyen (2005, S. 3).

73 Zu prüfen ist dann jedoch der Effekt, dass Reflexion die „Mittel, den Erfolg einer Gruppe zu feiern“ (Druyen 2005, S. 3) bietet. Dieser eher emotional geprägte Effekt scheint mir aber im Rahmen des Ziels der Arbeit von eher geringer Bedeutung zu sein, daher verfolge ich diesen Gedanken hier nicht weiter.

74 Eigene Darstellung.

75 Innerhalb dieser fünf Komponenten lassen sich die Überlegungen zusammenfassen. Bewusst ausgeblendet sind dabei zwei Ebenen nach Renkl & Mandl (1995), nämlich die Ebene der organisatorischen Rahmbedingungen (hier sehe ich vor dem Hintergrund des Ziels der Arbeit keinen besonderen Schwerpunkt), sowie die Lernerebene (hier ermangelt es an einer klaren Empfehlung und eindeutigen Ergebnissen).

76 Diese Forderung lässt sich direkt aus der Explikation von Handlungskompetenz als Leitziel der Berufsbildung ableiten. Vgl. Bader & Müller (2002).

77 Die unterschiedlichen Ansätze werden hier nicht weiter erläutert, sondern es wird lediglich auf die Gemeinsamkei- ten zur Gestaltung von Lernumgebungen eingegangen. Zur detaillierten Ausführung vgl. Gerstenmaier & Mandl (1995).

78 Gerstenmaier & Mandl (1995, S. 873).

79 Vgl. Reinmann-Rothmeier & Mandl (2001, S. 17).

80 Achtenhagen (1999, S. 262).

81 Reinmann-Rothmeier & Mandl (2001, S. 17).

82 Vgl. Gräsel et al. (1997, S. 7).

83 Gerstenmaier & Mandl (1995, S. 879).

84 Begründen lässt sich diese Forderung mit dem Phänomen des trägen Wissens. Vgl. hier die Übersicht von Renkl (1996).

85 Vgl. Achtenhagen (1999, S. 262).

86 Eigene Darstellung

87 Weinert (1997) sowie Arnold & Schüßler (1998) beschreiben sehr umfangreich den Wandel der Lernkulturen.

88 Arnold & Schüßler (1998, S 20).

89 Vgl. Arnold & Schüßler (1998, S. 20).

90 Vgl. Arnold & Schüßler (1998, S. 22).

91 Vgl. Arnold & Schüßler (1998, S. 25).

92 Arnold & Schüßler (1998, S. 116). Es zeichnen sich hier schon Verknüpfungen und Schnittstellen mit der Betrachtung von Handlungskompetenz als Zielkategorie ab.

93 Arnold & Schüßler (1998, S. 125).

94 Grune (2000, S. 27).

95 Reinmann-Rothmeier & Mandl (2001, S. 18).

96 Reinmann-Rothmeier & Mandl (2001, S. 18).

97 Kerres (2003, S. 39).

Ende der Leseprobe aus 105 Seiten

Details

Titel
Didaktische Potenziale neuer Medien. Lernen mit Web 2.0-Anwendungen. Praxisnahe Szenarien und theoretische Fundierung.
Hochschule
Universität Paderborn  (Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik)
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
105
Katalognummer
V74041
ISBN (eBook)
9783638683463
ISBN (Buch)
9783638755337
Dateigröße
1827 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Didaktische, Potenziale, Medien, Lernen, Vermittlung, Web 2.0, Wiki, Podcast, Weblog
Arbeit zitieren
Dipl.-Hdl. Philipp Budde (Autor:in), 2007, Didaktische Potenziale neuer Medien. Lernen mit Web 2.0-Anwendungen. Praxisnahe Szenarien und theoretische Fundierung., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74041

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