Summerhill: Funktionsfähiges Konzept oder pädagogische Utopie?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Das pädagogische Konzept A. Neills
2.1 Neills Bild des Individuums und der Gesellschaft
2.2 Neills Prinzipien der freien Erziehung
2.2.1 Persönliche Freiheit ( und ihre Grenzen)
2.2.2 Selbstregulierung
2.2.3 Freie Sexualität

3. Das Modell „Summerhill“
3.1 Der Tagesablauf in Summerhill
3.2 Die „Schoolmeetings“ und das „Tribunal“
3.2.1 Das Schoolmeeting
3.2.2 Das Tribunal
3.3 Der Unterricht in Summerhill
3.4 Das Zusammenleben von Erwachsen und Kindern in Summerhill

4. Eine kritische Analyse „Summerhills“
4.1 Ist Summerhill einer privilegierten Minderheit vorbehalten?
4.2 Leben die Summerhillians auf einer pädagogischen Insel?
4.3 Wird den Schülern zu wenig intellektuelle Bildung zu Teil?
4.4 Kritik an Neills Umgang mit Sexualität

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis:

„Stell dir vor, es gibt eine Schule, in der du selbst entscheiden darfst, ob du am Unterricht teilnehmen willst oder nicht.

Stell dir vor, es gibt eine Schule, in der Kinder nicht weniger Rechte als Erwachsene haben.

Stell dir vor, es gibt eine Schule, in der sich niemand in deine persönlichen Angelegenheiten einmischt, wenn du das nicht willst.

In der du das ausdrücken darfst, was du fühlst, ohne überlegen zu müssen, ob es dazu irgendwelche Erwachsenenvorschriften gibt.

In der du von alleine lernst, auf andere Menschen Rücksicht zu nehmen.

In der du inmitten vieler anderer Menschen ganz einfach du selbst sein kannst…“[1]

1.Einleitung

Beim Lesen dieser Zeilen drängt sich unweigerlich die Frage auf, ob diese Form einer Schule in der heutigen Gesellschaft überhaupt möglich ist. Kann man hier noch von Schule sprechen?

Die englische Privatschule Summerhill, gegründet 1921 von A. S. Neill, lebt uns diesen Traum seit mehr als 80 Jahren vor. Dort haben Kinder die Möglichkeit, sich ohne Vorschriften seitens der Erwachsenen frei zu entfalten. Vielmehr sind sie den Erwachsenen sogar in allen Belangen gleichgestellt. Die Kinder machen ihre eigenen Gesetze und sie sind es auch, welche bei Verstößen gegen diese ihre Mitschüler richten. Weiterhin werden die Kinder nicht gezwungen am Unterricht teilzunehmen. Sie entfalten sich somit unbeeinflusst von Moralvorstellungen. Die Schüler bekommen die Möglichkeit ihren Bedürfnissen nachzugehen und auch ihre Sexualität frei auszuleben. Sie entwickeln in Eigenregie ihre Vorstellung von Religion und Moral, eignen sich somit auf natürliche Weise an, ihr Leben und Lernen selbst zu regulieren.

Diese Idee eines freien alternativen Schulsystems liegt in der Vergangenheit Neills begründet. Neill besuchte schon im Alter von nur viereinhalb Jahren eine, von seinem Vater geleitete, Schule. Zu dieser Zeit war es in Schottland üblich, Kinder mit Schlägen und harten Strafen zu disziplinieren. Seine Schulzeit und spätere Einstellung als Hilfslehrer war somit Anstoß seiner traumatischen Beziehung zur Regelschule. Es widerstrebte ihm Kinder zu schlagen und zu bevormunden, da er dies doch am eigenen Leib zu spüren bekommen hatte. Er beendete vorerst seine Tätigkeit als Lehrer und begann ziellos zu studieren. Im Rahmen seines englischen Literaturstudiums, in dem er viel las, entwickelte sich sein schlechtes Bild gegenüber der Gesellschaft. Er wurde Mitglied der linksorientierten „Labour Party“.

Aufgrund seiner Kriegsuntauglichkeit nahm Neill nach einiger Zeit jedoch wieder seine Arbeit als Lehrkraft in einer schottischen Schule auf und wurde dort sogar Schulleiter. In dieser Zeit reifte in ihm die Vision einer eigenen Schule, ohne Lernzwang und strafendes System.

1921 gründete er schließlich Summerhill und erfüllte sich damit letztendlich seinen Traum.

Nach dem Tod Neills stand Summerhill 12 Jahre unter der Leitung seiner Frau Ena, welche 1985 die Leitung an Neills Tochter Zoe Readhead übergab, die noch heute Kopf von Summerhill ist.

Ich möchte nun in den ersten beiden Abschnitten dieser Arbeit einen genaueren Blick auf Neills pädagogisches Konzept und den Alltag in Summerhill werfen, um dann im dritten Teil das Phänomen Summerhill einer kritischen Analyse zu unterziehen, denn mir drängen sich Fragen auf wie:

- Kann diese Art von Schule funktionieren?
- Leben die Kinder Summerhills nicht auf einer Insel in mitten der Wirklichkeit?
- Wird ihnen genug akademische Bildung zuteil?
- Haben die Kinder später überhaupt eine Chance sich in die Leistungsgesellschaft zu integrieren?

Meine Absicht ist es nun zu ergründen, ob Neills Konzept der freien Schule funktioniert oder pädagogische Utopie ist.

2. Das pädagogische Konzept A. Neills

Im Folgenden möchte ich das pädagogische Konzept Neills darlegen. Hierzu soll zunächst auf dessen Bild der Gesellschaft und des einzelnen Individuums eingegangen werden, in dem der Ursprung seines reformpädagogischen Vorhabens begründet liegt. Anschließend beschäftige ich mich noch ein wenig näher mit einigen Grundelementen von Summerhill wie: Sexualität, Freiheit und dem daraus resultierenden Ziel der Selbstregulierung.

2.1 Neills Bild des Individuums und der Gesellschaft

Neill sieht das neugeborene Individuum als ein von allen Fehlern freies Wesen. Es ist für ihn bereits „ein fertiger Organismus, der seine Ansprüche anzumelden weiß.“[2] Schon im Vorgang des Fütterns sieht Neill den „verhängnisvollen Anfang dessen, was Erziehung genannt wird.“[3] Er bezieht sich hierbei auf die Tatsache, dass der Vorgang des Fütterns nach der Uhr und nicht nach den Bedürfnissen des Kindes abläuft, wie es eigentlich sein sollte (vgl. Neill 1950, S. 7). Die Tatsache, dass Kinder von Natur aus gut und nicht böse sind, von den Eltern aber von Geburt an geformt werden und dadurch keine Chance haben, sich frei zu entwickeln, um ihren natürlichen Bedürfnissen nachzukommen, widerstrebt Neills Bild von Erziehung.

"Unsere Gesellschaft ist krank und unglücklich. [...]. Es gibt kein problematisches Kind. Es gibt nur problematische Eltern. Vielleicht wäre es noch besser zu sagen: Es gibt nur eine problematische Menschheit." Demzufolge geht er weiterhin davon aus, dass durch das Auferlegen von Vorurteilen, gesellschaftlichen Zwängen und einer falschen Erziehung seitens der Eltern, die ursprüngliche Natur der Kinder sogar zerstört wird.

Dementsprechend ist es die Gesellschaft, die Konflikte im Kind schaffe, „die sich später durch antisoziales und neurotisches Verhalten ausdrücken.“[4]

Den Ursprung dieser „kranken Gesellschaft“ sieht Neill daher in übertriebener Angst und Machtverlangens seitens der Eltern begründet.[5] Für Neill ist es unverständlich, dass Kindern, die in einem demokratischen Land aufwachsen, kein Vertrauen hinsichtlich des Kindseins und ihrer Eigenentwicklung zugesprochen wird. Dazu sagt er:

"Die Zukunft Summerhills selbst mag von geringer Bedeutung sein. Doch die Zukunft der Summerhill- Idee ist für die Menschheit sehr wichtig. Neue Generationen müssen die Chance erhalten, in Freiheit aufzuwachsen." Appleton ergänzt: „Indem er eine Schule schuf, welche die Konflikte aus dem Leben der Kinder beseitigt und ihnen die größtmögliche Freiheit erlaubt, versuchte er der Welt zu zeigen, daß sein Glaube in die gute Natur des Kindes richtig war.“[6]

[...]


[1] Appleton, M.: Summerhill- Kindern ihre Kindheit zurück geben. 2000. S. IX

[2] Neill, A.: Selbstverwaltung in der Schule. 1950. S. 7

[3] ebd.

[4] Appleton, M.: Summerhill- Kindern ihre Kindheit zurück geben. 2000. S. 25

[5] vgl. Neill, A.: Selbstverwaltung in der Schule. 1950. S.8

[6] Appleton, M.: Summerhill- Kindern ihre Kindheit zurück geben. 2000. S. 25

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Summerhill: Funktionsfähiges Konzept oder pädagogische Utopie?
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
25
Katalognummer
V74092
ISBN (eBook)
9783638735810
ISBN (Buch)
9783638736107
Dateigröße
465 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Summerhill, Funktionsfähiges, Konzept, Utopie
Arbeit zitieren
Christine Stock (Autor:in), 2004, Summerhill: Funktionsfähiges Konzept oder pädagogische Utopie?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74092

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