Musikpsychologie - Die Emotionale Wirkung von Musik


Hausarbeit, 2007

38 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Darstellungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Gegenstand und Geschichte der Musikpsychologie
2.1. Definition der Musikpsychologie
2.2. Geschichte der Musikpsychologie

3. Musik und Emotionen
3.1. Wahrnehmung von Musik und Präferenzen
3.2. Musikalische Ausdrucksmodelle
3.2.1. Freude
3.2.2. Trauer
3.2.3. Furcht
3.2.4. Ärger
3.3. Wirkung von Musik (-arten)
3.3.1. Pop- und Rockmusik
3.3.2. E-Musik
3.3.3. Rap-Musik
3.3.4. Techno (elektronische Musik)
3.4. Problemdarstellung

4. Anwendung der Musik
4.1. Musiktherapie
4.1.1. Suchtkranke
4.1.2. Schizophrenie
4.1.3. Betreuung von Frühgeborenen
4.2. Funktionelle Musik
4.2.1. Musik beim Autofahren
4.2.2. Musik am Arbeitsplatz
4.2.3. Hintergrundmusik in Kaufhäusern
4.2.5. Musik in der Werbung

5. Fazit

Anhangverzeichnis

Anhang

Literaturverzeichnis

Darstellungsverzeichnis

Darst. 1: Zuordnung akustischer Komponenten zu den Emotionen Freude und Trauer bei Sprache und Musik nach Scherer (1982) und Eibl-Eibesfeld (1984)

Darst. 2: Unterschiede zwischen beruhigender und anregender Musik

Darst. 3: Körperliche Auswirkungen von beruhigender und anregender Musik

1. Einleitung

Wie kaum eine andere Kunst vermag es die Musik, Emotionen auszudrücken, darzustellen und auszulösen. Auf welche Weise dies geschieht, und was die biologischen und sozialen Funktionen dieser engen Verbindung von Musik und Emotionen sein könnten, ist von großem Interesse für die psychologische Grundlagenforschung, aber auch für unterschiedlichste Anwendungsbereiche in der psychologischen Praxis. Um sich dem Gegenstand der Musikpsychologie noch einen Schritt weiter zu nähern, ist ein kurzer Ausschnitt der geschichtlichen Hintergründe hilfreich.

Anschließend wird in dieser Arbeit verstärkt auf die Frage des psychischen Erlebens des Menschen von Musik, was zugleich auch Kernpunkt der musikpsychologischen Forschung ist, eingegangen. Hierbei gilt es die Wechselwirkung der emotionalen Wahrnehmung zu berücksichtigen. Wie wirken sich musikalisch, physikalische Reize auf unsere Emotionen aus? Oder der umgekehrte Fall, wie beeinflussen emotionale Zustände das Erlebnis von Musik und derer Effekte. Dabei muss aber stets von einem unterschiedlichen Musikgeschmack ausgegangen werden. Die individuelle Abhängigkeit von musikalischer Vorbildung und der sozialen Situation spielt hierbei eine große Rolle. Auf die Definition und Beschreibung der Physiologie des menschliche Ohrs oder der genaue Ablauf der Reizaufnahme wurde in dieser Arbeit aus Platzgründen zugunsten der emotionalen Wirkung verzichtet.

Abschließend sollen ein paar genannte Beispiele in der Musiktherapie und der funktionellen Musik die Theorie näher erläutern und ein kleinen Eindruck über die Vielseitigkeit von emotionaler Wirkung von Musik vermitteln.[1]

2. Gegenstand und Geschichte der Musikpsychologie

2.1. Definition der Musikpsychologie

Will man den Begriff der Musikpsychologie erläutern, so muss man auf Bereiche der Musikwissenschaft, der Psychologie, der Akustik, der Pädagogik oder der Kommunikationswissenschaft zurückgreifen. Ein Zusammenspiel von Wissenschaftlern und Forscherpersönlichkeiten aus diesen unterschiedlichen Bereichen ist somit erforderlich, um zu seriösen Erkenntnissen zu gelangen. Was in erster Linie bedeutet nach universellen Gesetzmäßigkeiten des Musikerlebens zu forschen. Musikpsychologie bleibt im weitesten Sinne jedoch ein Unterpunkt der Psychologie, da sie u.a. psychische Vorgänge bei der musikalischen Produktion, Interpretation und Rezeption, die Beziehung zwischen Mensch, Musik und Umwelt sowie die emotionale Wirkung der Musik untersucht. Sie ist „die Wissenschaft des auf Musik bezogenen Erlebens und Verhaltens“[2]. Aus dieser Definition wird ersichtlich, dass Musikpsychologie ohne eine begriffliche Festlegung von „Musik“ nur schwer vermittelbar und kaum definierbar ist. Aus der Allgemeinen Psychologie lassen sich allerdings Aussagen zur Wahrnehmung, Repräsentation und Produktion von Musik ableiten.

Die in Zusammenhang mit Musik auftretenden menschlichen Verhaltensformen werden in der Musikpsychologie betrachtet und hinterfragt. Es sind somit nicht nur der Musikbegriff als solcher, sondern auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die es dem Individuum ermöglichen Musik zu machen und zu hören, zu erforschen. Die Musikpsychologie spiegelt somit auch die gesellschaftlichen Bedingungen wieder. Verhaltensformen und Regeln, die den Menschen durch sein soziales Umfeld, das Verbringen der Jugend in der Schule und sein Elternhaus prägen, bilden und verändern. Das gesellschaftliche Handeln ergibt sich aus dem Bezug der Betroffenen, derjenigen, die Musik erleben. Ob es der kreative Musikschreiber in Form eines Komponisten ist, eine Art der Darstellung in Form eines Interpreten oder ob es der Hörer, der nicht am Entstehungsprozess der Musik teilnimmt, ist; sie alle beziehen sich in ergänzender Weise auf Musik. Es ist die wechselseitige Beeinflussung von Individuum und Gesellschaft, die die Bildung und Definition von Musik herleitet.

Aufgrund dieser Verhältnisse bieten die methodischen und theoretischen Ansprüche der Psychologie eine grundlegende Forschungsorientierung. Hörmann zitiert hierzu Liebel (1999), der feststellte, dass seit sich die Psychologie als eine eigenständige Form der Wissenschaft festigte, sie sich auch „mit der Rezeption und mit dem ästhetischen Genuss von Musik, dem musikalischen Schaffensprozess, der Entwicklung musikalischer Fertigkeiten und allgemein der gesellschaftlichen und kulturellen Relevanz des Phänomens Musik“[3] beschäftigt.[4]

2.2. Geschichte der Musikpsychologie

Als Grundsteinlegung für die Musikpsychologie stößt man in der Literatur immer wieder auf den Namen Wilhelm Wundt (1832-1920). Bis zum Jahre 1879 war Musikpsychologie noch ein Teilgebiet der Philosophie. Bis Wundt schließlich durch die Eröffnung eines Laboratoriums in Leipzig, des ersten Psychologischen Instituts, die sich schon vorher ankündigende Trennung beider Disziplinen vollzog. Nun konnten Aussagen experimentell verifiziert werden und auf ihre Gültigkeit durch Wiederholung von Experimenten überprüft werden.

Geht man aber viel weiter zurück, um die ersten philosophischen Ansätze zu finden, trifft man in der Antike auf Pythagoras (um 500 v. Chr.). Er stellte als erster einen Zusammenhang zwischen der physischen Wirkung eines Tons und dem daraus resultierenden „Mitschwingen der Seele“ her, was sich aber wohl eher auf die philosophische Lehre von Zahlen bezog, um damit die erste Tonleiter zu konstruieren. 350 v. Chr. bezieht sich dann Aristoteles auf das Prinzip der Assoziation zur Erklärung von Musikwirkung auf die Seele. Er begann schon damals damit Klangmerkmale mit psychischen Inhalten zu verbinden und die Ähnlichkeit von beiden festzustellen. Als letzter großer Name ist noch Herophikos (296 v. Chr.) zu nennen, der aus den vorrangegangen Lehren dann den Zusammenhang zwischen Musikhören und menschlichen Puls herstellte. Diese Herren beeinflussten das philosophische Denken bis ins späte Mittelalter.[5]

Um 1920 erfuhr die differentielle Psychologie dann Ihren starken Aufschwung. Für den Sektor Musikpsychologie war dafür Kurth (1931) maßgeblich verantwortlich. Er lieferte die begriffliche Unterscheidung zwischen „Tonpsychologie“ und „Musikpsychologie“. Zwar greift seine Theorie der Musikpsychologie auf die theoretischen Positionen der Tonpsychologie von Stumpf (1883) zurück, kritisierte diese aber insofern, dass sie sich eher aus Einzeleindrücke wie Töne, Intervalle, Akkorde, Rhythmik usw. aufbaut. Seine Vorstellung der Musikpsychologie betraf das „fließende Ganze“ und die Betrachtung der Einzeleindrücke von hier heraus. Seine Wahl der primären Analyse ging auf die Gestalttheorie zurück, die vom Phänomen ausgeht, also der gegebenen Struktur des Ganzen, um daraus an die phänomenal ausgliederbaren Teile zu gelangen. Später wurde dieser theoretische Wechsel der Perspektive von Kurth als Indiz dafür gesehen, dass er innerhalb der Psychologie der Wahrnehmung von Tönen zwei unterschiedliche Disziplinen geschaffen hat. Für die heutige Zeit ergab sich daraus, dass die Musikpsychologie sich nun wieder als Teilgebiet der Psychologie darstellt, das sich mit allen psychologische Fragestellungen des Musikhörens und musikalischen Handelns befasst.[6]

3. Musik und Emotionen

In Anbetracht der weitverbreiteten kommerziellen Nutzung musikalischer Gefühlswirkungen ist es verwunderlich, dass Forschungen im wissenschaftlichen musikpsychologischen Bereich über den Gegenstand Musik und Emotionen erst seit kurzem wieder betrieben wird. Sie sollten allerdings im Mittelpunkt stehen, da das Musikhören allen Anschein nach zu den stark gefühlsauslösenden Situationen gehört.[7]

Für die Forschungen gilt es hierbei eine Differenzierung des Begriffs Musik von beliebigen anderen akustischen Reizmustern herzustellen, um den Gegenstand für die musikpsychologische Betrachtung zu definieren. Wann kann überhaupt von Musikgesprochen werden? Nicht jede akustische Erscheinung und ihre auditorische Wahrnehmung verdient die Bezeichnung Musik. Es existieren hierüber jedoch etliche verschiedener Ansichten und Theorien. Zudem ist auch die Art wie der Mensch Musik hört von großer Bedeutung. Musik wird durch den Hörertypus, durch bestimmte Eigenschaften wie Rhythmus, Tempo oder Melodie, Struktur, Instrumentation, Bekanntheitsgrad, usw. bestimmt. Hörgewohnheiten und kulturelle Hintergründe spielen ebenso ein grundlegende Rolle. Ein weiterer Gegenstand der Forschungen bezieht sich auf musikogene Emotionen. Die einzelnen Richtungen der modernen Emotionspsychologie vertreten jedoch sehr unterschiedliche Standpunkte und der Begriff Emotionen wird in verschiedenen Bedeutungen dargestellt.[8]

Busch (2005) sagt z.B. der Begriff Emotion setze sich aus physiologischer Erregung, Gefühle, kognitiven Prozessen und Verhaltensweisen zusammen. Er würde als ein komplexes Muster von Veränderungen und als Reaktion auf persönlich bedeutsamen Situationen angesehen.[9] Helga de la Motte-Haber verwendet den komplexeren umgangssprachlichen Begriff „Gefühlserlebnisse“, welche eingebettet sind in Tätigkeiten, Wahrnehmen, Vorstellen, Verhalten, Stellungnahmen und Imaginationen. In unterschiedlichen Situationen werden sie stärker oder schwächer erlebt. Emotionale Zustände sind sehr bewusst und dadurch auch leicht und verständlich mitzuteilen. Zudem besitzen sie auch einen klar definierbaren Auslöser.

Am häufigsten werden die Grundgefühlen oder Emotionen Trauer, Furcht, Ärger, Freude, Ekel und Überraschung genannt. In verschiedenen Studien, die über alle Kulturen hinweg einen Vergleich anstellten, wurde festgestellt, dass diese Emotionen auf gleiche Weise erlebt werden. Aber bei der Frage der Anzahl der Emotionen sind sich die Forscher immer noch nicht einig. Einige schreiben von einer Achten, der Erwartung, andere gehen nur von fünf Grundemotionen aus.[10]

3.1. Wahrnehmung von Musik und Präferenzen

Die rechte Gehirnhemisphäre, oder Gehirnhälfte, des Menschen ist in erster Linie für die Verarbeitung von Musik zuständig. In ihr werden komplexe Töne und Klänge, vor allem, wenn sie harmonische und melodische Aspekte aufweisen, sowie das Wiedererkennen von instrumentierten Melodien, bearbeitet. Die rechte Hemisphäre reagiert stärker auf emotionale Reize. So finden musikalische Reize hier eine große Bedeutung in der Vermittlung emotionaler Zustände. Die Linke der beiden Hirnhälften aber, reagiert ebenfalls auf Musik. Jedoch ist der Informationsverarbeitungsprozess vielmehr auf einzelne musikalische Elemente zurückzuführen. Offensichtlich steuert die linke Hälfte die Wahrnehmung von Rhythmus und die zeitliche Abfolge von Tönen. Wofür die Aussage spricht, dass ihr hauptsächlich die sprachlichen Informationen zugeordnet sind. Durch diese Spezialisierung der Gehirnhälften entstehen aber auch individuelle Unterschiede bei der Aufnahme von Musik. Laien z.B. verarbeiten Musik eher in der rechten Hemisphäre. Während musikalisch vorgebildete Menschen zusätzlich eine verstärkte Aktivierung der linken Hemisphäre verzeichnen.[11]

Die Aktivität der Gehirnhälften wird also im Unterbewusstsein durch verschieden Aufmerksamkeitsprozesse beeinflusst. Je nach Einstellung und Konzentration des Hörers auf das Gehörte unterscheiden wir allgemein drei Arten der Wahrnehmung:

- die motorische Einstellung
- die meditative Einstellung
- die bewusst aktive Einstellung

Bei einer motorischen Einstellung konzentriert sich der Hörer voll und ganz auf Melodie, Rhythmus, Tempo usw. der Musik und erlebt sie körperlich mit. Seine Muskulatur empfindet das Klangerlebnis motorisch in Form von körperlicher Bewegung nach. Die geistigen Aktivitäten werden dabei zurückgenommen.

Bei der meditativen Einstellung schließt das geistige Erlebnis von Musik bewusst oder unbewusst eine körperliche Beteiligung am Musikgeschehen aus. Die Musik wird hier ebenfalls eher unbewusst wahrgenommen.

Bei der bewusst aktiven Einstellung handelt es sich um die rationale Erfassung und Nachempfindung von Musik. Es findet ein aktiver Mitgestaltungsprozess statt (mitspielen, mitsingen). Somit sind Körper und Geist gemeinsam am Musikerlebnis beteiligt.

Diese drei Arten der Wahrnehmung des Musikerlebnisses und der resultierenden Reaktion hängen, wie bereits oben erwähnt, immer vom jeweiligen Hörer ab. Die Entwicklung zu verschiedenen Hörtypen ist einerseits biologisch/genetisch bedingt, andererseits von Musikerfahrungen und -gewohnheiten und dem Charakter abhängig.[12] Es handelt sich hierbei um die Musikpräferenzen des Individuums. Die Wahrnehmungsprozesse werden als Transformation von der Reizebene auf die Ebene der internen Repräsentation, also auch dem eigenen Lebensstil, verstanden. Wohingegen das Urteil, die Präferenzbildung, als Transformation von der internen Repräsentationsebene auf die Antwortebene aufgefasst wird. Das musikalische Urteil ist somit das Ergebnis dieser Transformation. Eine grobe Unterteilung zur Begriffserklärung ist folgende:

1. Wahrnehmungs- und Kognitionsurteile: Sie beziehen sich auf dem Gebiet der kognitiven Musikpsychologie auf die Enkodierung externer Reize.
2. Erlebnisurteile und Assoziationen: Sie beziehen sich auf die erlebten Emotionen und Assoziationen beim Hören eines Musikstücks.
3. Evaluative Urteile (Präferenzurteile): Sie werden oft als die „eigentlichen“ musikalischen Urteile bezeichnet. Sie sind mit einer individuellen Wertung versehen und lassen sich in affektive Präferenzurteile und sachliche Urteile unterteilen.

Natürlich muss man davon ausgehen, dass noch viele weitere Variablen Einfluss auf die musikalische Urteilsbildung und somit auf die Präferenzen ausüben. Aber selbst unter Einbeziehung aller Faktoren kann man hierbei nicht von einem konstanten Phänomen sprechen. Dafür ist die Abhängigkeit von der Vielzahl der äußeren Einflusse zu immens.[13]

3.2. Musikalische Ausdrucksmodelle

Bei einem Ausdrucksmodell handelt es sich um den Versuch, einen Bezug zwischen menschlichen emotionalen Verhaltensweisen, also Emotionen wie z.B. Freude und Trauer, und den Mitteln der Musik herzustellen. So entspricht schnelle Musik in der Regel dem Freudetyp und langsame eher dem Trauertyp. Auch wenn es unendlich viele Unterschiede des Ausdrucks in verschiedenen Kulturen und Epochen gibt, so liegen dieser Vielfalt jedoch nur wenige Ausdrucksmuster zugrunde, die sich, wie oben bereits angedeutet, mit artspezifischen menschlichen Verhaltensweisen erklären lassen. Anhang 1 zeigt ein weiteres Beispiel eines Gegensatzpaares emotionaler Bereiche an. Machtgefühl in Form von Imponiergehabe sowie Zärtlichkeit in Form von Demutsgebärden machen deutlich, wie auf der einen Seite Wut und Aggressionen mit einer voluminösen, nicht zu schnellen Musik und auf der anderen Zärtlichkeit und Liebe mit einem gemäßigten Tempo und leiser hellen Musik umschrieben werden kann.

Einen etwas genaueren Vergleich liefert die Zuordnung akustischer Komponenten zu den Emotionen Freude und Trauer bei Sprache und Musik innerhalb eines Kulturbereiches aber auch im interkulturellen Bereich. Es liegen Untersuchungen von Schauspielern zugrunde, die einen neutralen Text unterschiedlich emotional sprechen mussten. Bei Freude z.B. ließ sich ein übereinstimmender akustischer Ausdruck von hoher Grundfrequenz, einer großen Variabilität dergleichen, schnellem Sprachtempo und großer Lautstärke nachweisen. Darstellung 1 und Anhang 2 weisen hierzu einen Vergleich zwischen Freude und Trauer, sowie weiterer Emotionen auf, um die Aussagekraft zu verdeutlichen.[14]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darst 1: Zuordnung akustischer Komponenten zu den Emotionen Freude und Trauer bei Sprache und Musik nach Scherer (1982) und Eibl-Eibesfeld (1984)

(Quelle: Bruhn, Musikpsychologie, 1993, S. 584.)

Diese kurzen Beispiele zeigen uns wie eng die Verbindung zwischen sprachlicher und musikalischer Melodik ist. Es ist eben diese Melodik, die unter anderem dazu dient Gefühle zu kommunizieren. Aus den Tabellen gehen die verschiedenen Parameter, mit denen eine Untersuchung der Melodik stattfinden kann, hervor. Somit scheint Musik aus der seit Anbeginn der Menschheit vorhandenen Melodik der Sprache hervorzugehen. Geht man von den oben genannten Grundemotionen aus, so kann man beinah zu jeder einzelnen einen Bezug zum musikalischen Ausdruck herleiten. Nachfolgend werden nur einige Beispiele angesprochen, da die Differenzierung und somit die Klarheit stark reduziert werden würde. Das liegt daran, dass sich einige Emotionen die gleichen Parameter der Sprachmelodik teilen.

3.2.1. Freude

In der Musik werden zur Darstellung der Freude oft große Intervalle verwendet. Das bedeutet, dass der Höhenunterschied zweier neben- oder aufeinander klingenden Töne sehr groß ist oder anders ausgedrückt, sehr sprunghaft wirkt. Die Unregelmäßigkeit lässt sich auch über Tempoveränderungen oder plötzliche Änderungen in der Instrumentation darstellen. Instrumentation bezeichnet in diesem Fall die Verteilung einzelner Stimmen einer Komposition auf verschiedene Instrumente. Oft wird der Ablauf der Komposition auch von Einwürfe unterbrochen. Der Aufbau bleibt aber einfach und metrisch gestaltet. Die Abstände der Noten sind also eher gleichbleibend und gleichmäßig. Als Beispiel wird hierzu Beethovens 9. Sinfonie „Ode an die Freude“ (vgl. hierzu CD Track 1) genannt. Große Intervalle finden hier in Form von durch Freuderufen unterbrochenen Bässen statt und ebenso treten plötzliche Veränderungen der Instrumentation auf. Zu erkennen sind auch gleichbleibende Achtelnoten (in Takt 60) und große Intervalle im Tenorsolo.

3.2.2. Trauer

Man spricht bei der Trauer von einem kleinschrittigen und eher fallenden Intervall. Neben dieser wenig sprunghaften Melodik ist auch in der Musik eine geringe Lautstärke typisch. Ein durchgängiger gleichförmiger Rhythmus kennzeichnet eine bestimmte Stetigkeit und die nur geringe erforderliche Aktivierung der Trauer. Der Trauermarsch ist hierfür ein berühmtes Beispiel. (vgl. hierzu CD Track 2)

3.2.3. Furcht

Fremdheit, bedrohliche Hinweisreize und die Undurchschaubarkeit von Situationen lösen Furcht in der Musik aus. Durch dissonante Intervalle, also einen befremdlichen Missklang, Intervalle und Akkorde, deren einer Auflösung bedarf, wird die augenblickliche Entstehung der Furcht hervorgerufen. Unterstützend wirken auch plötzliche impulsive Exklamationen. Also Ausrufe, die für Hörer und Sänger ungewohnt sind. Ein zutreffendes Beispiel ist die „Arie es Florestan in Pizarros Gefängnis“ von Beethoven (vgl. hierzu CD Track 3). Furcht erzeugt die größte Aktivierung, im Bezug auf die Musik folglich eine äußerste Anspannung.

3.2.4. Ärger

Hier beginnt es nun, die Differenzierung zu anderen Grundemotionen ist beim Ärger insofern nicht mehr gegeben, dass sich das Gefühl des Ärgers in der Sprache ähnlich verhält wie die Freude. Eine hohe Grundfrequenz, eine große Variabilität, ein schnelles Sprachtempo und große Lautstärke sind auch beim Ärger vorhanden. Musikalisch wird er sich eher weniger „fein“ verhalten. Trotz starkem Ausbruchs, reicht es aber nicht aus einfach nur zu lärmen. Es muss vielmehr eine singende Art mit hinein gebracht werden. Durch Phrasierung, also der melodisch-rhythmischen Einteilung von Tönen innerhalb eines musikalischen Vortrags, und Tempo kann man indirekt auf eine geringere Atemfrequenz und einen deutlich erhöhten Puls schließen. Unterstützt werden diese Muster des Ärgers mit eindringlich wiederholten Texten, wie in Mozarts Oper „Don Giovanni“ die Arie der Anna zeigt. (vgl. hierzu CD Track 4)[15]

3.3. Wirkung von Musik (-arten)

Auf die Frage warum Menschen Musik hören ergibt sich immer wieder, dass Musik hauptsächlich wegen der starken Kraft emotionale Reaktionen auszulösen, geschätzt wird. Bei weiteren Studien, z.B. von Sloboda (1992), zeigten sich Hauptthemen, die diese These unterstützen.

1. Musik verändert Stimmungen

Musik besitzt die Fähigkeit die Psyche eines Menschen zu beeinflussen, sie von einem weniger erwünschten Zustand in einen erwünschteren zu wandeln. In der Studie wurde dies belegt mit Antwortsätzen der Probanden wie: „Musik entspannt mich, wenn ich angespannt und ängstlich bin.“

[...]


[1] Vgl. Steiner-Hall, Musik in der Fernsehwerbung, S. 24 – 25.

[2] Stoffer / Oerter, Gegenstand und Geschichte der Musikpsychologie und ihrer theoretischen und methodischen Ansätze, aus: Birbaumer / Frey / Kuhl, Enzyklopädie der Psychologie, 2005, S. 3.

[3] Hörmann, Musik in der Heilkunde, 2004, S. 39.

[4] Vgl. Bruhn, Musikpsychologie, 1993, S. 13 - 20; vgl. dazu auch Stoffer / Oerter, Gegenstand und Geschichte der Musikpsychologie und ihrer theoretischen und methodischen Ansätze, aus: Birbaumer / Frey / Kuhl, Enzyklopädie der Psychologie, 2005, S. 1 - 3 u. 14 - 15.

[5] Vgl. Stoffer / Oerter, Gegenstand und Geschichte der Musikpsychologie und ihrer theoretischen und methodischen Ansätze, aus: Birbaumer / Frey / Kuhl, Enzyklopädie der Psychologie – Musikpsychologie, 2005, S. 8 - 11; vgl dazu auch Bruhn, Musikpsychologie, 1993, S. 21 – 22.

[6] Vgl. Dahlhaus, Einführung in die systematische Musikwissenschaft, 1971, S. 59 - 60.

[7] Vgl. de la Motte-Haber, Musikpsychologie, 2005, S. 268.

[8] V gl. Hörmann, Musik in der Heilkunde, 2004, S. 39; vgl dazu auch Stoffer / Oerter, Gegenstand und Geschichte der Musikpsychologie und ihrer theoretischen und methodischen Ansätze, aus: Birbaumer / Frey / Kuhl, Enzyklopädie der Psychologie, 2005, S. 4.

[9] Vgl. Busch, Tempoperformance und Expressivität, 2005, S. 5; vgl dazu auch Zimbardo/Gerrig, Psychologie, 2004, S. 547.

[10] Vgl. de la Motte-Haber, Musikpsychologie, 2005, S. 268 u. 286.

[11] Vgl. Tauchnitz, Werbung mir Musik, 1990, S. 31 - 32; vgl dazu auch Zimbardo / Gerrig, Psychologie, 2004, S. 90 - 93.

[12] Vgl. Bruhn, Musikpsychologie, 1993, S. 588 – 590.

[13] Vgl. Wallner, Akzeptanz und Beurteilung von dissonanter Filmmusik, http://www.musicpsychology.net/wallner/wallner_2004.pdf, Juni 2004; vgl dazu auch Kroeber-Riel / Weinberg, Konsumentenverhalten, 2003, S. 272 - 273

[14] Vgl. Musikpsychologie, Bruhn, 1993, S. 579 – 582 u. S. 584.

[15] Vgl. de la Motte-Haber, Musikpsychologie, 2005, S. 300 - 303.

Ende der Leseprobe aus 38 Seiten

Details

Titel
Musikpsychologie - Die Emotionale Wirkung von Musik
Hochschule
Hochschule Bremen
Veranstaltung
Konsumentenverhalten - Studiengang Management im Handel
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
38
Katalognummer
V74108
ISBN (eBook)
9783638685399
Dateigröße
1736 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Musikpsychologie, Emotionale, Wirkung, Musik, Konsumentenverhalten, Studiengang, Management, Handel
Arbeit zitieren
Alexander Wollenberg (Autor:in), 2007, Musikpsychologie - Die Emotionale Wirkung von Musik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74108

Kommentare

  • Gast am 4.12.2015

    Zur Musikpsychologie sagt der international renommierte Herausgeber Prof. Dr. Dr. Hörmann auf Seite 97 seiner Arbeit „Ton-Psychologie“ in der Zeitschrift „Musik-, Kunst- und Tanztherapie“, Hogrefe Verlag, 2014, Seite 97): "Mit tieferen Kenntnissen der Musikpsychologie als Gebiet der musikalischen Wirkungsforschung, die sich nicht auf die im gegenwärtigen mainstream herrschende Statistik beschränkt, die für künstlerisches Musizieren weitgehend irrelevant ist, wie B. und D. Willimek (2014) zurecht kritisieren, kann sich ein orginärer und und orgineller künstlerischer Austausch im ganz besonderen individuellen Tun und seiner unverkennbarer expressiven Wirkung entfalten." Bernd Willimek

  • Gast am 26.3.2015

    Zur Strebetendenz-Theorie (siehe oben) gibt es jetzt einen Wikipedia-Eintrag:
    http://www.de.wikipedia.org/wiki/Strebetendenz-Theorie
    und einen Artikel im neuen Musikforum des Deutschen Kulturrats auf Seite 52:
    http://www.kulturrat.de/dokumente/MuFo-01-2015.pdf
    Bernd Willimek

  • Gast am 16.3.2013

    Das größte Problem bei der Beantwortung der Frage, wie Musik Emotionen erzeugt, dürfte die Tatsache sein, dass sich Zuordnungen von musikalischen Elementen und Emotionen nie ganz eindeutig festlegen lassen. Die Lösung dieses Problems ist die Strebetendenz-Theorie. Sie sagt, dass Musik überhaupt keine Emotionen vermitteln kann, sondern nur Willensvorgänge, mit denen sich der Musikhörer identifiziert. Beim Vorgang der Identifikation werden die Willensvorgänge dann mit Emotionen gefärbt. Das gleiche passiert auch, wenn wir einen spannenden Film anschauen und uns mit den Willensvorgängen unserer Lieblingsfigur identifizieren. Auch hier erzeugt erst der Vorgang der Identifikation Emotionen.
    Weil dieser Umweg der Emotionen über Willensvorgänge nicht erkannt wurde, scheiterten auch alle musikpsychologischen und neurologischen Versuche, die Frage nach der Ursache der Emotionen in der Musik, zu beantworten. Man könnte dabei an einen Menschen denken , der einen Fernsehapparat aufschraubt und darin mit einer Lupe nach den Emotionen sucht, die er zuvor beim Ansehen eines Films empfunden hatte.
    Doch wie kann Musik Willensvorgänge vermitteln? Diese Willensvorgänge haben etwas mit dem zu tun, was alte Musiktheoretiker mit "Vorhalt", "Leitton" oder "Strebetendenz" bezeichnet haben. Wenn wir diese musikalischen Erscheinungen gedanklich in ihr Gegenteil umkehren (der Ton strebt fort - ich will, dass der Ton bleibt), dann haben wir in etwa den Willensinhalt gefunden, mit dem sich der Musikhörer identifiziert. In der Praxis wird dann alles noch etwas komplizierter, so dass sich auch differenziertere Willensvorgänge musikalisch darstellen lassen.
    Weitere Informationen erhalten Sie über den kostenlosen Download der E-Books der Universität München "Musik und Emotionen - Studien zur Strebetendenz-Theorie".
    Bernd Willimek

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Titel: Musikpsychologie - Die Emotionale Wirkung von Musik



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