Leseprobe
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Schönheitspraktiken im Westen
3. Fußbinden in China
4. Fazit
Quellenverzeichnis & Bilderverzeichnis
1 Einleitung
,,Wer schön will scheinen, muss leiden vom Kopf bis zu den Beinen.“1
Die Aussage dieses Sprichworts beinhaltet, dass diejenige Person, die versucht Schön- heit zu erreichen, Schmerzen am ganzen Körper erleiden muss. Schönheitswerte werden von Menschen in gewissen Zeiträumen und an bestimmten Orten erschaffen. Der wich- tigste Faktor für die Entwicklung von Schönheitswerten ist die Begierde menschlicher Lebewesen.2 Zum Beispiel dient Kleidung als ein Medium, mit dem Menschen sozialen Status, persönliche Anliegen, Identität, Glauben und Ideale zum Ausdruck bringen. Zu- dem zwingt die Kleidung aber auch, sich unabhängig von der persönlichen Lebensein- stellung anzupassen.3 Nach Newcomers Meinung ist Schönheit eine Antwort, die ein individuelles Bewusstsein produziert, um etwas, was es begehrt, zu beeindrucken. In klassen-basierten Gesellschaften ist das Ziel der Begierde, Wohlstand zu erreichen. In- folgedessen werden die sichtbaren Eigenschaften, welche gesellschaftliche Eliten zum Ausdruck bringen, als Besitz von ästhetischen Werten betrachtet. Solche sichtbaren Ei- genschaften, die sich in verschiedenen Gesellschaften unterscheiden, gelten demnach als ästhetisch schön und agieren als Zeichen materiellen Wohlstands.4 Um die idealen Schönheitswerte zu erreichen, werden schädliche Schönheitspraktiken angewendet. Diese Schönheitspraktiken sind andauernd und beständig, da sie nicht hinterfragt wer- den und als Symbole von Moral in den Augen derjenigen hingenommen werden, die sie ausüben. Die schmerzhaften traditionellen Praktiken werden zugunsten der Kontrolle der Männer über die Frauen ausgeführt. Die Kontrolle der Männer über die sexuell weibliche Rolle und die wirtschaftliche und politische Unterordnung der Frau bestätigt den minderwertigen Status von Frauen und verhindert strukturelle und einstellungsbe- zogene Verwandlungen, die die Ungleichheit der Geschlechter stoppen könnten.5 Die folgende Arbeit befasst sich mit zwei Fallbeispielen, welche die Beziehung und die Hin- tergründe von Leid und Schönheitspraktiken bei Frauen in westlichen und nichtwestli- chen Gesellschaften verdeutlichen sollen. Außerdem soll die Bedeutung und Rolle der Männer in Bezug auf weibliche Schönheitspraktiken untersucht werden. Ferner soll die Auswirkung des männlichen Geschlechts auf das Schönheitsverhalten von Frauen her- ausgearbeitet werden.
2 Schönheitspraktiken im Westen
Aus der Sicht von Sheila Jeffreys sind westlich geprägte Schönheitspraktiken schädlich, wobei es wesentliche Unterschiede bei den Schmerzen und der Auswirkung der Prakti- ken gibt. Das Tragen von Make-Up und das Entfernen von Körperteilen, was einer Ge- nitalverstümmelung gleicht, zeigt die Kontrastierung zwischen den verschiedenen Schmerzensgrenzen bei Schönheitsverfahren. Zudem unterstützt der Markt die Schön- heitspraktiken, indem er sie legal macht und bei den Konsumenten als medizinische Gründe oder Trends verkauft. Die westliche Kultur, die zunehmend von männlicher Dominanz geprägt ist, produziert die schmerzhaften Schönheitspraktiken für Frauen. Ein Beispiel für eine Schönheitsmethode ist die Schamlippenkorrektur bei Frauen, wel- che die Schamlippen in ihre ursprüngliche Form zurückbilden soll, um den Männern mehr zu gefallen. Kulturelle Schönheitspraktiken können mehr als schädlich für die Ge- sundheit der Frau sein. Sie heben nicht nur die materiell gemachten Unterschiede zwi- schen den Geschlechtern hervor, sondern dienen als Profit für Männer und unterstrei- chen die stereotypische Weiblichkeit, welche die Möglichkeit für Frauen ausschließt, natürlich zu bleiben. Infolgedessen werden Frauen zum Zielsubjekt von Kritik. Außer- dem können Schönheitsvorhaben als eine Form von Diskriminierung und Gewalt an Frauen betrachtet werden und dienen als Hauptinstrument, das erhebliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern herstellt und erhält. Somit wird die Frau zu einem Sexob- jekt gemacht, das alle weiblichen und stereotypischen Eigenschaften erfüllt. Die Frau investiert Zeit und Geld in Schönheitstrends wie Make-Up, kosmetische Eingriffe und Cremes, um ein Schönheitsobjekt zu werden. Eine weitere westliche Schönheitspraktik ist das Abnehmen und Hungern über mehrere Wochen, um den kulturellen Standard von Attraktivität zu erreichen.6 Die Entstehung des Schlankheitstrends im Westen hat nach Newcomer einen plausiblen Grund. Billiges Essen macht schneller dick, währenddessen exklusiv proteinhaltiges Essen und teure Trainingseinheiten nötig sind, um abzunehmen oder schlank zu bleiben. Abnehmen kostet demnach mehr als Gewicht zuzunehmen. Die Sicht von Newcomer betont die enorme Bedeutung von Reichtum in Bezug auf Schön- heitstrends. Menschen, die in einer klassen-basierenden Gesellschaft leben, bevorzugen sichtbare Referenzen bei Schönheitspraktiken, die Reichtum ausdrücken. Die Kennzei- chen von Reichtum können dennoch in verschiedenen Kulturen differieren. Der braun gebrannte Gesichtsteint in westlichen Kulturen kann als weiteres attraktives Schönheits- ideal angesehen werden. Der Hintergrund dieser Schönheitspraktik ist, dass die meisten Menschen in der Vergangenheit zu Hause arbeiteten und somit keine braune Haut be- kamen. Eine gebräunte Gesichtsfarbe zeigt, dass diejenige Person genügend Geld und Freizeit besitzt, um sich unter freiem Himmel aufzuhalten. Im Winter wird eine braune Gesichtshaut noch mehr geschätzt als im Sommer, da überschüssige Zeit und ausrei- chendes Geld als Prestige vorgezeigt und zum Reisen genutzt wird. Vor 150 Jahren überzeugte ein weißer Teint von Reichtum, weil zu dieser Zeit die Menschen zum größ- ten Teil außerhalb des Hauses arbeiten mussten. Somit waren Leute, die einen weißen Teint besaßen, reich genug, um sich im Haus ohne Arbeitstätigkeit aufzuhalten. Zu- sammenfassend lässt sich sagen, dass ein Teint dann als bewundernswert angesehen wird, wenn der Person anzusehen ist, dass sie sich dessen Erscheinung und Pflege leis- ten kann. Newcomer argumentiert zudem, dass die Sichtweise der Menschen auf den Hautteint eine ästhetische Sichtweise ist und diese nicht nur von Merkmalen des Reich- tums geprägt ist. Menschen kreieren einen Schönheitsstandard, ohne etwas über den entstandenen Prozess zu wissen.7 Ein weiterer Aspekt ist, dass der Schaden, der an der Gesundheit von Frauen und Mädchen aufgrund vieler traditioneller Schönheitsmetho- den - wie zum Beispiel Genitalverstümmelungen oder Brustoperationen - entsteht, eine untergeordnete Position von Weiblichkeit vermittelt, die als nicht problematisch ver- harmlost werden soll. Der Schmerz wird dennoch ausgehalten, um sich einem einfachen Vergleich zu unterwerfen. Wegen der Rolle als Hausfrau, von der unbezahlte Arbeit er- wartet und vorausgesetzt wird, verliert die Frau ihren Status als Frau, während der Sta- tus des Mannes unterstützt wird. Mithilfe der zusätzlichen Arbeit, die Frauen in ihre Schönheit investieren, können sie im öffentlichen Leben mitwirken und sind ein Teil davon. Zum anderen müssen sich Frauen, um in einer männlichen Arbeitsgruppe oder in einer höheren Geschäftsposition erfolgreich zu sein, stets gut kleiden, was wiederum geschlechtliche Differenzen hervorhebt. Somit bestätigen Frauen beständig das Klischee des sexuellen Objekts, was nicht einfach vergessen wird. Fernerhin dominieren im Wes- ten ungleiche Chancen bei Frauen auf Wohlstand und Arbeit, welche die Frau wiederum mit einem niedrigen Wert charakterisiert. Westliche Schönheitspraktiken, wie High- Heels, Make-Up, Genitalverstümmelungen und Brustimplantate, könnten die Ursache und zugleich das Ergebnis einer vorbestimmten geringen Wertschätzung von Frauen sein. Die Körper von Frauen werden deformiert, um zu zeigen, dass sie Mitglieder des unteren Geschlechts und für das Erfreuen der Männer zuständig sind.8 Ein bereits oben erwähntes Beispiel ist die weibliche Genitalverstümmelung, die aufgrund von Schön- heit, Tradition, Hygiene, Religion oder um das sexuelle Verlangen zu stoppen, prakti- ziert wird. Die Frauen führen die Praxis der Genitalverstümmelung durch und bestäti- gen diese, ohne sie zu hinterfragen. Die Folgen von Genitalverstümmelungen beim weiblichen Geschlecht sind gravierend und implizieren teilweise Langzeitschäden, die von akuten Schmerzen geprägt sind, wie das Bilden von Narben durch starke Infektio- nen, die Chance auf Unfruchtbarkeit durch enorme Blutungen, psychologische Beein- trächtigung oder Arbeitsunfähigkeit.9 Schönheitsvorhaben gelten als langjährige Werte bei Frauen, die sich grundsätzlich nicht ändern. Die Bedeutung von Schönheit und da- mit zusammenhängende Investitionen, welche Frauen für die sexuelle Begeisterung des Mannes auf sich nehmen, ist fest in der westlichen Kultur verankert. Schönheitsprakti- ken können demzufolge als Gewinn und Bereicherung für den Mann aufgefasst werden. Wenngleich unzählige Frauen die Aussage treffen, dass sie Schönheitsmethoden für sich selbst oder für andere Frauen praktizieren, profitieren die Männer regelmäßig da- von. Der Vorteil der Männer ist es, dass sie sich als übergeordnetes Geschlecht präsen- tieren und sich mit diesem Status identifizieren können. Durch die Bereitschaft für Schönheitspraktiken zeigen Frauen den Männern Anerkennung, da sie diese mit dem Ergebnis der Praxis befriedigen. Diejenigen Frauen, welche die Schönheitsvorhaben ab- lehnen, werden von den Männern, die als Mitglieder des dominanten Geschlechts gel- ten, abgelehnt. Das Problem von Schönheitsmethoden ist es, dass sie als angeborenes und biologisches Verhalten der Frau angesehen werden und somit als natürlich und un- vermeidbar gelten. Damit werden Frauen, die keine Schönheitspraktiken ausüben, als unnatürlich betrachtet und besitzen deshalb einen geringen Einfluss in der Gesellschaft. Hinzukommend versucht die moderne Wirtschaft - anstatt die Schönheitsmethoden ab- zuschaffen – die Frauen mit Angeboten von Kosmetikartikeln und trendiger Kleidung anzulocken. Beispielsweise wird im 21. Jahrhundert der Schlankheitstrend zunehmend mithilfe von Medien, wie Werbung, Magazine und Fernseher sexistisch verkauft.10
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1 Wander 1977: 317.
2 Vgl. Van Damme 1996: 122.
3 Vgl. Turner, Terence S. 2012: 487.
4 Vgl. Van Damme 1996: 122.
5 Vgl. United Nations Fact Sheet No.23: 2.
6 Vgl. Jeffreys 2005: 28ff.
7 Vgl. Jeffreys 2005: 28ff.
8 Vgl. Jeffreys 2005: 31ff.
9 Vgl. United Nations Fact Sheet No.23: 4f.
10 Vgl. Jeffreys 2005: 31ff.