„Das Geld ist der eifrige Gott Israels, vor welchem kein andrer Gott bestehen darf."
Im Jahr 2018 verkündeten die Veranstalter des Echos, welcher bis dato als größter deutscher Musikpreis galt, dass es sich hierbei um die letzte Verleihung dieser Art handeln würde. Grund dafür, war der dem Echo vorangegangene Skandal um die zwei Musiker, Kollegah und Farid Bang, die beide für einen Musikpreis nominiert waren und daher auf der Verleihung auftreten sollten. Beide Musiker erregten die Gemüter, weil sie in ihren Songs verstärkt antisemitische Klischees bedienen. Sie zogen dadurch im Vorfeld der Echo-Verleihung den Unmut vieler jüdischer und nichtjüdischer Institutionen und Künstler auf sich. Beliebtes Motiv ihrer Songs und Musikvideos sind stereotypische antisemitische Vorurteile, die Juden als Drahtzieher einer weltumfassenden Geheimorganisation darstellen, welche mithilfe ihrer enormen finanziellen Mittel die Geschicke der Welt nach ihrem Gutdünken zu lenken scheinen.
Die Darstellung von Juden als vermeintlich homogene Einheit, welche mithilfe ihres Geldes ihre oft als weltumfassend dargestellten Machtsphären zu erweitern sucht, ist hierbei kein neues Motiv. Ganz im Gegenteil. Es ist beinah so alt wie das Judentum selbst.
Nach moderner Definition gilt dies allerdings als stereotypes antisemitisch geprägtes Vorurteil. Was heutzutage jedoch als antisemitisches Vorurteil gilt und es daher undenkbar wäre, Juden in einem öffentlichem Kontext derart zu verunglimpfen, war zu Zeiten von Karl Marx und seinen Mitstreitern Friedrich Engels und ehemals Bruno Bauer jedoch nichts Ungewöhnliches.
Karl Marx bezeichnet die Juden in seiner 1844 erschienenen Rezension Zur Judenfrage, mehr als einmal als „egoistisch“ und ausschließlich dem Geld verpflichtet. Würde man seine Rezension auf die heutige Zeit übertragen, wären sich wohl alle einig, dass sie klar antisemitische Vorurteile bedient. Doch Marx veröffentlichte 'Zur Judenfrage' eben nicht im 21. Jahrhundert, sondern zwei Jahrhunderte zuvor. Diese Arbeit geht daher der Frage nach, inwiefern Marx in seiner Abhandlung antijudaistische bzw. antisemitische Ressentiments bedient und ob man ihn infolgedessen ebenso einfach und unumwunden als Antisemit bezeichnen wie die beiden, im ersten Abschnitt erwähnten, Musiker Kollegah und Farid Bang.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Antijudaismus und Antisemitismus
- Entwicklung und Definition Antijudaismus - Theologisch begründete Judenfeindschaft
- Entwicklung und Definition Antisemitismus - Rassistisch begründete Judenfeindschaft
- Kindheit und Familie von Karl Marx
- Heinrich Marx' langer Weg der Emanzipation von der jüdischen Herkunft
- Karl Marx und sein Verhältnis zur Familie Marx
- 'Doctorclub' und Karls Berliner Jahre
- Karls Umgang mit der eigenen Herkunft
- „Zur Judenfrage (1843/44)
- Exemplarische Analyse ausgewählter Textstellen
- Resümee
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert Karl Marx' Rezension "Zur Judenfrage" (1843/44) im Kontext des Antijudaismus und Antisemitismus des 19. Jahrhunderts. Sie untersucht, inwiefern Marx in seiner Abhandlung antijudaistische und antisemitische Ressentiments bedient und ob er daher als Antisemit bezeichnet werden kann. Hierfür werden die Begrifflichkeiten Antijudaismus und Antisemitismus definiert, Marx' Biografie und sein Verhältnis zur eigenen jüdischen Herkunft beleuchtet sowie exemplarische Textstellen aus "Zur Judenfrage" analysiert.
- Antijudaismus und Antisemitismus im 19. Jahrhundert
- Karl Marx' Verhältnis zur eigenen jüdischen Herkunft
- Antijudaistische und antisemitische Elemente in "Zur Judenfrage"
- Die Rezeption von "Zur Judenfrage" in der Geschichte
- Marx' Rolle als zeitgeschichtlicher Beobachter und Kritiker
Zusammenfassung der Kapitel
Das Vorwort beleuchtet den aktuellen Kontext der Debatte um Antisemitismus und führt in die Thematik der Arbeit ein. Im zweiten Kapitel werden die Begriffe Antijudaismus und Antisemitismus definiert und ihre historische Entwicklung im 19. Jahrhundert erläutert. Das dritte Kapitel befasst sich mit Karl Marx' Kindheit und Familie, insbesondere mit seinem Vater Heinrich Marx und dessen Emanzipation von der jüdischen Herkunft. Des Weiteren wird das ambivalente Verhältnis von Karl Marx zu seiner Familie und seiner Herkunft sowie seine Berliner Jahre mit Bruno Bauer im "Doctorclub" untersucht. Das vierte Kapitel analysiert Marx' Rezension "Zur Judenfrage" im Kontext von Bruno Bauers Werk und beleuchtet exemplarisch ausgewählte Textstellen.
Schlüsselwörter
Antijudaismus, Antisemitismus, Karl Marx, "Zur Judenfrage", Jüdische Herkunft, Emanzipation, Rassenideologie, "Doctorclub", Bruno Bauer.
- Quote paper
- Sina Wilde (Author), 2020, Karl Marx und sein Verhältnis zum Judentum, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/742029