Viele Dichter fanden in der Catilinarischen Verschwörung Stoff, den sie zu einem Drama verarbeiteten. Neben Ferdinand Kürnberger, Alexandre Dumas oder Hendrik van Elvervelt war auch der junge Henrik Ibsen fasziniert von der Gestalt des Catilina. Was aber war der Grund? Kann ein Dramatiker Hans Drexler recht geben, wenn er schreibt:
„Ohne die Selbstverherrlichung Ciceros und die symptomatische Interpretation des Sallust würde Catilina weit unter Aemilius Lepidus rangieren: es war der Putsch eines einmal abgewiesenen, zweimal durchgefallenen, politisch und finanziell ruinierten Kandidaten, der nur deshalb größere Ausmaße annahm und gefährlich wurde, weil der Zündstoff in tanta tamque corrupta civitae bereitlag. Die neuesten Versuche einer Heroisierung Catilinas lohnen m. E. keine Widerlegung.“ ?
Im Verlauf dieser Arbeit soll ergründet werden, warum, und vor allem wie Ibsen das geschichtliche Geschehen interpretiert, und wie das Werk im Zusammenhang mit historischen Fakten zu sehen ist.
Inhalt
1. Vorwort
2. Zur Entstehung
3. Zum Inhalt
4. Zur Historizität in der Darstellung von Personen und Handlung
5. Schlussbemerkung
6. Literatur
1. Vorwort
Viele Dichter fanden in der Catilinarischen Verschwörung Stoff, den sie zu einem Drama verarbeiteten. Neben Ferdinand Kürnberger, Alexandre Dumas oder Hendrik van Elvervelt war auch der junge Henrik Ibsen fasziniert von der Gestalt des Catilina. Was aber war der Grund? Kann ein Dramatiker Hans Drexler recht geben, wenn er schreibt:
„Ohne die Selbstverherrlichung Ciceros und die symptomatische Interpretation des Sallust würde Catilina weit unter Aemilius Lepidus rangieren: es war der Putsch eines einmal abgewiesenen, zweimal durchgefallenen, politisch und finanziell ruinierten Kandidaten, der nur deshalb größere Ausmaße annahm und gefährlich wurde, weil der Zündstoff in tanta tamque corrupta civitae bereitlag. Die neuesten Versuche einer Heroisierung Catilinas lohnen m. E. keine Widerlegung.“[1] ?
Im Verlauf dieser Arbeit soll ergründet werden, warum, und vor allem wie Ibsen das geschichtliche Geschehen interpretiert, und wie das Werk im Zusammenhang mit historischen Fakten zu sehen ist.
2. Zur Entstehung
Im Winter 1848/ 49 entschließt sich der damals 21jährige Ibsen, sein erstes Drama zu verfassen. In einem an der Südküste gelegenen, 800 Einwohner zählenden Dorf namens Grimstad hat er die letzten sechs Jahre verbracht, um sich, –entgegen seiner Absicht Maler zu werden- durch soziale Umstände gezwungen, zum Apotheker ausbilden zu lassen.[2] Spekulationen des Vaters hatten die ehemals wohlhabende Familie an den Rande des Ruins getrieben. Über diese Zeit schreibt Ibsen im Vorwort zur zweiten Ausgabe seines Erstlingswerks -1874 beschloss Ibsen, sein Jugendstück neu herauszugeben:
„Die Zeit war voll Sturm und Drang. Die Februarrevolution, die Aufstände in Ungarn und anderswo, der Schleswiger Krieg –all das griff mächtig und fördernd in meine Entwicklung ein, wie unfertig sie auch lange danach mochten „[3]
Er schreibt Gedichte, in denen er die Magyaren auffordert, im gerechten Kampf wider die Tyrannen auszuharren und ist in leidenschaftlichem Skandinavismus entbrannt. In seinem autobiographischen Schreiben an P. Hansen bemerkt er:
„Catilina wurde geschrieben in einer kleinen Spießbürgerstadt, wo mir die Möglichkeit nicht gegeben war, dem, was da in mir gärte, Luft zu machen.“[4]
Das norwegische Geistesleben der vierziger Jahre des 19.Jh. durchläuft eine idyllische Periode. Während anderswo in Revolutionen Europa erschüttern, scheint in Norwegen alles unverändert. Catilina ist das einzige Werk der norwegischen Dichtung, das diesen Rahmen sprengt. Die verachtende Haltung gegenüber der „guten Gesellschaft“, eine revolutionäre Gesinnung also lässt Ibsen schlussendlich Partei für Catilina ergreifen.
Sein erster Versuch, aus der einschnürenden Enge der ländlichen Gesellschaft auszubrechen, ist der Entschluss zu studieren. Während der Vorbereitung auf das examen atrium, die Universitätsreifeprüfung, arbeitet er unter anderem Ciceros „Catilinarische Reden“ und Sallusts „Bellum Catilinae“ durch.[5]
Christopher Due und Ole C. Schuderud, zwei gleichaltrige Freunde, denen Ibsen sich anvertraut, sind schlichtweg begeistert vom ersten Schaffen des Künstlers. Alle drei knüpfen große Erwartungen an Catilina.
Due macht sich sogleich daran, eine Abschrift des Rohentwurfs zu verfassen, bei dem er, wie Ibsen später schreibt, „keinen einzigen Gedankenstrich vergaß, die ich in der Hitze des Produzierens überall da angebracht hatte, wo mir im Augenblick der richtige Ausdruck nicht einfallen wollte.“[6] Dazu bemerkt Gerhard Gran:
„Hier gibt es unleugbar mehr Gedankenstriche als Gedanken, mehr Ausrufezeichen als Blitze.“[7]
Ole Schulerud, ein Jusstudent, macht sich mit der Abschrift auf nach Kristiania, dem heutigen Oslo, um das Werk beim Theater einzureichen. Theaterdirektion wie auch zahlreiche Buchhändler lehnen ebenso höflich wie bestimmt ab. Doch Schulerud rät Ibsen, das Drama in Selbstverlag zu nehmen, das nötige Geld wolle er ihm vorstrecken.
So erscheint Catilina im April 1850 unter dem Pseudonym Brynjolf Bjarme im Buchhandel. In Studentenkreisen erregt es einiges Aufsehen und Interesse, doch beschränkt sich die Kritik hauptsächlich auf fehlerhafte Verse. Im übrigen hält man das Buch für unreif. Verkauft wird von der kleinen Auflage nicht eben viel.[8]
Erst am 3. Dezember 1881 kommt es zur Uraufführung am Stockholmer Theater, und
Zürich folgt im Oktober 1906.[9]
Student wird Ibsen nicht. Auf Wiederholungsprüfungen in Griechisch und Arithmetik verzichtet er, da sich mit dem Hünengrab ein erster Erfolg abzeichnet.
3. Zum Inhalt
Die Personen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der 1. Akt führt vor die Tore Roms. Handlungsort ist eine mit Bäumen bestandene Anhöhe an der Flaminischen Straße. Im Hintergrund ragen die Hügel und Mauern der Stadt empor. Es ist Abend.
Catilina sinniert über sein Leben, dass ohne hehre Taten oder Ziele verläuft. Selbstanklagend bedauert er das einst so stolze Rom, das nun vollends der Genusssucht und Lasterhaftigkeit verfallen ist. Sein Grübeln wird unterbrochen vom Auftreten der Allobroger, die Catilinas Anwesenheit jedoch nicht bemerken. Interessiert verfolgt er das Gespräch der Gesandten Ambiorix und Ollovico, die sich vom Senat Beistand gegen die Ausbeutung ihres Stammes erhoffen. Catilina, verbittert, tritt hinter dem Baum hervor und ruft ihnen zu, sie mögen keine Hilfe erwarten in einer Stadt, in der Gewalt und Eigennutz herrschen, wo man durch List und Ränke Herrscher wird. Mit Inbrunst schildert er den Galliern die in Rom herrschenden Missstände.
In einem Säulengang finden sich Lentulus, Statilius, Coeparius und Cethegus in eifrigem Gespräch. Die Verschuldung nimmt überhand, Verpfändungen reichen nicht mehr aus, um den gewohnten Lebenswandel weiter zuführen. Manlius, soeben begründet -durch eine staatliche Verordnung- seines ihm als Veteran zustehenden Grundstücks beraubt, wettert gegen diese Ungerechtigkeit und Willkür. Die Jungen stimmen ihm zu, man verlangt nach Veränderung. Als Führer wird Catilina bestimmt, von dem man weiß, dass er nach dem Konsulat strebt, dies aber unerreichbar für ihn ist.
Begleitet von seinem Neffen Curius betritt Catilina den Tempel der Vesta. Die Sehnsucht nach der Vestalin Furia hat ihn –obwohl glücklich verheiratet- hergelockt.
Hinter Säulen verborgen werden sie Zeugen von Furias Monolog, in dem sie ihr Schicksal als Gefangene im Tempel beklagt. Catilina tritt hervor und im Gespräch erkennen beide die Ähnlichkeit ihres Wesens. Beide fühlen sich zu Höherem berufen, werden jedoch durch gegebene Umstände daran gehindert. Beide entbrennen in heftiger Liebe. Auf Furias Vorschlag, gemeinsam zu fliehen, entgegnet Catilina, seine Aufgabe sei hier in Rom. Doch Catilina soll Furia seine Liebe beweisen: Einem Mann hat sie Untergang geschworen. Dieser hat ihre Schwester Sylvia entehrt, worauf diese sich in den Tiber stürzte. Catilina schwört, ihn zu vernichten und drängt Furia, seinen Namen zu nennen. Als diese daraufhin seinen, Catilinas, Namen ausspricht, erkennt er, dass er somit seinen eigenen Untergang besiegelt hat. Furias Leidenschaft schlägt in blinden Hass um. Über diesen versäumt sie, ihrer Aufgabe als Wächterin der Vestaflamme nachzukommen, und diese erlischt. Als dies von den Tempeldienern bemerkt wird, wird Furia abgeführt und soll lebendig begraben werden. Doch Curius, der sich ebenfalls in sie verliebt hat, rettet sie.
Währenddessen im Haus Catilinas. Dieser überdenkt eben sein Schicksal, als Aurelia auftritt. Sie versucht ihn zu beruhigen. Aurelia will ihn überreden, Rom hinter sich zu lassen und auf dem gemeinsamen Landsitz in Gallien Frieden zu finden. Doch Catilina gesteht, dass er diesen verkauft hat, um Geld für nötige Bestechungen zu erhalten. Aurelia, die sein edles Wesen kennt und liebt, vergibt ihm. Ein alter, mittelloser Soldat tritt auf und bittet um ein Almosen. Catilina übergibt ihm das Geld.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2. Akt: Lentulus und Cethegus suchen Catilina in seinem Haus auf und versuchen, ihn für ihre Pläne zu gewinnen. Catilina ist aufgebracht, will er doch nicht den Staat verraten, einen Bürgerkrieg heraufbeschwören oder seine Hände mit Römerblut besudeln. Angeekelt von Lentulus’ und Cethegus’ Wünschen „groß zu werden“ und Mittel zu erlangen, das Leben genießen zu können, weigert er sich, denn er strebt nach der Bürger Freiheit und dem Wohl des Staates. Er entschließt sich, die Stadt mit Aurelia zu verlassen, und teilt dies seinen Besuchern mit
Von ihnen erfährt Catilina auch vom Todesurteil gegen Furia, weiß aber nicht, dass diese von Curius befreit wurde.
In einem Monolog bekräftigt er neuerlich den Entschluss, sein altes Leben hinter sich zu lassen und nach Gallien zu gehen. Furia, die ihn hinter einer Säule stehend belauscht hat, tritt hervor. Sie, die, wie sie behauptet, ihren Hass im Grab gelassen hat, spornt ihn neuerlich zu Heldentaten an, weckt seinen Ehrgeiz und bringt Catilina schlussendlich dazu, seinen Entscheidung aufzuheben. Er sei dazu geboren Rom zu beherrschen, und nicht, um ein kümmerliches Leben in der Einöde zu fristen.
[...]
[1] Drexler, Hans: Die Catilinarische Verschwörung. Ein Quellenheft (Darmstadt 1976) XV
[2] vgl. Gran Gerhard: Henrik Ibsen. Der Mann und seine Werke (Leipzig 1928) 10
[3] Ibsen Henrik: Vorwort. In: Catilina. Ein Drama in drei Akten. (Berlin ²1910) 120
[4] zit. in: ebd. Einleitung V
[5] vgl. Gran 12
[6] Ibsen 122
[7] Gran 15
[8] vgl. ebd. 13ff.
[9] vgl. Reich Emil: Henrik Ibsens Dramen. Zwanzig Vorlesungen, gehalten an der Universität Wien (Berlin 1918). 14
- Arbeit zitieren
- Angelika Zojer (Autor:in), 2002, Catilina im Drama Henrik Ibsens - Geschichte oder Historie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7442
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