Damnatio memoriae - Leben und Tod des Publius Septimus Geta


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Damnatio memoriae

3. Das Leben des Publius Septimus Geta 3.1. Die Feindschaft unter den Brüdern
3.2. Gemeinsame Kaiserzeit von Geta und Caracalla nach dem Tod des Septimus Severus
3.3. Mord an Geta

4. Achtung der Erinnerung des Publius Septimus Geta durch Caracalla
4.1. Die Reichweite der damnatio memoriae und die Verfolgung und Ermordung der Anhänger Getas
4.2. Das Berliner Severertondo im Bezug auf die damnatio memoriae des Geta

5. Zusammenfassung

7. Bildverzeichnis

6. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Als Lucius Septimus Severus mit seinen beiden Söhnen zum Britannienfeldzug (208-211) aufbrach, war er bereits 63 Jahre alt und hatte unter Alterserscheinungen, wie der Gicht, zu leiden. Es war wohl für ihn abzusehen, dass er bald sterben würde und da die Konkurrenz seiner beiden Söhne Caracalla und Geta offensichtlich war, ahnte Severus, dass es nach seinem Tod zu einem Konflikt zwischen den beiden Brüdern kommen könnte. Um diesem Konflikt vorzubeugen ernannte er Geta im Herbst des Jahre 209 n. Chr. zum Augustus, um die Mitherrschaft Getas und somit dessen Überleben neben seinem ältesten Sohn Caracalla (ab 195 n. Chr. Mitkaiser) zu sichern. Nachdem Geta und Caracalla infolge des abgeschlossenen Feldzuges und dem Tod ihres Vaters (211 n. Chr.) aus Britannien wieder nach Rom heimkehrten, passierte das, was der verstorbene Kaiser wohl erahnt hatte, als er die von Herodian überlieferten Worte sprach: „Bleibt einträchtig, bereichert die Soldaten und verachtet alle anderen.“[1] Denn nur wenige Monate nach ihrer Heimkehr und gemeinsamer Regierung tötete Caracalla seinen Bruder Geta und verhängte eine damnatio memoriae über ihn.[2]

Da die Römer der Antike nicht an ein Leben nach dem Tod glaubten, war die Erinnerung oder das Andenken an eine Person die einzige Möglichkeit des Weiterlebens. Die Annahme, dass Herrscherpersönlichkeiten aus der Götterwelt kämen und nach ihrem Ableben, wenn die Erinnerung an diese geachtet wurde, dorthin zurückkehren würden, führte dazu, dass eine damnatio memoriae als eine besondere Erinnerungsstrafe über eine Person bestimmt werden konnte.[3]

Diese Hausarbeit soll sich mit der damnatio memoriae des Publius Septimus Geta beschäftigen und einen Überblick über die Ächtung der Erinnerung während des römischen Principats geben. Dabei soll die Frage erörtert werden, warum und wie das Andenken an Geta durch seinen Bruder Caracalla angegriffen wurde. Zudem soll geklärt werden, wie umfangreich die Erinnerungsauslöschung Getas war. Zunächst soll der Begriff der damnatio memoriae erläutert werden, um im zweiten Schritt die Person des Publius Geta zu betrachten und die Rivalität zu dessen Bruder Caracalla aufzuzeigen. Im dritten Schritt soll der Mord an Geta und die darauf folgende Erinnerungsverdammung erläutert werden, um im Weiteren die Reichweite dieser damnatio memoriae zu zeigen. Die wichtigsten Quellen für diese Betrachtung sind die historisch antiken Geschichtsbeschreibungen des Cassius Dio, des Herodian, sowie die der Autoren der Historia Augusta. Eine der wichtigsten wissenschaftlichen Abhandlungen über das Thema hat Friedrich Vittinghoff bereits 1936 mit „Der Staatsfeind in der römischen Kaiserzeit, Untersuchungen zur Damnatio Memoriae“ geliefert.

2. Damnatio memoriae

Wie viele Autoren feststellen, ist der Begriff damnatio memoriae ein modern geprägter Terminus, der in antiken Schriftstücken wahrscheinlich nicht in dieser Form benutzt wurde. Harriet Flower nennt die damnatio memoriae „…one of the severest penalties available under Roman law…“.[4] Der Begriff umfasst die verschiedenen Varianten der vom römischen Staat angewandten Strategien, die Erinnerung oder das Andenken an eine Person anzugreifen und diese damit zu bestrafen. Diese Varianten konnten separat oder in Kombinationen vom Senat, später auch nur durch den Kaiser, für einen Staatsfeind (perduellis) verhängt werden.

Wie Vittinghoff feststellt, wurde die damnatio memoriae (oder auch memoria damnata) bei Majestätsverbrechen und nach dem Tod des Hochverräters ausgesprochen.[5] Die Bestrafung eines bereits Verstorbenen war „nach römischer Auffassung“[6] zulässig, da die Römer den Zeitpunkt des Verbrechens mit dem Zeitpunkt der Bestrafung gleichsetzten, die Strafe also nicht bei der Verurteilung sondern bei der Tat ansetzte.[7] Das Strafmaß einer damnatio memoriae, welches oft Kaiser aber auch manchmal Frauen traf, konnte die Verdammung und Zerstörung aller Teile des Andenkens an eine Person betreffen. Die römische Erinnerungskultur beinhaltete das Andenken in Form von Bildern, Portraits, Statuen, Inschriften, Bauwerken, Büchern, Gesetzen und Münzen. Diese wurden nun je nach Ausmaß der Erinnerungsächtung gelöscht, zerstört, eingeschmolzen oder umgearbeitet, um das Andenken verdammen zu können. Zudem konnte es zu einem Verbot der Trauer und der Beerdigung kommen, zu einer Ächtung bzw. Löschung eines Namensteils oder zur „[…] Verfluchung des Geburtstages oder der festlichen Feier des Todestages“[8], was aber von der sozialen und politischen Stellung des Verurteilten abhängig war.[9]

Warum Publius Septimus Geta nach seiner Ermordung mit einer damnatio memoriae belegt wurde, was diese beinhaltete und wie weit diese ging soll in den nächsten Kapiteln untersucht werden.

3. Das Leben des Publius Septimus Geta

Publius Septimus Geta wurde am 7. März 189 n. Chr. in Rom geboren.[10] Er war der jüngste Sohn des Kaisers Lucius Septimus Severus und der Augusta Iulia Domna. Sein Bruder war der ältere Bassianus Caracalla, welcher später (ab 195 n. Chr.) den Namen Marcus Aurelius Severus Antoninus tragen sollte.

Nachdem Septimus Severus 193 n. Chr. zum Kaiser ausgerufen wurde, er seine politischen Gegner in Bürgerkriegen besiegt hatte und seine Herrschaft gefestigt war (um 197 n. Chr.), konnte er nun hoffen, dass seine Söhne die von ihm begründete Dynastie der Severer fortsetzen würden. Um die Dynastie zu festigen, gab er sich und seinem ältesten Sohn den Namen des Marc Aurelius Antoninus, um eine fingierte Adoption darzustellen und Caracalla zu seinem Nachfolger zu erklären. Der Kaiser hatte in einem Traum das Omen erhalten, dass sein Nachfolger den Namen Antoninus tragen würde. Da die Umbenennung nur eines Sohnes bedeutet hätte, dass der andere von der Herrschaftsweitergabe ausgeschlossen gewesen wäre, gab Severus Geta um 197 n. Chr. ebenfalls den Namen Antoninus.[11] Damit verbunden war die Ernennung zum Caesar und somit die designierte Nachfolge. Wie die Historia Augusta berichtet, verlangte Severus: „Give greetings to the Antonines, my sons and successors.”[12] Allerdings lagen zwischen der Ernennung Caracallas und dem nur wenig jüngeren Geta zum Caesar einige Jahre, aber Severus muss wohl erkannt haben, dass er Geta nicht von der Möglichkeit einer Nachfolge abhalten sollte, da Caracalla in Britannien „angeblich“ versucht haben soll, „seinen Vater umzubringen…“[13] und Geta wohl von sich aus nie zum Mitkaiser ernannt hätte.

Abb. 1 Geta[14]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie sein Bruder, begleitete Septimus Geta den Vater auf dessen Feldzügen und den kaiserlichen Reisen, wie beispielsweise dem Ägyptenbesuch. Nach den Patherkriegen wurde Geta zum Caesar erhoben, was ihm die Herrschaftsnachfolge ermöglichte. Im Jahre 205 und 208 bekleidete Geta gemeinsam mit Caracalla das Amt des Konsuls. Auf dem Britannienfeldzug wurde Septimus Geta zum Mitkaiser neben seinem Bruder und seinem Vater erhoben, was dazu führte, dass das römische Reich zum ersten Mal drei Kaiser hatte.

„Late in the same year the emporer and his sons took the title Britannicus and Geta was raised to the rank of Augustus.“[15]

Nach dem Tod von Septimus Severus sollten seine Söhne gemeinsam die Herrschaft übernehmen, aber die Beziehung zwischen Geta und seinem nur 11 Monate älteren Bruder Caracalla „sollte immer schlecht sein…“[16] und führte bald nach der gemeinsamen Herrschaftsübernahme zum Tod Getas.[17]

Abb. 2 Caracalla [18]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.1. Die Feindschaft unter den Brüdern

Die Beziehung der beiden Brüder stand bereits bei der Geburt Getas unter einem schlechten Omen. Die Historia Augusta berichtet uns zurückblickend von zwei Begebenheiten, welche angeblich den Tod des Getas durch Caracalla voraussahen.

Zum einen hatte Caracalla ein purpurnes Ei zerstört, welches zum Zeitpunkt der Geburt Getas gelegt wurde. Darauf hatte die Mutter im Scherz den Brudermord verurteilt. Zum anderen hatte Severus ein Lamm erstochen, welches ebenfalls zum Zeitpunkt der Geburt Getas geboren wurde. Dieses Lamm kam wohl auf dem Hofe eines Beamten mit dem Namen Antoninus zur Welt und hatte purpurnes Fell auf der Stirn. Da Septimus Severus bereits das Omen erhalten hatte, dass ein Antoninus ihm nachfolgen würde, wollte er schlechte Vorhersagen verhindern und tötete es.[19] Inwiefern sich diese Begebenheiten tatsächlich zugetragen haben, ist fraglich, aber sie zeigen wie sehr die Römer an göttliche Omen glaubten.

Nachdem Geta und Caracalla von ihrem Erzieher Plautianus befreit waren, verschlechterte sich die Beziehung, welche sich seit der Kindheit der Brüder zu einer offenen Konkurrenz entwickelte, noch weiter. Herodian berichtet, dass die Söhne des Severus nun durch ihr luxuriöses Leben in Rom verdorben wurden und sich ihr Konkurrenzdenken noch verstärkte.

„As brothers they were also mutually antagonistic; this dated back to their rivalry as children when they quarrelled over quail fights or meetings in the cock-pit or wrestling bouts with each other.”[20]

Ihre Interessen unterschieden sich grundsätzlich von einander und wenn der eine etwas liebte, hasste es der andere. Diese Rivalität, welche bis zu schweren Verletzungen führte,[21] sollte sich aber noch steigern.

An diesen Beispielen kann man einen Grund für den Brudermord erkennen, denn bereits vor dem Tod des Kaisers Septimus Severus waren sie soweit entzweit, dass es für eine gemeinsame Herrschaft in Eintracht kaum eine Möglichkeit gab.

3.2. Gemeinsame Kaiserzeit von Geta und Caracalla nach dem Tod des Septimus Severus

Hatte Septimus Severus zu seinen Lebzeiten noch versucht seine Söhne zur gemeinsamen Herrschaft anzuhalten und ihre Erziehung zu fördern,[22] kannte die Rivalität der Brüder nach dem Tod des Kaisers keine Zügel mehr, was das römische Reich beinahe in eine Reichsteilung geführt hätte.

[...]


[1] Cassius Dio, LXXVII, 15, 2. „Be harmonious, enrich the soldiers, and scorn all other men. “

[2] Vgl. Birly, Anthony R.: Septimus Severus, in: Clauss, Manfred: Die römischen Kaiser, 55 historische Portraits von Caesar bis Iustinian, München 2005, S. 184; Birly, Anthony R.: Caracalla, in: Clauss, Manfred: Die römischen Kaiser, 55 historische Portraits von Caesar bis Iustinian, München 2005, S. 186-187; Herodian III, 14, 2.

[3] Mlasowsky, Alexander: Damnatio memoriae, in: Der kleine Pauly 3, Stuttgart / Weimar 1997, Sp. 299.

[4] Flower, Harriet I.: Damnatio Memoriae and Epigraphy, in: Varner, Eric R.: From Caligula to Constantine, Tyranny and transformation in Roman portraiture, Atlanta 2000, S. 58.

[5] Vgl. Vittinghoff, Friedrich: Der Staatsfeind in der römischen Kaiserzeit, Untersuchungen zur Damnatio Memoriae, Berlin 1936, S. 66-72; Hedrick, Charles W.: History and silence, purge and rehabilitation of memory in late antiquity, Austin 2000, S. 93; Brassloff, Stephan: Damnatio Memoriae, in: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft IV, Stuttgart Weimar 1901, Sp. 2059-2062.

[6] Mommsen, Theodor: Römisches Strafrecht, Darmstadt 1961, S. 987.

[7] Ebd.

[8] Vittinghoff (1936), S. 13.

[9] Vgl. Ebd., S. 12-46; Flower (2000), S 58.

[10] Vgl. HA, Geta, 3, 1.

[11] Vgl. Birly, Anthony R.: Caracalla, in: Clauss, Manfred: Die römischen Kaiser, 55 historische Portraits von Caesar bis Iustinian, München 2005, S. 185; HA, Geta, 1, 3-7; HA, Geta, 2, 5. Zudem berichtet die Historia Augusta, dass sich Severus die Namen von weiteren Kaisern gab.

[12] HA, Geta, 1, 7.

[13] Birley (2005), S. 187.

[14] http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Geta.jpg (Stand: 22.03.2007). Büste des Geta.

[15] Campbell, Brain: The Severan dynasty, in: Bowman, Alan K. / Garnsey, Peter / Cameron, Averil: The Crisis of Empire A.D. 193-337 (= The Cambridge Ancient History, Bd. 8), Cambridge 2005, S. 8.

[16] Birley (2005), S. 185.

[17] Vgl. Ebd., S. 185-187; HA, Geta, 1, 2.

[18] http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Caracalla_bust.jpg (Stand: 23.02.2007). Büste des Caracalla.

[19] Vgl. HA, Geta, 3, 2-6.

[20] Herod. III, 10, 3.

[21] Vgl. Herod. III, 10, 3-4; Dio, LXXVII, 7, 1-2. Quintillus Plautianus war nicht nur der Lehrer der Brüder, er war auch der Schwiegervater von Caracalla. Allerdings war Caracalla unglücklich mit der Tochter des Plautianus verheiratet, was wohl seine Beteiligung an dem späteren Mord des Senators erklärt.

[22] Herod., III, 14, 2-3. „But a more important reason was that he was anxios to get his sons out of Rome so they could return to their senses, leading a sober military life away from the luxurious delicacies of Rome.” Zudem hatte Severus die Concordia- (Eintracht) Münzen prägen lassen, welche die Uneinigkeit der Brüder verschleiern sollte. (siehe Bild S. 8)

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Damnatio memoriae - Leben und Tod des Publius Septimus Geta
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Fakultät Geschichte)
Veranstaltung
Damnatio memoriae
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V74458
ISBN (eBook)
9783638715966
ISBN (Buch)
9783640750184
Dateigröße
842 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Damnatio, Leben, Publius, Septimus, Geta, Damnatio, Soldatenkaiser, Severer
Arbeit zitieren
Christian Richter (Autor:in), 2006, Damnatio memoriae - Leben und Tod des Publius Septimus Geta, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74458

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