Geschlechtsspezifische Sozialisation


Seminararbeit, 2006

18 Seiten, Note: 2,6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Sozialisation

3. Die geschlechtsspezifische Sozialisation:
3.1. Grundlegende Informationen
3.2. Die gesellschaftsspezifische Sozialisation als gesellschaftsabhängiger Prozess
3.3. Geschlechtsidentität
3.4. Erwartungen und Verhalten als Produkt der geschlechtsspezifischen Sozialisation
3.5. Selbstsozialisation
3.6. Arten der Sozialisation
3.7. Beispiele der geschlechtsspezifischen Sozialisation
3.7.1. Eltern und Familie
3.7.2. Schule

4. Geschlechtsspezifische Sozialisation: Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Immer wieder gibt es TV-Shows oder Bücher, die zu Bestsellern werden, die ihre Attraktivität daraus beziehen, dass sie mit den Unterschieden zwischen den Geschlechtern spielen, diese deutlich hervorheben, und den Zuschauern und Lesern mehr als überdeutlich zeigen, zu welcher Geschlechtsgruppe sie gehören und welche Differenzen zur anderen Geschlechtsgruppe bestehen. Dazu werden Eigenschaften, Eigenheiten und Stereotypen der jeweiligen Geschlechter aufgezeigt und oftmals karikiert.

Das Motto scheint zu funktionieren. Die Shows und die Bücher sind ein wahrer Erfolg. Jeder Person scheinen die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, auch ohne die TV – Shows und Bücher, allgegenwärtig, sie werden aber oft unhinterfragt hingenommen. Doch woher stammen diese geschlechtsspezifischen Unterschiede eigentlich? Wieso verhalten sich Männer und Frauen so oft so unterschiedlich? Sind die Unterschiede angeboren, also in unseren Genen festgeschrieben, oder werden sie anerzogen, lernen wir sie und werden wir somit damit von der Gesellschaft geprägt?

Die Sozialisation, und die geschlechtsspezifische Sozialisation im Speziellen, zeigt, dass die Unterschiede, die die Geschlechter im Laufe ihrer Leben aufzeigen, nicht von Natur aus bestehen, sondern durch einen langen Prozess angeeignet werden. Hier soll nun versucht werden, die geschlechtsspezifische Sozialisation und deren Wirkungsweise zu verdeutlichen und zu zeigen, dass gerade durch diese die geschlechtsspezifischen Unterschiede hervorgebracht werden und mit ihrer Hilfe diese Differenzen erklärt werden können.

2. Sozialisation

Die Sozialisation wird von Helga Bilden als ein Prozess verstanden, der „aus einem Neugeborenen ein in seiner Gesellschaft handlungsfähiges Subjekt“(Bilden 1991, S. 279) konstruiert. Durch diese Aussage wird das übliche, weit verbreitete Verständnis von Sozialisation deutlich. Inzwischen ist das Wort Sozialisation in aller Munde, jede Person kann sich darunter auch etwas vorstellen, was zumindest einigermaßen in die Richtung der Definition von Bilden geht. Doch spätestens wenn die Sozialisation um die Kategorie Geschlecht ergänzt wird, und von der „geschlechtsspezifischen Sozialisation“ die Rede ist, so gehen die Vorstellungen über den konkreten Sachverhalt, der hinter diesem Begriff steht, weit auseinander.

Um die geschlechtsspezifische Sozialisation zu verstehen, muss zuvor kurz auf die Sozialisation an sich eingegangen werden und deren Grundgedanken und Grundprinzipien skizziert werden.

Die Sozialisation ist nun als ein Bündel von Prozessen zu verstehen. Diese Prozesse beruhen auf einer Tangierung des Normen- und Wertesystems, der Regeln und der Erwartungen der Gesellschaft, die eine Anpassung an diese (die Gesellschaft) fordert.

Durch diesen Prozess werden nun von den betreffenden Personen Handlungsmuster in gegebenen Strukturen erzeugt. Diese entstehen durch die Anpassung und die Identifikation mit der Umwelt der einzelnen Personen. Dies wiederum erfordert eine Auseinandersetzung mit der jeweiligen Umwelt. Somit ist ein Individuum gezwungen, sich aktiv mit dieser auseinanderzusetzen, um sich die Strukturen aufzubauen, aus der das Leben der Person besteht bzw. an welchen sie sich orientieren kann und wiederum Handlungsmuster hervorbringen. Durch diese Auseinandersetzung mit seiner Umwelt wird ein Mensch nun zu einem handlungsfähigen Individuum.

Bereits hier dürfte klar werden, dass nicht jede Person die gleichen Strukturen aufbaut bzw. aufbauen kann, somit also ein anderes Leben führt als die Mitmenschen und auch verschiedene Charaktereigenschaften ausprägt. Dies liegt daran, dass jede Person über eine individualisierte Umwelt verfügt und somit von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Familienstruktur, soziale Herkunft und Ethnie sind nur einige der Merkmale, die die Umwelt einer Person entscheidend prägen und beeinflussen.

Die Sozialisation an sich umfasst verschiedene Dimensionen, hier tritt nicht nur Geschlecht als einzige Ausprägung auf. Die unterschiedlichen Dimensionen der Sozialisation sind neben dem Geschlecht unter anderem die Zeit und die soziale Herkunft, also die Klasse oder Schicht, in die eine Person geboren wird. Für die Betrachtung der Unterschiede zwischen den Geschlechtern wird hauptsächlich nur das Geschlecht als Kategorie oder Dimension herangezogen, da es leichter greifbar erscheint als die anderen Kategorien und offensichtlich sichtbar ist. Doch nicht nur verschiedene Dimensionen der Sozialisation müssen unterschieden werden, auch verschiedene Einflussgruppen der Sozialisation müssen betrachtet werden. Diese Einflussgruppen, oder auch Instanzen, sind die Eltern, der Kindergarten, die Schulen, die Peers mit den zugehörigen Peergroups, die Medien und auch Partnerschaften. Diese Aufzählung ist keineswegs vollständig, und soll nur einen kurzen Überblick liefern und darstellen, dass es viele verschiedene Instanzen gibt, in der die Sozialisation von Statten geht und diese beeinflussen.

Verschiedene Theorien existieren, die sich mit der Sozialisation befassen und diese zu erklären versuchen. So unterscheidet man psychologische und soziologische Theorien, die die Prozesse der Sozialisation aufzeigen und versuchen diese in einen theoretischen Rahmen einzubinden. Beispiele für psychologische Theorien wären die Psychoanalyse, die Lerntheorie und die kognitive Entwicklungspsychologie. Die strukturfunktionale Theorie, der symbolische Interaktionismus und der gesellschaftstheoretische Ansatz dienen als Beispiele für soziologische Theorien, in denen die Sozialisation ihren Platz einnimmt und findet. Dies soll nur kurz am Rande erwähnt werden, da allgemeine Prinzipien und Muster der Sozialisation und vor allem der geschlechtsspezifischen Sozialisation hier im Mittelpunkt stehen sollen und sich in vielen Theorien zu finden sind und sich sehr ähnlich sind.

3. Die geschlechtsspezifische Sozialisation

Geschlechtsspezifische Unterschiede und dessen Charakteristika werden mit der Sozialisation noch nicht vollständig erklärt. Dieser Aufbau von Geschlechtsstereotypen oder geschlechtstypischen Eigenschaften erfordert die Betrachtung der geschlechts­spezifischen Sozialisation.

Sucht man nun die wahren Gründe der Unterschiede zwischen den Geschlechtern, also zwischen Männern und Frauen, so könnte man auch argumentieren, dass das Geschlecht doch bereits nach der Zeugung feststeht, damit doch bereits geschlechtsspezifische Unterschiede einhergehen oder spätestens mit der Geburt beginnen. Damit könnten schließlich auch Unterschiede erklärt wären, die zwischen den Geschlechtern bereits kurz nach der Geburt existieren. Dies kann keinesfalls als falsch abgetan werden, doch betrachtet man den heutigen Stand der Forschung in der Biologie, so sind sich Forscher darüber einig, dass nur ein sehr geringer Teil der geschlechtsspezifischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen durch die biologische Komponente des Geschlechtes erklärt werden können. Versucht man nun, den Rest, also den nicht auf Biologie basierenden Teil, der Unterschiede zu erklären, so kommt hier die geschlechtsspezifische Sozialisation ins Spiel. Da eben nur ein kleiner Teil der Unterschiede durch die Biologie erklärt werden kann, müssen die anderen Unterschiede irgendwie anerzogen, sozial entwickelt, also sozialisiert sein. Durch die geschlechtsspezifische Sozialisation und die daraus folgenden Konsequenzen kann bzw. können nun ein Großteil der Unterschiede, aber bei weitem nicht alle, zwischen den Geschlechtern erklärt werden und verdeutlicht werden, wie diese entstehen.

3.1. Grundlegende Informationen

Die geschlechtsspezifische Sozialisation liegt quer zu allen Instanzen der Sozialisation (vgl. Gudjons 2003, S. 169), das heißt, dass sie nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt oder durch einer Einflussgruppe abgeschlossen ist, also nicht nur in der Schule oder im Kindergarten vollzogen wird, sondern, dass die geschlechtsspezifische Sozialisation ein Prozess ist, der als ein lebenslanger Prozess zu verstehen ist. Somit muss sich ein Individuum ein Leben lang mit seiner geschlechtsspezifischen Sozialisation bzw. sich aktiv mit seiner Umwelt auseinandersetzen, ob es nun will oder nicht. Die geschlechtsspezifische Sozialisation beruht nun auf der Annahme, dass Jungen und Mädchen bereits von klein an, sozusagen von Geburt an, verschiedenartig sozialisiert und somit geprägt werden. Dies beinhaltet Erwartungen, Möglichkeiten oder auch das Vorleben der verschiedenen Geschlechterrollen.

Daraus folgt, dass sich Jungen und Mädchen unterschiedlich verhalten. Doch nicht nur die beiden Geschlechter verhalten sich unterschiedlich, ihnen gegenüber wird sich auch unterschiedlich verhalten. So wurde z.B. in den Baby-X – Studien, in denen ein Säugling einmal als Mädchen, und einmal als Junge verschiedenen Frauen präsentiert wurde, deutlich, dass bereits im Säuglingsalter einem Geschlecht gegenüber anders verhalten wird, als gegenüber dem zweiten Geschlecht (vgl. Bilden 1991, S. 281).

3.2. Die gesellschaftsspezifische Sozialisation als gesellschaftsabhängiger Prozess

Hier muss festgehalten werden, dass diese Art der Sozialisation, also die geschlechtsspezifische Sozialisation, nicht in allen Gesellschaften der Welt identisch abläuft. Je nach kulturhistorischer Geschichte einer Gesellschaft unterscheidet sich nicht nur die Art und Weise, wie die geschlechtsspezifische Sozialisation stattfindet, sondern auch wie sie verstanden wird. Als Beispiel soll hier nur kurz erwähnt werden, dass z.B. in verschiedenen Gesellschaften der Südsee unterschiedliche Initialisierungsrituale vorgesehen sind, um Jungen und Mädchen in die bestehende Gesellschaft einzugliedern, sie in die Gemeinschaft der Männer und Frauen aufzunehmen. Dazu müssen verschiedene Riten vollzogen und Prozeduren (oft auch sehr schmerzhaft) durchlaufen werden. Solchen Formen oder Rituale, die der Akzeptanz der Mädchen und Jungen innerhalb einer Gemeinschaft dienen, müssen als wichtiger Teil der geschlechtsspezifischen Sozialisation verstanden werden, sollen aber hier nicht weiter Erwähnung finden.

Die Aussage dieser Arbeit und somit auch der geschlechtsspezifischen Sozialisation soll und muss universal geltend sein, da die grundlegenden Prozesse der geschlechts­spezifischen Sozialisation überall ihre Gültigkeit besitzen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Geschlechtsspezifische Sozialisation
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Fakultät für Psychologie und Pädagogik)
Note
2,6
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V74573
ISBN (eBook)
9783638785013
Dateigröße
412 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geschlechtsspezifische, Sozialisation
Arbeit zitieren
Tobias Burgthaler (Autor:in), 2006, Geschlechtsspezifische Sozialisation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74573

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