Wahlen sind das „zentrale Legitimierungsinstrument“, in dem sich „politische Präferenzen, Forderungen und Erfahrungen des Wählers artikulieren“ (Bethschneider 1987: 18). Am Wahltag entscheidet der Bürger mit seiner Stimme über die Verteilung der Macht. Die Wahl ist das zivilisierte Verfahren, mit dem der ständige Wettstreit der Parteien um die Ausgestaltung des Staates und der Kampf nach politischer Macht kanalisiert und entschieden wird. Der Wähler drückt am Wahltag durch die Stimmabgabe seine Zustimmung für die Politik einer Partei aus.
Mit dieser Definition von Wahl, als Kampf der Parteien um Wählerstimmen zur Legitimierung der politischen Macht, ist ihr der Wahlkampf quasi immanent. Der Wettbewerb der Parteien um Wählerstimmen und damit um Macht ist das zentrale Merkmal des Wahlkampfes (Radunski 1980: 11). In ihm stellen die Parteien ihre Lösungen für aktuelle politische Probleme und ihr Personal den Wählern vor. Der Wahlkampf ist der Wahl vorgelagert und damit ein wesentlicher Beitrag zur Meinungs- und Willensbildung der Wähler und stellt so ein zentrales Element des massendemokratischen Parteienwettbewerbs dar (Wiesendahl 1998: 442). Ihm kommt eine konstitutive Funktion zu, wonach er idealerweise den „Bürger über politische Themen und entsprechende Lösungsansätze der Parteien informiert, (…) Identifikationsmöglichkeiten mit Partei und Kandidat bietet und die Wähler für die Stimmabgabe mobilisiert“ (Schicha 2002: 30). Der Wahlkampf soll hier als kampagnenartige, wettbewerbsorientierte Art der Politikvermittlung durch die Parteien verstanden werden, die versucht, Aufmerksamkeit bei der Wählerschaft zu erzeugen, um sie für Botschaften aufnahmefähig zu machen, mit denen ihre Stimmabgabe beeinflusst werden soll. Diese Definition geht auf die Unterscheidung von Politik in Herstellung und Darstellung zurück, die durch Ulrich Sarcinelli eingeführt wurde (vgl. Sarcinelli 1987). Politikherstellung umfasst dabei den gesamten Bereich der politischen Sachentscheidungen und führt in der Regel zu materiellen Ergebnissen in Form von Gesetzen, Vorschriften und so weiter. Die Politikdarstellung, die gleichbedeutend mit dem Begriff der Politikvermittlung zu verstehen ist, bezieht sich dagegen auf die öffentliche kommunikative Darstellung dieser Ergebnisse und ihres Entstehungsprozesses.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Moderner Wahlkampf
- Überlegungen zum Begriff „Modernität“
- Amerikanisierung oder Modernisierung von Wahlkämpfen?
- Öffentlichkeit – Mediendominierte Kommunikationsstruktur für Kampagnen
- Modernisierung – Veränderung der Kommunikationsstruktur
- Modernität – Professionalität der Kampagnen
- Die Radiowahlwerbekampagne in modernen Wahlkämpfen
- Aufgabe und Ziel der Wahlkampagne im Allgemeinen
- Aufgabe und Ziel der Radiowahlwerbekampagne im Besonderen
- Targeting – Konzentration auf die Wechselwähler
- Opposition Research – Beobachtung von Stärken und Schwächen
- Analyse der Kommunikationsstruktur für Radiowahlwerbekampagnen in Baden-Württemberg hinsichtlich der Erst- und Jungwähler
- Ausgangssituation: Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg 2001
- Landtagswahlen – im Schatten der Öffentlichkeit
- Parteiensystem und Politische Kultur
- Stimmungslage und Bewertung der Parteien sowie der Kandidaten
- Erst- und Jungwähler und der Landtagswahlkampf
- Einstellung der Erst- und Jungwähler zur Politik und den Parteien
- Wahlbeteiligung der Erst- und Jungwähler bei Landtagswahlen seit 1975
- Erst- und Jungwähler beeinflussbar durch die Wahlkampagnen der Parteien?
- Wie treffen die Erst- und Jungwähler ihre Wahlentscheidung
- Radiowahlwerbespots und die Erst- und Jungwähler im Landtagswahlkampf
- Ausgangssituation: Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg 2001
- Moderne Kommunikationsstrategien der Radiowahlwerbesprache
- Radiowahlwerbespots – Persuasion durch Sprache
- Radiowahlwerbesprache ist symbolische Sprache
- Radiowahlwerbesprache besetzt Begriffe
- Radiowahlwerbesprache betreibt Agenda-Setting durch „Begriffe-Besetzen“
- Mobilisierung erzeugen durch eine positive Wahrnehmungsatmosphäre
- Bedeutung schaffen durch appellierende Meinungssprache
- Betroffenheit erzeugen durch Identifikation mit Wortsymbolen
- Kompetenz herausstreichen durch Polarisierung mit Begriffen
- Glaubwürdigkeit durch demonstrative Einheit und Personalisierung
- Transparenz erzeugen durch Reduzierung auf Schlagwörter
- Wiederholung/Penetranz durch Slogans
- Radiowahlwerbespots – Persuasion durch Sprache
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Kommunikationsstrukturen und -strategien von CDU und SPD im Landtagswahlkampf von Baden-Württemberg 2001 am Beispiel von Radiowahlwerbespots, fokussiert auf die Erst- und Jungwähler. Ziel ist es zu untersuchen, ob die verwendeten Kommunikationsstrategien den Anforderungen eines modernen Wahlkampfes entsprechen und wie diese auf die Erst- und Jungwähler wirken.
- Moderne Kommunikationsstrukturen und ihre Auswirkungen auf Wahlkämpfe
- Analyse der Radiowahlwerbesprache und ihrer Strategien
- Das Targeting von Erst- und Jungwählern in Wahlkampagnen
- Die Rolle von symbolischer Politik und emotionalen Appellen in der Wahlwerbung
- Die Bedeutung von Glaubwürdigkeit und Transparenz in der Kommunikation mit Erst- und Jungwählern
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beleuchtet zunächst den Begriff der Modernität im Kontext des Wahlkampfes und untersucht die Veränderungen in der Kommunikationsstruktur, die zur Amerikanisierung bzw. Modernisierung von Wahlkämpfen geführt haben. Der Fokus liegt dabei auf der wachsenden Bedeutung der Massenmedien, der Individualisierung des Wählers und der Professionalisierung der Wahlkampfplanung. Kapitel 3 befasst sich mit der spezifischen Kommunikationsstruktur des Landtagswahlkampfes in Baden-Württemberg 2001, insbesondere hinsichtlich der Erst- und Jungwähler. Es werden die Einstellungen dieser Wählergruppe zur Politik, ihre Wahlbeteiligung und die Faktoren, die ihre Wahlentscheidung beeinflussen, untersucht. Kapitel 4 analysiert die modernen Kommunikationsstrategien der Radiowahlwerbesprache, insbesondere die Verwendung von symbolischer Politik, emotionalen Appellen und Begriffsbesetzungen.
Schlüsselwörter
Moderner Wahlkampf, Amerikanisierung, Modernisierung, Kommunikationsstrukturen, Radiowahlwerbespots, Erst- und Jungwähler, Targeting, Opposition Research, symbolische Politik, Agenda-Setting, Begriffsbesetzen, Glaubwürdigkeit, Transparenz, Personalisierung, Mobilisierung, Baden-Württemberg, Landtagswahlkampf 2001.
- Arbeit zitieren
- Matthias Mißler (Autor:in), 2006, Modernität des Landtagswahlkampfes 2001 in Baden-Württemberg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74923