Im ersten Schritt gewährt die vorliegende Arbeit zunächst einen Einblick in die Geschichte des Geniedenkens der letzten Jahrhunderte, wobei insbesondere die für Schlafes Bruder und das Parfum relevanten Gesichtspunkte angedeutet werden.
Der darauf folgende Hauptteil setzt sich mit der Konzeption der postmodernen Genies auseinander und ist dabei in sechs Bereiche gegliedert. Nach einer Darstellung von Art und Ausprägung der jeweiligen Genialität werden die Protagonisten hinsichtlich ihres Umgangs Liebe, Gott und Religion, Krankheit sowie Irrsinn und Tod untersucht. Es geht vornehmlich darum, inwiefern die postmodernen Spezialisten durch diese thematischen Komponenten geprägt und konditioniert werden und welche Erfahrungen sie diesbezüglich machen. Im Anschluss werden sowohl der Wirkungsaspekt ihrer Genialität analysiert als auch der Rückgriff auf exemplarische literarische Künstlerkonzeptionen berücksichtigt.
Eine abschließende Zusammenführung soll neben der Thematisierung grundlegender Übereinstimmungen und Gegensätze hinsichtlich beider Protagonisten noch einmal die Verwurzelung in der Postmoderne verdeutlichen.
Über Genies wurde bereits vieles gesagt oder geschrieben. Was aber ist das Besondere an den so genannten postmodernen Genies? Fakt ist: sie sind anders, so ganz anders. Grenouille und Elias, die Protagonisten aus "Das Parfum" bzw. "Schlafes Bruder", sind Experten auf ihrem jeweiligen Gebiet und darin an Genialität kaum zu übertreffen. Diese jedoch resultiert aus einer sehr einseitigen Spezialbegabung. Mit genialen Persönlichkeiten wie Raffael, Mozart, Shakespeare oder Goethe, die einzigartige Werke hervorbrachten und mit ihnen und durch sich selbst Geschichte schrieben, prägten und die Welt verändern konnten, sind sie nicht vergleichbar.
Grenouille und Elias bleiben verkannte Genies, deren Begabung innerhalb ihrer literarisch-fiktiven Welt nur flüchtig wahrgenommen wird und schließlich schnell in Vergessenheit gerät. Ihre Genialität hebt sie zwar von allen anderen Menschen ab, fordert allerdings auch ausgesprochene Einbußen in nahezu allen weiteren Lebensbereichen ein. Denn obwohl die Begabung ihre Existenz in maßgeblicher Weise prägt, kann sie dennoch nicht die generelle Lebensunfähigkeit der postmodernen Experten ausgleichen und entschädigen.
Inhaltsverzeichnis
- A Einführende Überlegungen
- 1 Inhalt und Ziel
- 2 Aspekte der Postmoderne
- B Einblicke in historische Geniekonzeptionen
- C Konzeptionen der postmodernen Genies im Parfum und in Schlafes Bruder
- 1 Genialität der postmodernen Genies
- 1.1 Der postmoderne Spezialist Jean-Baptiste Grenouille
- 1.2 Der postmoderne Spezialist Johannes Elias Alder
- 2 Postmodernes Liebesleid
- 2.1 Grenouilles Sehnsucht nach Liebe
- 2.1.1 Duftverzauberung
- 2.1.2 Das Dilemma der Geruchlosigkeit
- 2.2 Elias’ aussichtslose Liebesleidenschaft
- 3 Postmoderner Umgang mit Gott und Religion
- 3.1 Grenouilles Verhältnis zu Gott und Jesus
- 3.1.1 Gottlosigkeit
- 3.1.2 Ein pervertierter Jesus
- 3.2 Elias’ Erfahrungen mit Gott und Religion
- 3.2.1 Zwischen Wille und Prädestination
- 3.2.2 Religiöse Allusionen
- 4 Postmoderne Genies zwischen Krankheit und Wahnsinn
- 4.1 Psychische Zerrüttungen des morbiden Grenouille
- 4.2 Seelische Irritationen des sensiblen Elias
- 5 Um Leben und Tod – postmoderne Lebensunfähigkeit
- 5.1 Der mordende Grenouille und sein Kampf ums Überleben
- 5.2 Der lebensmüde Elias und sein Wille zum Tode
- 6 Sprachlose Kunst und verkannte Genies – postmoderne Flüchtigkeit
- 6.1 Jean-Baptiste Grenouille – zwischen Kunst und Verblendung
- 6.1.1 Verführung und Schein
- 6.1.2 Unvereinbarkeit von Kunst und Leben
- 6.2 Johannes Elias Alder – ein zeitlebens ungeborener Künstler
- 6.2.1 Unerhört musikalisches Wirken
- 6.2.2 Im Zeichen des romantischen Künstlertums
- D Abschließende Betrachtungen
- Analyse der Ausprägung der Genialität der Protagonisten
- Untersuchung des Umgangs mit den Themen Liebe, Gott und Religion, Krankheit sowie Tod
- Betrachtung der Verkennung der Begabungen und der Auswirkungen auf das gesellschaftliche Umfeld
- Einordnung der Figuren in die Traditionen des Geniegedankens und der Künstlerdarstellung
- Hervorhebung des postmodernen Charakters der Romane
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Umsetzung der postmodernen Genieidee in Patrick Süskinds Roman Das Parfum und Robert Schneiders Schlafes Bruder. Im Fokus stehen die beiden Protagonisten, Jean-Baptiste Grenouille und Johannes Elias Alder, sowie ihre spezifischen Begabungen und ihre Auseinandersetzung mit existenziellen Themen wie Liebe, Gott und Religion, Krankheit und Tod.
Zusammenfassung der Kapitel
Die einführenden Überlegungen behandeln Inhalt und Ziel der Arbeit, wobei zunächst einige Gedanken zur literarischen Postmoderne und ihrer Ausprägung dargelegt werden. Kapitel B bietet einen kurzen Einblick in historische Geniekonzeptionen und beleuchtet dabei die relevanten Aspekte für Das Parfum und Schlafes Bruder. Der Hauptteil der Arbeit setzt sich mit den Konzeptionen der postmodernen Genies auseinander. Kapitel C untersucht die Genialität der beiden Protagonisten sowie deren Umgang mit den existentiellen Themen Liebe, Gott und Religion, Krankheit und Tod. Kapitel D befasst sich mit der Verkennung der Begabungen der Protagonisten und betrachtet die Reaktionen ihres Umfelds auf ihre Genialität. Schließlich werden in den abschließenden Betrachtungen die wichtigsten Übereinstimmungen und Unterschiede hinsichtlich der beiden Protagonisten zusammengefasst und die Verwurzelung der Romane in der Postmoderne verdeutlicht.
Schlüsselwörter
Postmoderne, Genie, Spezialist, Grenouille, Elias Alder, Liebe, Gott, Religion, Krankheit, Tod, Verkennung, Kunst, Künstlerroman, Flüchtigkeit, Wirkung, Das Parfum, Schlafes Bruder.
- Arbeit zitieren
- Christin Borgmeier (Autor:in), 2006, Postmoderne Genies oder deviante Experten? Protagonisten und ihre Darstellung in "Schlafes Bruder" und "Das Parfum", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74930