Ethische Probleme und Regulierungstendenzen der Weblogkommunikation


Hausarbeit, 2007

27 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Was sind Weblogs?
1.1 Eigenschaften und Formen
1.2. Der aktuelle Stand der Blogosphäre

2. Theorie der Ethik neuer Medien und der Formierung von Normen
2.1. Neue Medien und Ethik
2.2. Medienbezogenen Regeln und die sozialen Normierung von Gebrauchsweisen

3. Weblogs: Probleme und Lösungsansätze
3.1. Verschiedene Formen der Regulierung
3.2. Rechtliche Grundlagen
3.3. Prozedurale Regeln
3.3.1 Grundlegende Ethikprinzipien und Probleme der Weblogkommunikation
3.3.2. Unterschiedliche ethische Standards und Praktiken in der Blogosphäre
3.3.3. Selbstentwickelte Strategien der Blogger
3.3.4. Blogging Codes und ihre Notwendigkeit
3.3.5. Reaktionen der Blogosphäre
3.4. Technische Regulierungstendenzen ausgewählter Anbieter
3.5. Einschränkungen

4. Schlussfolgerung

5. Anhang: Vorschläge Ethikcodes

6. Bibliographie

PrintQuellen

Internetquellen:

Einleitung

Der Begriff „Bloggen“ beinhaltet eine Reihe von ganz verschiedenen Praktiken und Vorstellungen. Es gibt eine Vielzahl an Formen, wie bspw. Videoblogs, Warblogs oder Journals. Diese Vielfalt bringt eine Reihe ganz unterschiedlicher medienethischer Probleme mit sich. Weil es sich bei Blogs um ein relativ neues Genre handelt, kommt es grade in der Anfangs- und Etablierungsphase zu einer Reihe von Konflikten, die sich mit der Frage: ‚Wie verhält man sich als Blogger ‚richtig‘ bzw. ‚angemessen‘?‘ verallgemeinern lassen können.

Diese Hausarbeit befasst sich mit den ethischen und den allgemeinen Problemen, die in Weblogs auftreten können, sowie mit den Regulierungsansätzen bezüglich dieser Probleme. Dabei wird von dem Grundsatz ausgegangen, dass sich die Weblogkommunikation grade in einer Phase befindet, in der Nutzungsregeln ausgehandelt werden. Dies erfolgt durch die Herausbildung prozeduraler und Adäquanzregeln, aber auch durch rechtliche Rahmenbedingungen und technische Regeln.

Nach einer allgemeinen Beschreibung der Eigenschaften und Formen von Weblogs soll im Kapitel 3 auf die theoretischen Grundlagen der Ethik und Formierung von Verhaltensnormen in den neuen Medien eingegangen werden. Die aktuellen Probleme der Weblogkommunikation sollen anhand mehrerer Studien im Kapitel 4 belegt werden. Weiterhin werden in diesem Abschnitt Tendenzen der Selbstregulierung sowie technische und gesetzliche Regelungen betrachtet. Im Zusammenhang mit den prozeduralen Regeln werden einige Ethikrichtlinien vorgestellt und verglichen, sowie kurz auf die Meinungen innerhalb der Blogosphäre eingegangen. Daraus ergibt sich eine Momentaufnahme während des langfristigen Prozesses der Institutionalisierung von Weblogs.

1. Was sind Weblogs?

1.1 Eigenschaften und Formen

Als Weblog werden generell „regelmäßig aktualisierte Webseiten“ (Schmidt 2005) bezeichnet, die verschiedene Inhalte, wie beispielsweise Texte, Bilder, Audio- und Videodateien in „umgekehrt chronologischer Reihenfolge“ (ebd.) darstellen. Jeder Beitrag ist dabei durch eine eigene URL, den Permalink, unabhängig aufrufbar und referenzierbar. Normalerweise bieten Weblogs die Möglichkeit, Kommentare von Nutzern auf der eigenen Seite zuzulassen und auf andere Seiten/Weblogs zu verlinken. Diese untereinander verbundenen Seiten bilden ein großes Netzwerk, die sogenannte Blogosphäre (vgl. ebd.). Schmidt ordnet Weblogs aufgrund der Nutzungsroutinen und technischer Merkmale drei verschiedene Leibilder zu: Blogs sind authentisch, „weil sie der Persönlichkeit des Autoren repräsentieren“, sie sind dialogorientiert, „weil sie bidirektionale Kommunikation innerhalb eines Angebots und über einzelne Angebote hinweg technisch unterstützen“ und sie sind eine dezentrale Kommunikationsform, „die Merkmale der öffentlichen und der interpersonalen Kommunikation vereint und soziale Netzwerke unterschiedlicher Reichweite fundiert“ (Schmidt 2006 : 9).

Weblogs besitzen somit Eigenschaften, die zwar einzeln in verschiedenen anderen Online-Kommunikationsformen vorkommen, in dieser Kombination aber einzigartig sind. In ihrer Genreanalyse ordnen Herring et al. Blogs als Hybridmedium zwischen Standard-Webseiten und asynchroner interpersonaler computervermittelter Kommunikation ein. Sie analysieren den Ursprung der Blogs wie folgt:

“[B]logs, rather than having a single source, are in fact a hybrid of existing genres, rendered unique by the particular features of the source genres they adapt, and by their particular technological affordances.”

Neben dieser allgemeingültigen Definition von Weblogs kann zwischen verschiedenen Formen unterschieden werden. Koh et al. differenzieren für ihre Studie zwischen persönlichen und nicht persönlichen Blogs. Als persönliche Blogs werden solche bezeichnet, deren Form und Inhalt an ein privates Tagebuch erinnern. Verschiedene Studien haben aufgezeigt, dass diese Form die mit Abstand am weitesten verbreitete ist, da ca. 70% aller Blogs Journals sind (vgl. Viégas 2005; Koh et al. 2005; Herring 2004). Unpersönliche Blogs widmen sich speziellen Themen und Inhalten und sind an ein größeres Publikum gerichtet (vgl. Koh et al. 2005). Diese lassen sich wiederum unterteilen, da sie entsprechend ihres Inhaltes und ihrer Form unterschiedliche Funktionen erfüllen: Filterblogs bestehen aus einer Sammlung von Links auf interessante Seite, deren Inhalte teilweise kommentiert werden. Laut Rebecca Blood sind Filterblogs die ersten, ursprünglichen Blogs (vgl. Blood 2000a). Corporate Blogs sind die offiziellen Blogs von Unternehmen, und werden sowohl für die interne als auch die externe Kommunikation genutzt (vgl. Wikipedia : Corporate Blogs). Journalistische Blogs sind dadurch gekennzeichnet, dass sie „sich an der (im weiten Sinne) politischen Öffentlichkeit beteiligen, und Informationen, Meinungen und Beurteilungen in den gesellschaftlichen Diskurs einspeisen“ (Schmidt 2006 : 119). Wikipedia listet inzwischen 24 verschiedene Blogformen auf: weitere Formen sind u. A. Warblogs, Watchblogs, Metablogs, Fotoblogs, Videoblogs, Moblogs, oder Krimiblogs (vgl. Wikipedia : Weblogs). Weblogs gibt es also in sehr verschiedenen Formen und mit unterschiedlichen Kommunikationszielen. Die Vielfalt der Themen, Gebrauchsweisen und technischen Formate erschwert es, einheitliche Aussagen zu Weblogs zu machen. Auch ethische Probleme und Standards sind aufgrund der verschiedenen Ausprägungen von Weblogs nur bedingt allgemein festzulegen.

1.2. Der aktuelle Stand der Blogosphäre

David Sifry, Gründer und CEO von Technorati, versucht in seinen regelmäßigen Berichten den aktuellen Stand der Blogosphäre in Zahlen zu fassen: So wurden im 1. Quartal 2007 von Technorati ca. 70 Millionen Weblogs weltweit erfasst. Dabei werden jeden Tag weltweit ca. 120.000 neue Weblogs geschaffen. Auf die Gesamtheit dieser Blogs verteilen sich ca. 1,5 Millionen Postings pro Tag, was eine Rate von 17 Postings pro Sekunde ergibt. Laut Sifry ist die Anzahl der Postings leicht zurückgegangen, rasante Anstiege sind allerdings während bedeutsamer Ereignisse zu verzeichnen. So wurden beispielsweise bei der Israel-Libanon Krise im Sommer vergangenen Jahres deutlich mehr Postings pro Tag gemessen. Insgesamt haben es im vergangenen Jahr 22 Blogs in die Rangliste der 100 beliebtesten Internetseiten geschafft, was im Vergleich zum Vorjahr fast eine Verdoppelung der Blogs in dieser Kategorie ausmacht. Seit dem 1. Quartal 2007 hat Japanisch, mit einem Anteil von 37%, Englisch (36%) als häufigste Sprache von Weblogs überholt. Deutsche Weblogs machen mit 1% nur einen sehr geringfügigen Teil der Blogosphäre aus. (vgl. Sifry 2007)

Diese Zahlen können nur als eine Annährung an den tatsächlichen Stand der Blogosphäre betrachtet werden, da der Suchdienst Technorati nach dem ping-Verfahren arbeitet. Dies bedeutet, dass ein Weblog bei Aktualisierung ein entsprechendes Signal, den Ping, sendet. Wenn ein Weblog allerdings trotz neuer Inhalte keinen Ping sendet, wird er auch nicht geführt, „weswegen die Zahlen die tatsächliche Verbreitung von Weblogs tendenziell eher unterschätzen.“ (Schmidt 2006 : 16)

2. Theorie der Ethik neuer Medien und der Formierung von Normen

2.1. Neue Medien und Ethik

Grundüberlegungen zu einer Debatte über Ethik in Weblogs können von allgemeinen Ausführungen zur Internetethik übernommen werden. Im Detail soll später dann auf die Besonderheiten der Weblogkommunikation und die damit anderen Anforderungen an eine Weblogethik eingegangen werden.

Das Internet birgt als weltweites Netz sowohl Chancen als auch Risiken (vgl. Schwenk 2002 : 19ff.). Eine theoretisch hergeleitete Überlegung zur Internetethik kommt von Mike Sandbothe. Er unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen Ethikvorstellungen: der traditionellen Auffassung von Ethik einerseits, die davon ausgeht, „dass es feststehende und unveränderliche moralische Prinzipien gibt“ und dem pragmatischen Ethikkonzept anderseits, bei welchem moralische Normen und Prinzipien „immer nur relativ auf bestimmte Glaubensformen und bestimmte historische Kontexte“ gelten. Die Lebens- bzw. Alltagspraxis allein entscheidet über die Gültigkeit dieser Normen (Sandbothe 1996).

Sandbothe stellt heraus, dass die “für das Internet charakteristischen Grundstrukturen – multidirektionale Kanäle, dezentrale Netzstrukturen, geographisch offene Rezipientenkreise - … das pragmatische Grundkonzept von Ethik als Leitmodell nahe[legen]“ (ebd.). Dies bedeutet, dass Normen und Umgangsformen sich quasi ‚von unten‘ im Netz entwickeln, also in der ‚virtuellen Gemeinschaft‘ selbst entstehen. Als Beispiel für eine „pragmatische Netznutzungsethik“ nennt Sandbothe die Entstehung einer Netiquette (ebd.). Er betont, dass für eine pragmatische Internetethik von großer Bedeutung ist, sich an den im Netz bereits selbstständig entstandenen Verhaltensweisen und Umgangsformen zu orientieren. Die Herausbildung von Normen und Regeln im Internet sieht Sandbothe als einen kreativen Prozess an, welcher durch die Pluralität und Multikulturalität nicht erschwert, sondern erst gefördert und aufgewertet wird. Er beschreibt das Internet als einen „Flickenteppich unterschiedlicher Denkformen und Ethikhorizonte“, in dem es zu einer „kreative[n] Konkurrenz und produktive[n] Selektion von Moralvorstellungen und Weltbildern“ kommt (ebd.). Dabei entscheidet die Praxis alleine, ob sich diese Formen bewähren oder ob sie scheitern und neue ausgehandelt werden müssen. Weiterhin betont er die Bedeutung der kontinuierlichen Selbstreflektion und der Offenheit dieses Systems nach außen.

Auch im Hinblick auf die Weblogkommunikation ist es wahrscheinlich und z.T. auch beobachtbar, dass sich die Umgangsformen und Normen aus der Blogosphäre selbst entwickeln und sich soweit wie möglich durch Selbstregulierung durchsetzen. Wie Sandbothe betont, bietet das Internet eine Vielzahl an Normen und Ethikvorstellungen. Dies gilt ebenso für die Blogosphäre. Dabei kann sich die Diskussion dieser verschiedenen Meinungen durchaus bereichernd auf die Community auswirken und zu einem insgesamt für viele Blogger annehmbarem Resultat führen. Da die Selbstregulierung wie bei allen anderen Formen computervermittelter Kommunikation als alleiniges Steuerinstrument nicht ausreichend ist, werden auch in der Weblogkommunikation technische Standards und (Weiter-) Entwicklungen sowie die gesetzlichen Rahmenbindungen zur Lösung normativer Probleme miteinbezogen werden. Auf die entsprechenden Vorgänge der Selbstregulierung in der Blogosphäre sowie auf technische Aspekte und gesetzliche Regelungen soll im Kapitel 3 eingegangen werden.

2.2. Medienbezogenen Regeln und die sozialen Normierung von Gebrauchsweisen

Im Rahmen seiner Studie „Praktiken des Bloggens“, in der er die Strukturierungsprozesse der Weblogkommunikation beschreibt, greift Schmidt auf ein Konzept von Höflich zurück, welcher eine praxisorientierte Theorie der computervermittelten Kommunikation entwickelte. Demnach wird die Onlinekommunikation durch „kulturell vorgeformte Situationsdefinitionen“ (Schmidt 2005 : 13), sogenannten Computerrahmen, beeinflusst. Diese geben vor, „welches Verhalten adäquat und erwartbar ist“ (ebd.).

Höflich leitet den Regelungsbedarf kommunikationstechnischer Neuerungen wie folgt her: Die Nutzung von Technologien, als „Bestandteil sozialen Handelns“, unterliegt selbst „sozialen Regeln“ (Höflich 1996 : 82). Diese ermöglichen einen effektiven und „adäquaten Umgang mit [der] Technik“ (ebd.) Dabei betont Höflich, dass diese Regeln keineswegs starr festgelegt sind, sondern sich kreativ aus dem Mediengebrauch heraus ergeben und verändern. Für neue Techniken müssen sich somit erst entsprechende Regeln herausbilden, bzw. alte Regeln müssen angepasst und umgewandelt werden. Zusammenfassend betont Höflich, dass Kommunikationsmedien „nicht nur technikbezogene Anpassungsleistungen [erfordern], sondern auch die Ausformung und Koordination spezifischer (…) Regeln.“ (ebd.) Er stellt heraus, dass solche Regeln nicht immer bewusst angewandt werden, sondern sich vielmehr aus der routinierten Nutzung heraus ergeben. Gerade die Etablierung neuer Kommunikationsformen stellen demnach „Testfälle“ (Höflich 1996 : 83) dar, da keine gemeinsamen Regeln und Handlungsgrundlagen vorliegen. Höflich weist darauf hin, dass „hierbei der Faktor Zeit“ entscheidend ist, und betont, dass „mit zunehmender Medienerfahrung […] sich die Nutzer zugleich eine Medienkompetenz an[eignen]“ (Höflich 1996 : 87). Dieser Prozess der sozialen Formierung von Regeln lässt sich nun auch auf Weblogs, als eine Form der neuen, computervermittelten Kommunikation, übertragen. Regeln, die aus anderen onlinebasierten Kommunikationsformen wie der Homepage oder dem Chat, bekannt sind, werden zum Teil übertragen und modifiziert, andere Regeln entstehen erst aus dem konkreten Gebrauch.

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Ethische Probleme und Regulierungstendenzen der Weblogkommunikation
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Veranstaltung
Tendenzen computervermittelter Kommunikation
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
27
Katalognummer
V75001
ISBN (eBook)
9783638785211
ISBN (Buch)
9783638795265
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ethische, Probleme, Regulierungstendenzen, Weblogkommunikation, Tendenzen, Kommunikation
Arbeit zitieren
Kristin Simon (Autor:in), 2007, Ethische Probleme und Regulierungstendenzen der Weblogkommunikation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75001

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