Diskriminierung im Sinne einer rechtlich unzulässigen Gleich- oder Ungleichbehandlung ist auch ein Thema in der Privatversicherung, weil diese wettbewerbsorientiert ist und der Wettbewerb Prämiendifferenzierung durch Bildung unterschiedlicher Risikoklassen (Versichertengruppen) erzwingt. Darunter fällt auch die Berücksichtigung des Geschlechts. Jedoch ist „die Gleichbehandlung von Frauen und Männern … ein Grundrecht, und die Kommission ist der Auffassung, dass die Tariffreiheit diesem Recht unterzuordnen ist.“ Vor diesem Hintergrund hat der Rat der EU im Zuge des Antidiskriminierungsprogramms die Richtlinie „zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen“ erlassen, die u. a. auf das Privatversicherungsgeschäft abzielt und das Geschlecht als Tarifierungs-merkmal verbieten will. Als Konsequenz ergeben sich sog. Unisex-Tarife wie sie bereits in der gesetzl. Rentenversicherung existieren. Beruhend auf dieser Richtlinie hat die Regierung der Bundesrepublik Deutschland zum Juli 2004 das Altersvorsorge-Verträge-Zertifizierungsgesetz geändert, nach dem ab 2006 Verträge nur noch staatlich gefördert werden, wenn eine geschlechtsunabhängig berechnete Altersversorgung vorgesehen ist (Riester-Verträge).
In dieser Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, ob die Richtlinie des Rates der EU bzw. die Verpflichtung zur geschlechtsneutralen Kalkulation in der privaten Rentenversicherung bei den Riester-Verträgen ökonomisch sinnvoll ist und sich als weiterer Schritt zur Gleichbehandlung der Geschlechter eignet.
Hierzu wird die Prämienkalkulation zunächst allg. für die private Versicherung dargestellt. Anschließend wird die Wichtigkeit der Lebenserwartung bei der Kalkulation aufgezeigt und erläutert, wie beides in der privaten Rentenversicherung in Deutschland berücksichtigt wird. Nachfolgend wird veranschaulicht, welche Folgen die sog. Unisex-Tarife haben können. Es wird untersucht, welche Konsequenzen für den Rentenversicherungsmarkt zu erwarten sind und in welchem Ausmaß Ausweichreaktionen der Versicherungsnehmer zu befürchten sind. Zum Schluss wird betrachtet, wie Unisex-Tarife dazu dienen können, die im Schnitt geringeren Rentenansprüche von Frauen auszugleichen.
Zunächst wird die Frage gestellt, ob überhaupt eine rechtliche Grundlage besteht, Unisex-Tarife vorzuschreiben, und zwar sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Rechtliche Aspekte
- Prämienkalkulation in der privaten Versicherung
- Kalkulation allgemein
- Geschlecht und Lebenserwartung
- Prämienkalkulation in der privaten Rentenversicherung
- Rentenversicherungstarife im Vergleich zu Kapitalverzehrplänen
- Konsequenzen von Unisex-Tarifen
- Auswirkungen auf den Rentenversicherungsmarkt
- Ausweichreaktionen aufgrund von Unisex-Tarifen
- Unisex-Tarife als Umverteilungsinstrument
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die ökonomische Sinnhaftigkeit und die Auswirkungen von Unisex-Tarifen in der privaten Rentenversicherung, insbesondere im Zusammenhang mit den Riester-Verträgen. Die Arbeit befasst sich mit der Frage, ob die Einführung von Unisex-Tarifen als Schritt zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Altersvorsorge betrachtet werden kann.
- Rechtliche Grundlagen von Unisex-Tarifen in der EU und in Deutschland
- Die Rolle des Geschlechts bei der Prämienkalkulation in der privaten Versicherung
- Vergleich von Unisex-Tarifen und Kapitalverzehrplänen
- Konsequenzen von Unisex-Tarifen für den Rentenversicherungsmarkt
- Unisex-Tarife als Instrument der Umverteilung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt das Thema Unisex-Tarife in der Rentenversicherung vor und führt in die Problematik der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der privaten Versicherung ein. Die Arbeit zielt darauf ab, die ökonomische Sinnhaftigkeit und die Auswirkungen von Unisex-Tarifen zu untersuchen.
- Rechtliche Aspekte: Dieser Abschnitt behandelt die rechtlichen Grundlagen von Unisex-Tarifen auf europäischer und nationaler Ebene. Es wird die Richtlinie 2004/113/EG des Rates der Europäischen Union und die Änderungen des AltZertG in Deutschland beleuchtet.
- Prämienkalkulation in der privaten Versicherung: Dieses Kapitel erläutert die allgemeine Prämienkalkulation in der privaten Versicherung und betont die Bedeutung der Lebenserwartung in diesem Zusammenhang. Es wird dargestellt, wie die Prämienkalkulation in der privaten Rentenversicherung in Deutschland erfolgt, wobei das Geschlecht als Risikofaktor berücksichtigt wird.
- Rentenversicherungstarife im Vergleich zu Kapitalverzehrplänen: Dieser Abschnitt vergleicht Rentenversicherungstarife mit Kapitalverzehrplänen, um die Bedeutung der Lebenserwartung bei der Altersvorsorge zu verdeutlichen. Dabei werden die Vorteile und Nachteile beider Anlageformen hinsichtlich des Geschlechtsaspekts betrachtet.
- Konsequenzen von Unisex-Tarifen: Das Kapitel beleuchtet die möglichen Auswirkungen von Unisex-Tarifen auf den Rentenversicherungsmarkt, insbesondere auf die Prämienentwicklung und das Versicherungsverhalten von Frauen und Männern. Es werden auch potenzielle Ausweichreaktionen der Versicherungsnehmer behandelt.
Schlüsselwörter
Diese Arbeit befasst sich mit den Themen Unisex-Tarife, Gleichbehandlung, Prämienkalkulation, Rentenversicherung, Kapitalverzehrpläne, Lebenserwartung, Risikoklassen, Versicherungsmärkte, Umverteilung, EU-Recht, AltZertG.
- Arbeit zitieren
- Martin Hammer (Autor:in), 2006, Unisex-Tarife in der Rentenversicherung - Gleich- oder Ungleichbehandlung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75080