Unter dem Begriff organisierte Interessen werden in einer Gesellschaft viele, verschiedene soziale Erscheinungen erfasst. Bestimmte, übereinstimmende Interessen und gemeinsame Interessenvertretung finden sich sowohl in der Familie, in zahlreichen Vereinen, in Religionsvereinigungen bis hin zum "Staatsverband" wieder. Im folgenden sind mit organisierten Interessen solche Interessenverbände oder Interessengruppen gemeint, bei denen es sich um freie Zusammenschlüsse von natürlichen oder juristischen Personen aber auch Personengruppen, d.h. Verbände, handelt, die - auf Dauer angelegt - Einfluss auf staatliche Entscheidungen zu nehmen suchen, ohne Parteien zu sein.
Im Mittelpunkt sozialwissenschaftlicher Forschung über Interessenverbände steht bisher ihre Einflussnahme auf staatliche Entscheidungen. Ebenso soll auch hier die Beziehung zwischen Staat und Verbänden untersucht werden. Besonderes Interesse gilt dem Einfluss und den Interaktionen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) auf die politische Willensbildung.
Die Frage nach der Macht und des Einflusses des Geldes, der Unternehmen, der Wirtschaft auf die Gestaltung der Politik, war Ursprung dieser Arbeit. Grundlage der gesellschaftlichen und politischen Bedeutung der Unternehmer ist das Eigentum, insbesondere das Eigentum an Produktionsmitteln. Unternehmer verkörpern ein mächtiges, gesellschaftliches Interesse in kapitalistischen Industriegesellschaften, da sie einen wesentlichen Teil der Investitionsmittel und der Arbeitsmärkte kontrollieren. Grundinteressen der Unternehmer sind das Streben nach Gewinn und freier, unbehinderter Verfügung über Kapital und Arbeit. Es existieren jedoch zwei gesellschaftliche Komponenten, die der freien Disposition darüber im Wege stehen: die Gewerkschaften und der Staat. Die Gewerkschaften werden in dieser Arbeit außenvorgelassen. Blickpunkt ist der Staat, der mit Steuern die Unternehmen belastet und durch Gesetze und Vorschriften die Freiheit ihrer Entfaltung einschränkt. Die Interessen der Unternehmerschaft sind in vielen Bereichen, etwa in Fragen des Arbeitsrechts, der Unternehmensverfassung, Steuer- und Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik und auch Außenwirtschaftspolitik, betroffen. Die Unternehmerverbände, besonders ihr Spitzenverband BDI, vertritt die industriellen Interessen gegenüber dem Staat.
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Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Verbände und Staat
- 2.1. Rolle & Funktion der Verbände in der Gesellschaft
- 2.2. Adressaten der Einflussnahme
- 2.2.1. Das Parlament
- 2.2.2. Die Parteien
- 2.2.3. Die Exekutive
- 2.3. Mittel der Einflussnahme
- 2.3.1. Die Mitgliederstärke und das Mittel des Wählerpotentials
- 2.3.2. Die Finanzkraft und ihre Anwendungsbereiche
- 2.3.3. Die Organisationsfähigkeit, bzw. Zerreißfestigkeit
- 2.3.4. Die Konfliktfähigkeit
- 2.3.5. Die verfassungsrechtlich privilegierten Machtchancen
- 2.3.6. Exklusive Informationen
- 2.4. Schwierigkeiten bei der Bestimmung gesellschaftlicher Machtverteilung - Die Methode des entscheidungsgenetischen Ansatzes -
- 2.5. Pluralismustheorie contra Theorie der Kapitalmacht
- 2.5.1. Pluralismustheorie
- 2.5.2. Theorie der Kapitalmacht
- 2.5.3. Übereinstimmung von Theorie und Praxis?
- 3. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI)
- 3.1. Mitglieder und Organisationsgrad
- 3.2. Zielsetzung und Aufgabenbestimmung
- 3.3. Mittel und Möglichkeiten der Einflussnahme
- 3.4. Fünf grundsätzliche, taktische Verhaltensformen
- 3.5. Adressaten der Einflussnahme
- 4. Schlussbemerkungen und Ergebnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Einfluss von Verbänden, insbesondere des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), auf politische Entscheidungen. Die zentrale Frage ist, wie groß der Einfluss wirtschaftlicher Interessen auf die Politik ist und ob dieser Einfluss die Politik maßgeblich bestimmt. Die Arbeit beleuchtet die Rolle und Funktion von Verbänden in der Gesellschaft, ihre Mittel der Einflussnahme und die Adressaten ihrer Aktivitäten.
- Die Rolle und Funktion von Verbänden in der Gesellschaft
- Die Mittel der Einflussnahme von Verbänden auf die Politik
- Der Einfluss des BDI auf die politische Willensbildung
- Vergleichende Betrachtung von Pluralismustheorie und Theorie der Kapitalmacht
- Analyse der Schwierigkeiten bei der Bestimmung gesellschaftlicher Machtverteilung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik des Einflusses von Verbänden auf politische Entscheidungen ein. Sie definiert den Begriff „organisierte Interessen“ und benennt den Fokus der Arbeit auf die Beziehung zwischen Staat und Verbänden, mit besonderem Augenmerk auf den BDI. Die zentrale Forschungsfrage nach der Macht und dem Einfluss des BDI auf die Politik wird formuliert. Die methodischen Herausforderungen aufgrund des Mangels an empirischem Material werden angesprochen.
2. Verbände und Staat: Dieses Kapitel analysiert die allgemeine Rolle und Funktion von Verbänden in der modernen Gesellschaft. Es beleuchtet die verschiedenen Adressaten der Einflussnahme (Parlament, Parteien, Exekutive) und beschreibt die unterschiedlichen Mittel, die Verbände zur Einflussnahme einsetzen (Mitgliederstärke, Finanzkraft, Organisationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, exklusive Informationen). Schwierigkeiten bei der Bestimmung gesellschaftlicher Machtverteilung werden im Kontext des entscheidungsgenetischen Ansatzes diskutiert, und die Pluralismustheorie wird der Theorie der Kapitalmacht gegenübergestellt. Das Kapitel untersucht, ob sich die theoretischen Modelle in der Praxis widerspiegeln.
Schlüsselwörter
Verbände, Interessenvertretung, Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Politik, Einflussnahme, Macht, Pluralismustheorie, Theorie der Kapitalmacht, politische Willensbildung, Entscheidungsfindung, Wirtschaft, Gesellschaft.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Text "Einfluss von Verbänden auf politische Entscheidungen"
Was ist der Gegenstand des Textes?
Der Text untersucht den Einfluss von Verbänden, insbesondere des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), auf politische Entscheidungen. Die zentrale Frage ist, wie stark wirtschaftliche Interessen die Politik beeinflussen und ob dieser Einfluss die Politik maßgeblich bestimmt.
Welche Themen werden im Text behandelt?
Der Text behandelt die Rolle und Funktion von Verbänden in der Gesellschaft, ihre Mittel der Einflussnahme (z.B. Mitgliederstärke, Finanzkraft, Organisationsfähigkeit), die Adressaten ihrer Aktivitäten (Parlament, Parteien, Exekutive) und vergleicht die Pluralismustheorie mit der Theorie der Kapitalmacht. Ein Schwerpunkt liegt auf der Analyse des BDI und seiner Einflussnahme auf die politische Willensbildung.
Welche Kapitel umfasst der Text?
Der Text ist in vier Kapitel gegliedert: Eine Einleitung, ein Kapitel zu Verbänden und Staat, ein Kapitel zum BDI und abschließende Schlussbemerkungen. Kapitel 2 analysiert die allgemeinen Mechanismen der Einflussnahme von Verbänden, während Kapitel 3 sich auf den BDI konzentriert.
Welche Methoden werden im Text verwendet?
Der Text verwendet einen analytischen Ansatz, der die Rolle von Verbänden in der Gesellschaft und ihre Einflussnahme auf politische Prozesse untersucht. Er vergleicht verschiedene theoretische Modelle (Pluralismustheorie und Theorie der Kapitalmacht) und diskutiert die Schwierigkeiten bei der empirischen Bestimmung gesellschaftlicher Machtverteilung im Kontext des entscheidungsgenetischen Ansatzes. Die methodischen Herausforderungen aufgrund von Datenmangel werden ebenfalls angesprochen.
Welche Schlüsselbegriffe sind wichtig für das Verständnis des Textes?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind Verbände, Interessenvertretung, BDI, Politik, Einflussnahme, Macht, Pluralismustheorie, Theorie der Kapitalmacht, politische Willensbildung, Entscheidungsfindung, Wirtschaft und Gesellschaft.
Was sind die zentralen Forschungsfragen des Textes?
Die zentrale Forschungsfrage ist die nach dem Ausmaß des Einflusses wirtschaftlicher Interessen, insbesondere des BDI, auf politische Entscheidungen. Der Text untersucht, welche Mittel Verbände einsetzen, um Einfluss zu nehmen, und wer die Adressaten dieser Einflussnahme sind. Die Vergleichbarkeit der theoretischen Modelle mit der Praxis wird ebenfalls hinterfragt.
Welche Schlussfolgerungen zieht der Text?
Die Schlussfolgerungen des Textes sind im Kapitel "Schlussbemerkungen und Ergebnis" zusammengefasst. Der Text beleuchtet die Komplexität der Beziehung zwischen Verbänden und Staat und die Schwierigkeiten bei der Messung von Einfluss und Macht. Die konkreten Schlussfolgerungen hängen von den detaillierten Analysen des Haupttextes ab.
- Arbeit zitieren
- Elfi Victoria Siebert (Autor:in), 2002, Der Einfluss der Verbände auf die Politik - Der Bundesverband der Deutschen Industrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7509