Die Entwicklungsgeschichte des Sportkletterns in der Sächsischen Schweiz


Hausarbeit, 2002

34 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die klettersportliche Früherschließung von 1848-1890
2.1 Sebastian Abratzky – die Erstbesteigung eines Massivs
2.2 Die Erstbesteigung eines Gipfels aus sportlichen Motiven
2.3 Die erste Gipfelbesteigung nach heute gültigen Kletterregeln
2.4 Die Gründung des DAV und der Sektion Dresden

3. Die Phase der klettersportlichen Haupterschließung von 1890-1913
3.1 Die Erschließerpersönlichkeiten Rudolf Fehrmann und Oskar Schuster
3.2 Die Gründung des Sächsischen Bergsteigerbundes 1911

4. Der Klettersport von 1914-1945 (Erster und Zweiter Weltkrieg)
4.1 Die Entwicklung allgemein
4.2 Das Bergsteigen zur Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945
4.3 Der Einfluss des sächsischen Bergsteigers Fritz Wiessner auf den internationalen Kletter- und Bergsport seiner Zeit

5. Die Entwicklung des Klettersports nach 1945
5.1 Die Situation unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg
5.2 Die 1950er und 1960er Jahre
5.2.1 Leistungssteigerungen durch erstmaliges wissenschaftlich fundiertes Training
5.2.2 Der organisierte Bergsport in der DDR

6. Das sächsische Klettern in den 1970er und 1980er Jahren
6.1 Der Einfluss ausländischer Kletterer
6.2 Bernd Arnold – Die Ausnahmeerscheinung in der Sächsischen Schweiz

7. Die Entwicklungen in der Nachwendezeit

8. Fazit

Literaturnachweis

1. Einleitung

Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung der Entwicklung des Klettersports in der Sächsischen Schweiz von seinen Anfängen bis in die Gegenwart. Es soll sich hierbei jedoch nicht nur um eine rein chronologische Abhandlung von Ereignissen handeln, sondern es wird ferner der Frage nachgegangen, ob und inwiefern das sächsische Felsklettern Einfluss auf die Entwicklung des internationalen Bergsports hatte. Reisen ins Elbsandsteingebirge, Erzählungen und Buchtitel wie „Wiege des Freikletterns1“ lassen auf eine besondere Bedeutung des Gebietes schließen und haben zur Hinterfragung des Ursprungs des Klettersports angeregt.

Die Entwicklungsgeschichte wird in sechs Phasen unterteilt. Jede Phase beschreibt allgemeine Entwicklungstendenzen sowie Neuerungen in diesem Zeitabschnitt und untersucht diese in Bezug auf ihren Einfluss auf das Klettern in anderen Regionen, wobei auch Beeinflussungen des sächsischen Klettersports von „außen“ Erwähnung finden.

Ebenfalls sollen die für die Historie des sächsischen Bergsports bedeutsamen Institutionen und politischen Geschehnisse behandelt werden.

Da historische Ereignisse auch stets in unmittelbarer Verbindung mit Persönlichkeiten stehen, werden ihnen und ihren Leistungen einige Abschnitte der Arbeit gewidmet. Die exemplarische Heraushebung bedeutender Personen erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aufgrund des Rahmens der Arbeit bleibt eine Vielzahl begabter und einflussreicher Kletterer unerwähnt.

2. Die klettersportlichen Früherschließung von 1848–1890

2.1 Sebastian Abratzky – die Erstbesteigung eines Massivs

Als Beginn des Kletterns aus partiell sportlichen Motiven sollte das Jahr 1848 Erwähnung finden, als Sebastian Abratzky (1829-1879) das Felsmassiv der Festung Königstein durch den „Abratzkykamin“ erklomm[1]. Diese Besteigung gilt heute jedoch noch nicht als die Geburtsstunde des Sportkletterns, da Sebastian Abratzky bei seiner Erstbegehung noch „Nützliches mit Abenteuerlichem verband[2]“. Er bestieg die Festung Königstein in der Hoffnung durch sein abenteuerliches Unterfangen Aufmerksamkeit zu erregen und daraus einen finanziellen Gewinn zu erzielen. Abratzky dokumentierte seine Besteigung in der Schrift „Die einzige Ersteigung der Festung Königstein durch Sebastian Abratzky[3]“, die er gewinnbringend verkaufte. Seine Besteigung gilt aus heutiger Sicht sowohl aufgrund der Verfolgung noch nicht ausnahmslos sportlicher Motive, als auch durch die Ersteigung eines Massivs, nur als „inoffizieller“ Beginn des Felskletterns in der Sächsischen Schweiz. Die Begründung dafür liegt in den bis heute größtenteils gültigen sächsischen Kletterregeln – verfasst durch Rudolf Fehrmann zum Beginn des 20. Jahrhunderts - die das Klettern an Felsmassiven (mit zwei Ausnahmen) und die Benutzung von Hilfsmitteln verbieten[4].

2.2 Die Erstbesteigung eines Gipfels aus sportlichen Motiven

Die Erstbegehung des Falkensteins am 6. März 1864 durch Schandauer Turner gilt als die Geburtsstunde des Felskletterns in der Sächsischen Schweiz[5], da nun eine Besteigung zum ersten Mal aus rein sportlichen Motiven heraus stattfand. Dennoch erfolgte auch diese nicht nach den rund 50 Jahre später entstandenen Kletterregeln. Gustav Tröger, August Hering, Ernst Fischer, Johannes Wähnert und Heinrich Frenzel bestiegen den Gipfel erst nach mehreren Vorbereitungstagen, während derer sie künstliche Hilfsmittel im Fels verankerten[6].

2.3 Die erste Gipfelbesteigung nach heute gültigen Kletterregeln

HASSE merkt an, dass die Unternehmungen von Abratzky und den fünf Schandauer Turnern ebenfalls nicht „als Ursprung des Sächsischen Bergsteigens befriedigen [...]“, da dafür „[...] zum sportlichen Klettern noch das Wie – hier der gezielte Verzicht auf künstliche Kletterhilfen - [...][7]“ hinzukommen müsste.

Eine nach heutigen Kletterregeln zulässige Besteigung eines Gipfels unter Verzicht auf Hilfsmittel wurde durch die Erstbegehung des Ostwegs am Falkenstein durch O. E. Ufer und H. Frick im Jahr 1874 vollbracht[8]. Diese Besteigung kennzeichnet den Beginn des traditionsreichen, hilfsmittelfreien Kletterns in der Sächsischen Schweiz, das Einfluss auf den weltweiten Klettersport haben wird. Bis zu kontroversen Diskussionen in Bezug auf eine einheitliche Kletterethik in den 1970er Jahren wird das Felsklettern nicht grundsätzlich gleichgesetzt mit hilfsmittelfreier Bezwingung von Gipfeln und Wänden.

Trotz dieser ersten Besteigung eines Gipfels ohne Hilfsmittel ist anzumerken, dass die Kletterer der 1870-90er Jahre hauptsächlich Begehungen durchführten, die auf der Verwendung von Holzkeilen, geschlagenen Löchern, Leitern, Eisensprossen und Ähnlichem beruhten[9]. Dessen ungeachtet müssen diese Leistungen als frühzeitiger Grundstein des heutigen Felskletterns betrachtet werden. Bernd Arnold sieht in diesen ‚Handwerkern’ die Basis dafür, dass „[...] das Klettern des Kletterns willen [...][10]“ entdeckt wurde.

2.4 Die Gründung des DAV und der Sektion Dresden

Ebenfalls grundlegend für diese Phase der Früherschließung und die weitere Entwicklung des Klettersports und Alpinismus, nicht nur in der Sächsischen Schweiz, sondern in Deutschland allgemein, war die Gründung des Deutschen Alpenvereins (DAV) in München 1869 und der Sektion Dresden im Jahr 1873[11].

Mit der Entstehung des DAV und seiner Sektionen erhält der Klettersport schon frühzeitig einen organisierten institutionellen Rahmen.

3. Die Phase der klettersportlichen Haupterschließung von 1890-1913

Das Jahr 1890 kennzeichnet den Beginn der systematischen Erschließung des Gebietes der Sächsischen Schweiz für den Klettersport. In dieser Phase wurden annähernd alle bedeutenden Gipfel erstbestiegen oder neue Wege auf bereits bestiegene Gipfel gefunden[12]. Zunächst verliefen Aufstiegswege durch Kamine, später folgten Begehungen entlang von Rissen. Albert Kunzes „Überfall“ zur Esse an der Lokomotive (Rathener Gebiet) im Jahr 1903 gilt als Anfang der Periode schwerer Wandkletterei, die den Zugang zu weiteren Gipfeln und Wegen ermöglichte[13]. Der Übergang von verhältnismäßig sicherer Kamin- und Risskletterei zu schwierigerer und schlechter abzusichernder Wandkletterei resultierte in einer Erhöhung bisher gekletterter Schwierigkeitsgrade. Bereits im Jahr 1906 wurde der Teufelsturm von Oliver Perry-Smith und Rudolf Fehrmann auf einem Weg erstbestiegen, der nach heutiger UIAA-Skala dem Schwierigkeitsgrad VI (nach heutiger Sächsischer Skala VIIb) entspricht[14]. Aufgrund der geringen Verbreitung des – historisch betrachtet - „neuen“ Sports zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist davon auszugehen, dass es sich dabei um die weltweit erste Sportkletterei in diesem Schwierigkeitsgrad handelt.

Neben R. Fehrmann, O. Perry-Smith und einigen anderen bedeutenden Bergsteigern der Jahre 1890-1913 sollte auch Oskar Schuster Erwähnung finden, da er gemeinsam mit R. Fehrmann den Klettersport in dieser Phase und über sie hinaus prägte. Im anschließenden Kapitel werden deshalb die Verdienste von R. Fehrmann und O. Schuster, sowie deren Einfluss auf das (weltweite) Klettern beschrieben.

3.1 Die Erschließerpersönlichkeiten Rudolf Fehrmann und Oskar Schuster

Rudolf Fehrmann und Oskar Schuster sind für diese Periode als die wohl bedeutendsten Persönlichkeiten zu nennen, da sie die Entwicklung des Klettersports in der Sächsischen Schweiz, aber auch international - nicht nur in Hinsicht auf rein sportliche Aspekte - vorantrieben und nachhaltig beeinflussten. Unter sportlicher Betrachtungsweise gelten sie als zwei der aktivsten Erschließer der Sächsischen Schweiz, aber auch von Teilen der alpinen und nicht-alpinen Gebirge in und außerhalb Europas. Über ihre eigenen klettersportlichen Aktivitäten hinaus legten sie Grundsteine für die heutige Kletterethik und andere für den Sport bedeutsame Fortschritte, die im Folgenden erläutert werden sollen. Im Voraus wäre anzumerken, dass ihnen - wie auch anderen Bergsportpersönlichkeiten dieser Zeit - die umfangreiche Erschließung und die damit verbundenen Reisen, über die Sächsische Schweiz hinaus, nur möglich waren, aufgrund eines großen finanziellen Rückhaltes durch die Schichtzugehörigkeit ihrer Familien und die damit in enger Verbindung stehende hohe berufliche Qualifikation. R. Fehrmann war nach einem Jurastudium als Anwalt tätig[15]. O. Schuster wurde nach dem Abschluss seines Medizinstudiums, dank eines großen Vermögens und Familienbesitzes, sogar nie berufstätig[16].

O. Schuster war an insgesamt 94 Erstbesteigungen in der Sächsischen Schweiz beteiligt und ist somit einer der Haupterschließer des Elbsandsteingebirges in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Ferner bereiste er den Kaukasus, die Alpen sowie Norwegen. HASSE beschreibt Schusters Verdienst folgendermaßen: „Alpinistische Spitzenunternehmen mit überragenden Schwierigkeiten sind von ihm nicht hinterlassen worden, Schusters Bedeutung liegt vielmehr in einer für seine Zeit ungewöhnlichen Anzahl weitgespannter alpiner und außeralpiner Touren [...][17].“O. Schuster führte in den Alpen 725 Touren durch; aus Norwegen und dem Kaukasus kam er mit 72 Erstbesteigungen und 28 Neutouren zurück. Neben einer Matterhorn-Besteigung 1890 gehört die erste Skibesteigung eines Viertausenders an der Monte Rosa[18] zu den bedeutendsten Aktivitäten Schusters. HASSE bezeichnet ihn aufgrund der ersten Skibesteigung im Jahr 1898 als einen „Pionier des hochalpinen Skisports[19]“. Unterstützend für die Weiterentwicklung des Felskletterns (nicht nur) in der Sächsischen Schweiz waren Schusters Beiträge wie zum Beispiel die Einführung des Kletterschuhs im Elbsandsteingebirge, detailgetreue Anstiegsbeschreibungen und –skizzen für Gipfel der Sächsischen Schweiz, sowie Tourenbeschreibungen und Gebietsmonographien im Bereich des Bergsteigens allgemein[20]. Schuster war ein anerkannter Bergsportautor, der viele Touren erstmalig dokumentierte und dessen Arbeiten zur Grundlage für den ersten Kletterführer wurden, den R. Fehrmann im Jahr 1908 publizierte. R. Fehrmann nahm in diesem Kletterführer zum ersten Mal eine Bewertung von Wegen nach Schwierigkeitsgraden vor. Er unterschied damals sieben Stufen die durch die Begriffe leicht, mäßig schwer, mittelschwer, ziemlich schwierig, schwierig, sehr schwierig und außerordentlich schwierig gekennzeichnet waren[21]. Ab 1923 setzte sich statt der wörtlichen Bewertung eine Gliederung in römischen Zahlen von I-VII durch[22].

[...]


1 D. Hasse 2000

[1] vgl. D. Heinicke 1991, S. 32

[2] D. Hasse 2000, S. 42

[3] Die einzige Ersteigung der Festung Königstein durch Sebastian Abratzky. Von demselben erzählt. Zerbst 1886. In: D. Hasse 2000, S. 42-48

[4] vgl. S. König. In: B. Arnold 1999, S. 50

[5] vgl. D. Heinicke 1991, S. 32

[6] vgl. D. Hasse 2000, S. 48-49

[7] D. Hasse 2000, S. 49

[8] vgl. D. Hasse 2000, S. 49

[9] vgl. D. Hasse 2000, S. 50

[10] S. König. In: B. Arnold 1999, S. 47

[11] L. Bormann 1999, S. 22

[12] vgl. D. Heinicke 1991, S. 32-33

[13] vgl. W. Kind / H. Pankotsch / Dr. H. Scheumann 1977, S. 19

[14] vgl. D. Hasse 2000, S. 102

[15] vgl. D. Hasse 2000, S. 108-109

[16] vgl. D. Hasse 2000, S. 54

[17] D. Hasse 2000, S. 57

[18] vgl. S. König In: B. Arnold 1999, S. 47

[19] D. Hasse 2000, S. 58/59

[20] vgl. D. Hasse 2000, S. 57

[21] D. Heinicke 1991, S. 33-34

[22] vgl. D. Hasse 2000, S. 116

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Die Entwicklungsgeschichte des Sportkletterns in der Sächsischen Schweiz
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Sportwissenschaft)
Veranstaltung
Sportentwicklung / Sportartengeschichte nach 1945
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
34
Katalognummer
V75102
ISBN (eBook)
9783638785242
ISBN (Buch)
9783656206781
Dateigröße
520 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entwicklungsgeschichte, Sportkletterns, Sächsischen, Schweiz, Sportentwicklung, Sportartengeschichte
Arbeit zitieren
Anja Dinter (Autor:in), 2002, Die Entwicklungsgeschichte des Sportkletterns in der Sächsischen Schweiz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75102

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