Über das Verhältnis Thomas Manns zu Frankreich lässt sich mit Sicherheit sagen: Es ist zwiespältig. Zwei Frankreichbilder bestimmen die Schriften dieses Autors. Einmal die polemisch gegen Frankreich anmutenden Passagen der "Betrachtungen eines Unpolitischen" aus dem Jahre 1918 und andererseits die dem einst verachteten Land überraschend entgegengebrachte Sympathie in der "Pariser Rechenschaft" (1926). Im Fortgang meiner Untersuchung wird sich zeigen, wieweit diese beiden Schriften programmatisch sind für den Verlauf der politischen Entwicklungen in der Zwischenkriegszeit. Diese Arbeit beleuchtet die spannungsreichen Jahre, insbesondere die Phase der gescheiterten Annäherung zwischen Frankreich und Deutschland, die bis hin zu den Verträgen von Locarno dauerte. Immer wieder stellt sich hierbei die Frage, ob und wenn ja warum neben der Politik auch das intellektuelle Engagement versagte. Auch die Gruppierungen der Schriftsteller konnten damals kaum Einfluss auf das Weltgeschehen nehmen.
Anhand der für die Beziehung zwischen Frankreich und Deutschland wichtigen Schriften Thomas Manns möchte ich nach den Ursachen dieser relativen "Hilflosigkeit" der französischen und der deutschen kulturellen Eliten forschen. Warum konnten die kulturellen Initiativen, die von so viel Geist und gutem Willen gekennzeichnet waren, letztlich nichts ausrichten?
Im ersten Teil meiner Arbeit gehe ich auf den bei Thomas Mann in den Betrachtungen eines Unpolitischen immer wieder thematisierten Gegensatz zwischen Kultur und Zivilisation ein. Vermutlich ist dies nicht nur eine bestimmende Komponente des Denkens Thomas Manns, sondern auch bezeichnend für das Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland in der Zwischenkriegszeit.
Im zweiten Teil meiner Arbeit gehe ich speziell auf Thomas Manns Verhältnis zu Frankreich ein. Untersucht wird hier vor allem anhand der zwei Schriften Thomas Manns "Pariser Rechenschaft" und "Die geistigen Tendenzen des heutigen Deutschlands" seine Stellung während der deutschen-französischen Annäherungszeit von Locarno.
Um der Frage nach den Wurzeln des deutsch-französischen Konflikts nachzugehen, ziehe ich neuere Forschungsbeiträge von Hans Manfred Bock und Ruth Beuter heran. Des weiteren stützt sich diese Hausarbeit auf ältere Literatur. Die Thomas Mann Biographie von Hans Mayer und die Arbeit des französischen Forschers Louis Leibrich werden mit einbezogen.
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der deutsch – französische Gegensatz in Kultur und Zivilisation
- Begriffsklärung Kultur – Zivilisation im deutschen Sprachraum
- Die Zivilisationsidee und das Sendungsbewusstsein in Frankreich
- Kultur und Zivilisation bei Thomas Mann
- Die Verbindungen Thomas Manns nach Frankreich
- Die Initiativen zur intellektuellen Annäherung
- Thomas Manns Reise nach Paris im Kontext des „Locarno intellectuel“
- Politische Hintergründe des Mannschen Paris-Besuches
- Die „Pariser Rechenschaft“ als Zeichen der Annäherung an Frankreich?
- Gedanken zum Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem ambivalenten Verhältnis Thomas Manns zu Frankreich, insbesondere im Kontext der gescheiterten Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich in der Zwischenkriegszeit. Sie untersucht die Schriften Thomas Manns, die den deutsch-französischen Gegensatz und die Bemühungen um eine intellektuelle Annäherung beleuchten. Die Arbeit analysiert, warum kulturelle Initiativen trotz guter Absichten nicht zu einer nachhaltigen Veränderung der politischen Situation führten.
- Der Gegensatz zwischen Kultur und Zivilisation in der Zwischenkriegszeit
- Thomas Manns Frankreichbild in seinen Schriften
- Der "Locarno intellectuel" und die gescheiterte deutsch-französische Annäherung
- Die Rolle der intellektuellen Eliten in der politischen Entwicklung
- Die Ursachen für die "Hilflosigkeit" der kulturellen Initiativen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt das Thema der Arbeit, das ambivalente Verhältnis Thomas Manns zu Frankreich, vor und umreißt den zeitlichen und inhaltlichen Rahmen. Die Arbeit fokussiert auf die Schriften Thomas Manns, die den deutsch-französischen Gegensatz und die Annäherungsversuche im Kontext des "Locarno intellectuel" beleuchten. Die zentrale Fragestellung ist, warum kulturelle Initiativen trotz guter Absichten nicht zu einer nachhaltigen Veränderung der politischen Situation führten.
- Der deutsch-französische Gegensatz in Kultur und Zivilisation: Dieses Kapitel erörtert den Gegensatz zwischen Kultur und Zivilisation im deutschen Sprachraum der Zeit zwischen 1880 und 1914. Es analysiert die Entstehung und Entwicklung dieses Gegensatzes, die Rolle von Philosophen wie Nietzsche und Spengler und die Auswirkungen der Technisierung und des Materialismus. Es beleuchtet auch die Bedeutung dieser Konzepte für die deutsch-französischen Beziehungen.
- Die Verbindungen Thomas Manns nach Frankreich: Dieses Kapitel untersucht Thomas Manns Verhältnis zu Frankreich und seine Reisen nach Paris, insbesondere im Kontext des "Locarno intellectuel". Es analysiert die Initiativen zur intellektuellen Annäherung und die politischen Hintergründe des Mannschen Paris-Besuchs. Das Kapitel befasst sich mit der "Pariser Rechenschaft" als Zeichen der Annäherung an Frankreich und analysiert die Gründe für die gescheiterte Annäherung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Kultur und Zivilisation, deutsch-französische Beziehungen, Thomas Mann, "Locarno intellectuel", intellektuelle Annäherung, gescheiterte Annäherung, politische Entwicklungen, kulturelle Initiativen, "Betrachtungen eines Unpolitischen", "Pariser Rechenschaft", "Die geistigsten Tendenzen des heutigen Deutschlands", Hans Manfred Bock, Ruth Beuter, Hans Mayer, Louis Leibrich.
- Arbeit zitieren
- Sophie Brachvogel (Autor:in), 2001, Thomas Mann und Frankreich im Kontext eines Locarno intellectuel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7542