Könnte man behaupten „Geschichte wiederholt sich“, wäre die SPD derzeit wohl in einer komfortablen Lage. Dem voraussichtlichen Ende 2009 der zweiten großen Koalition auf Bundesebene könnte sie entspannt entgegensehen. Denn schon einmal traten die Sozialdemokraten aus einer Zeit der gemeinsamen Regierungsverantwortung mit der CDU/CSU (erste große Koalition auf Bundesebene von 1966 bis 1969) als politischer Gewinner des Parteienwettbewerbs hervor (erste sozial-liberale Regierung unter Kanzler Brandt ab 1969) und folglich wäre diese Entwicklung nach dem Gesetz der Regel auch für den nächsten Bundestagswahlkampf zu erwarten. Aber wie oft bewiesen: Geschichte wiederholt sich nicht wie gewünscht und in der aktuellen politischen Situation deutet auch wenig darauf hin.(...)
Aber trotz der oben geschilderten positiven Faktoren ist es der SPD in der großen Koalition bis heute nicht gelungen, die politische Stimmung zu ihren Gunsten zu wenden. Und noch weniger ist bis jetzt eine politische Vision oder Programmatik, wie sie die SPD nach dem Ende der ersten großen Koalition vorzuweisen hatte, auch nur im Ansatz zu erkennen. Ein Grund für die derzeitige Misere der SPD dürfte sicherlich der Kompromisszwang mit der CDU sein. Da diese Voraussetzungen aber in gleicher Weise auch für die Union gelten, sie aber in der Wählermeinung derzeit einen deutlichen Vorsprung vor ihrem Koalitionspartner besitzt, müssen noch andere Probleme eine entscheidende Rolle für die relative Erfolglosigkeit der Genossen spielen.
Im Folgenden soll nun ausgehend von der ideologischen Ausgangsposition der SPD nach 1949, eine Darstellung des programmatischen Wandels und seiner spezifischen Einflüsse und Notwendigkeiten folgen, woran sich eine Betrachtung der neueren sozialdemokratischen Fixierung auf die sogenannte „Neue Mitte“ und der Wandel der SPD zu einer visionslosen „Mitte-Partei“ anbindet. Abschließend soll die derzeitige Identitätskrise der SPD und ihre möglichen Folgen für die Zukunft der Partei bewertet werden.....
Inhaltsverzeichnis
- Die SPD in der großen Koalition
- Die Transformation der SPD
- Von Godesberg nach Berlin
- Die SPD als „,konstruktive Opposition”
- Der programmatische Wandel zur linken Volkspartei
- Die sozialliberale Ära
- Das Berliner Programm
- Die Probleme mit,,der Alten und der Neuen Mitte”
- Die SPD unter Gerhard Schröder: eine programmlose „Mitte-Partei”
- Die Zukunft der SPD: Programmpartei oder „Kanzlerwahlverein“?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert den programmatischen Wandel der SPD in der Bundesrepublik Deutschland und untersucht, wie die Partei von ihrer klassischen Arbeiterpartei-Identität zu einer programmlosen „Mitte-Partei“ geworden ist.
- Der Wandel der SPD von einer dogmatischen Weltanschauungspartei zu einer modernen Volkspartei
- Der Einfluss der „sozialliberalen Ära“ und des „Berliner Programms“ auf die programmatische Entwicklung der SPD
- Die Herausforderungen der SPD im Kontext der „Neuen Mitte“ und die Suche nach einer neuen politischen Identität
- Die Rolle der großen Koalitionen und die Auswirkungen des Kompromisszwangs auf die SPD
- Die Zukunft der SPD als „Kanzlerwahlverein“ oder als Programmpartei
Zusammenfassung der Kapitel
- Die SPD in der großen Koalition: Dieses Kapitel analysiert die aktuelle Situation der SPD in der großen Koalition und beleuchtet die Herausforderungen, denen die Partei in dieser Konstellation gegenübersteht. Die Situation der SPD nach der Bundestagswahl 2005 und die Schwierigkeiten, die eigene politische Agenda in der Koalition mit der CDU/CSU durchzusetzen, stehen im Mittelpunkt.
- Die Transformation der SPD: Dieses Kapitel verfolgt die Entwicklung der SPD von ihrer Gründung bis zur Gegenwart. Die Partei durchlief zahlreiche Wandlungen, von einer dogmatischen Weltanschauungspartei zu einer modernen Volkspartei, die sich an den Bedürfnissen der Gesellschaft orientierte.
- Die Probleme mit,,der Alten und der Neuen Mitte”: Dieses Kapitel untersucht die Herausforderungen, denen die SPD im Kontext der „Neuen Mitte“ gegenübersteht. Die Partei kämpft mit dem Versuch, eine eigene politische Identität zu finden und gleichzeitig den Bedürfnissen der „Neuen Mitte“ gerecht zu werden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den folgenden Schlüsselbegriffen: SPD, Arbeiterpartei, Volkspartei, programmatischer Wandel, große Koalition, „Neue Mitte“, politische Identität, „Kanzlerwahlverein“, sozialliberale Ära, Berliner Programm, Kompromisszwang.
- Quote paper
- Krischan Kaufmann (Author), 2007, Die SPD auf der Suche nach ihren "Roten Socken" - Von der klassischen Arbeiterpartei zum programmlosen 'Kanzlerwahlverein'?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75499