Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus und dem damit verbundenen Ende des Kalten Krieges strebten die meisten ehemals kommunistischen Staaten eine schnelle Westintegration in EU und NATO an. Heute, mehr als 15 Jahre später, kann man auf eine sehr divergente Entwicklung dieser Staaten blicken: acht von ihnen sind seit Mai 2004 EU - Mitglieder, andere sind auf dem Weg dahin und wieder andere haben sich eher zu Autokratien denn zu liberalen Demokratien entwickelt. Angesichts dieser Differenzen stellt sich die Frage, welchen Einfluss die Europäische Union mit ihrer Integrationspolitik auf die demokratische Sozialisation dieser Staaten hat und hatte. Diese Arbeit geht der Frage nach, indem sie am Fallbeispiel der Slowakei untersucht, welche Wirkung die EU mit ihrer Konditionalitätspolitik auf die (demokratische) Entwicklung hatte. Die Konditionalitätspolitik wird verstanden als rationalistisch orientierter Sozialisationsmechanismus, der auf materiellen und politischen Anreizen basiert und nach dem Prinzip der Verstärkung durch Belohnung funktioniert. Den Sozialisanden werden dabei bestimmte Anreize versprochen, die ihnen bei Erfüllen gesetzter Konditionen gewährt werden. Im Falle einer Nichterfüllung werden diese Belohnungen ausgesetzt, zu direkten Sanktionen kommt es nicht. Die Untersuchung des Falles der Slowakei hat dabei ergeben, dass die Wirkung dieser Konditionalitätspolitik entscheidend von den innenpolitischen Bedingungen, vor allem dem politischen Willen der führenden Eliten sowie der Höhe der Anpassungskosten für die Regierung abhängt. Im Falle der Slowakei konnte die EU daher unter Ministerpräsident Vladimír Mečiar kaum Einflüsse und Erfolge erzielen, wobei nach 1998 unter der neuen Regierung von Mikuláš Dzurinda, deren oberstes Ziel eine möglichst schnelle Integration in die EU war, entscheidende Erfolge erzielt wurden.
Die Arbeit kommt daher zu dem Schluss, dass der Einfluss der EU – Konditionalität auf die demokratische Sozialisation der Slowakei marginal, jedoch nicht unbedeutend war. Dies kann aber nicht ausschließlich als Folge der Konditionalitätspolitik sondern vielmehr als Zusammenwirken verschiedener Sozialisationsmechanismen erklärt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Konzept der Internationalen Sozialisation
- Konzeptioneller Begriff der internationalen Sozialisation
- Mechanismen und Bedingungen der Sozialisation
- Die Europäische Union und die Osterweiterung
- Der Verlauf der Osterweiterung
- Grundwerte der EU und die Kopenhagener Kriterien
- Die Politik der Konditionalität
- Wirkung der Konditionalitätspolitik am Beispiel der Slowakei
- Historischer Überblick
- Untersuchung und Befunde
- Politische Kriterien
- Die ersten Regierungsjahre Meþiars (1994 – 1997)
- Wandelstimmung ab 1997
- Die neue Regierung Dzurindas nach der Wahl 1998
- Wirtschaftliche Kriterien und Übernahme des Acquis Communautaire
- Zusammenfassung der Befunde
- Politische Kriterien
- Abschließende Bemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Frage, ob die Europäische Union mit ihrer Integrationspolitik einen Einfluss auf die demokratische Entwicklung der postkommunistischen Staaten Mittel- und Osteuropas hat und hatte.
- Das Konzept der internationalen Sozialisation und ihre Mechanismen
- Die Europäische Union und die Osterweiterung
- Die Politik der Konditionalität als zentrale Strategie der EU
- Die Wirkung der Konditionalitätspolitik am Beispiel der Slowakei
- Die Bedeutung von innenpolitischen Bedingungen und dem politischen Willen für die Wirksamkeit der Konditionalitätspolitik
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 2: Das Konzept der internationalen Sozialisation: Diese Einleitung in das Thema der internationalen Sozialisation stellt die Definition nach Frank Schimmelfennig vor und erläutert die vier idealtypischen Sozialisationsmechanismen: Imitation, Überzeugung, sozialer Druck und Verhandlung.
- Kapitel 3: Die Europäische Union und die Osterweiterung: Das Kapitel beleuchtet den Verlauf der Osterweiterung der EU und ihre Grundwerte sowie die daraus resultierenden Kopenhagener Kriterien, die als Grundlage für die Politik der Konditionalität dienen.
- Kapitel 4: Die Politik der Konditionalität: Die Politik der Konditionalität wird als eine intergouvernementale Strategie der "Verstärkung durch Belohnung" vorgestellt, die auf rationalistischen Kosten-Nutzen-Kalkülen basiert und mit materiellen und politischen Anreizen arbeitet.
- Kapitel 5: Wirkung der Konditionalitätspolitik am Beispiel der Slowakei: Dieses Kapitel analysiert die Wirkung der Konditionalitätspolitik der EU auf die demokratische Entwicklung der Slowakei zwischen 1994 und 2004, mit einem Schwerpunkt auf die Regierungszeiten von Vladimír Meþiar und Mikuláš Dzurinda.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die Themen der internationalen Sozialisation, die Europäische Union, die Osterweiterung, die Politik der Konditionalität, die demokratische Entwicklung und die postkommunistischen Staaten in Mittel- und Osteuropa am Beispiel der Slowakei.
- Arbeit zitieren
- Ines Kruspel (Autor:in), 2006, Demokratische Sozialisation durch die EU?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75514