Angesichts der Arbeitsmarktsituation in Deutschland, insbesondere der in den neuen Bundesländern, haben wir es seit der Mitte der 90er Jahre mit einer raschen und dynamischen Abfolge neuer gesetzgeberischer und administrativer Anätze in diesem Politikbereich zu tun, die sich u. a. im AFRG, im SGB III und SGB II sowie in der aus "Hartz I" hervorgegangenen Gesetzgebung niederschlägt. In diesen Zusammenhang ist die Studie über die Entwicklung des Leiharbeitssektors eingebettet.
Die Arbeit gliedert sich in einer ersten Hauptteil, in dem die politische und Gesetzgebungsgeschichte des Leiharbeitssektors nachgezeichnet wird, einen zweiten Teil, in dem der zum 1. 1. 2003 ("Hartz I") erreichte Gesetzgebungsstand kurz resümiert wird und einen Teil C, in dem versucht wird eine detaillierte Evaluation der Politikergebnisse und den Politikwandel aus dem Wandel der Deutungen und "belief systems" von "advocacy coalitions" (Sabatier) beteiligter Kollektivakteure zu erklären.
Die Geschichte des Leiharbeitssektors läßt sich grob als die einer kontinuierlichen Re-Legalisierung und anschließende Deregulierung dieses Sektors beschreiben, an der, Parteien, Regierungen, Parlamente, Verbände, Gewerkschaften, oberste Gerichte und außerparlamentarische Kommissionen beteiligt waren.
Die Arbeit liefert eine gründlich durchgearbeitete Geschichte arbeitsrechtlicher Materien und der an dieser Geschichte mitwirkenden Akteure. Wichtiger Befund ist, daß die ablehnende Front gegen den Leiharbeitssektor kontinuierlich bröckelt, mit der Position des DGB (abweichend von der DAG) als letztem Bollwerk. Es wird deutlich, wie im Verlaufe dieser Entwicklung von Gesetzgeber, Justiz und Verbänden eine Fülle von Gütekriterien entwickelt wird, denen der Leiharbeitssektor zu genügen hat und welche Hoffnungen bzw. Befürchtungen sich dennoch an die Praxis nach dem AÜG von 1972 knüpfen. Im Laufe der 80er Jahre verschwindet zunehmend die negative Deutung der Leiharbeit durch einen großen Teil der Akteure.
Der letzte Teil der Arbeit bietet eine Fallstudie über Implementation und Evaluation der neuen Gesetze. Es wird auf die Eingangs der Arbeit bereits aufgestellte Vermutung zurückgekommen, das der dargestellte gesetzgeberische und politische Prozeß nicht in erster Linie durch zweckrationale Strategien der Problemlösung, sondern "überwiegend durch die belief systems der Akteure" und den Wandel dieser belief systems vorangetrieben gewesen sei.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Teil A: Die Entwicklungsphasen der Arbeitnehmerüberlassung bis zur Verabschiedung des ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen
- Vorbemerkungen
- Ursprünge der Leiharbeit in Deutschland
- Die Nachkriegsentwicklung und das Verbot der Leiharbeit
- Der Weg zurück in die Legalität
- Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes
- Die Akteure der „ersten Stunde“
- Die Parteien:
- Die CDU/CSU
- Die SPD
- Die FDP
- Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände
- Die BDA
- Der DGB
- Die DAG
- Der UZA
- Der VLA
- Das Urteil des Bundessozialgerichtes
- Die Regulierungsphase
- Entstehung des AÜG
- Ausgestaltung und Einführung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
- Ausgestaltung des AÜG – die gesetzlichen Reglementierungen und Abgrenzungskriterien
- Der Aufbau des Gesetzes und die gesetzlichen Bestimmungen
- Zusammenfassung
- Entwicklung des den Leiharbeitssektor und Weiterentwicklung des AÜG bis zum Verbot der Leiharbeit im Bauhauptgewerbe
- Erste Novellierungen 1974 und 1975 – Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) und das Gesetz zur Änderung Arbeitsförderungsgesetzes und Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AFG und AÜG)
- Institutionalisierung der Leiharbeit
- Verbot der Leiharbeit im Bauhauptgewerbe
- Zusammenfassung
- Entwicklung des Leiharbeitssektors in Deutschland
- Entstehung und Ausgestaltung des AÜG
- Rolle der Leiharbeit in der deutschen Wirtschaft
- Diskussion um die Regulierung des Leiharbeitssektors
- Gesetzliche Reglementierungen und Abgrenzungskriterien
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung des Leiharbeitssektors in Deutschland und untersucht die Regulierungsmaßnahmen, die im Laufe der Zeit eingeführt wurden. Dabei werden insbesondere die Ursprünge der Leiharbeit, die Entstehung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) und die Diskussion um die Rolle der Leiharbeit in der deutschen Wirtschaft beleuchtet.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Diplomarbeit ein und stellt die Forschungsfrage sowie die Methode dar. Teil A befasst sich mit den Entwicklungsphasen der Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland, beginnend mit den Ursprüngen der Leiharbeit in der Nachkriegszeit bis hin zur Verabschiedung des ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen. Kapitel 1 stellt die Vorbemerkungen dar, während Kapitel 2 die Ursprünge der Leiharbeit in Deutschland beschreibt, einschließlich der Nachkriegsentwicklung und dem Verbot der Leiharbeit. Kapitel 3 beleuchtet die Akteure der „ersten Stunde“, wobei die Parteien, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände sowie das Urteil des Bundessozialgerichtes näher betrachtet werden. Kapitel 4 widmet sich der Regulierungsphase, der Entstehung des AÜG und der Ausgestaltung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, einschließlich der gesetzlichen Reglementierungen und Abgrenzungskriterien. Kapitel 5 untersucht die Weiterentwicklung des Leiharbeitssektors und des AÜG bis zum Verbot der Leiharbeit im Bauhauptgewerbe, einschließlich der ersten Novellierungen, der Institutionalisierung der Leiharbeit und des Verbots im Bauhauptgewerbe.
Schlüsselwörter
Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeit, AÜG, Regulierung, Entwicklung, Deutschland, Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Sozialpolitik, Beschäftigung, Gesetzgebung, Institutionalisierung, Arbeitnehmerverbände, Arbeitgeberverbände, Politik, Diskussion, Ursprünge, Nachkriegszeit, Recht, Rechtliche Rahmenbedingungen, Gesetzliche Reglementierungen, Abgrenzungskriterien, Bauhauptgewerbe, Arbeitserlaubnisverordnung, Novellierung.
- Quote paper
- Sylvio Kelm (Author), 2005, Die Neuausrichtung des Leiharbeitssektors zur Schaffung von mehr Beschäftigung in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75725