Fehleranalyse und Fehlerunterricht am Beispiel schriftlicher Erzähltexte von Kindern mit Migrationshintergrund


Hausarbeit, 2006

35 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

2 Einleitung

3 Theoretische Überlegungen zu Fehleranalyse und -therapie

4 Die Fehleranalyse nach Katharina Kuhs
4.1 Anwendung der Fehleranalyse nach Kuhs

5 Fehlerunterricht

6 Zusammenfassung

7 Literaturverzeichnis

8 Anhang
8.1 Anlage 1: Aufgabenstellung
8.2 Anlage 2: Türkisches Mädchen
8.3 Anlage 3: Türkisches Mädchen
8.4 Anlage 4: Arabischer Junge
8.5 Anlage 5: Arabisches Mädchen
8.6 Anlage 6: Bosnischer Junge
8.7 Anlage 7: Russischer Junge
8.8 Anlage 8: Deutsches Mädchen
8.9 Anlage 9: Deutscher Junge
8.10 Anlage 10: Korrekturen

2 Einleitung:

Wenn ich das Wort „Fehler“ höre, kommen mir sogleich Assoziationen zu Schulstunden aus den 20er Jahren, wo der Lehrer sehr dominant und autoritär über die Schüler herrschte. Wenn Schüler im mündlichen Bereich Fehler machten, so wurden sie dafür gerügt und nicht selten auch geschlagen. Hatte jemand grobe Fehler in seinem Aufsatz gemacht, so musste er manchmal 100x einen Satz richtig schreiben, damit er solch einen Fehler ja nicht mehr begehe. Dies hatte natürlich zur Folge, dass die Schüler Angst vor dem Lehrer, aber auch Angst davor bekamen, etwas falsch zu machen. Dass dies nicht der richtige Weg ist, den Schülern beizubringen, wie man sich sicher in einer Fremdsprache bewegt und welche positiven Seiten Fehler haben, dies soll in der Hausarbeit gezeigt werden. Dazu werden im ersten Teil die Begriffe „Fehler“ und „Fehleranalyse“ definiert und der Forschungsstand diskutiert, im zweiten Teil wird die Fehleranalyse von Katharina Kuhs interpretiert und ihre Vorschläge an Geschichten von sechs Kindern mit Migrationshintergrund erprobt. Die Fehleranalyse kann dazu beitragen, eine Fehlertherapie durchzuführen. Dies soll im dritten Teil der Hausarbeit betrachtet werden und mit einer Didaktisierung für einen Fehlerunterricht schließen.

3 Theoretische Überlegungen zu Fehleranalyse und -therapie

Um überhaupt über die Fehleranalyse Überlegungen anstellen zu können, muss erst einmal geklärt werden, was ein Fehler ist. In der Wissenschaft wird der Fehler als eine Abweichung vom Sprachsystem eines Muttersprachlers angesehen, wobei jeder Muttersprachler mehr oder minder viele Abweichungen von diesem System gelten lässt, d.h. dass es schwierig ist, einen Fehler überhaupt als einen solchen zu erkennen und dass Fehler relativ sind. Einige Forscher wünschen sich, dass man nicht von Fehlern spricht, sondern von Abweichungen, da dieser Begriff auch Überrepräsentation und Vermeidung beinhaltet.[1] Bei Fehlern bleibt nämlich beispielsweise die Fehlervermeidung außen vor, die aber unbedingt mit beachtet werden muss, da es besser ist, wenn ein Lerner neue Formen ausprobiert und dabei Fehler riskiert, als dass er sich immer wieder auf schon bekannten Gleisen bewegt und nichts Neues dazulernt. „Die Fehleranalyse beschäftigt sich mit der systematischen Untersuchung von Fehlertypen und ihren möglichen Ursachen. Sie zielt darauf ab, den Lernstand oder auch die Lernschwierigkeiten einer Person zu ermitteln.“[2] Sie wird in drei Teile unterteilt: Identifizierung, Beschreibung und Typologisierung. Damit soll erreicht werden, Fehler in bestimmte Klassen zu unterteilen und daraufhin festzustellen, wo die häufigsten Fehler auftreten, auf die man dann im Unterricht eingehen kann. Dabei ist es problematisch, passende Klassen zu finden, weil alle Fehlertypen nicht nach einem Schema kategorisiert werden können. Ursache dafür ist, dass Klassifizierungen häufig einseitig sind, aber auch auf unterschiedlichsten Ursachen basieren, wie beispielsweise einerseits auf der Unkenntnis von Phänomenen und andererseits auf Konzentrationsschwäche. Außerdem kann es vorkommen, dass nicht erkennbar ist, worin die Fehlerursache liegt. Katharina Kuhs will mit ihrem Aufsatz „Fehleranalyse am Schülertext“ untersuchen, wie man die Fehleranalyse in den Unterricht einbauen kann. Für einen Fehlerunterricht ist aber eine ausführliche und für jeden Schüler individuelle Vorarbeit nötig, die die ganzen Überlegungen beinahe nicht praktizierbar macht. Aber es ist ein guter Ansatz, denn nur wenn die Schüler lernen, den Fehler zu nutzen, um eine Sprache zu erlernen, fürchten sie sich nicht mehr davor, neue Strukturen auszuprobieren und einmal mehr zu äußern, als was sie schon sicher beherrschen.

Was die Fehleranalyse anbetrifft, so stecken die Forschungen noch in den Kinderschuhen, aber die Fremdsprachenerwerbsforschung, Linguistik und Fremdsprachendidaktik haben mit den Untersuchungen begonnen. Henrici/Zöfgen meinen dazu, dass die Fehleranalyse sehr wichtig für einen guten Lehrer ist, dass sie aber noch viel zu wenig erforscht wurde. Noch heute schwingt in den meisten Köpfen der Schüler und auch Lehrer mit, dass Fehler ein Leistungsversagen und Faulheit bedeuten, was eigentlich gar nicht mehr der Fall sein dürfte, weil seit dem Ende der 60er Jahre der Fehler als Notwendigkeit angesehen wird, um eine Sprache zu lernen. Corder (1967) und Selinker (1972) sind bekannte Linguisten, die sich mit der Erforschung von Fehlern auseinandergesetzt haben. Corder (1967) ist der Ansicht, dass der Zweitsprachenerwerbsprozess unabhängig vom der Muttersprache abläuft. Der Lerner lernt also die zweite Sprache wie ein Kind seine Erstsprache und dabei gehören Fehler zur bewussten Lernerstrategie[3]. Also nur mit ihnen kann der Lerner die Sprache beherrschen. Corder begründet dies mit der Annahme, dass alle Sprachen universal sind und dass jeder Mensch dazu veranlagt ist, Sprachen zu erlernen. Diese Hypothese wird als Identitätshypothese bezeichnet, weil hier die L1 (Language 1) identisch zur L2 (Language 2) ist, also auf die selbe Art und Weise gelernt wird. Auch bei Selinker gehören Fehler zum Fremdsprachenerwerbsprozess, aber er geht nicht von identischen Sprachen aus, sondern nimmt an, dass Fremdsprachenlerner eine Zwischensprache ausbilden, eine sogenannte Interlanguage. Das ist eine Lernersprache, die als System instabil und veränderbar ist. Allerdings nimmt er an, dass es zu Fehlern kommen kann, wenn beispielsweise einmal richtig erlernte Strukturen zu fehlerhaften zurückgebildet und fossiliert werden.[4] Es ist aber dennoch erstaunlich, dass noch heute ein Schüler soviel Angst vor Fehlern haben muss, was dann auch die Sprachproduktion und –kreativität hemmt. Dieses Denken hängt mit dem behaviouristischen Ansatz von Watson und Skinner und der Kontrastivitätshypothese von Lado (1957) zusammen, die davon ausgehen, dass eine Sprache durch Gewohnheit erlernt werden kann, bzw. dass die Zweitsprache auf der Basis der Erstsprache erlernt wird und es nur zu Fehlern kommen kann, wenn eine Struktur in der Muttersprache nicht identisch zu einer Struktur in der zu erlernenden Sprache ist. Diese traditionellen Konzepte haben bis in den heutigen Schulalltag überlebt. Daneben gibt es aber auch neuere Ansätze von Long (1983), Ellis (1985, 1990) und Henrici (1989), die von einem kreativen, dynamischen und interaktiven Spracherwerbsprozess ausgehen und ihn nicht als bloßes Input-Output-Modell verstehen. Fehler sind bei ihnen Mittel, die Hinweise auf den Lernprozess geben, die den Sprachstand messen können, die Lernfortschritte und –rückschritte, als auch Umstrukturierungsprozesse aufzeigen können. Auf diese positive Fehlerbewertung ist auch Kasper (1975) gestoßen, als sie sich mit Problemen der Fehleridentifizierung auseinandergesetzt hat, denn sie fordert, dass man das, was der Lerner eigentlich in seiner Muttersprache hätte sagen wollen, in die Fehleridentifizierung mit einbeziehen sollte. So wichtet Kasper Fehler nach den Aspekten der Grammatikalität, Akzeptabilität und Adäquatheit.[5] Es ist nämlich schwierig, einen Fehler überhaupt erst einmal als Fehler auszumachen, denn ein Lerner kann sich auch unterschiedlich verhalten, wenn er keine Fehler machen will. So kann er ganz vorsichtig sein und nur die Strukturen verwenden, die er kennt, oder er hält sich kurz oder verwendet immer wieder die gleichen Wendungen. Deshalb wertet Kasper zu Recht komplexere und variablere Ausdrucksweisen und differenzierende Ausdrucksmittel höher. Es ist natürlich eine Frage der Interpretation, wie bestimmte Aussagen gewichtet werden.

Die Fehleranalyse lässt sich in verschiedene Phasen aufgliedern und dabei sind sich die Wissenschaftler einig, dass die Fehlerbeschreibung mit Identifikation und Klassifikation der Fehler zu Phase 1 gehören, Phase 2 widmet sich der Fehleranalyse mit Typisierung und Erklärung der gefundenen Fehler, Phase 3 der Fehlertherapie mit Korrektur und Übung zum Vermeiden von Fehlern und schließlich Phase 4 der Fehlerbewertung, die Quantifikation, Qualifikation und Bewertung mit einschließt. Schon bei der Identifizierung von Fehlern gibt es Probleme, da man eine allgemeine sprachliche Norm nicht festlegen kann und somit nicht eindeutig fehlerfreie von fehlerhaften Äußerungen trennen kann. Eine entsprechende Lösung ist noch nicht gefunden worden, es werden nur Empfehlungen an die Lehrer gegeben, wie z.B. dass man einen Text mehrere Male durchliest oder den Lerner zu seinen Gedanken befragt. Für die Fehlerbeschreibung haben beispielsweise Fehse/Nelles/Rattunde (1977) schon Vorschläge gebracht, die allerdings in ihrer Abgrenzung von Fehlern problematisch sind. Sie unterteilen die Fehler (nach Corder) in Kompetenzfehler, sogenannte „errors“ und Performanzfehler, „mistakes“, ein. Dabei liegen „errors“ außerhalb der Beurteilungskompetenz eines Lerners oder dies sind systematische Fehler, die Lücken im System aufweisen. „Mistakes“ sind dagegen unsystematische Fehler, die aus Flüchtigkeit oder aus noch unvollkommener Automatisierung von bekannten Strukturen und Regeln passieren. Desweiteren könnte man Fehler nach einem Systemverstoß, also einer unakzeptablen Äußerung, oder nach einem Normverstoß, also einer inadäquaten Äußerung differenzieren. Diese Differenzierungen basieren aber auf der Basis linguistischer Kategorien.[6] Eigentlich könnte man Fehlerklassifizierungen und –typisierungen zur Fehlerbeschreibung zählen, aber manchmal ist es notwendig, diese noch einmal zu differenzieren, denn zu den Fehlerklassifizierungen werden Fehler in bestimmten sprachlichen Ebenen geordnet und zu den Typisierungen Fehler, die häufig und bei unterschiedlichen Lernern auftreten, also Manifestationen sind. Hierzu gehören Auslassung, Übergeneralisierung, Interferenz und Permutation. Diese Typen tragen schon die Erklärung im ihren Namen, weshalb die Typisierung auch zusammen mit der Explikation zur Fehleranalyse gezählt wird. Dabei meint die Interferenz den Einfluss der Muttersprache oder anderer Sprachen, die zu negativem Transfer und somit zu Fehlern führt, weil grammatische Strukturen, Lexeme, Phoneme, aber auch kulturell geprägte Verhaltensweisen einfach übertragen und nicht an die neue Sprache und Kultur angepasst werden.[7] Mit der Übergeneralisierung ist die Ausweitung einer Regel auf Phänomene gemeint, auf die sie nicht zutrifft. Auch eine Regularisierung gibt es, die Anwendung findet, wenn ein unregelmäßiges Phänomen zu einem regelmäßigen gemacht wird. Zu Simplifizierungen werden Vereinfachungen gezählt, wie das Nichtreflektieren oder das Nichtkonjugieren von Verben oder Substantiven oder die Vermeidung komplexer Strukturen, wie der Nebensatz. Aber nicht nur diese Typen werden zu den Ursachen von Fehlern gezählt, sondern auch der Einfluss von Kommunikationsstrategien. Je mehr ein Lerner durch Gestik, Mimik oder Umschreibung das sagen kann, was der Hörer verstehen soll, desto weniger sieht er sich genötigt, die Sprache perfekt zu erlernen, da er schließlich schon gut zurecht kommt. So sieht es auch mit dem Einfluss von Lernstrategien aus, wenn der Lerner beispielsweise bewusst neue Wörter bildet, in der Gefahr etwas falsch zu machen, dafür aber die richtige Form kennen lernt. Persönliche Faktoren haben ebenso Einfluss auf Fehler. Man macht bekanntlich mehr Fehler, wenn man müde, aufgeregt oder nicht motiviert ist. Und schließlich spielt noch der Einfluss soziokultureller Faktoren eine Rolle, bei dem kulturelle Interferenzen auftreten, wo kulturell geprägte Verhaltensweisen übertragen werden.[8] Raabe (1977) u.a. hat diese Faktoren um die fremdsprachenunterrichtlichen Einflüsse erweitert. Dazu zählen falsche Erklärungen von den Lehrern oder Lehrmaterialien, überdimensionierte Übungseffekte, usw. Es gibt noch andere „klassische“ Typologisierungsversuche, es würde aber zu weit führen, diese hier alle aufzuführen. Die Explikation von Fehlern wird heutzutage durch die Kontrastivhypothese und die Identitätshypothese gleichermaßen vorgenommen. Das hängt damit zusammen, dass es für beide Ansätze Argumente gibt, und keiner der beiden ausgeschlossen werden kann. Fehlerkorrekturen sind mit der kommunikativen Linguistik aufgekommen und gehören zur Fehlertherapie. Auf Benotung im Fremdsprachenunterricht kann zur Zeit noch nicht verzichtet werden. Was die Erforschung dieses Teilgebietes anbetrifft, so muss auf die Referenzwissenschaften verwiesen werden.[9] Ouanes (1992) sieht ein Problem darin, dass die Fehlertherapie noch kaum erforscht ist, wobei aber die Fehlerbehandlung zu den Aufgaben des Lehrers gehört. Sie macht einen Vorschlag zur Fehlertherapie, der von Levenston (1972) stammt. Dieser Vorschlag ist sehr praxisnah, denn Ouanes gibt ein Beispiel eines Fehlerunterrichts: Alle Lerner erhalten eine Kopie mit Fehlern, die sie selbst gemacht haben, aber es bleibt anonym, wer welchen Fehler begangen hat. Die Lerner korrigieren nun die Fehler (Identifikation), sollen herausfinden, worin jeweils der Fehler besteht (Klassifikation) und rekonstruieren den Entstehungsprozess (Explikation). Der Vorteil dieser Art von Fehlertherapie ist, dass die Lerner ungezwungen zu den eigenen und anderen Fehlern Stellung nehmen können, ohne sich diskriminiert zu fühlen. Und es macht ja schließlich Spaß, die Fehler anderer zu berichtigen. Damit ist auch das Problem der zu kurzen Korrektur beseitigt, die der Lehrer aufwendig vorbereitet, die der Lerner aber kaum rekapituliert. Dadurch, dass sich die Lerner auch mit den Fehlerursachen beschäftigen, wird ihnen bewusst, was sie falsch machen und erinnern sich später besser an mögliche Fehlerquellen. Außerdem verwendet der Lehrer authentische Fehler, was die Lerner noch mehr motiviert. Die gefundenen Fehler können in einer Fehlerkartei nach Lernproblemen typologisiert werden, wozu das Valenzmodell am ehesten geeignet scheint.[10] Königs (1995) hat sich mit dem Korrekturbegriff intensiver auseinandergesetzt, so ist für ihn Korrektur die Reaktion auf eine fehlerhafte Äußerung, wobei hier die Konzentration auf dem Fehler liegt. Entgegen der Korrektur befürwortet er eher das „Feedback“, das zwar die Korrektur mit einschließt, aber auch positive oder neutrale Leistungen berücksichtigt, die sich in der affektiven Dimension bündeln.[11] Hecht/Green (1993) haben festgestellt, dass die interlinguale Interferenz genauso hoch ist, wie die intralinguale. Daraus lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass sowohl Kontrastivitäts- als auch Identitätshypothese ihre Berechtigung haben und gleichermaßen auf den Lerner einwirken. Weiterhin stellten sie fest, dass der L1- Transfer, also die Interferenz, umso stärker wirke, je ähnlicher die Muttersprache der Zielsprache sei.[12] Rattunde ist auf die Begriffe Transfer und Interferenz eingegangen und er definiert Transfer wie folgt, wobei er auch gleich auf den Begriff der Interferenz eingeht: „Transfer ist die bewusste oder unbewusste Übernahme muttersprachlicher Gewohnheiten in die Zielsprache. Ist die Übernahme einer solchen Gewohnheit in der Zielsprache möglich, liegt eine Lernerleichterung vor, stört die in die Zielsprache übernommene Gewohnheit den Lernprozess, tritt Interferenz auf.“[13] Somit kann man sagen, dass Transfer ein neutraler Sammelbegriff ist und davon abgeleitet ist negativer Transfer mit Interferenz gleichzusetzen.

4 Die Fehleranalyse nach Katharina Kuhs

Katharina Kuhs hat zu dem Thema „Fehleranalyse“ einen Aufsatz geschrieben, wo sie versucht, die Erkenntnisse aus der Forschung mit der Praxis zu verbinden. Sie stellt eine Systematik vor, mit der man Schülertexte auf ihre Fehler hin analysieren kann und wie man die gewonnenen Ergebnisse in den Unterricht einfließen lassen kann. In einem kurzen Überblick soll diese nun vorgestellt werden. Zunächst einmal bemerkt Kuhs, dass unter Fehleranalyse sehr unterschiedliche Überlegungen zusammengefasst werden. So ist die Fehleranalyse ein Sammelbegriff ihrer einzelnen Teile, die einen unterschiedlich hohen Stellenwert haben können, und ihrer Ziele. Kuhs vergleicht den ungesteuerten Spracherwerb, wie er bei Kindern normal abläuft, mit dem gesteuerten, den man im Fremdsprachenunterricht finden kann, und so stellt sie fest, dass Kinder bei dem Muttersprachenerwerb natürlich auch Fehler machen und nur durch diese Fehler lernen können. Felix (1978) ist der Meinung, dass die Fehleranalyse beim ungesteuerten Spracherwerb fast nur den mündlichen Sprachgebrauch untersucht, wahrscheinlich weil man in der Muttersprache im Kindesalter noch nicht so viel schreibt und weil vorausgegangene und nachfolgende Sprachstrukturen mit in die Untersuchung einfließen, sodass auch ein Lernprozess festgestellt werden kann. Der Fremdsprachenunterricht hingegen wird durch Lehrer und Lehrmaterialien gesteuert. Die Fehleranalyse sieht dort ebenfalls anders aus, denn meist werden eine Vielzahl schriftlicher Texte von Schülern nach linguistischen Aspekten korrigiert und bewertet, wobei es aber nicht möglich ist, die Lernfortschritte eines Lerners von einem früheren und dem jetzigen Zeitpunkt aus betrachtet, aufzuzeigen. Dafür hat diese Fehleranalyse aber andere Vorteile, denn die Schülerproduktionen machen darauf aufmerksam, an welcher Stelle die Lerner die meisten Probleme haben. Dies deutet dem Lehrer an, welche Phänomene er noch einmal wiederholen muss oder welchen Fehlern er vorbeugen kann. Solch eine Fehleranalyse hilft aber nicht nur dem Lehrer, sondern kann auch für die Produktion von Lehrmaterialien wichtige Dienste leisten, weil sie aufzeigt, wo die Schwächen der Lerner liegen. Kuhs bemängelt allerdings, dass die Fehleranalyse in der Unterrichtspraxis kaum zum Einsatz kommt, da die Lehrkräfte sich nicht ausreichend über Fehleranalyse informierten, diese kaum als Instrument im Unterricht einsetzten und somit auch keine Bücher darüber schreiben würden, welche Rolle die Fehleranalyse im Fremdsprachenunterricht spielt. Jedoch hat die Fehleranalyse in der Ausländerpädagogik einen festen Stellenwert. Lehrer können sie in Seminaren meist anhand von Schülertexten erproben. Hier sollen nicht die Fehlerschwerpunkte einer größeren Gruppe von Lernern herausgefunden werden, sondern in der Ausländerpädagogik ist der einzelne Lerner mit seinen spezifischen Fehlern von Interesse. So ist diese Fehleranalyse wieder eher mit jener im ungesteuerten Zweitsprachenerwerb vergleichbar, weil hier auch innerhalb eines Gesamttextes richtige Äußerungen zu falschen in Beziehung gesetzt werden können. So wird ein Bild vom augenblicklichen Leistungsstand eines Lerners erstellt, das für die weitere Spracharbeit von großer Bedeutung sein kann. Der Nachteil allerdings ist, dass diese Art von Fehleranalyse punktuell auf einen Text gerichtet ist und man sich somit kein Urteil darüber erlauben kann, wie der Leistungsstand vor oder nach der Analyse ausgesehen hat. Damit ist sie langfristig gesehen nicht geeignet, Auskünfte darüber zu geben, welche Lernprobleme bei Lernern nacheinander auftreten werden, aber Fehleranalysen sind für den Unterricht gut geeignet, um an den Lernleistungen der Schüler, also an Diktaten, Aufsätzen und Hausarbeiten, zu arbeiten. Diese Schülerproduktionen weisen Merkmale der spezifischen Sprachlernsituation der Ausländerkinder auf, die ihre Zweitsprache ungesteuert und gesteuert erwerben. Dabei ist auch wichtig, dass die individuelle Lernerbiografie Beachtung findet, weil man dadurch erschließen kann, welche Segmente in einem Text aus der außerunterrichtlichen Welt und welche aus dem Fremdsprachenunterricht selbst stammen. Leider kann darauf im weiteren Verlauf nicht näher eingegangen werden, da diese Daten nicht zur Verfügung stehen.

[...]


[1] nach: http://zif.spz.tu-darmstadt.de/jg-03-3/beitrag/mich2.htm+kuhs+fehleranalyse.html (25.02.2006)

[2] Kleppin, Karin (1997): Fehler und Fehlerkorrektur – Fernstudieneinheit 19, München: Goethe-Institut, S.133

[3] Peter Ismar (WS 2001/2002): Zweitsprachenerwerbstheorien und ihre Bedeutung für die Fremdsprachendidaktik, www.germanistik.fu-berlin.de/studierende/DAZ-Page/Texte/WS0102/Ismar.html (25.02.2006)

[4] nach: ebenda

[5] Grießhaber (2003-2005): www.uni-muenster.de/~griesha/fsu/fa/kasper75.html, (25.02.2006)

[6] Fehse/Nelles/Rattunde (1977): Fehleranalyse und computergestützter Unterricht, in: Die Neueren Sprachen I (1977), 37-57

[7] Kleppin, Karin (1997): Fehler und Fehlerkorrektur, München: Goethe-Institut, S.134

[8] ebenda, S. 30-40

[9] nach: Henrici/Zöfgen (1993): Fehleranalyse und Fehlerkorrektur - Zur Einführung in den Themenschwerpunkt, In: Fremdsprache Lehren und Lernen (FLuL), Nr.22, S. 3-7

[10] nach: Ouanes (1992): Zur Problematik des Umgangs mit sprachlichen Fehlern im Unterricht Deutsch als Fremdsprache, In: Info DaF, Nr.19/6, S. 732-739

[11] nach: Königs (1995): Fehlerkorrektur, In: Bausch u.a. (Hrsg.): Handbuch Fremdsprachenunterricht, Tübingen/Basel: Fran>

[12] nach: Hecht/Green (1993): Muttersprachliche Interferenz beim Erwerb der Zielsprache Englisch in Schülerproduktionen, In: Praxis des neusprachlichen Unterrichts, 36/1, S.3-9

[13] Rattunde (1977): Transfer – Interferenz? Probleme der Begriffsdefinition bei der Fehleranalyse, In: Die neueren sprachen 26, 1977, S. 6

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Fehleranalyse und Fehlerunterricht am Beispiel schriftlicher Erzähltexte von Kindern mit Migrationshintergrund
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Germanistik)
Veranstaltung
Kinder mit Migrationshintergrund
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
35
Katalognummer
V75776
ISBN (eBook)
9783638804097
ISBN (Buch)
9783638816441
Dateigröße
1636 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fehleranalyse, Fehlerunterricht, Beispiel, Erzähltexte, Kindern, Migrationshintergrund, Kinder, Migrationshintergrund
Arbeit zitieren
Katharina Veit (Autor:in), 2006, Fehleranalyse und Fehlerunterricht am Beispiel schriftlicher Erzähltexte von Kindern mit Migrationshintergrund, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75776

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