„Homosexualität in der Auseinandersetzung mit sich selbst und der Gesellschaft“ – warum ist das in unserer aufgeklärten Zeit noch ein Thema?
Bevor wir uns dieser Frage zuwenden können, sollte klar sein, was dieses Thema überhaupt begrifflich beinhaltet. „Auseinandersetzung“ ist immer dann nötig, wenn zwei Parteien unterschiedlicher Meinung sind bzw. ein Einzelner im Konflikt mit zwei Seiten seiner selbst steht, eine Einigung aber notwendig ist. Man setzt sich auseinander, im wörtlichen Sinne, um durch den Abstand auf das Gegenüber blicken zu können. Warum aber müssen sich Homosexuelle mit sich selbst und der Gesellschaft auseinander setzen? Ist das für Homosexuelle wichtiger als für Heterosexuelle?
Mit Blick auf das folgende Zitat wird dies vielleicht deutlicher.
„Man braucht sich nur Lesben in der Szene anzusehen. Wer ein psychologisch geschultes Auge hat, wird erkennen, daß viele Lesben psychische Probleme und körperliche/psychosomatische Beschwerden haben, sicher vielfach Bulimie, und demzufolge auch Probleme mit dem Aussehen haben...“
So nachzulesen in einem (vermeintlichen) Fachbuch mit dem Titel „Sexualität und Homosexualität –Die gesellschaftliche Wirklichkeit-“. Dieses ist also die gesellschaftliche Wirklichkeit aus der Sicht des Autors, seine Wirklichkeit. Er gibt hier seine Beobachtungen wieder und erklärt sie als allgemein gültig. Er führt keinerlei Belege an und interessanterweise gibt er einen Absatz später sogar zu, dass seine Aussage komplett unbewiesen ist.
Was hier deutlich wird, ist auf den ersten Blick eine zwangsläufige Anbindung der Homosexualität an Krankheit, und zwar vor allem an psychische Erkrankungen. Eine Auseinandersetzung wird hier wohl zumindest für jede Lesbe notwendig. Ist dies schon als Diffamierung oder gar Diskriminierung zu verstehen? Und welche Auswirkungen haben solche und ähnliche Aussagen auf Homosexuelle?
Lesbische Frauen sind mehr von psychischen Störungen betroffen als heterosexuelle Frauen, so der Autor des oben stehenden Zitats. Ist dem wirklich so oder werden hier nur Vorurteile wiederholt? Sind demnach vielleicht auch schwule Männer prozentual von psychischen Störungen mehr betroffen als heterosexuelle Männer?
Wenn dem so wäre, liegen die Ursachen hierfür dann wirklich in der Homosexualität selbst oder vielmehr im Umgang der Gesellschaft mit dem Thema Homosexualität, für die jene immer noch nichts „Normales“ zu sein scheint?
Mit genau diesen Fragen werde ich mich im Folgenden auseinander setzen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Historische Entwicklung der Lage Homosexueller
- Religiöse Ansichten zur Homosexualität
- Rechtliche Lage in Deutschland
- Internationale Lage Homosexueller
- Das „Coming out“ - Mythos und Realität
- Phase 1: Das Bewusstwerden der eigenen sexuellen Orientierung
- Phase 2: Das Outing vor Familie und Freunden
- Phase 3: Outen in der Gesellschaft
- Die tolerante Gesellschaft
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Auseinandersetzung von Homosexuellen mit sich selbst und der Gesellschaft. Sie analysiert die historischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die diese Auseinandersetzung prägen. Darüber hinaus werden die Herausforderungen des "Coming out" und die Frage nach der Toleranz in der Gesellschaft beleuchtet.
- Historische Entwicklung der Homosexualität im Kontext von Religion und Rechtsprechung
- Das "Coming out" als Prozess der Identitätsfindung und -behauptung
- Die Rolle der Toleranz und mögliche Formen der Pseudotoleranz in der Gesellschaft
- Die Folgen von Diskriminierung und Vorurteilen für Homosexuelle
- Die Notwendigkeit von gesellschaftlichen Veränderungen, um eine inklusive Gesellschaft zu schaffen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik der Auseinandersetzung von Homosexuellen mit sich selbst und der Gesellschaft in den Mittelpunkt und führt das Thema mit einem Zitat aus einem Fachbuch ein. Dieses Zitat zeigt die verbreitete Verbindung von Homosexualität mit Krankheit und Diskriminierung auf. Die Autorin stellt die Frage nach den Ursachen dieser Stigmatisierung und kündigt ihre Vorgehensweise an, die auf einem historischen Exkurs über die Religion und die Rechtsprechung basiert.
Das zweite Kapitel widmet sich der historischen Entwicklung der Lage Homosexueller. Hierbei werden die religiösen Ansichten der christlichen Kirche, insbesondere der katholischen Kirche, und die rechtliche Lage in Deutschland und international betrachtet.
Das dritte Kapitel behandelt das "Coming out" als ein wesentliches Merkmal der homosexuellen Identität. Die Autorin unterteilt den Prozess in drei Phasen: das Bewusstwerden der eigenen sexuellen Orientierung, das Outing vor Familie und Freunden und das Outing in der Gesellschaft. Es werden die damit verbundenen Herausforderungen und Schwierigkeiten in der Identitätsbildung und -behauptung dargestellt.
Im vierten Kapitel wird die „tolerante Gesellschaft“ in den Fokus gerückt. Die Autorin kritisiert mögliche Formen der Pseudotoleranz und analysiert ihre Mechanismen.
Schlüsselwörter
Homosexualität, Religion, Rechtsprechung, "Coming out", Identität, Toleranz, Diskriminierung, gesellschaftliche Veränderungen, Inklusion
- Quote paper
- Franziska Brand (Author), 2007, Homosexualität in der Auseinandersetzung mit sich selbst und der Gesellschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75797