1. Einleitung: Das Weltbild des mittelalterlichen Menschen
Das christliche Mittelalter des 11.-15. Jahrhunderts zeigt eine von der Religion beherrschte und bis in ihre feinsten Windungen von der Religiosität durchdrungenen und definierten Gesellschaft. Die christliche Anthropologie dieser Zeit deutet den Menschen als Geschöpf Gottes, zu dessen Wesen, Herkunft und Schicksal das Alte Testament der Bibel Auskunft gibt: Nach dem Sündenfall Evas durch die Verführung der Schlange ist der Mensch der Sünde verfallen, hat der Teufel Macht über ihn gewonnen. Gott ist stärker, doch der Mensch unterliegt fortan und andauernd seiner Laster- und Sündhaftigkeit. Eitelkeit, Geiz, Völlerei, Wollust, Zorn, Neid und Trägheit sind die Todsünden der Zeit, die der mittelalterliche Mensch häufig in der Gestalt symbolischer Tiere, bedrohlicher Allegorien und verschiedener anderer Verkörperungen darstellt und erblickt. So hat der Teufel seine Töchter mit verschiedenen Gruppen der Gesellschaft verheiratet: die Amtserschleichung mit den beamteten Klerikern, die Heuchelei mit den Mönchen, die Raublust mit den Rittern, die Lästerung mit den Bauern, die Verstellung mit den Schergen, die Wucherei mit den Bürgern, die Putzsucht mit den Patronen und die Wollust, die er ,, allen Ständen als gemeinsame Lustdirne anbietet."1
Vor allem vom 7.-12. Jahrhundert bildeten sich solcherlei Vorstellungen heraus. Die Weltsicht des mittelalterlichen Menschen zieht dabei keine Grenze zwischen dem irdischen und dem jenseitigen, transzendentalen Leben. Vielmehr ist es so, dass das Übernatürliche fortlaufend auch in den Alltag einbricht, eigentlich omnipräsent ist. Gott wirkt insofern in allen Bereichen des Lebens, macht die Menschen durch Erscheinungen auf sich aufmerksam. Er gilt als Urheber allen Leids und Glücks, als absolute und unbezwingliche, über allem waltende Macht. Somit bilden Diesseits und Jenseits den untrennbaren Horizont und Kosmos der mittelalterlichen Gefühls- und Gedankenwelt. Infolge der Ursünde ist die pessimistische Sicht des Menschen als eines lasterhaften und schwachen Geschöpfs im gesamten Mittelalter vorherrschend. Vom 4.-10. Jahrhundert ist sie dominierend im allgemeinen Bewusstsein...
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Das Weltbild des mittelalterlichen Menschen
- Hauptteil
- Leben, Wirken und Werk des Caesarius von Heisterbach
- Das Fegefeuer als kirchliches Dogma
- Gebete, Fasten und Almosen ... (können) ihre Pein abkürzen ...“ – lässliche Sünden und die mögliche Strafzeitverkürzung
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit widmet sich dem Fegefeuerglauben im Mittelalter und analysiert anhand einer Beispielgeschichte aus dem Werk des Caesarius von Heisterbach die Vorstellung vom christlichen Jenseits.
- Das mittelalterliche Weltbild und die Bedeutung der Religion
- Das Fegefeuer als Konzept und seine Funktion im christlichen Jenseits
- Der Einfluss des Fegefeuerglaubens auf die Lebenswelt des mittelalterlichen Menschen
- Caesarius von Heisterbach als Autor und Exempelschreiber
- Die Verwendung von Exempeln in der mittelalterlichen Predigtliteratur
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Weltbild des mittelalterlichen Menschen: Dieses Kapitel führt in die mittelalterliche Weltsicht ein, die geprägt war von einer tiefen Religiosität und einer engen Verknüpfung von Diesseits und Jenseits.
- Leben, Wirken und Werk des Caesarius von Heisterbach: Hier wird der Autor des Exempels vorgestellt, sein Leben und Werk, insbesondere der Dialogus miraculorum, werden beleuchtet.
- Das Fegefeuer als kirchliches Dogma: Dieses Kapitel behandelt die Entwicklung des Fegefeuerglaubens als Dogma in der christlichen Kirche und seine Bedeutung für die mittelalterliche Gesellschaft.
Schlüsselwörter
Mittelalter, Fegefeuer, Jenseitsvorstellungen, Caesarius von Heisterbach, Exempel, Predigtliteratur, christliche Anthropologie, Dogma, Läuterung, Sünden, Religion, Weltbild, Diesseits, Jenseits, Geschichte, Kulturgeschichte
- Quote paper
- Martin Kragans (Author), 2000, Der mittelalterliche Fegefeuerglaube - exemplifiziert an einer Beispielgeschichte von Caesarius von Heisterbach, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/757