Das Konzept der Intrige lässt sich in nahezu allen Literaturformen finden. Erste Andeutungen finden sich bei Aischylos und Sophokles, bei Euripides wird sie erstmals zum konstituiven Element tragischer Handlung. In der Literaturwissenschaft gilt die Intrige als „typisches Element der altväterischen Vormoderne und liegt tief unten in der Mottenkiste.“ Dennoch zieht sie sich wie eine Art roter Faden durch die Literaturgeschichte.
Die Figur des Intriganten übt eine fragwürdige Faszination aus. Angetrieben von Machtgier, verletzter Eitelkeit oder aus purer, grundloser Boshaftigkeit sät der Bösewicht Zweifel und Misstrauen, meist mit dramatischen Folgen. Als Prototyp eines Fieslings bringt es Jago in Othello gleich zweifach auf den Punkt: „I am not what I am“ , so seine Selbsteinschätzung. Um sich von magischen Kräften und niveaulosen Schurken abzugrenzen stellt er außerdem klar: „We work by wit, and not by witchcraft.“ Shakespeares Anti-Held leistet somit eine gelungene Charakterisierung des klassischen Intriganten. Gewitzt und gerissen spinnt jener ein Netz aus Lügen und Halbwahrheiten, ohne dabei auf die Unterstützung von Über-Mächten angewiesen zu sein.
Der berechnende Einsatz von Wissen katapultiert uns vom frühen 17. Jahrhundert direkt in die Aufklärung, wo die Gattung des bürgerlichen Trauerspiels in verschiedener Weise die Werte der vermeintlich aufgeklärten bürgerlichen Gesellschaft in Frage stellt. Am Beispiel von Lessings Emilia Galotti soll in der vorliegenden Arbeit die Figur des Intriganten sowie die Funktion der Intrige und ihre Auswirkungen untersucht werden. Hierzu ist es notwendig, die Entwicklung der Intrige und ihrer Vertreter im Drama des 18. Jahrhunderts zu beleuchten. Ebenso muss die Intrige in Emilia Galotti genauere Analyse erfahren. Im Anschluss sollen die beiden Drahtzieher, der Kammerherr Marinelli und die Gräfin Orsina, genauer betrachtet werden. Abschließend befasst sich die Arbeit mit den Auswirkungen der Intrige und denen von Emilia Galotti als Werk in der Gesellschaft der Aufklärung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: „We work by wit, and not by witchcraft“
- I. Intrige und Intriganten im Drama
- 1. Die Intrige
- a) Entwicklung
- b) Funktion
- 2. IntrigantInnen des Trauerspiels
- 1. Die Intrige
- II. Die Intrige in Emilia Galotti
- 1. Berechnung und Zufall
- 2. Funktion und Folgen
- III. Marinelli und Orsina: Intriganten oder Opfer?
- 1. Marinelli
- a) Der Kammerherr als höfischer Intrigant
- b) Marinelli als Repräsentant für die Konsequenzen höfischer Verstellung
- 2. Orsina
- a) Die Verführte als todbringende Buhlerin
- b) Orsina als Opfer der Affekte
- 1. Marinelli
- IV. Emilia Galotti als Hofkritik
- 1. Etikette und Simulation als Bedrohung bürgerlicher Werte
- 2. Der Tod der Emilia: Ein bürgerliches Opfer höfischer Abgründe?
- V. Die Umwandlung bürgerlicher Wertvorstellungen in Instrumente der Manipulation
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Figur des Intriganten und die Funktion der Intrige in Lessings Emilia Galotti im Kontext des bürgerlichen Trauerspiels. Sie beleuchtet die Entwicklung der Intrige im Drama, analysiert deren Auswirkungen und befasst sich mit der Darstellung höfischer Intrigen und deren Einfluss auf bürgerliche Werte.
- Entwicklung und Funktion der Intrige im Drama
- Analyse der Intrige in Emilia Galotti
- Charakterisierung von Marinelli und Orsina als Intriganten oder Opfer
- Emilia Galotti als Kritik am Hof und höfischen Sitten
- Die Manipulation bürgerlicher Werte durch Intrigen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: „We work by wit, and not by witchcraft“: Die Einleitung führt in das Thema Intrige und Intrigant ein, beginnend mit deren Ursprüngen in der griechischen Tragödie bis hin zu ihrer Rolle im bürgerlichen Trauerspiel. Sie veranschaulicht die Entwicklung der Intrige von einem durch Schicksal gesteuerten Element hin zu einem Werkzeug bewusster Manipulation, wie es insbesondere im Werk Shakespeares (zitiert mit Jago aus Othello) deutlich wird. Die Arbeit fokussiert sich auf die Analyse der Intrige und der Figur des Intriganten in Lessings Emilia Galotti im Kontext der Aufklärung und ihrer Kritik an der höfischen Gesellschaft.
I. Intrige und Intriganten im Drama: Dieses Kapitel beleuchtet die Entwicklung und Funktion der Intrige im Drama. Es wird der Wandel von der griechischen Tragödie, in der die Intrige oft das Eingreifen des Schicksals oder der Götter markierte, zum bürgerlichen Trauerspiel beschrieben, in dem der Mensch selbst zum Gestalter der Intrige wird. Die Funktion der Intrige wird als fundamentale Destabilisierung bestehender Ordnungen, speziell im familiären und höfischen Kontext, herausgestellt. Es wird auch der Wandel der Figur des Intriganten vom Schurken des elisabethanischen Theaters hin zu Repräsentanten höfischer Machtstrukturen im bürgerlichen Trauerspiel dargestellt.
II. Die Intrige in Emilia Galotti: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die spezifische Funktion und die Folgen der Intrige in Lessings Emilia Galotti. Es untersucht die Interaktion von Berechnung und Zufall in der Handlung und analysiert, wie die Intrige das Familienleben der Galottis zerstört und irreversible Konsequenzen mit sich bringt. Die Zusammenfassung betrachtet hier die Gesamtstruktur der Intrige und ihre Auswirkungen auf die Handlung und die Figuren.
III. Marinelli und Orsina: Intriganten oder Opfer?: Dieser Abschnitt bietet eine detaillierte Analyse der Rollen von Marinelli und Orsina als Intriganten in Emilia Galotti. Es werden ihre Motive, Handlungsweisen und ihr Beitrag zur Gesamtintrige untersucht. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, inwieweit sie selbst Opfer höfischer Strukturen und ihrer eigenen Affekte sind. Die Analyse betrachtet sowohl Marinellis Position als höfischer Intrigant als auch Orsinas Rolle als verführte und manipulierende Frau.
IV. Emilia Galotti als Hofkritik: Dieses Kapitel untersucht Emilia Galotti als Kritik an der höfischen Gesellschaft und ihren Sitten. Es analysiert, wie Etikette und Simulation die bürgerlichen Werte der Galottis bedrohen und schließlich zum Tod Emilias führen. Die Zusammenfassung beleuchtet die Darstellung höfischer Abgründe und deren Einfluss auf bürgerliche Opfer wie Emilia.
V. Die Umwandlung bürgerlicher Wertvorstellungen in Instrumente der Manipulation: Dieses Kapitel untersucht, wie bürgerliche Werte und Ideale von den Intriganten strategisch manipuliert werden um ihre Ziele zu erreichen. Es wird analysiert wie diese Manipulation das Geschehen und die Charaktere beeinflusst und somit die Tragödie vorantreibt.
Schlüsselwörter
Intrige, Intrigant, bürgerliches Trauerspiel, Emilia Galotti, Lessing, Hofkritik, höfische Gesellschaft, Manipulation, bürgerliche Werte, Aufklärung, Marinelli, Orsina, Affekte, Berechnung, Zufall.
Häufig gestellte Fragen zu: Emilia Galotti - Intrige und Intriganten
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Rolle der Intrige und der Intriganten in Lessings Emilia Galotti im Kontext des bürgerlichen Trauerspiels. Sie untersucht die Entwicklung der Intrige, deren Funktion und Auswirkungen, und beleuchtet die Darstellung höfischer Intrigen und deren Einfluss auf bürgerliche Werte.
Welche Themen werden im Einzelnen behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entwicklung und Funktion der Intrige im Drama, die Analyse der Intrige in Emilia Galotti, die Charakterisierung von Marinelli und Orsina als Intriganten oder Opfer, Emilia Galotti als Kritik am Hof und höfischen Sitten, sowie die Manipulation bürgerlicher Werte durch Intrigen.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Eine Einleitung, die den Kontext der Intrige im Drama beleuchtet; ein Kapitel über Intrige und Intriganten im Allgemeinen; ein Kapitel zur spezifischen Intrige in Emilia Galotti; ein Kapitel zur Analyse von Marinelli und Orsina; und ein abschließendes Kapitel über die Manipulation bürgerlicher Werte.
Welche Figuren stehen im Mittelpunkt der Analyse?
Die Hauptfiguren der Analyse sind Marinelli und Orsina. Die Arbeit untersucht ihre Rollen als Intriganten und beleuchtet die Frage, inwieweit sie selbst Opfer höfischer Strukturen und ihrer eigenen Affekte sind.
Welche Bedeutung hat der Hof in dieser Analyse?
Der Hof und die höfische Gesellschaft spielen eine zentrale Rolle. Die Arbeit untersucht, wie Etikette und Simulation die bürgerlichen Werte bedrohen und zum Tod Emilias beitragen. Emilia Galotti wird als Kritik an den höfischen Abgründen und deren Einfluss auf bürgerliche Opfer interpretiert.
Wie wird die Intrige in Emilia Galotti charakterisiert?
Die Intrige in Emilia Galotti wird als ein komplexes Zusammenspiel von Berechnung und Zufall dargestellt, das das Familienleben der Galottis zerstört und irreversible Konsequenzen nach sich zieht. Die Arbeit analysiert die Gesamtstruktur der Intrige und ihre Auswirkungen auf die Handlung und die Figuren.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Intrige, Intrigant, bürgerliches Trauerspiel, Emilia Galotti, Lessing, Hofkritik, höfische Gesellschaft, Manipulation, bürgerliche Werte, Aufklärung, Marinelli, Orsina, Affekte, Berechnung, Zufall.
Welche Kapitelzusammenfassungen bietet die Arbeit?
Die Arbeit bietet Kapitelzusammenfassungen für die Einleitung und jedes der fünf Hauptkapitel. Diese Zusammenfassungen geben einen Überblick über die behandelten Inhalte und die wichtigsten Ergebnisse jedes Kapitels.
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- Eva Tüttelmann (Autor:in), 2007, Die Figur des Intriganten und die Funktion der Intrige in Emilia Galotti, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75878