Die Beziehungen zwischen Armenien und Russland sind traditionell sehr eng und werden heute durch gemeinsame wirtschaftliche und strategisch-militärische Interessen sowie durch den Freundschaftsvertrag von 1997 auch formell abgesichert.
Durch die prowestlichen Positionen Georgiens und Aserbaidschans ist Armenien für Russland der einzige sichere strategische Partner und Verbündete in der Region und wird als Gegengewicht zu den US-amerikanischen Aktivitäten im südlichen Kaukasus wahrgenommen.
Für Armenien ist Russland der Haupthandelspartner und Hauptinvestor, der einzige Erdöl und –gaslieferant. Russische Grenztruppen helfen maßgeblich bei der Sicherung der armenisch-türkischen und armenisch-iranischen Grenzen und werden von Armenien auch als Sicherheitsgarant im schwierigen Verhältnis zum Nachbarsstaat Aserbaidschan angesehen. Seit 1994 besteht ein Waffenstillstandsabkommen, eine politische Lösung im Streit um das völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörende, jedoch hauptsächlich von Armeniern bewohnte Berg-Karabach (Nagornyj Karabach) ist noch nicht gefunden.
Die schöngeistige Untermauerung der historisch verankerten Partnerschaft bildeten in den letzten zwei Jahren zwei kulturelle Großereignisse, das "Jahr der russischen Kultur in Armenien" 2005 und das "Jahr Armeniens in Russland" 2006.
Das armenisch-russische Verhältnis ist jedoch nicht ungetrübt. Angefangen bei der Kritik am Fehlen eines strategischen Plans für die zukünftige Entwicklung der Beziehungen, der Zunahme antiarmenischer Stimmungen in der Föderation und Übergriffen auf Armenier bis zu den seit Jahresbeginn 2006 deutlich höheren Preisen für russische Energielieferungen, die die Inflationsrate in Armenien steigen lassen und heftige Empörung der armenischen Opposition hervorrufen, mehren sich die Stimmen, die eine dauerhaft harmonische Entwicklung der Beziehungen in Frage stellen. Im Hinblick auf die Parlamentswahlen 2007 und die Präsidentschaftswahlen 2008 in Armenien wird die Frage diskutiert, was wohl passieren würde, wenn der nächste armenische Präsident keine prorussische Position einnimmt.
Welche Alternativen hat Armenien? Könnte es tatsächlich eine Umorientierung, einen "Seitenwechsel" geben?
Inhaltsverzeichnis
- Russlands Preispolitik und Armeniens Energiesicherheit
- Militärische Kooperation und strategische Partnerschaft
- Lässt Armeniens Partnerschaft mit der NATO Russlands Einfluss wanken?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die komplexen Beziehungen zwischen Armenien und Russland, beleuchtet die strategischen, wirtschaftlichen und militärischen Aspekte der Partnerschaft und analysiert potentielle zukünftige Entwicklungen. Die Arbeit bewertet die Abhängigkeit Armeniens von Russland, insbesondere im Energiebereich, und untersucht alternative Partnerschaften, wie die Zusammenarbeit mit der NATO.
- Armenisch-russische Energiebeziehungen und deren Auswirkungen auf die armenische Wirtschaft
- Die Rolle der militärischen Kooperation in der armenisch-russischen Partnerschaft
- Die Bedeutung des Berg-Karabach-Konflikts für die Beziehungen Armeniens zu Russland, der Türkei und Aserbaidschan
- Potentielle Auswirkungen einer verstärkten Zusammenarbeit Armeniens mit der NATO auf die Beziehungen zu Russland
- Die Suche Armeniens nach wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Unabhängigkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Russlands Preispolitik und Armeniens Energiesicherheit: Dieses Kapitel analysiert die Auswirkungen der russischen Gaspreispolitik auf Armenien. Der drastische Preisanstieg durch Gazprom im Jahr 2006 führte zu einer erhöhten Inflationsrate und gesellschaftlichem Unmut in Armenien. Die Vereinbarung zwischen Gazprom und der armenischen Regierung beinhaltete neben dem erhöhten Gaspreis auch den Kauf von Energieinfrastruktur durch ArmRosgazprom, ein Joint Venture. Die geplante iranisch-armenische Gasleitung wird als potenzielle Konkurrenz für Gazprom gesehen und verdeutlicht Armeniens Bemühungen um eine größere Energiesicherheit, obwohl russisches Gas trotz Preiserhöhung aus wirtschaftlicher Sicht weiterhin die günstigste Option darstellt. Die Ereignisse zeigen die Abhängigkeit Armeniens von Russland und die daraus resultierenden Herausforderungen für die wirtschaftliche Souveränität des Landes. Die zunehmende wirtschaftliche Unsicherheit führt zu Diskussionen über zukünftige Bündnisse und Partnerschaften.
Militärische Kooperation und strategische Partnerschaft: Dieses Kapitel befasst sich mit der engen militärischen Zusammenarbeit zwischen Armenien und Russland. Die russische Militärpräsenz in Armenien, begründet in mehreren bilateralen Abkommen und dem Freundschaftsvertrag von 1997, spielt eine zentrale Rolle in Armeniens Sicherheitspolitik. Die russische Unterstützung umfasst gemeinsame militärische Ausbildung, Waffenlieferungen und die Stationierung russischer Truppen an der Grenze zur Türkei. Armeniens Mitgliedschaft im Vertrag über kollektive Sicherheit (Taschkenter Vertrag) unterstreicht die Abhängigkeit von Russland in sicherheitspolitischen Fragen. Obwohl es in der Vergangenheit Diskussionen über unkontrollierte Waffenlieferungen gab, wird die russische Militärpräsenz von der armenischen Regierung und Bevölkerung weitgehend unterstützt, da sie als essentiell für die Gewährleistung der nationalen Sicherheit angesehen wird. Der Kapitel betont die historischen und geopolitischen Faktoren, die diese enge militärische Bindung prägen.
Lässt Armeniens Partnerschaft mit der NATO Russlands Einfluss wanken?: Das Kapitel untersucht die Auswirkungen der wachsenden Zusammenarbeit zwischen Armenien und der NATO. Armeniens Mitgliedschaft im Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat und die Umsetzung eines Maßnahmenkatalogs für eine individuelle Partnerschaft mit der NATO zeigen ein Interesse an einer breiteren internationalen Zusammenarbeit. Jedoch betont der Text, dass ein "Seitenwechsel" unwahrscheinlich ist, da Armenien offiziell nicht beabsichtigt, der NATO oder der EU beizutreten. Diese Zurückhaltung wird mit einer Politik der "gegenseitigen Ergänzung" begründet, die ein vielschichtiges Sicherheitssystem anstrebt, in dem die NATO nur einen Bestandteil darstellt. Die Ablehnung einer NATO-Osterweiterung durch Russland und die NATO-Mitgliedschaft der Türkei bilden ebenfalls Hindernisse für eine engere Annäherung Armeniens an die NATO. Die fehlende regionale Zusammenarbeit im Südkaukasus verstärkt die Bedeutung der armenisch-russischen Partnerschaft.
Schlüsselwörter
Armenien, Russland, strategische Partnerschaft, Energiesicherheit, Gaspreise, militärische Kooperation, NATO, Berg-Karabach-Konflikt, geopolitische Lage, wirtschaftliche Abhängigkeit, Sicherheitspolitik.
Häufig gestellte Fragen zu: Russlands Preispolitik und Armeniens Energiesicherheit, Militärische Kooperation und strategische Partnerschaft, Lässt Armeniens Partnerschaft mit der NATO Russlands Einfluss wanken?
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit untersucht die komplexen Beziehungen zwischen Armenien und Russland, beleuchtet die strategischen, wirtschaftlichen und militärischen Aspekte der Partnerschaft und analysiert potentielle zukünftige Entwicklungen. Schwerpunkte sind die armenisch-russischen Energiebeziehungen und deren Auswirkungen auf die armenische Wirtschaft, die Rolle der militärischen Kooperation, die Bedeutung des Berg-Karabach-Konflikts, potentielle Auswirkungen einer verstärkten Zusammenarbeit Armeniens mit der NATO auf die Beziehungen zu Russland und Armeniens Suche nach wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Unabhängigkeit.
Wie beeinflusst Russlands Gaspreispolitik Armeniens Energiesicherheit?
Der drastische Anstieg der russischen Gaspreise durch Gazprom im Jahr 2006 führte zu Inflation und Unmut in Armenien. Obwohl die geplante iranisch-armenische Gasleitung eine Alternative darstellt, ist russisches Gas trotz Preiserhöhung weiterhin die günstigste Option. Dies verdeutlicht Armeniens Abhängigkeit von Russland und die Herausforderungen für seine wirtschaftliche Souveränität.
Welche Rolle spielt die militärische Kooperation zwischen Armenien und Russland?
Die enge militärische Zusammenarbeit, inklusive russischer Militärpräsenz in Armenien, gemeinsamer Ausbildung, Waffenlieferungen und Stationierung russischer Truppen, ist zentral für Armeniens Sicherheitspolitik. Die Mitgliedschaft Armeniens im Vertrag über kollektive Sicherheit (Taschkenter Vertrag) unterstreicht diese Abhängigkeit. Die russische Militärpräsenz wird von der armenischen Regierung und Bevölkerung weitgehend unterstützt.
Wie wirkt sich Armeniens Zusammenarbeit mit der NATO auf die Beziehungen zu Russland aus?
Armeniens Zusammenarbeit mit der NATO, beispielsweise durch die Mitgliedschaft im Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat, deutet auf ein Interesse an breiterer internationaler Kooperation hin. Ein "Seitenwechsel" ist jedoch unwahrscheinlich, da Armenien offiziell keinen NATO-Beitritt anstrebt. Die Politik der "gegenseitigen Ergänzung" zielt auf ein vielschichtiges Sicherheitssystem ab, in dem die NATO nur einen Bestandteil darstellt. Die Ablehnung einer NATO-Osterweiterung durch Russland und die NATO-Mitgliedschaft der Türkeis bilden Hindernisse für eine engere Annäherung Armeniens an die NATO.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Armenien, Russland, strategische Partnerschaft, Energiesicherheit, Gaspreise, militärische Kooperation, NATO, Berg-Karabach-Konflikt, geopolitische Lage, wirtschaftliche Abhängigkeit, Sicherheitspolitik.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit beinhaltet Kapitel zu Russlands Preispolitik und Armeniens Energiesicherheit, militärische Kooperation und strategische Partnerschaft sowie die Frage, ob Armeniens Partnerschaft mit der NATO Russlands Einfluss schwächt.
Welche Ziele verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit untersucht die komplexen Beziehungen zwischen Armenien und Russland und analysiert die strategischen, wirtschaftlichen und militärischen Aspekte dieser Partnerschaft sowie mögliche zukünftige Entwicklungen.
- Quote paper
- Julia Schatte (Author), 2007, Armenien und Russland – eine Partnerschaft mit Zukunft?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75935