Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Anforderungen Texte an die Lesekompetenz des Rezipienten stellen und ob diese je nach Textsorte differieren.
Ausgehend von der verwendeten Sekundärliteratur soll zwischen literarischen und nicht-literarischen Texterzeugnissen unterschieden werden. Abschließend werde ich versuchen, die herausgearbeiteten Erkenntnisse auf den Deutschunterricht zu beziehen.
Gliederung
1. Einleitung
2. Zum Begriff „Lesekompetenz“
3. Literarische Texte
3.1 Was sind literarische Texte?
3.2 Textseitige Anforderungen
3.2.1 Gattungswissen
3.2.2 Kontextualisierung
3.3.3 Kulturelles Wissen/Kulturelles Gedächtnis
4. Nicht-literarische Texte
4.1 Was sind nicht-literarische Texte?
4.2 Didaktische Texte
4.3 Persuasionstexte
4.4 Instruktionstexte
5. Fazit
6. Sekundärliteratur
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Anforderungen Texte an die Lesekompetenz des Rezipienten stellen und ob diese je nach Textsorte differieren.
Ausgehend von der verwendeten Sekundärliteratur soll zwischen literarischen und nicht-literarischen Texterzeugnissen unterschieden werden. Abschließend werde ich versuchen, die herausgearbeiteten Erkenntnisse auf den Deutschunterricht zu beziehen. Zunächst möchte ich jedoch kurz auf den Begriff „Lesekompetenz“ im Allgemeinen eingehen.
2. Zum Begriff „Lesekompetenz“
Das Kompositum setzt sich aus „Lesen“ und „Kompetenz“ zusammen, wobei letzterer Begriff die schwieriger zu beschreibende Komponente darstellt.
In die Teilkomponente „Lesen“ fällt nicht nur die grundlegende Fertigkeit des Lesens, sondern auch weiterreichende Fähigkeiten, „die auch bestimmte Qualitätsstandards zu erfüllen in der Lage sind“ (Groeben2002:12) . Es geht eher um das generelle Lesen, ungeachtet der Art der Lektüre. So wird in diesem Zusammenhang auch nicht zwischen den verschiedenen Textsorten unterschieden, wie das im Verlauf dieser Arbeit zwischen den literarischen und nicht-literarischen Texten geschehen soll.
Folgendermaßen steht im Zentrum der Frage nach einer Abgrenzung des Begriffs „Lesekompetenz“ das Kompetenz-Konzept, das jedoch trotzdem auf den Gegenstandsbereich des Lesens bezogen werden muss.
Als erstes Charakteristikum der Lesekompetenz kann festgehalten werden, dass sie nicht vererbt, sondern im Lauf der Sozialisation erworben wird (vgl. Groeben2002:13). Des Weiteren zeichnet sich Lesekompetenz durch Multidimensionalität aus:
Zum einen enthält das Konstrukt der Lesekompetenz sowohl den Bereich der Fertigkeiten als auch den der Fähigkeiten, wobei man unter Fertigkeiten „konkrete, situations- bzw. aufgabenbezogene Verhaltensweisen“ (Groeben2002:13) verstehen kann. Fähigkeiten dagegen sind eher zeitlich stabil und beziehen sich in der Regel auf mehrere Menschen und Aufgaben.
Eine weitere Dimension der Lesekompetenz ist die Unterscheidung zwischen Dispositionismus und Situationismus. Letzterer bezieht sich auf die Annahme, dass das Handeln eines Menschen beinahe gänzlich durch die Bedingungen der jeweiligen Situation erklärbar sei, wobei der Dispositionismus das menschliche Verhalten eher mithilfe der menschlichen Eigenschaften zu erklären versucht (vgl. Groeben2002:14). Heute geht man von einem interaktionstheoretischen Ansatz aus, „nach dem menschliche Verhaltens- und Handlungsweisen durch eine Wechselwirkung zwischen individuellen Dispositionen und situationalen Bedingungen zu erklären sind“ (Groeben2002:14). Auch dieser Aspekt kann und muss auf das Konzept der Lesekompetenz angewandt werden.
Als dritte Dimension der Lesekompetenz kann emotionale und motivationale Situationsorientierung gelten, was auch den Kern dieser Arbeit ausmachen wird: Um sich auf textseitige Anforderungen einstellen zu können sind kognitive Aspekte von Nöten, welche sich wiederum mit den eben genannten emotionalen und motivationalen Teilkomponenten der Situationsanpassung verbinden. Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, ob literarische und nicht-literarische Texte verschiedene Anforderungen an die Lesekompetenz stellen. Als soziale Dimension der Lesekompetenz erwähnt Groeben die Anschlusskommunikation, d.h. die Möglichkeit für die Rezipienten, sich nach der Lektüre auch weiterhin mit dem Lesestoff zu beschäftigen.
3. Literarische Texte
3.1 Was sind literarische Texte?
Gleich zu Beginn seines Beitrags weist Eggert auf die Problematik der Abgrenzung von Literatur hin und stellt fest, dass die Anforderungen literarischer Texte an die Lesekompetenz „nur noch als Annäherungen begriffen werden [können], bei denen vor allem die Literaturauffassungen der Neuzeit und geschichtlicher Moderne seit der Aufklärung dominant sind“ (Eggert2002:187). Er meint damit die Merkmale Literarizität und Poetizität und bezieht sich bei deren genauerer Bestimmung auf Jürgen Link, dessen Aussagen er für die deutschsprachige Literatur als literaturgeschichtlich abgesichert hält. Demnach gäbe es im Wesentlichen vier Strukturmerkmale von poetischen Texten, nämlich Autofunktionalität, Verfremdung, Vorherrschen der Konnotation, sowie Vorherrschen der Symbolik. Diese gelten nicht nur für die einschlägigen Werke der literarischen Hochkultur, sondern auch für andere literarische Erzeugnisse, die durch weniger komplexe Textstrukturen in Verbindung mit konventionalisierten Sujets gekennzeichnet sind. Die Literaturauffassung der Gesellschaft konzentriert sich folglich größtenteils auf Verfremdung von Sprache (Alltagssprache/etablierte literarische Formensprache), Konnotation (Mehrdeutigkeit), Andeutung und Symbolik (vgl. Eggert2002:187). „Auf diese Weise entsteht ein eigenes, ausgegrenztes literarisches Territorium, in dessen Geltungsbereich andere ‚Spielregeln‛ gelten als in der Pragmatik des Alltagshandelns (Autofunktionalität). Es müssen demnach ‚Signale‛ am Text oder aus der Situation der Textpräsentation vom Leser so wahrgenommen werden, dass sie als literarische Texte im Sinne von Literatur als Kunst aufgefasst und gedeutet werden“ (Eggert2002:187f.).
3.2 Textseitige Anforderungen
3.2.1 Gattungswissen
Literarisches Gattungswissen, das in der Regel im Literaturunterricht vermittelt wird, kann das Verstehen und die Wahrnehmung komplexerer literarischer Werke erleichtern bzw. fördern und somit in die Lektüreprozesse hineinwirken. Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass Lektüre ohne Gattungswissen nicht möglich wäre (vgl. Eggert2002:188).
Bezüglich der Lesekompetenz entwirft Eggert ausgehend von der Frage, wie mit dem Gattungswissen umgegangen wird, eine Skala von „unreflektiert-restriktiv“ über „formalisiert-schemaorientiert“ bis zu „flexibel-historisch“ (Eggert2002:189). Als mögliche Merkmale für unreflektiertes, restriktives Gattungswissen nennt er Abbruch der Lektüre, Abspruch des Kunstcharakters, wenn der Lesestoff den gewohnten Normerwartungen nicht entspricht, oder auch Reduktion von Textkomplexität beim Lesen (vgl. Eggert2002:189). Formalisiert-schemaorientiertes Gattungswissen zeichnet sich durch die Anwendung eines Regelwissens poetologischer oder literaturgeschichtlicher Natur aus, bei dem das Einzelwerk sich jeweils als unzureichend darstellt oder zum Musterbeispiel einer Gattung, Textsorte oder eines literarischen Genres gemacht wird. Ist der Rezipient jedoch in der Lage, sein Gattungswissen im Verhältnis zum Einzelwerk flexibel zu gebrauchen und somit den Text intersubjektiv wahrzunehmen, so wird ihm eine hohe ästhetisch-literarische Kompetenz zugeschrieben.
3.2.2 Kontextualisierung
Nicht jeder Text bzw. jede Textsorte erfordert das gleiche Maß an Kontextualisierung vom Rezipienten. Das größtmöglichste Kontextwissen ist bei der Rezeption von Satiren notwendig, liegt der Sinn dieser Stilform schließlich in der Kritik an der außerliterarischen Realität, auf die sie sich mithilfe von Stilmitteln wie Verzerrung, Übertreibung oder Anspielungen ständig bezieht.
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- Arbeit zitieren
- Isabelle Schwarzkopf (Autor:in), 2006, Literarische vs. nicht-literarische Texte und ihre Anforderungen an die Lesekompetenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75986
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