Erotik im Mittelalter


Hausarbeit, 2005

14 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Liebe
1.2 Erotik
1.3 Sexualität

2. Liebe und Erotik in der Dichtkunst
2.1 Trobador
2.2 Minnesang
2.3 Fabliaux oder Märendichtung

3. Abschluss

4. Quellen und Literaturverzeichnis
4.1 Quellenverzeichnis
4.2 Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Bei den Wörtern Erotik und Mittelalter handelt es sich laut Arnaud de la Croix, dem Verfasser der Schrift „Liebeskunst und Lebenslust im Mittelalter“, um einen sprachlichen Anachronismus[1]. Das Lustempfinden und die damit zugehörige sexuelle Komponente innerhalb des Wortes “Erotik“ tritt erstmals Ende des 18. Jahrhunderts in Europa auf. Das Wort “Erotik“ stammt von dem griechischen Liebesgott Eros ab, Sohn der Aphrodite und des Ares. Trotzdem muss sich die Begriffsdefinition auf eine Entwicklung hinstützen, woraus unser Verständnis des Wortes “Erotik“ sich entwickelt hat und diese fand im Mittelalter und teilweise auch schon in der Antike statt. Mittelalterliche Erotik ist in seinen Facetten und seinen unterschiedlichen Auffassungen sehr komplex und ich werde mit Sicherheit auch nur einen kleinen Teil von den verschiedenen Ausprägungen, die sich unter Anderem in den kulturellen Ausdrucksformen Lyrik und Volkserzählungen widerspiegeln, erfassen.

Es treten eine Vielzahl von verschiedenen Meinungen und Quellen aufeinander, die es schwer machen die Erotik als einen einheitlichen Begriff zu verstehen. Die höfische Liebe trifft auf bäuerliche Liebesauffassungen, die sich zum Teil als sehr derbe beschreiben lassen. Schriften wie „De Amore“ von Andreas Capellanus oder der zweite Teil des „Rosenromans“ von Jean de Meun, die eine Art Liebesratgeber des Mittelalters darstellen, stoßen auf moralische Empörung von Seiten der Kirche, aber auch gegen eine sich entwickelnde emanzipatorische Meinung wie zum Beispiel von Christine de Pizan[2], die sich gegen eine verteufelnde Darstellung der Frau in der Dichtkunst ausspricht. Das Profane in der Verbildlichung von sexuellen Handlungen stößt auf das Heilige. Somit scheint als erstes die Vorstellung gebrochen zu sein, das Mittelalter und die erotische Liebe seien zwei sich ausschließende Begriffe. Vielmehr wird sich diese Auffassung zum Ende meiner Arbeit insoweit in Luft auflösen, da die mittelalterlichen Ansichten über Liebe, Erotik und Sexualität eine auf die heutige Zeit einflußnehmende Stellung einnehmen können.

1.1 Liebe

Platon schrieb schon 300 v. Chr. eine Schrift zum Thema Liebe nieder: „ Das Gastmahl“, oder wie die antiken Kritiker sie auch nannten „Über die Liebe“. Dieser philosophische Text, der als Rahmenhandlung ein Essen „bei dem Kämpfer Agathon“[3] beinhaltet, lässt auch einige philosophische Erläuterungen zum Thema Liebe zu.

Als erstes stellen die Anwesenden fest, daß eine Ungleichheit besteht in der Intensität der Gefühle unter den Liebenden und das der eine Liebende den Geliebten für sich erwählt haben muss.[4] Dieses Modell findet sich auch in der so genannten höfischen Liebe des Mittelalters wieder, auf die ich später kommen werde. Zudem unterscheidet der platonische Dialog[5] den Körper und die Seele der Liebe. Die Liebe, die alleine auf der “Fleischeslust“ einer anderen Person beruht, ist die Liebe des Volkes und nur die „edle Liebe“ geht von der „Schönheit der Seele“[6] aus. Interessanterweise besitzt das Gespräch auf der Grundlage des Geschlechts, der sich liebenden Personen, einen homosexuellen Charakter, da der „Liebende ein Mann reiferen Alters ist und sein Favorit jung und bartlos“.[7]

Dieses hängt auch damit zusammen, das die tiefe Männerfreundschaft (amicitia) das ursprüngliche Gefühl der Liebe darstellt, während de la Croix die heterosexuelle Liebe erst im 12. Jahrhundert, aus der “amicitia“ herausentwickelt, als existent betrachtet. Frank Meier geht jedoch davon aus, das „die Liebe nicht erst im 12. Jahrhundert im Zusammenhang mit dem Minnegesang “entdeckt“ wurde, da Liebe sich nicht zwangsläufig an Quellen und Schriftlichkeiten binden lässt, sondern sie hat es immer gegeben“.[8]

Thomas Bein beschreibt die Liebe als ein Wort das mit Freude assoziiert wird und germanische Wurzeln in seiner Herkunft besitzt. Die Freude, die Mann und Frau untereinander haben können, wird ab dem 12. Jahrhundert als Minne beschrieben. Im Frühneuhochdeutschen wird Minne eher als abwertender Begriff für die „körperlich-triebhafte“[9] Liebe verwendet, während das eigentliche Wort “Liebe“ mit seinem aufrichtigen Charakter immer mehr in den Wortschatz des Volkes übernommen wird. Die heutige Definition von Liebe, die Thomas Bein auch zur Verdeutlichung seiner Schrift heranzieht und auch die Basis dessen darstellt was ich im Zusammenhang mit diesem Begriff verstehe, stammt von den Gebrüder Grimm:„ liebe ist die innige zuneigung eines wesens zu einem andern“.[10]

1.2 Erotik

Wie ich schon in der Einleitung erwähnt habe, besitzt das Wort „Erotik“ nicht seinen Ursprung im Mittelalter, sondern stammt aus der Antike von dem Liebesgott Eros ab. Eros schießt mit seinen Liebespfeilen seine möglichen Liebespartner ab und besitzt damit eine liebesstiftende Funktion. Somit wird die Eros-Saga laut Thomas Bein „zu einer Allegorie der Liebe“[11], in der es um Signale geht die an den Geliebten versendet werden. Im Mittelalter entwickelt sich durch die Troubadoure gegen Ende des 11. Jahrhundert die erotische Dichtkunst, in der ein Spiel aus ritualisierten Liebesproben praktiziert wird. Auch hier nehmen diese Signale eine wichtige Rolle ein, in der es um eine „intelligente Annäherung“ von Mann und Frau geht. Dabei werden fünf Stufen der Annäherung verfolgt, die sich innerhalb der “Carmina Burana“ wie folgt äußern: Sehen, Sprechen, Berühren, Küssen und die „Vereinigung“.[12] Somit nehmen auch hier bestimmte Reize eine wichtige Rolle ein „um das Feuer zu entfachen oder besonders heftig zu schüren“.[13] Als Beispiel könnte man schöne Augen, große Lippen oder große Brüste aufführen. Wichtig ist hierbei, das die Sehnsucht einen höheren Stellenwert einnimmt als die eigentliche Vereinigung, was damit auch zu erklären ist, das die meisten Troubadoure aus einer niedrigeren gesellschaftlichen Stellung entstammen als ihre Geliebten.[14] Das zeremonielle Element der Erotik im Mittelalter, in der Schönheit durch das „Medium der Sprache“[15] und der Kunst präsentiert wird, nimmt einen wichtigen Stellenwert ein wenn man versucht die Erotik des Mittelalters zu verstehen. Hierbei sei aber auch auf die dichterische Fiktion in der höfischen Liebe hingewiesen, in denen viele zeitgenössische Mediävisten davon ausgehen, das die Dichtkunst uns ein Gegenprogramm von der reell existierenden Gewalt und Hemmungslosigkeit in der Sexualität des Mittelalters vermittelt und die gleichberechtigte Liebe mit ihrer erotischen Raffinesse eher ein höfisches Phänomen darstellt.[16] Hierbei seien auch die so genannten “Fabliaux“ zu erwähnen, die uns im späteren Verlauf einen kleinen Einblick in die erotische Dichtkunst des Volkes gewährleisten.

[...]


[1] Croix, Arnaud de la, S. 6

[2] Anm. Bei der zeitgenössischen Diskussion des umstrittenen „Rosenromans“ von Jean de Meun kritisiert Pizan (Ende des 13.Jahrhunderts) die Misogynie in der Dichtkunst. Ihrer Ansicht nach haben Frauen die gleichen Gefühle, Sehnsüchte und Ängste in der Liebe.

[3] Croix, Arnaud de la, S. 15

[4] Croix, Arnaud de la, S. 15

[5] Croix, Arnaud de la, S. 15

[6] Croix, Arnaud de la, S. 16

[7] Croix, Arnaud de la, S. 15

[8] Meier, Frank S. 15

[9] Bein, Thomas, S. 11

[10] Bein, Thomas, S. 11

[11] Bein, Thomas, S. 12

[12] Bartz, Gabriele, S. 19

[13] Bein, Thomas, S. 12

[14] Croix, Arnaud de la, S. 57

[15] Bein, Thomas, S. 12

[16] Meier, Frank, S. 15

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Erotik im Mittelalter
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Emotionen und Erfahrungswelten im Mittelalter
Autor
Jahr
2005
Seiten
14
Katalognummer
V76153
ISBN (eBook)
9783638885027
Dateigröße
395 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erotik, Mittelalter, Emotionen, Erfahrungswelten, Mittelalter
Arbeit zitieren
Demir Cesar (Autor:in), 2005, Erotik im Mittelalter , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76153

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