Die spärliche Quellenlage erschwert es im Falle des Decius (249-251) sehr, diesen Kaiser differenziert zu betrachten, dessen Name in jedem Buch zur römischen oder zur Kirchengeschichte vornehmlich mit den ersten reichsweiten sowie zentral organisierten Verfolgungen der christlichen Kirche in Verbindung gebracht wird, die er mit seinem Opferedikt im Jahre 249 ausgelöst habe. Dieses Edikt stellte eine bemerkenswerte Neuerung im römischen Sakralrecht dar, denn darin wurde zum ersten Mal in der Geschichte des Reiches von einem römischen Staatsbürger die Abgabe einer Bekenntnisformel zur herrschenden Religion verlangt. Der genaue Inhalt des Ediktes aber muss rekonstruiert werden, denn es ist verschollen. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts konnten die darin festgelegten Bestimmungen nur mit Hilfe der christlichen Quellen erschlossen werden. Doch im Jahre 1893 fand man den ersten ägyptischen libellus (= Opferbescheinigung). Seither hat sich das Bild dieses Kaisers merklich relativiert, obgleich es weiterhin problematisch blieb, wenn nicht unmöglich, über dessen religionspolitische Motivation verlässliche Aussagen zu gewinnen.
Es soll dennoch innerhalb der folgenden Arbeit der Versuch unternommen werden darzustellen, dass Decius mit dem Erlass und der Durchsetzung seines Opferedikts aus dem Jahre 249 keine (gezielten) „Christenverfolgungen“ intendiert hatte. Um dieses Thema angemessen bearbeiten zu können, sind verschiedene Blickwinkel und Fragestellungen zu berücksichtigen, die zur Charakterisierung des Edikts und zur Hinterfragung der Verfolgungen beitragen. Zunächst sollen die formalen Aspekte des decischen Edikts erläutert werden. Es wird aufgezeigt, dass dieses sakralpolitische Novum einerseits nicht nur an die Christen, sondern an alle cives imperii Romani gerichtet war. Andererseits ist es mit einer supplicatio gleichzusetzen, einer auch schon vor Decius durchaus üblichen Handlung im römischen Reich. Auch wird auf die Vermutung eingegangen, das Opferedikt sei nur eine von mehreren gegen die Christen gerichteten Maßnahmen des Kaisers gewesen. Im zweiten Teil der Arbeit sollen direkt die „Christenverfolgungen“ thematisiert werden, indem die Durchsetzung des kaiserlichen Edikts erläutert und dargestellt wird, dass eine gezielte Verfolgung auf dessen Basis nicht stattfand, ja gar nicht stattfinden konnte
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Quellen
- Die nicht-christlichen Quellen – Die libelli
- Die christlichen Quellen
- I. Der formale Charakter des Opferedikts
- I.1. Das Opferedikt als allgemeines Gebot…..\n
- 1.2 Das Opferedikt als erstes von mehreren Edikten?
- 1.3 Das Opferedikt als supplicatio .......
- 1.4 Das Opferedikt als Wechsel im Verhältnis des Staates zu den Christen.
- II. Die,,Christenverfolgungen“ unter Decius
- II.1 Die Kommissionen.
- II.2 Die Opferbescheinigungen.
- II.3 Die Praxis der „Christenverfolgungen“
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert das Opferedikt des römischen Kaisers Decius aus dem Jahre 249 und untersucht, ob es gezielte „Christenverfolgungen“ ausgelöst hat. Im Fokus steht die Frage, ob das Edikt tatsächlich auf Christen gerichtet war oder ob es sich um eine allgemeine religiöse Verordnung handelte, die auf alle Staatsbürger des Römischen Reiches angewendet wurde.
- Formaler Charakter des Opferedikts
- Religionspolitik des Kaisers Decius
- Die Praxis der „Christenverfolgungen“
- Die Rolle der libelli (Opferbescheinigungen)
- Quellenkritik und die Verwendung christlicher Quellen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die historische Bedeutung des Opferedikts und stellt den Forschungsstand zum Thema dar. Anschließend werden die Quellen, die für die Rekonstruktion des Edikts und die Untersuchung seiner Auswirkungen relevant sind, vorgestellt und analysiert. Der erste Teil befasst sich mit dem formalen Charakter des Edikts, wobei seine Allgemeingültigkeit und die Möglichkeit einer supplicatio als religiöse Handlung im Römischen Reich beleuchtet werden.
Im zweiten Teil wird die Praxis der „Christenverfolgungen“ unter Decius betrachtet. Hier wird die Durchsetzung des Edikts durch die kaiserlichen Kommissionen und die Verwendung von Opferbescheinigungen analysiert, um herauszufinden, ob das Edikt tatsächlich zu einer gezielten Verfolgung von Christen führte.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Opferedikt des Kaisers Decius, der Religionspolitik des römischen Reiches, den „Christenverfolgungen“, den libelli als Opferbescheinigungen, der Quellenkritik und der Verwendung christlicher Quellen.
- Arbeit zitieren
- Dominik Jesse (Autor:in), 2005, Das Opferedikt des Kaisers Decius und die Verfolgung der christlichen Kirche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76495